Microsoft Word 170716 Diss komplett



Download 12,79 Mb.
Pdf ko'rish
bet17/104
Sana07.07.2022
Hajmi12,79 Mb.
#755346
1   ...   13   14   15   16   17   18   19   20   ...   104
Die Schule kann weder gesellschaftliche Konflikte schlichten, noch politische Probleme lösen. 
[…] Dennoch hat Schule den gesellschaftlichen Auftrag, Kinder und Jugendliche auf das 
„spätere Leben“ vorzubereiten
22
. […] Da niemand weiß, wie das spätere Leben für heutige 
Jugendliche genau aussehen wird, „wird das Jugendalter ein entwicklungsoffener Prozess“ 
(Brater 1997).“ (Datta 2000, S. 117) 
DATTA (2000) verdeutlicht, welches primäre Ziel Schule zu verfolgen hat, nämlich Strategien zur 
emanzipierten Lebensbewältigung zu fördern. Unter all den Fähigkeiten und Anforderungen, die 
Jugendliche dafür erfüllen sollen, lassen sich zwei konkrete Kernbereiche identifizieren, nämlich kritische 
Reflexionsfähigkeit und der Umgang mit Nicht-Wissen. Fähigkeiten also, die es ermöglichen mit 
Widersprüchen umzugehen diese zuzulassen und deren Ursachen aufzufinden (Novy und Nossek 2001, S. 
145).
SCHEUNPFLUG (2010) verdeutlicht in diesem Zusammenhang verschiedene 
Lernherausforderungen, die durch die schon mehrfach angesprochene zunehmende Komplexität 
struktureller Herausforderungen entstehen (Textfeld 14). 
21
Zu den schulischen Akteur/innen zählen: Schüler/innen, Lehrer/innen, Eltern, Schulverwalter/innen, 
Politiker/innen, Fachdidaktiker/innen, Bildungswissenschaftler/innen, Architekt/innen, Sozialarbeiter/innen, aber 
auch im weiteren Sinne die Medienberichterstattung, etc. 
22
Anmerkung: Jugendliche müssen nicht auf das „spätere Leben“ vorbereitet werden, da sie bereits leben und als 
Teil der Gesellschaft gegenwärtig handeln und agieren (müssen). Mit gegenwärtigen Entscheidungen wird die 
Zukunft beeinflusst. 


91
ƒ
Sachdimension: unterschiedliche komplexe Problemzusammenhänge
ƒ
Zeitdimension: Schrumpfung der Zeit durch Medien bedingt auch Beschleunigung des 
sozialen Wandels 
ƒ
Raumdimension: Spektrum zwischen lokal und global – Glokalität 
ƒ
Sozialdimension: soziale Fragmentierung; Gleichzeitigkeit von Vertrautheit und Fremdheit 
Textfeld 14: Lernherausforderungen der Globalisierung (Scheunpflug 2010)
Ein grundlegendes Problem sieht die Autorin darin, dass es sich bei der Wissensgesellschaft um ein 
abstraktes Gebilde handelt, das nur sehr schwer sinnlich erfassbar ist. Es können zwar bestimmte Aspekte, 
die sich an der Lebenswelt der Schüler/innen orientieren, bearbeitet werden, aber damit wird nur ein 
Bruchteil der weltgesellschaftlichen Komplexität ergründet.
"Neu ist […] die spezifische Qualität von Globalisierungsprozessen, die quasi alle diese 
Aspekte
23
 auf einmal und sich gegenseitig bedingend als Lernherausforderung wirksam werden 
lassen." (Scheunpflug und Hirsch 2000, S. 6) 
Eine kritische Auseinandersetzung, wie man mit den genannten Lernherausforderungen umgeht, ist 
erforderlich. Es geht nicht nur darum die zunehmende Abstraktheit zu begreifen, sondern mit der 
Komplexität umgehen zu können: Wie wird mit Wissen und Nichtwissen, mit Sicherheit und Unsicherheit, 
mit Raumbezug und Raumlosigkeit, mit Vertrautheit und Fremdheit umgegangen?
Die zunehmende Komplexität durch die globale Vernetzung und das exponentielle Wachstum an 
Informationen führen zu einer neuen Unübersichtlichkeit. Das Bildungssystem, nicht nur in Österreich, 
sondern auch auf europäischer Ebene, versucht diese neuartige Situation unter Kontrolle zu bringen. Die 
Antwort ist der Versuch Lernergebnisse zu standardisieren und vergleichbar zu machen. Die PISA-Studie 
ist wohl das bekannteste Instrument, um Bildungserfolge zu messen und international vergleichbar zu 
machen. Nach dem PISA-Schock für Österreich aufgrund der fatalen Ergebnisse hieß es bildungspolitisch 
zu reagieren. Die gleichzeitige Implementierung von Individualisierung einerseits und Standardisierung und 
Kompetenzorientierung andererseits führte in der Schulpraxis und in der Wissenschaft zu einem 
kontroversiellen Diskurs. (vgl. dazu Pichler 2012) 
PICHLER (2008) erläutert in diesem Kontext ein Grundproblem der PISA Studie, die davon ausgeht, 
ganze Bildungssysteme miteinander vergleichen zu können. Aufgrund der „Komplexität der Umfeldfaktoren 
und der Heterogenität der Schüler/innen […] ist es unmöglich einfache Antworten und Lösungen aus PISA 
abzuleiten, was wiederum politisch und medial schwer zu vermitteln ist“ (Pichler 2008, S. 99–100). So 
23
Mit dem Begriff „Aspekte“ verweist die Autorin auf die genannten Dimensionen in Textfeld 14 


