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anderen Prosaformen wie Roman, Novelle oder Erzählung abzugrenzen. Dabei spielt
die Position des Reiseautors in der Reisebeschreibung eine ausschlaggebende Rolle,
da Autor und Erzähler eine Einheit bilden und die
Fremde-Eigene-Konstellation
dadurch am besten zum Vorschein kommt. Zum Schluss seines Beitrags vergleicht
Klátik die Reisebeschreibung mit anderen authentischen Prosaformen wie Biographie,
Autobiographie und Memoiren. Klátiks Überlegungen bezüglich der Zeit- und
Raumkategorie in der Reisebeschreibung sowie die Abhängigkeit der
Reisebeschreibung von der Chronologie des Reiseablaufs ernten mit Recht heftige
Kritik bei Brenner, der diese Theorie „
am Rande der Banalität
“ (Brenner 1990, S. 22)
platziert und sie „
[f]ür die praktische Erforschung der Reiseliteratur kaum relevant
“
(ebd.) findet.
Die zweite Hälfte der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts brachte den großen
Umbruch in der Reiseliteraturforschung. Geforscht und veröffentlicht wurde zu
verschiedensten Aspekten, vom kultur- und literaturhistorischen
bis zum
gattungstheoretischen Aspekt. Auch dem Themenkomplex
das Bild vom anderen Land
widmete sich eine neue Welle von Forschungsarbeiten. Zum Ende des 20.
Jahrhunderts wurde von Hugo Dyserinck (1991) das neue Fach Imagologie entwickelt.
Der Begriff ist der Vergleichenden Literaturwissenschaft entlehnt, die
images
, also
Bilder von anderen Ländern, als in die Wissenschaft eingeführte Komparatistik
erforscht.
Ein Einblick in die Reiseberichtsforschung zu diesem
Themenkomplex soll im
Folgenden exemplarisch gegeben werden.
Die Entwicklung des China-Bildes in den Reiseberichten der europäischen Reisenden
vom 16. bis zum 18. Jahrhundert untersucht Walter Demel in seinem Buch „Als Fremde
in China. Das Reich der Mitte im Spiegel frühneuzeitlicher europäischer Reiseberichte“
(1992) umgehend. Als Analysematerial dienen Reiseberichte von Vertretern
verschiedener Berufsgruppen: Missionare, Kaufleute, Diplomaten, Gelehrte,
Publizisten und Sprachwissenschaftler; den Schwerpunkt der Studie bilden jedoch die
Augenzeugenberichte europäischer Missionare in China.
Als Ergebnis seiner
Forschung schließt Demel Folgendes:
„
Ein ‚konfliktfreier‘ Umgang mit dem Fremden erscheint […] nur denkbar, wenn das
Fremde als ein in sich schlüssiges Gesamtsystem und damit als eine von
verschiedenen potenziellen Ausdruckformen menschlichen Seins verstanden und als
solches anerkannt wird. Dies war aber den Europäern der Frühen Neuzeit nicht
möglich, da sie entweder keine vertiefte Kenntnis der chinesischen Verhältnisse
besaßen oder aber – als Missionare – eben genau darauf abzielten, die religiös-
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kulturellen Verhältnisse in China zu verändern anstatt sie zu akzeptieren. Darin liegt
die Tragik dieser frühen Phase der Begegnungen zwischen China und Europa.
“
(Demel 1992, S. 297)
Die Dissertation von Barbara Brunnbauer (1995) zum Thema „Die Darstellung der
Fremde im englischen Palästina-Reisebericht des 19. Jahrhunderts“ untersucht das
Zusammenspiel und die Tragweite der eigenkulturellen Bedingungen von
Wahrnehmung und Darstellung der Fremde. Die Verfasserin berücksichtigt
bei der
Analyse der englischen Reiseberichte über Palästina auch die Biographien der
Autoren sowie ihren sozial-politischen, kulturellen und religiösen Hintergrund.
Andrea Wolf betrachtet das Fremdenbild im Reisebericht nicht als „
Do'stlaringiz bilan baham: