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„Unter individueller Förderung werden alle Handlungen von Lehrerinnen und Lehrern und 
von Schülerinnen und Schülern verstanden, die mit der Intention erfolgen bzw. die Wirkung 
haben, das Lernen der einzelnen Schülerin/ des einzelnen Schülers unter Berücksichtigung 
ihrer/seiner spezifischen Lernvoraussetzungen, -bedürfnisse, -wege, -ziele und -möglichkeiten 
zu unterstützen. (Kunze und Solzbacher 2012, S. 19) 
KUNZE (2008) geht nicht nur von den Lehrer/innen aus, die individualisierte Lehr-/ und 
Lernprozessen ermöglichen, sondern integriert auch die Schüler/innen als aktive Gestalter/innen im 
Rahmen von Lernprozessen. Weiters betont er ausschließlich den Aspekt der „Förderung“, während im Fall 
der Definition des Bundesministeriums auch von „Forderung“ die Rede ist. Davon lässt sich ableiten, dass 
entsprechend der ministeriellen Vorgaben Individualisierung ganzheitlicher zu verstehen ist. Im Zentrum 
steht die Rolle der Lernenden als Gestalter/innen ihrer Lernprozesse, wobei es nicht nur um Förderung, also 
um das Abbauen von Schwächen, sondern auch um Forderung, also um das Stärken von Begabungen geht. 
Innerhalb des Konzepts der Individualisierung lässt sich die Unterscheidung der Differenzierung und 
der Individualisierung vornehmen. Differenzieren wird von der Seite des Lehrens her betrachtet (Textfeld 
19), während das Individualisieren die Perspektive des Lernens berücksichtigt. Ziel des differenzierten 
Unterrichts ist es, für jedes einzelne Mitglied einer heterogenen Lerngruppe möglichst optimale 
Lernbedingungen zu bieten. 
Im individualisierten Unterricht, versucht jede/r Schüler/in, die für sie/ihn optimale Entwicklung 
seiner/ihrer Potenziale zu verwirklichen. Der damit verbundene Aspekt, die Schüler/innen als aktive 
Teilnehmer/innen zu sehen, wird in der Analyse der empirischen Daten berücksichtigt. Das heißt, sowohl 


107
der/die Lehrer/in als auch der/die Schüler/in übernimmt die Rolle des/der Gestalters/in von 
individualisierten Lehr-/ Lernprozessen. (vgl. dazu Salner-Gridling 2009) 
Für die vorliegende Forschung ist insbesondere die äußere und innere Differenzierung von Relevanz. Diese 
beiden Formen befassen sich mit schulorganisatorischen und unterrichtsmethodischen Maßnahmen, die die 
Umsetzung individualisierter Lehr-/Lernprozesse unterstützen, zwei Bereiche, die auch im Rahmen der 
Fallstudienanalyse untersucht werden können. Hingegen beschäftigt sich die institutionelle Differenzierung 
mit den Strukturen des gesamten Bildungssystems, deren Untersuchung nicht als Ziel dieser Arbeit definiert 
wurde. Bei den Fallstudien haben die SBW Häuser des Lernens als privater Schulträger eine Art 
Sonderstellung. Im Interview verweist die Schulleitung explizit auf die 
institutionelle Differenzierung, die für ihre Philosophie des individualisierten Lernens von zentraler 
Bedeutung ist. Das heißt, es gibt einheitliche Strukturen und eine Lehr- und Lernkultur, die eindeutig mit 
den SBW Häusern des Lernens in Verbindung gebracht werden kann. Anders als im öffentlichen 
Schulsystem, wird das Schulkonzept trotzdem in Abhängigkeit des Schulstandorts und des 
Ausbildungsbedarfs entwickelt und lässt somit an den unterschiedlichen Standorten differenzierte 
Schulformen entstehen
25