92
beschreibt er, dass nicht nur schulisches Lernen in den Ländern jeweils anders organisiert ist, sondern dass 
sich auch der Zugang zu bzw. die Verwendung von Neuen Medien massiv unterscheiden kann. Als weiteren 
Hauptkritikpunkt führt er an, dass in der Überprüfung von PISA zentrale Kompetenzbereiche, wie 
politische und ökonomische Themenfelder, völlig außer Acht gelassen werden und demnach als nicht zu 
erwerbende Grundkompetenzen eingestuft werden. (vgl. dazu Pichler 2008, S. 99–100) 
Unabhängig von den Kritikpunkten an der Studie ist es ein Faktum, dass PISA Bewegung in die 
Bildungsdiskussion gebracht hat. An vielen Ecken und Enden des Bildungssystems wird geschraubt und 
gedreht, scheinbar nach dem Motto „Egal welche Bewegung – Hauptsache es bewegt sich etwas“. 
Standardisierte Testungen wie die Bildungsstandards oder die Implementierung der teilzentralen 
„standardisierten, kompetenzorientierten Reifeprüfung“ führen dazu, dass die öffentliche Bildungsdebatte 
unter einem „Diktat der Standardisierung“ (Dickel 2011) steht.
Kompetenzen sollen entwickelt werden, um diese schließlich standardisiert zu überprüfen: Ein 
Widerspruch in sich, da die individuelle Entwicklung von Kompetenzen niemals standardisiert erfasst 
werden kann. Im öffentlichen Diskurs ist der Glaube alles messen zu können nach wie vor sehr stark, weshalb 
quantitative Rankings im Bildungsbereich immer gerne für Argumentationen aufgegriffen werden. 
Betrachtet man jedoch die vielfältigen Begabungen und die unterschiedlichen Voraussetzungen, die 
Schüler/innen mitbringen, und wie vielfältig sich ihre Lebenswege entwickeln, stellt sich die Frage, wie sich 
diesbezüglich ein gemeinsamer Nenner definieren lassen soll. 
Insgesamt zeigt sich, dass ökonomische Interessen durchaus Einfluss auf Entwicklungen im 
Bildungssystem haben. Der Versuch, Schulleistungen standardisiert zu messen und international zu 
vergleichen ist ein Indiz dafür, dass „die Bildungsstandards auf klare gesellschaftspolitische und 
wirtschaftliche Bedingungen hin entworfen wurden und das Ziel verfolgen, Schülerinnen und Schüler für 
unsere Gesellschaft funktionstüchtig zu machen.“ (vgl. dazu Bpb Bundeszentrale für politische Bildung 
2006, S. 18–19) 
Die Debatte, ob die Quantifizierung von Lernergebnissen oder die Fokussierung auf qualitativ wertvolle 
Lernprozesse zielführender ist, findet sich auch im aktuellen wissenschaftlichen Diskurs wieder. Die 
Auseinandersetzung zwischen Befürworter/innen und Kritiker/innen zu den Themen Standardisierung auf 
der einen und Kompetenzorientierung auf der anderen Seite wird heftig geführt und lässt auch das 
Unterrichtsfach GW nicht unberührt. Für diese Arbeit wird damit thematisch ein zu großes Feld eröffnet, 
als dass es hier intensiv bearbeitet werden könnte (zur Vertiefung siehe: Dickel 2011, Padberg 2012, Pichler 
2012, Rhode-Jüchtern 2011, Vielhaber 2008, et.al).
Das aufgezeigte Spannungsfeld zwischen dem Trend zur Standardisierung und dem Konzept der 
Individualisierung ist für die Fallstudienanalyse jedoch von zentraler Bedeutung, da es sich dabei um parallel 
existierende Realitäten im Schulalltag handelt. Die Fallbeispiele beleuchten diese Widersprüchlichkeit, 
indem die Gestaltung schulischer Lehr-/ Lernprozesse diesbezüglich untersucht wird. Trotz der durchaus 


