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„An important question when thinking about a theory for practice is `what is reality of practice 
about?` What kind of limits – as well as unexpected potentialities – may reality show in 
practice? What sorts of complexities are masked by our assumptions? For example, the 
complexity of (the reality of) learning and „the process of knowledge formation… are not at all 
well understood“ (Jörg et al. 2007, S. 3) 
4.3.1
Drei theoretische Ansätze im Vergleich 
Den Annahmen des Konstruktivismus werden jene des Behaviorismus und des Kognitivismus 
gegenübergestellt, die zu den „einflussreichsten Theoriesystemen der letzten Jahrzehnte“ (Baumgartner 
2013, S. 3) zählen. Interessant ist der Vergleich vor allem deshalb, weil es sich um sehr unterschiedliche 
Denkansätze hinsichtlich des Ablaufs von Lernprozessen handelt. Anhand der drei Strömungen lässt sich 
zudem sehr gut zeigen, dass theoretische Modelle in der Schulpraxis durchaus angewandt werden – mit der 
Anmerkung, dass es sich dabei nicht um die aktuellsten wissenschaftlichen Erkenntnisse handelt. 
TERHART (2008) spricht von einer „lähmenden Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen“ und pointiert 
damit die parallel existierenden Lernkulturen unserer Gesellschaft, die sich zwischen den beiden Polen 
„frontalunterrichtlich verkopfter Lehre“ und „avantgardistischer Formen einer selbstorganisierten 
Lernpraxis“ (Terhart 2008, S. 28) bewegen. In den Steckbriefen werden die drei theoretischen Strömungen 
anhand zentraler Merkmale beschrieben und das jeweilige Lernverständnis wird in einem Modell skizziert 
(Abbildung 12-Abbildung 14). Zu berücksichtigen ist insbesondere, dass die Theorien als soziale Konstrukte 
im jeweiligen historischen Kontext zu analysieren sind. Aus diesem Verständnis heraus lässt sich besser 
erklären, weshalb Theorien oft nur für die jeweiligen spezifischen Konstellationen und Annahmen 
brauchbare Erkenntnisse liefern.
„The theories arise in particular circumstances, in response to particular needs and in 
anticipation of particular hopes.“ (Jörg et al. 2007, S. 9) 


95
Steckbrief Der Behaviorismus 
Entstehung 1920er 
Jahre 
Vertreter Thorndike, Watson, Skinner, Pawlow 
Das Gehirn ist ein… passiver Behälter 
Wissen wird… abgelagert 
Wissen ist… eine korrekte Input-/Output-Relation 
Lernziele… sind 
richtige 
Antworten 
Paradigma Stimulus-Response 
Strategie Lehren 
Der/die Lehrende ist… Autorität 
Der/die Lernende ist… passiv 
Feedback wird… extern vorgegeben 
Interaktion… starr 
vorgegeben 
Programmmerkmale… starrer Ablauf, quantitative Zeit- und Antwortstatistik 
Abbildung 12: Lernmodell Behaviorismus (abgeändert und ergänzt nach Baumgartner 2013) 


96
Steckbrief Der Kognitivismus 
Entstehung 1950er 
Jahre 
Vertreter Piaget 
Das Gehirn ist ein… Computer 
Wissen wird… verarbeitet 
Wissen ist… ein adäquater interner Verarbeitungsprozess 
Lernziele… sind richtige Methoden zur Antwortfindung 
Paradigma Problemlösung 
Strategie beobachten und helfen 
Der/die Lehrende ist… Tutor 
Der/die Lernende ist… aktiv linear geleitet 
Feedback wird… extern modelliert 
Interaktion… dynamisch in Abhängigkeit des externen Lernmodells 
Programmmerkmale… dynamisch gesteuerter Ablauf, vorgegebene Problemstellung, 
Antwortanalyse 
Abbildung 13: Lernmodell Kognitivsmus (abgeändert und ergänzt nach Baumgartner 2013) 