Formen der Differenzierung individualisierten Lernens aus der Perspektive des Lehrens 
Institutionelle Differenzierung: 
Auf dieser Ebene wird nach Alter und Leistung der Lernenden unterschieden. Die Zuteilung erfolgt 
je nach Schulart (z.B.: AHS, NMS, BHS,…) 
Äußere Differenzierung:
Auf schulorganisatorischer Ebene wird innerhalb einer Schulart differenziert nach: Alter, Leistung
Wahl der Freigegenstände, Wahlpflichtfächer, Förderstunden. 
Innere Differenzierung: 
Sie stellt die didaktische Umsetzung der Grundidee der Heterogenität dar: Unterschiedliche Lernende 
brauchen unterschiedliche Zugänge und Aneignungsmöglichkeiten. Differenziert wird nach Lernziel, 
Lernzeit, Unterrichtsmethode, Schwierigkeitsgrad, Leistungsniveau, Inhalt, Lerntechnik, Umfang. 
Textfeld 19: Formen der Differenzierung – vom Lehren her gedacht (Salner-Gridling 2009, S. 18) 
25
Für genauere Informationen siehe 
http://www.sbw.edu/
in der Rubrik Bildungslinien. 


108
Die Heterogenität einer Lerngruppe, wird im Kontext der Individualisierung nicht als Problem, sondern 
als Chance gesehen. Dies kommt vor allem dem Prinzip der Mehrperspektivität der konstruktivistischen 
Lerntheorie entgegen.
Bei 25 Schüler/innen und einer/m Lehrenden in einer Schulklasse treffen 26 unterschiedliche 
Vorstellungen von der Welt, verschiedene Lerngeschwindigkeiten, Interessen und Vorerfahrungen 
aufeinander. Damit jede/r Einzelne erfolgreich lernen kann, gilt es diese heterogene Zusammensetzung bei 
der Gestaltung von Lehr-/ Lernprozessen zu berücksichtigen und zu nutzen. Das Ziel der Individualisierung 
ist es, entsprechend der heterogenen Lerngruppe einen förderlichen Rahmen zu schaffen. 
Die Tatsache, dass eine Lerngruppe immer heterogen ist und Faktoren wie die Herkunft oder die 
unterschiedlichen Vorerfahrungen von Lehrer/innen wie Schüler/innen auf das Lernen Einfluss haben, ist 
durchaus kein neuartiges Phänomen, wie bereits die Ansätze der Reformpädagogik gezeigt haben (vgl. 
Kapitel 4.2). Basierend auf den veränderten Lernherausforderungen im Zuge der Wissensgesellschaft und 
neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse der Neurowissenschaften und der konstruktivistischen Lerntheorien, 
existieren mittlerweile viele Begriffskonzepte in diesem Kontext. Neue Lernkultur, selbstgesteuertes Lernen, 
Inklusion, Binnendifferenzierung, Kompetenzorientierung oder auch lebenslanges Lernen werden für die 
heterogenen Konstellationen oft synonym verwendet. Geht man davon aus, dass Lernen nur angeregt 
werden kann, wenn es für den/die Schüler/in Sinn macht und er/sie an persönlichen Vorerfahrungen 
anknüpfen kann, so können traditionelle Muster der Belehrung diesen Bedingungen nicht mehr gerecht 
werden. Abbildung 15 visualisiert die beiden Lernmodelle und zeigt, wie wichtig vor allem die 
Denkstrukturen des/der Lehrer/in für erfolgreiche Vermittlungs- und Aneignungsprozesse sind. 


