Zum Usbeken- und Usbekistanbild im deutschsprachigen Raum



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Diss Rakhimova 2018

4.3.2 Der Charakter
 
Die Charaktereigenschaften der usbekischen Frau werden in deutschsprachigen 
Reiseberichten noch seltener erwähnt als ihr Äußeres.
Vámbéry überrascht seine Leser mit der Beschreibung einer usbekischen Frau im 


139 
Abschnitt „Ösbegen“ seines Buches „Das Türkenvolk“, und zwar in folgendem 
Abschnitt:

Was den Umgang mit dem weiblichen Geschlecht anbelangt, so hat der Islam in den 
Regeln des äußern Verkehrs schon so manchen Punkt der unnatürlichen Gesetze 
eingebürgert, doch so im Privatleben, d. h. intra muros, sind noch immer die Normen 
der primitiven, nomadischen Lebensweise vorherrschend, ja die Bige, d. h. die 
Hausfrau, schaltet und waltet freier und unumschränkter als die Matrone auf der Steppe 
und die Chanim in Konstantinopel.

 
(Vámbéry 1885, S. 359-360) 
Hier setzt der Autor eine 
Matrone
in der Steppe, eine 
Chanim
in Konstantinopel und 
eine usbekische Hausfrau, 
die Bige,
in Vergleich und betont das freie Verhalten einer 
Usbekin im Haushalt, trotz der islamischen Gesetze. 
In seinem Reisebericht hat Vámbéry allerdings Mitleid mit „
diesen armen Geschöpfen

 
(Vámbéry 1983 [1865], S. 177) und erteilt ihnen vor der Tür seinen Segen/heiligen 
Atem gegen „
ihr wirkliches oder vorgetäuschtes Übel
“ (ebd.), die „
gleich von dem 
Augenblick an eine Linderung des Übels verspüren [wollten]
“ (ebd.: S. 178)

Moser erzählt vom Gespräch mit einem Sarten, in dem er versucht, zwei Sichten, die 
europäische und die orientalische Sicht auf die Frau, darzustellen und baut in seine 
Darstellungen die abwertendsten Details ein. Ein Europäer würde die Schönheit einer 
Frau mit einer Blume vergleichen, die das Auge erfreue. Ein Sarte dagegen halte eher 
einen Hund für treu als eine Frau: „
Vergesset nicht, dass wenn der Hund das Ideal der 
Treue ist, das Weib das Ideal der eingefleischten Lüge ist.
“ (Moser 1888, S. 70) 
Tatsächlich gibt es ein usbekisches Sprichwort, das lautet „
It vafo, hotin jafo
“ und 
bedeutet „
Der Hund bleibt dir treu, die Frau bringt dir (nur) Leiden
“ (Übersetzung G. 
R.). Moser bekam dies höchstwahrscheinlich übersetzt. Durch diese Konstellation der 
Frau – schön wie eine Blume und schlimmer als ein Hund – wird seine europäische 
Kultur stark aufgewertet.
Graf von der Pahlen vermerkt die Neugier der turkestanischen Frauen, die er auf den 
flachen Dächern sieht
(vgl. v. d. Pahlen 1969 [1964], S. 15) und umschreibt sie im 
Weiteren als „
neugierige Evastöchter
“ (ebd.: S. 17).
Von der Pahlen beobachtet das Leben einer usbekischen Frau und erzählt von der 
frühen Erziehung der Mädchen zum Gehorsam: 

Von dieser Zeit an muß ein Mädchen verschleiert gehen und sich zu Haus im 
Frauengemach aufhalten. Den Mädchen wird vom frühesten Alter an Unterwürfigkeit 


140 
unter den Mann beigebracht. Kein kleines Mädchen wagt es, beim Spielen die Hand 
gegen einen Jungen zu erheben. Ich habe auf der Straße gesehen, wie ein kleiner 
Junge von kaum sechs Jahren ein um drei Jahre älteres Mädchen mit einem Stock 
schlug. Sie weinte, wagte aber nicht, dem Jungen den Stock aus der Hand zu reißen, 
und keines der umstehenden Mädchen hatte den Mut, gegen den viel schwächeren 
Jungen einzuschreiten.


