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Widerspruch von Individualisierung und Standardisierung als Kritikpunkt genannt. Im Fall der Schweizer
Fallstudie wurden - zumindest was die verbindlichen Lehrinhalte betrifft - die Ansprüche individualisierten
Lernens etwas distanzierter betrachtet:
INDIVIDUALISIERUNG VERSUS STANDARDISIERUNG
V6: „Die Schulstruktur hat häufig die Aufgabe, dass Lernziele vorgegeben werden und ich als
Lernbegleiter diese Lernziele mit allen erreichen sollte. Ich bin dazu auch verpflichtet. Zum
Teil bin ich auch moralisch verpflichtet, wenn es darum geht, dass die Jugendlichen dann in
der Anschlusslösung genau diese Lernziele brauchen für die Aufnahmeprüfung,
Abschlussprüfung oder Matura, wie es bei uns der Fall ist. Und die Individualisierung führt
dazu, dass eben genau das nicht passiert. Das heißt, der Schüler geht seinen eigenen Interessen
nach, er entwickelt Neugier und Leidenschaft und dann divergiert das Ganze. Man muss sich
als Schulträger schon genau überlegen, was verlange ich von den Lehrern: Sollen sie
individualisieren oder sollen sie alle zum gleichen Ziel führen.“ (V6_CH_2.5 #00:33:47#)
Die Lösungsvorschläge von Seiten der Schweizer Schule bestehen darin, dass man sich diesen
Widerspruch bewusstmacht und in bestimmten Unterrichtsfächern (wie
beispielsweise Sprachen und
Mathematik) keine inhaltliche Individualisierung zulässt, jedoch eine zeitliche. Sprich die Schüler/innen
bekommen individuell Zeit sich bestimmte Inhalte anzueignen. Damit werden die Schullaufbahnen
insgesamt individualisiert. In einem positiven Fall war es in den SBW Häusern des Lernens möglich, dass
ein Schüler mit Fünfzehneinhalb Jahren die Matura gemacht hat. Andererseits gibt es natürlich auch
Schüler/innen, die für einen Abschluss einen längeren Zeitraum benötigen. Ihnen entsteht dadurch aber
kein direkter Nachteil, und sie werden verstärkt durch Coaching unterstützt (V6_CH_2.5# 00:33:47#).
Zum anderen verwies die Schulleitung in Österreich auf die bereits erwähnte Möglichkeit, den Begriff
Individualisierung auch anders zu interpretieren (vgl. dazu Helmke 2013 in Kapitel 3.2). Wichtig sei es, so
die
Schulleiterin weiter, dass das Verständnis für die Bedeutung des Gemeinsamen und des sozialen
Miteinanders bei der Bezugnahme auf diesen Begriff nicht außer Acht gelassen werden dürfe. Dies kann
sicherlich als wichtige konzeptionelle Ergänzung betrachtet werden, die im Zuge der Analyse auch
entsprechend berücksichtigt wird.
INDIVIDUALISIERUNG
IST SOZIALE KOMPETENZ
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