Den Menschen in Deutschland geht es wirtschaftlich so gut wie noch nie. Junge Menschen haben viele Chancen. Sie können viel über die Welt erfahren. Sie können viel entdecken. Trotzdem: Sie fühlen sich nicht freier als junge Menschen früher. Ein Beitrag zur Situation von Jugendlichen heute.
Beim Thema Jugend schwärmen viele Menschen von Abenteuer und Freiheit. Aber die Jugend ist schon längst keine unbeschwerte Zeit mehr. Immer früher planen Jugendliche heute ihre Zukunft. Nichts soll zufällig passieren. Viele Jugendliche haben Sorgen. In unserer Gesellschaft muss man immer mehr Leistung bringen. Außerdem muss man sehr flexibel sein. Viele Jugendliche denken, dass sie das nicht schaffen können. Sie haben Angst, zu versagen. Vor allem Jugendliche aus armen Elternhäusern sorgen sich um ihre Zukunft. Deshalb ist es schwierig für Jugendliche, sich frei zu entfalten.
Digitalisierung wird immer wichtiger. Sie macht vieles schneller und unübersichtlicher. Die Jugend wächst in einer unsicheren Zeit heran. Die Ordnung der Welt ändert sich. Es gibt Terrorismus und Fanatismus. Viele Menschen flüchten aus ihrer Heimat. Es gibt Kriege, Natur-Katastrophen, Ungerechtigkeit und Armut auf der Welt. Von diesen Themen hört man ständig etwas.
Tobias Köck ist Vorsitzender beim Bundesjugendring. Das ist eine Arbeitsgemeinschaft der deutschen Jugendverbände. Tobias Köck meint: „Junge Menschen stehen unter Druck. Alle wollen etwas von ihnen. Zum Beispiel die Schule, die Arbeitgeber oder die Uni. Und außerdem muss noch die Welt gerettet werden. Das belastet die Jugendlichen.“
Professor Gudrun Quenzel hat mitgeschrieben an der Shell-Studie „Jugend 2015“. Das ist eine wissenschaftliche Untersuchung über die Jugendlichen von heute. Gudrun Quenzel meint: Jugendliche denken heute anders als früher. Sie überlegen immer: Was ist gut für mein späteres Leben? Das tun sie dann. Allerdings ist das oft schwierig. Weil viele Entscheidungen so kompliziert sind. Und weil man oft nicht abschätzen kann, welche Folgen eine Entscheidung haben wird.
Jugendliche können kaum noch etwas ausprobieren
Viele Jugendliche zwischen 15 und 24 Jahren gehen ins Ausland. Vor allem Jugendliche mit gebildeten Eltern tun das. Sie machen beim Schüleraustausch mit. Oder sie machen ein Praktikum im Ausland. Oder sie studieren im Ausland. Junge Menschen tauschen sich viel über soziale Medien aus. Das tun sie auch in Fremdsprachen und mit Menschen im Ausland. Digitale Medien gehören zur Arbeitswelt. Und sie gehören zum Privatleben. Digital und flexibel zu arbeiten: Das ist heute eine Voraussetzung für den Job. Deshalb haben Jugendliche mit gebildeten Eltern heute schon viele Termine. Sie haben kaum noch Zeit für anderes. Sie können kaum noch etwas ausprobieren. Sie können kaum noch andere Erfahrungen machen. Deshalb ist es für Jugendliche schwieriger geworden, Selbstvertrauen zu entwickeln.
Für Jugendliche von heute sind soziale Beziehungen besonders wichtig. Auch die Themen Gesundheit und Sicherheit sind ihnen wichtig. Die Shell-Studie hat gezeigt: Für 69 Prozent der Jugendlichen sind ihre Freunde das wichtigste im Leben. Außerdem ist ihnen die Familie sehr wichtig. Jugendliche wünschen sich eine sinnvolle und sichere Arbeit. Außerdem wollen sie nicht nur arbeiten. Sie wollen auch genügend Freizeit haben.
Jugendliche interessieren sich für die Umwelt und für politische Themen. Allerdings interessieren sie sich nur wenig für Parteien und Gewerkschaften. Jugendliche machen oft mit bei Online-Petitionen. Das sind Forderungen an eine Behörde oder an Politiker. Diese Forderungen reicht man über das Internet ein. Auch bei politischen Themen werden digitale Medien immer wichtiger. Junge Menschen reagieren darauf unterschiedlich. Manche wollen gar nichts von Politik hören. Andere wollen sich einmischen. Sie wollen die Welt besser und gerechter machen.
Für Jugendliche hängt sehr viel von ihren Eltern ab. Wenn es den Eltern wirtschaftlich gut geht, sind Jugendliche zuversichtlicher. Sie glauben dann eher, dass sie gute Chancen im Leben haben. Jugendliche aus armen Elternhäusern glauben das seltener. Die Shell-Studie zeigt: Jugendliche aus armen Elternhäusern bekommen seltener ihren Wunsch-Beruf. Das schafft nur jeder Zweite. Das gleiche gilt für junge Menschen mit Migrationshintergrund. Das sind Jugendliche, deren Eltern oder Familien aus dem Ausland eingewandert sind. Auch für junge Menschen mit Behinderung ist es schwierig, gute Bildung zu bekommen. Auch gute Jobs bekommen sie seltener. Die meisten Schulen sind nicht inklusiv. Das heißt: Schüler mit und ohne Behinderung können an vielen Schulen nicht gut gemeinsam lernen.