97
Steckbrief Der Konstruktivismus 
Entstehung Mitte des 20. Jahrhunderts 
Vertreter Glasersfeld, Maturana, Foerster, Dewey 
Das Gehirn ist ein… informationell geschlossenes System 
Wissen wird… konstruiert 
Wissen ist… mit einer Situation operieren zu können 
Lernziele… sind komplexe Situationen zu bewältigen 
Paradigma Konstruktion 
Strategie kooperieren 
Der/die Lehrende ist… Coach, Spieler, Trainer 
Der/ die Lernende ist … aktiv selbstgesteuert 
Feedback wird… intern modelliert 
Interaktion… selbstreferentiell, zirkulär, strukturdeterminiert (autonom) 
Programmmerkmale… dynamisch, komplex vernetzte Systeme, keine vorgegebene 
Problemstellung 
Abbildung 14: Lernmodell Konstruktivismus (abgeändert und ergänzt nach Baumgartner 2013) 


98
Behaviorismus 
Lernen passiert nach den behavioristischen Erklärungsmodellen aufgrund eines einfachen Reiz-
Reaktions-Schemas. Bekannt ist aus dieser Theorie vor allem der Pawlowsche Hund. Beobachtungen zufolge 
stellte man fest, dass für Hunde das akustische Signal, nämlich die Schritte des Besitzers, für die 
Speichelproduktion sorgte und mit der Fütterung in Verbindung gebracht wurde, ohne das Futter gesehen 
zu haben. Im Experiment wurde Hunden wiederholt innerhalb eines engen zeitlichen Abstands nach einem 
Glockenton das Futter angeboten, bis es schließlich nur aufgrund des Glockentons zu einer 
Speichelproduktion kam. Pawlow bezeichnete dieses Phänomen als klassische Konditionierung, die auch auf 
das menschliche Verhalten anwendbar ist. Diesem Verständnis nach kann das menschliche Verhalten über 
äußere Reize gesteuert werden. (vgl. dazu Baumgartner 2013; Stangl 2011) 
Für das schulische Lernen etablierte sich in diesem Kontext der sogenannte Nürnberger Trichter: Die 
primär passiven Schüler/innen werden mit Wissen, vor allem Faktenwissen „befüllt“, das dann jede/r von 
ihnen als Reaktion auf die Lehrer/innenfrage in möglichst unverändertem Wortlaut reproduziert. Das 
korrekte Verhalten, also die erwünschte Reaktion, kann durch Belohnung oder Bestrafung, in Fall der Schule 
durch die Notengebung, verstärkt werden. Der Unterricht beschränkt sich also weitgehend auf die 
Vermittlung von Faktenwissen, wobei den Schüler/innen im Lehr-/ Lernprozess eine weitgehend passive 
Rolle zukommt. Das, was von ihnen erwartet wird, ist die „korrekte“ Wiedergabe der „eingetrichterten“ 
Inhalte, wenn sie danach gefragt werden.
Kritisch zu hinterfragen ist die Sinnhaftigkeit des Vermittlungsinteresses, wenn Fakten ohne 
Kontextualisierung reproduziert werden. Ein Beispiel aus dem GW-Unterricht ist das Lernen und Verorten 
topographischer Begriffe wie Städte oder Berge. 
Kognitivismus 
Die kognitivistischen Ansätze gehen in der Erklärung einen Schritt weiter. Während der Behaviorismus 
das Gehirn als Black Box sieht, setzt es der Kognitivismus mit einem Gerät, also etwa einem Computer, 
gleich. Das heißt, es wird davon ausgegangen, dass im Gehirn Verarbeitungsprozesse stattfinden, die im 
Zentrum des Erkenntnisinteresses stehen. Im Kognitivismus wird Lernen als eine Informationsverarbeitung 
verstanden. Man spricht in den 1950er Jahren auch von der sogenannten kognitiven Wende. (vgl. dazu 
Baumgartner 2013; Stangl 2011) 
Für den Unterricht bedeutet dies, dass der/die Lehrer/in Reize anbietet, die aktiv und selbstständig 
verarbeitet werden sollen. Es handelt sich aber im Unterschied zum Konstruktivismus nicht um ein 
ergebnisoffenes Lernen, sondern mit den gegebenen Reizen sollen ganz bestimmte Ziele erreicht werden. 
Das Lernen und Handeln entsteht aufgrund von Denkprozessen und Einsicht (AHA- Erlebnis) (Stangl 
2011). 


