Zum Usbeken- und Usbekistanbild im deutschsprachigen Raum



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Bog'liq
Diss Rakhimova 2018

 

Was alles unsere Vorstellung unter dem Begriff des Orients erkennt, Farbe und Licht, 
lärmendes Strassengewühl zwischen gefängnisgleichen Hof- und Häusermauern, 
stolze Würde und gemessene Ruhe, fatalistisches Verzichten und fanatisch eiferndes 
Glauben, heitere Geselligkeit des Marktes und starr schematische Andachtsübungen, 
frohes Gemessen der Masse und brutale, menschenverkennende Grausamkeit 
despotischer Herren, Freiheit des Mannes und Knechtschaft des Weibes, all das blüht 
und treibt in immer frischer Erneuerung in Buchara, heute wie im Mittelalter und reicher 
entfaltet als in irgend einem anderen Lande. Nach Buchara muss gehen, wer einen 
wahrhaft unverfälschten Orient kennen lernen, wer sein Auge und seine Erinnerung mit 
den Bildern des Ostens füllen will, die seine Vorstellung und seine Erwartung seit den 
Märchen von ‚Tausend und eine Nacht‘ sich phantasievoll ersonnen haben.

 
(Karutz 1904, S.60)
Bereits in diesem kleinen Textabschnitt sehen wir unter anderem die Existenz 
zahlreicher Stereotype über 
orientalische Würde und Ruhe, fanatischen Glauben
Brutalität und Grausamkeit, Despotismus des Mannes und Unterdrückung der Frau
in 
Mittelasien, die in seinem Reisebericht zahlreich vorkommen und für einen 
Stereotypen-Forscher von großem Interesse sind.
Ein wichtiger Anhaltspunkt waren für Karutz orientalische Basare, die er in jeder 
turkestanischen Stadt gern besuchte und in seinen Beschreibungen exotisierte. Ihn 
fesselte die „
Bewegung
“ (ebd.: S. 84, 105), die er in den Basaren von Taschkent, 
Buchara, Samarkand und Kokand erlebte.
 


92 
Stellenweise thematisiert er die Verschleierung der Frau in der Gesellschaft 
(„
Vermummte Frauen […], unförmliche Puppen
“ (ebd.: S. 67)), beschreibt mit 
Entsetzen die Straßen von Turkestan („
schauerliche[r] Zustand der Taschkenter 
Strassen
“ (ebd.: S. 98)), liebkost orientalische Teppiche („
Unzählige Fäden, deren 
jeder uns lockt, ihm zu folgen und ihn zu streicheln
“ (ebd.: S. 75)). Seine Schilderungen 
sind voller Bilder und Symbole. Usbeken definiert er dabei als „
… Turktatare[n] mit 
arischer Beimischung
“ (ebd.: S. 117) und verbindet mit ihnen eher die Herrscherklasse 
Turkestans (vgl. ebd.: S. 119).
Seine Überlegungen zur Rassenentwicklung sind für die moderne Denkweise etwas 
abschreckend, aber dennoch interessant, da solche oder ähnliche Äußerungen leider 
bei vielen anderen Wissenschaftlern der damaligen Zeitepoche üblich waren und nicht 
unbedingt national-politische Ziele verfolgten. So beruft sich Karutz oft auf Vámbéry 
oder Franz von Schwarz und zitiert stellenweise die Äußerungen dieser Orientalisten 
zur iranischen oder turanischen Rasse (vgl. ebd.: S. 106-108, 118-119); er vergleicht 
und kritisiert aus rassenbiologischer Sicht z. B. die These von v. Schwarz
31
, nach der 
Turkestan als Heimat der indogermanischen Völker gelten sollte (ebd.: S. 106). Karutz 
erklärt seine wiederholten Verweise auf die obengenannten Autoren auf folgende 
Weise: 

In den wahren Charakter der Leute zu dringen, war mir natürlich nicht möglich, ich 
verweise dazu auf Vámbáry und auf von Schwarz, die beide auf Grund langer 
Erfahrung die schwärzesten Farben auftragen müssen, um den Leuten gerecht zu 
werden.


(ebd.: S. 99)
 
Von ethnologischem Wert ist ein weiterer Aufsatz von Karutz mit dem Titel 
„Ethnographische Wandlungen in Turkestan“ (1904a), wo er nochmals seine 
Gedanken zu diesem Land zusammenfasst. Er bezeichnet Mittelasien darin als 
„mohammedanischen Orient“ (Karutz 1904a, S. 194), der dem Interessenten „
… die 
echtesten Bilder, reiner und unverfälschter als irgendein anderes Land
“ (ebd.) liefert. 
Er bewundert auch hier die Kultur, deren „
Reste eines eigenen, aus älterer und ältester 
Vorzeit stammenden Volkstums, die es verdienen, dass man ihren Quellen nachspürt
“ 
(ebd.). Allerdings erkennt Karutz auch, dass „
die Wendestunde ihres Lebens 
gekommen“
ist, und dass wegen möglichen „
ethnologischen Wandlungen
[…]
eilig an 
die Arbeit
“ gegangen werden muss, 
„wenn man für die Völkerkunde noch eine leidliche 
31
Sein im Jahr 1900 erschienenes Buch, in dem er die Resultate vieljähriger Beobachtungen in Turkestan niederlegte, betitelt v. 
Schwarz als „Turkestan, die Wiege der indogermanischen Völker“. 


93 
Ernte auf den Feldern Turkestans einheimsen will
“ (ebd.). Karutz beschreibt in seinem 
Aufsatz die Wohnhäuser und ihre Einrichtung, die Kleidung der Bevölkerung (er 
unterteilt sie in Kirgisen, Turkmenen und Sarten), Teppiche und Basare Turkestans. 
Diese Beschreibungen über Turkestan sind authentisch und persönlich zugleich, 
textuell sind sie reich an metaphorischen Ausdrücken. Sein Reisebericht „Von Lübeck 
nach Kokand“ gilt auf jeden Fall als ein gutes Beispiel der deutschen Turkestan-
Rezeption und wird nach den darin existierenden Konzepten der Fremdwahrnehmung 
untersucht.

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