93
zutreffenden Kritikpunkte an der PISA-Studie können einzelne Teilergebnisse, nämlich die 
Lernmotivationen von Schüler/innen und die identifizierten Schulmerkmale für Bildungserfolge, den 
Erkenntnissen der Fallstudien gegenübergestellt werden (OECD 2013).
Bei aller Kritik an den Standardisierungstrends und der Ökonomisierung der Bildung stellt sich nach 
wie vor die Frage, wie eine vielversprechendere Alternative zur standardisierten Kompetenzorientierung 
aussehen kann, um den geschilderten Anforderungen der Wissensgesellschaft gerecht zu werden. In den 
österreichischen Lehrplänen
24
sind allgemeine Bildungsziele und didaktische Grundsätze formuliert, die für 
den Unterricht im Vordergrund stehen sollen. Neben dem Erwerb von Wissen sollen Kompetenzen 
entwickelt und Werte vermittelt werden. Unabhängig von der Kompetenzdebatte ist jedoch die Frage 
legitim, welches Wissen und welche Kompetenzen gebraucht werden, um den vielschichtigen 
Anforderungen der Gesellschaft gerecht zu werden. ATKIN (2011) definiert in einer Studie der OECD 
Centre for Effective Learning Environments grundlegende Prinzipien für effektives Lernen im 21. 
Jahrhundert (Textfeld 15).
ƒ
Intrinsically motivated and lifelong: learner driven learning is transformative and generative; 
ƒ
personal: making personal meaning and building personal capacity in a safe, supportive but 
challenging environment; 
ƒ
relational: gaining support and inspiration from learning in relation to others, deriving a sense 
of challenge and expectation from significant others; 
ƒ
holistic and experiential: the whole person learns through participating in authentic, 
purposeful experiential activities; 
ƒ
complex and non-linear: holistic growth through active engagement and integration rather 
than simply accretion or accumulation of layers.
Textfeld 15: „Timeless principles of effective learning in the 21st century“ nach (Atkin 2011, S. 24) 
Die formulierten Kriterien, wie lebenslanges Lernen, intrinsische Motivation, die Orientierung an den 
individuellen Lebenswelten oder die Bedeutung von sinnvollem bzw. nutzbarem Wissen, decken sich 
interessanterweise mit Erkenntnissen der Fachdidaktik (vgl. dazu Kapitel 6) und aktuellen Theorien 
unterschiedlicher Disziplinen, wie der Soziologie oder den Bildungs- oder Neurowissenschaften. 
24
Alle Lehrpläne sind am BMUKK unter folgendem Link zu finden: 
http://www.bmukk.gv.at/schulen/unterricht/index.xml 


94
4.3
Lernvorstellungen aus theoretischer Perspektive 
Auch die Konzepte für das Funktionieren bzw. Gelingen von Lernprozessen sind – ähnlich wie die 
Auffassungen vom Lernverständnis – im historisch-gesellschaftlichen Kontext Veränderungen unterworfen. 
Für das vorliegende Forschungsvorhaben wurde die konstruktivistische Lerntheorie als wichtige 
Bezugstheorie identifiziert. Zentrale Annahmen und Prinzipien werden im Folgenden beschrieben, sodass 
der Zusammenhang mit dem Konzept der Individualisierung ersichtlich wird. Darauf aufbauend lassen sich 
im Teil III Fragen nach der praktikablen Umsetzung konstruktivistischer Prinzipien in schulischen 
Lernumgebungen systematisch untersuchen. Ebenso von Interesse ist es herauszuarbeiten, inwieweit diese 
Theorie fähig ist, die Realitäten der Schulpraxis in ihrer gesamten Komplexität zu erfassen. Ziel ist es 
letztlich, eine „funktionierende Praxis, die durch aktuelle Lehr- und Lerntheorien begründet werden kann“ 
(Wahl 2006, S. 7) zu forcieren.

Download 12,79 Mb.

Do'stlaringiz bilan baham:
1   ...   13   14   15   16   17   18   19   20   ...   104




Ma'lumotlar bazasi mualliflik huquqi bilan himoyalangan ©hozir.org 2024
ma'muriyatiga murojaat qiling

kiriting | ro'yxatdan o'tish
    Bosh sahifa
юртда тантана
Боғда битган
Бугун юртда
Эшитганлар жилманглар
Эшитмадим деманглар
битган бодомлар
Yangiariq tumani
qitish marakazi
Raqamli texnologiyalar
ilishida muhokamadan
tasdiqqa tavsiya
tavsiya etilgan
iqtisodiyot kafedrasi
steiermarkischen landesregierung
asarlaringizni yuboring
o'zingizning asarlaringizni
Iltimos faqat
faqat o'zingizning
steierm rkischen
landesregierung fachabteilung
rkischen landesregierung
hamshira loyihasi
loyihasi mavsum
faolyatining oqibatlari
asosiy adabiyotlar
fakulteti ahborot
ahborot havfsizligi
havfsizligi kafedrasi
fanidan bo’yicha
fakulteti iqtisodiyot
boshqaruv fakulteti
chiqarishda boshqaruv
ishlab chiqarishda
iqtisodiyot fakultet
multiservis tarmoqlari
fanidan asosiy
Uzbek fanidan
mavzulari potok
asosidagi multiservis
'aliyyil a'ziym
billahil 'aliyyil
illaa billahil
quvvata illaa
falah' deganida
Kompyuter savodxonligi
bo’yicha mustaqil
'alal falah'
Hayya 'alal
'alas soloh
Hayya 'alas
mavsum boyicha


yuklab olish