(Ebd.: S. 60) 
Hans Werner Richter beobachtet die Taschkenter Frauen, vergleicht verschiedene 
Ethnien und fragt seinen Begleiter, inwieweit sich die Emanzipation durchgesetzt hat. 
Der usbekische Poet antwortet ihm, dass die usbekischen Frauen 
keusch
seien:

Ich frage Achundi; er erledigt die Frage der Emanzipation mit einem einzigen Satz: 
‚Unsere Frauen sind keusch‘. Angesichts der Usbekinnen in den Bazaren zweifle ich 
nicht daran. Sie treten beiseite, wenn ein Mann vorbeikommt, und verbergen ihr 
Gesicht, wenn man sie fotografieren will.


(Richter 1966, S. 24) 
Im Weiteren schreibt er von Unterwürfigkeit und Gehorsamkeit, aber auch von der 
Distanzhaltung der Frau, die an Ängstlichkeit grenzt: 

Der Zufall will es – offensichtlich war man hier doch nicht vorbereitet –, daß ich auf 
diesem Hof die erste Frau sehe, die in der Kolchose lebt. Sie kommt von der Arbeit, 
hat das Haus wohl von der anderen Seite betreten und bleibt erschrocken hinter einer 
Tür stehen, als sie uns sieht. Wir rufen ihr zu, hervorzukommen, aber sie kommt nicht. 
Sie steht wie versteinert da, hat die Augen niedergeschlagen, sieht verhärmt, 
verarbeitet und zerrupft aus. Ich frage mich, ob dies die Wirklichkeit ist. Erst der Befehl 
des Bauern, ihres Mannes, bringt sie in unsere Nähe, und erst nach seiner wiederholten 
Aufforderung, uns die Hand zu geben, gibt sie uns ihre verarbeitete Hand und zieht sie 
gleich wieder zurück. Sie sieht uns nicht dabei an. Der Bauer lacht, die drei 
usbekischen Schriftsteller lachen und rufen ihr etwas zu, das ich nicht verstehe. Gleich 
wird sie zu weinen beginnen, denke ich, aber da ist sie schon verschwunden.


(Ebd.: S. 32-33) 
Er schafft ein klares Bild der Usbekin: Sie ist unterwürfig („
die Augen 
niedergeschlagen
“), hat Angst vor den Männern (dazu der Vergleich „
wie versteinert
“), 
ist überlastet durch Arbeit und Sorgen („
verhärmt, verarbeitet und zerrupft
“), verhält 
sich gehorsam („
Erst der Befehl des Bauern
….“) und ist schüchtern („
Sie sieht uns 
dabei nicht an
“).
In einem anderen Abschnitt beschreibt Richter Usbekinnen auf dem Basar als 

freundlich, liebenswürdig und schüchtern
“ (ebd.: S. 63), er reflektiert über die schwere 


141 
Arbeit, die sie leisten, wobei er sie einem Esel gleichsetzt: 

Sie sind überaus freundlich, liebenswürdig und schüchtern gegenüber den Fremden. 
Sie müssen verkaufen, sie arbeiten, tragen oft schwere Säcke, ich habe den Eindruck: 
hier ist die Frau neben dem Esel immer noch der beste Lastenträger.


(
Ebd.)
Richter wundert sich über die Abwesenheit der Frauen in usbekischen Teehäusern, 
Tschaikanas
, und fragt den usbekischen Dichter, ob das Betreten des Teehauses für 
Frauen verboten sei: 
 
„‚
Unsere Frauen sind gut erzogen‘, antwortet Achundi. Entfernt gehen zwei Frauen an 
der Tschaikana vorbei. Sie kaufen sich verstohlen an einer offenen Kochstelle Samsa 
– Mehltaschen mit Fleisch und Zwiebeln gefüllt – und verzehren sie hinter den Bäumen. 
Achundi beachtet sie nicht. 
‚Das ist so‘, sagt er. ‚Sie wollen auch gar nicht her.‘


(Ebd.: S. 73) 
Der deutsche Journalist reflektiert in oben angeführten Beispielen über die fehlende 
Gleichberechtigung, direkt und indirekt, aus dem westlichen Emanzipationskonzept 
heraus. Diese und andere Beispiele stellen die usbekische Frau im Allgemeinen als 
Objekt des Mitleids (siehe Tab. 9) dar.

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