99
Auch dazu ein konkretes Unterrichtsbeispiel: Schüler/innen sollen einen Skiurlaub für 4 Personen 
planen. Es wird vorgegeben, wie viel Budget zur Verfügung steht und welche konkreten Punkte für die 
Lösung der Aufgabe bearbeitet werden sollen. Es ist sozusagen ein zielgerichtetes Verfahren und die 
Problemlösung steht im Zentrum des Interesses. 
Konstruktivismus 
Die konstruktivistischen Ansätze gehen davon aus, dass das Lernen nicht extern gesteuert werden kann, 
sondern die Bereitschaft im Individuum bereits angelegt ist. Lernprozesse können demnach nur angeregt, 
aber nicht von außen gesteuert werden. Indem Lernen als Konstruktionsprozess verstanden wird, kann jede/r 
nur basierend auf seinen/ihren eigenen Erfahrungen, Wertvorstellungen und Überzeugungen lernen und 
somit Wissen entwickeln.
Innerhalb der konstruktivistischen Ansätze gibt es unterschiedliche Formen. Der radikale 
Konstruktivismus wird beispielsweise als nicht kompatibel mit dem formellen Bildungsbereich angesehen, 
da die zentrale Annahme besagt, dass sich „autopoietische Systeme weder erziehen noch belehren“ (Siebert 
2005, S. 59) lassen und somit schulische Bildung obsolet ist. TERHART (2008) betont jedoch, dass die 
konstruktivistische Didaktik in der Theorie relativ radikale Ansätze, hingegen bei konkreten didaktischen 
Entscheidungen für die Unterrichtsplanung eine sehr moderate, gemäßigte Position einnimmt.
Für den Unterricht bedeutet die konstruktivistische Perspektive, dass sich die Rolle des/der Lehrenden 
grundlegend verändert. Aufgrund der unterschiedlichen Vorerfahrungen hat jedes Individuum einen 
eigenen Zugang zu unterschiedlichen Themen und Fragestellungen. Ziel des Unterrichts ist es diese 
Mehrperspektivität zu nutzen. Die unterschiedlichen Anschauungen müssen kommuniziert, ausgetauscht 
und neu ausgehandelt werden, um so die Komplexität bestimmter Problemstellungen erfassen zu können. 
Aus konstruktivistischer Sicht alternieren innerhalb eines Aneignungsprozesses erschließende, verarbeitende 
und reflektierende Phasen (Konstruktion, Rekonstruktion und Dekonstruktion), die bei didaktischen 
Entscheidungen zu berücksichtigen sind. Diese sind neben weiteren theoretischen Annahmen im Textfeld 
16 zusammengefasst. 
Für das Lernen relevante konstruktivistische Grundannahmen: 
ƒ
Der Unterricht/ die Lehrperson kann Lernen nur anregen, aber nicht erzeugen. 
ƒ
Lernen ist ein Aneignungsprozess und kann grob in 3 Phasen gegliedert werden:
à
Konstruktion:
„Wir sind die Erfinder unserer Wirklichkeit“ 
à
Rekonstruktion: „Wir sind die Entdecker unserer Wirklichkeit“ 
à
Dekonstruktion: „Wir sind die Enttarner unserer Wirklichkeit“ 
ƒ
Wirklichkeitskonstruktionen von Schüler/innen und Lehrpersonen sind bei der inhaltlichen 
und methodischen Gestaltung von Lehr-/ Lernprozesse zu berücksichtigen: 


