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2.6 Zusammenfassung
Im Folgenden wird der Inhalt des 2. Kapitels, das die theoretischen Grundlagen dieser
Arbeit darstellt, nach den wichtigsten Punkten zusammengefasst:
Linguokulturologie etablierte sich als Fach in den 1990er Jahren in Russland.
Die Basis der Entstehung der Linguokulturologie
bildet die Theorie, dass
Sprache nicht nur als Element der Kultur, sondern auch als deren Speicher und
‚Sieb‘ zu verstehen ist, und als Instrument für die Entwicklung, Aufbewahrung
und Übertragung der Kultur zuständig ist.
Als Grundlage des Faches sind die Überlegungen von Potebnya (1913),
Herder (1952 [1785]), v. Humboldt (1963 [1836]) und Sapir (1972) zu
betrachten.
Trotz zahlreicher wissenschaftlicher Forschungen und Überlegungen
verfügt dieses Fach noch über kein festgelegtes methodisches
Instrumentarium, dessen Ausarbeitung als eine notwendige Aufgabe der
Sprachwissenschaftler bestehen bleibt.
Da die Wechselwirkung von Kultur und Sprache als das allgemeine
Forschungsobjekt der Linguokulturologie gesehen wird, können die schriftlichen
und mündlichen Beschreibungen der Kulturobjekte
sowie des kulturellen
Alltags, der Sitten und Gebräuche als Forschungsgegenstand dienen. Zu den
eng verwandten Fächern gehören daher die Linguolandeskunde und die
Ethnolinguistik.
Kultur ist nach Geertz ein
Bedeutungsgewebe
, eine Sammlung von Texten und
nach Lotman ein
symbolisches Weltall
, das sich in der Gesamtheit der Texte
widerspiegelt. Das Konzept „Transkulturalität“ von Welsch tritt gegen die
geschlossene Homogenität der Kulturen auf und offenbart die Verflochtenheit,
Durchmischung und Gemeinsamkeit der Kulturen. Reiseberichte sind für eine
transkulturelle Untersuchung der Wahrnehmung und Reflexion des Fremden
und dadurch des Eigenen eine reiche Quelle.
Die Sprache ist dabei als Instrument der Kulturübertragung
und der
Erschließung der Wahrnehmung fremder Kulturen dienlich. Auf solche Weise
entstehen sprachliche Weltbilder, die als Konstrukte über eine fremde
Ethnokultur, durch das Kulturprisma des Eigenen gesehen, zu verstehen sind.
Zu den wichtigsten Stilmitteln der bildlichen kulturellen Konnotation gehören
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Metapher, Symbol,
Vergleich, Realienwörter.
Im Fokus dieser Studie stehen die Fremdwahrnehmung und die sich daraus
ableitende Eigenwahrnehmung, deren Themenkreis in der Germanistik als
Xenologie postuliert wird. Die Bilder von einem fremden Land,
einer fremden
Ethnie werden in der Imagologie untersucht. Der/die/das Fremde wird
unterschiedlich wahrgenommen. Diese Unterschiede definiert Ortfried Schäffter
als Modi des Fremderlebens. In dieser Forschung ist das Fremde als das noch
Unbekannte anzusehen, das die reisenden Autoren kennenlernen und mit dem
sie sich vertraut machen können.
Die generalisierenden Wahrnehmungskonstrukte über eine fremde Kultur, die
sich bei mehreren Autoren wiederholen, sind kulturelle Stereotype. Sie
vermitteln die im Laufe eines historischen Zeitraums entstandenen,
schwer
veränderbaren Bilder. Eine linguokulturologische Analyse untersucht diese
generalisierenden Aussagen über Land, Menschen, Traditionen und Kultur,
prüft den historischen
Kontext und findet heraus, mit welchen sprachlichen
Mitteln Stereotype vermittelt wurden, die zur Entstehung des Usbeken- und
Usbekistanbildes beitragen.
Das linguokulturologische Potenzial der Reiseberichte lässt eine gründliche
Erforschung der sprachlichen Konstruktionen
des Fremdenbildes von
Reisenden zu. Es offenbart die sprachlichen Besonderheiten, die mit eigenen
kulturellen Traditionen verbunden sind, den nur für diesen oder jenen Autor
typischen Sprachgebrauch, beruhend auf kulturhistorischen Hintergründen.