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Beschreibungen dieser anderen Kultur auf objektive Art und Weise nicht zu erwarten,
denn diese Beschreibungen gehen immer von einem kulturellen Blickwinkel aus und
die beschreibende Person hat oft nicht die nötige Basis kulturellen und historischen
Wissens und möglicher Erfahrungen. Aus diesem Grund entstehen häufig falsche oder
zumindest von der Wahrheit stark abweichende Stereotype, Vorurteile oder Bilder (vgl.
Dąbrowska 1999, S. 16).
Heutzutage werden folgende Methoden bei der Erforschung der kulturellen Stereotype
angewandt:
a) Fragebögen und Interviews mit freier Assoziation von Merkmalen der
Nationalitäten, die sowohl mündlich als auch schriftlich durchgeführt werden
können,
b) Eigenschaftslisten, bei denen eine Auswahl aus vorgegebenen Eigenschaften
erfolgt,
c) Bogardus-Skala-Methode: Ausländer, gegenüber
denen man von kulturellen
Stereotypen ausgeht, werden nach Kontakt- und Integrationsbereitschaft
gefragt, und deren Existenz wird bei der Wahrnehmung der Befragten geprüft
(vgl. Broszinsky-Schwabe 2011, S. 208).
Als eine der interessantesten Quellen für Stereotype sind internationale Anekdoten zu
nennen, in denen verschiedene Nationalitäten auf dieselbe Situation unterschiedlich
reagieren, d. h. mit den Charaktermerkmalen, die ihnen im Herkunftsland der Anekdote
zugesprochen werden. In russischen Anekdoten sind die Engländer übertrieben
pünktlich, wortkarg, pragmatisch, zurückhaltend, mögen
gerne Zigarren, Whisky,
Reiten usw. Die Deutschen sind praktisch, diszipliniert,
gut organisiert, übertrieben
ordnungsliebend, und auch deshalb beschränkt. Franzosen sind leichtsinnig, denken
nur an Frauen, Wein und gastronomisches Vergnügen. Amerikaner sind wohlhabend,
großzügig, selbstbewusst, pragmatisch und lieben große teure Autos.
Die Russen
sehen sich als sorglos, anspruchslos, offenherzig, ungehobelt, sie lieben Alkohol und
Prügeleien (vgl. Ter-Minasova 2000, S. 138-139).
Kulturelle Stereotype entstehen im Verlauf einer langen Zeit und sind nur schwer
veränderbar. Als Basis für ihre Entstehung dienen sowohl die historischen und
politischen Ereignisse, als auch die Erfahrungen einzelner Personen, die diese z. B. in
Form eines Reiseberichts verfasst und veröffentlicht haben.
Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung werden deutschsprachige Reiseberichte
unter anderem auf die Existenz der deutschen Heterostereotype über Usbeken und
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Usbekistan untersucht: Welche generalisierenden Aussagen über Land, Menschen,
Traditionen und Kultur in Analysetexten treten häufig auf? In welchen historischen
Situationen sind sie entstanden? Mit welchen sprachlichen Mitteln werden Stereotype
vermittelt, die zur Entstehung des Usbeken- und Usbekistanbildes beitragen? Welche
Rolle und Funktion haben sie in den untersuchten Texten? Dabei sollten Stereotype
nur als ein Element des Schreibens über Reisen betrachtet werden, denn die Gattung
ließe sich auf diese Weise nicht erfassen (vgl. Florack 2007, S. 6). Die
linguokulturologische Analyse wird sich auf die Identifikation und Beschreibung dieser
Elemente beschränken und es wird keine erschöpfende Interpretation von Stereotypen
in den Reisetexten darüber hinaus durchgeführt.
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