100
à
Wirklichkeit entsteht durch Beobachtungen, und unterschiedliche Perspektiven führen 
zu einer Pluralität von Wirklichkeiten. 
à
Aufgrund der Mehrperspektivität wird der Wahrheitsbegriff durch den Begriff der 
Viabilität ersetzt.
à
Viabel bedeutet passend, brauchbar, funktional – „Handlungen, Begriffe und 
begriffliche Operationen sind dann viabel, wenn sie zu den Zwecken oder 
Beschreibungen passen, für die wir sie benutzen.“
ƒ
Lernen ist ein Akt der Konstruktion. Die Instruktion (Wissensvermittlung) soll abgelöst werden 
von der Konstruktion, da Systeme autopoietisch (selbsttätig, selbsterzeugend) und nur lose mit 
der Umwelt verbunden sind. (Stichwort: Individualisierung, Nutzung der Vorerfahrungen) 
ƒ
Kommunikation ist von zentraler Bedeutung für das Lernen. Demnach steht die 
Beziehungsebene vor der Inhaltsebene 
Textfeld 16: konstruktivistische Grundannahmen nach (Siebert 2005, S. 51; Reich 2008, S. 71) 
In den Annahmen der konstruktivistischen Lerntheorien, wie Lernprozesse ablaufen und funktionieren, 
lassen sich viele Erkenntnisse der Gehirnforschung (Textfeld 17) wiederentdecken. Die Bedeutung der 
subjektiven Erfahrungen und des damit verbundenen sinnstiftenden Lernens zeigt, dass für die Gestaltung 
von erfolgreichen Lehr-/ Lernprozessen in beiden Theorien das Individuum mit all seinen Vorstellungen 
und Erfahrungen zu berücksichtigen ist.
Erkenntnisse der Gehirnforschung für gelingendes Lernen: 
ƒ
Lernen braucht Atmosphäre: angstfrei und angenehm, ohne Stress und Druck 
ƒ
Lernen baut auf subjektive Erfahrungen: Das Gehirn ordnet die Informationen nach 
erkennbaren Mustern ein und verarbeitet diese. 
ƒ
Lernen muss „Sinn“ machen: Nutzen und Wert muss subjektiv erkennbar sein. 
ƒ
Lernen braucht Zeit: Lernprozesse (Lernen, Verstehen, Behalten) folgen einem bestimmten 
Rhythmus und brauchen Pausen. 
ƒ
Lernen muss aktiviert werden: Das Gehirn verarbeitet Informationen auf unterschiedliche 
Arten, wenn verschiedene Sinneskanäle aktiviert werden. 
ƒ
Lernen ist ein Prozess der Wissensverarbeitung: neues Wissen einfügen – altes Wissen 
aktivieren – (eventuell) Wissen reorganisieren 
ƒ
Lernen braucht Übung: unmittelbare Anwendungs- und Transferphasen lassen neu Gelerntes 
besser behalten 
Textfeld 17: Erkenntnisse der Gehirnforschung nach (Terhart 2008, S. 25)


101
4.3.2
Theoretische Erfassung von Komplexität 
Theorie des Wandels 
Das Thema der Komplexität von Lehr-/ Lernprozessen im Kontext der Wissensgesellschaft ist in der 
Fallstudienanalyse von großer Bedeutung. Schulisches Lernen als komplex zu bezeichnen ist vielleicht auf 
den ersten Blick überraschend: Lehrende agieren in einem vorbestimmten zeitlichen und räumlichen 
Rahmen, orientieren sich an einem vordefinierten Lehrplan und verwenden dafür konzipierte Schulbücher 
oder andere Arbeitsmaterialien, um mess- bzw. vergleichbare Schüler/innen-Leistungen zu „produzieren“. 
Diese scheinbar simple Linearität, täuscht jedoch über die Vielschichtigkeit interagierender Komponenten 
hinweg, wie das Konzept der Individualisierung (Kapitel 5) oder die Erkenntnisse der Gehirnforschung 
verdeutlichen. 
In den drei beschriebenen theoretischen Ansätzen ist die Perspektive auf Komplexität unterschiedlich. 
Während der Behaviorismus und der Kognitivismus Lernen als linearen Prozess verstehen, ist im Modell 
des Konstruktivismus die Komplexität ein wichtiger Bestandteil. 
JÖRG et al (2007) fordern in Anbetracht der veränderten Anforderungen in der Wissensgesellschaft, 
dass die Wissenschaft eine „Theorie des Wandels“ integrieren muss, um auf die multiplen und 
unterschiedlichen Probleme reagieren zu können. Die Autoren sehen die Bildung in einer Krise, die sie aber 
auch als Chance verstehen, um innovative Veränderungen auf theoretischer und praktischer Ebene zu 
erreichen. Sie fordern eine adäquate Theorie für die Praxis, die die Komplexität des Lernens in ihrer 
Gesamtheit integriert. Das Problem vieler Theoriefamilien, so die Autoren, liegt darin, dass sie einzelne 
Phänomene selektieren und isoliert beschreiben. Wenn Lehrer/innen keinen für Lernende begreifbaren 
Kontext zu der von ihnen komplex wahrgenommenen Realität herstellen können, sind die Theorien bzw. 
die damit verbundenen Erkenntnisse nicht brauchbar:

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