109
Lernmodell A: standardisierte Vermittlung 
Lernmodell B: individualisierte Vermittlung 
Abbildung 15: Modell individualisierter versus standardisierter Lehr- und Lernprozesse (Imhäuser 2011) 
Aus der Perspektive der konstruktivistischen Lerntheorie, der Neurowissenschaften und der 
beschriebenen fachdidaktischen Positionen sind keine gravierenden Einwände gegen das Konzept der 
Individualisierung vorzubringen. Kritisch zu bewerten ist das Konzept jedoch, wenn es in den Kontext 
gesellschaftlicher Anforderungen für die Wissensgesellschaft gestellt wird. Die Risikogesellschaft, eine von 
BECK (2000) entwickelte Gesellschaftstheorie, stellt als eine zentrale These die zunehmende 
Individualisierung unserer Gesellschaft in den Mittelpunkt seiner Argumentation. Er beschreibt darin die 
Auflösung gesellschaftlicher und familiärer Sicherheitsstrukturen, die zu einer stärkeren Eigenverantwortung 
des Individuums führt. Konsequenzen von Krisen sind demnach nicht mehr im gesellschaftlichen Kollektiv 
zu bewältigen, sondern werden als persönliches Schicksal wahrgenommen. Er verdeutlicht dies anhand von 
Beispielen wie der Arbeitslosigkeit oder der Armut. (vgl. dazu Beck 2000)
Legt man diese Entwicklungen auf die Funktion der Schule - im Sinne des Systemerhalts von 
Gesellschaften - um, könnte man die bildungspolitische Forderung, die Individualisierung in der Schulpraxis 
umzusetzen, in einem anderen Licht sehen. Bei einer entsprechend kritischen Reflexion drängt sich nämlich 
die Frage auf, ob nicht das Konzept der Individualisierung nur Mittel zum Zweck ist, damit komplexe 
strukturelle sozioökonomische Herausforderungen nicht im gesellschaftlichen Kollektiv gelöst werden 
müssen, sondern jedes Individuum selbst die Verantwortung übernimmt. Ein simples Beispiel betrifft die 
Konsumentscheidungen, von denen auch die Jugendlichen immer stärker als aktiv Beworbene betroffen 
sind. Die Frage nach der Wahl des Produktes, nicht zuletzt auch hinsichtlich fairer und ökologisch 
nachhaltiger Produktionsweisen, wird auf den Konsumenten ausgelagert. Obwohl Politik und 
Unternehmen wissen, wie nachhaltige Produktionsbedingungen funktionieren, führen sie kaum 


110
entsprechenden Regulierungen ein. Vielmehr überlassen sie weitgehend dem/der Konsument/in die 
Entscheidungen und argumentieren ihr Vorgehen mit einer angeblich daraus resultierenden größeren 
Produktauswahl. Dieses Beispiel soll an dieser Stelle verdeutlichen, wie wichtig es ist, hinsichtlich der 
Individualisierung zwischen den bildungswissenschaftlichen-(fach)didaktischen und ökonomisch-
politischen Interessen zu unterscheiden, auch wenn dieser Aspekt einen Exkurs darstellt und nicht Thema 
dieser Arbeit ist. 
In beiden Fallstudien gaben die Lehrer/innen eine Bewertung und Einschätzung hinsichtlich der 
Umsetzungspotenziale des Individualisierungskonzepts ab. Grundsätzlich standen alle befragten 
Lehrer/innen dem Konzept der Individualisierung positiv gegenüber. Bis zu einem gewissen Grad sind die 
positiven Antworten auf die soziale Erwünschtheit zurückzuführen. In einem Fall bestätigt sich diese 
Vermutung bei der Gegenüberstellung des Lehrer/innen-Interviews mit den Beobachtungen einer 
Unterrichtsstunde und den entsprechenden Antworten der Schüler/innen. In allen Äußerungen des Lehrers 
wurde zudem das Konzept der Individualisierung immer wieder auf die Umsetzung eines Stationenbetriebs 
reduziert. Das Zitat verdeutlicht, dass der quantitative Aspekt, der darauf abzielt, möglichst viele Inhalte 
unterzubringen, gegenüber qualitativen Aspekten, die auch auf die Sinnhaftigkeit und die Plausibilität von 
Lehr-/ Lernprozessen ausgerichtet sind, überwiegt. 
INDIVIDUALISIERUNG IST STATIONENBETRIEB 

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