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Äußeres haben oder eine ihr nicht verständliche Sprache sprechen, einer anderen
Religion angehören.
Es kann aber auch vorkommen, dass sich ein Mensch unter
seinen Landsleuten fremd fühlt, weil er die für diese Gemeinschaft üblichen Denk- und
Verhaltensweisen nicht teilt.
So wird z. B. der Begriff des Fremden erläutert wie folgt:
„
[Das] Fremde ist keine Eigenschaft, die ein Objekt für ein betrachtendes Subjekt hat;
sie ist ein Verhältnis, in dem ein Subjekt zu dem Gegenstand seiner Erfahrung und
Erkenntnis steht. [...] [Das] Fremde kann sowohl positiv als auch negativ konnotiert
sein. […] Von besonderer Hinweiskraft aber für diesen Zusammenhang ist, dass in den
großen Lexika der Umgangssprache als erste Bedeutungsvariante für fremd ‚bezogen
auf ein anderes Land‘ und ‚eine andere Sprache sprechend‘ angegeben wird.
“
(Krusche 1993, S. 23)
Dieses von Krusche gemeinte „Verhältnis“ kann auf der Skala von
vertraut
bis
fremd
variieren, d. h., ein Mensch aus dem Nachbarstaat ist uns weniger fremd als einer aus
einem fernen Land, das wir nicht kennen. Dieses Beziehungsverhältnis ändert sich im
Verlauf der Kommunikation und im besten Fall entsteht aus
Fremdheit
Freundschaft.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Wahrnehmung des Fremden, die von Ortfried
Schäffter in „Modi des Fremderlebens“ (1991) dargestellt werden:
1)
Das Fremde als das Auswärtige,
das Ausländische, d. h. etwas, das sich jenseits
einer
räumlich
bestimmbaren
Trennungslinie
befindet.
Raumbezogene
Deutungsmuster des Fremden unterscheiden hierbei zwischen
Zugänglichem
und
Unzugänglichem
. Es geht hier um die lokale Erreichbarkeit von bislang Abgetrenntem.
Diese Perspektive enthält gleichzeitig eine starke Betonung des
Inneren
als Heimat
oder Einheitssphäre.
2)
Das Fremde als Fremdartiges,
z. T. auch im Sinn von Anomalität, von Ungehörigem
oder Unpassendem steht in Kontrast zum Eigenartigen und Normalen, d. h. zu
Eigenheiten, die zum Eigenwesen eines Sinnbezirks gehören.
3)
Das Fremde als das noch Unbekannte
bezieht sich auf Möglichkeiten des
Kennenlernens und des sich gegenseitig vertraut Machens von Erfahrungsbereichen,
die prinzipiell erreichbar sind.
4)
Das Fremde als das letztlich Unerkennbare
ist das für den Sinnbezirk transzendente
Außen, bei dem Möglichkeiten des Kennenlernens prinzipiell ausgeschlossen sind.
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5)
Das Fremde als das Unheimliche
zieht seine Bedeutung aus dem Gegensatz zur
Geborgenheit des Vertrauten. Hier geht es um die beklemmende Erfahrung, dass auch
Eigenes und Vertrautes zu Fremdartigem umschlagen kann. Die Grenze zwischen
Innen und Außen verschwimmt, wenn das
Heimische
unheimlich wird (vgl. Schäffter
1991, S. 14).
In dieser Untersuchung wird von der Position ausgegangen, dass
das Fremde das
noch Unbekannte
ist, das die reisenden Autoren kennenlernten und womit sie sich
vertraut machen konnten. Das Bild vom Fremden setzt
sich dabei aus bereits
existierendem Vorwissen, den vielfältigen Vermutungen und Eindrücken, aus
Phantasien über die fremde Kultur mit unausweichlichem Verweis auf die eigene Kultur
zusammen.
Das Fremde ist somit immer als ein Teil des Eigenen zu betrachten, so Brenner (1989),
und „
das Bedürfnis einer Beschäftigung mit fremden Kulturen ist Teil der eigenen
Kultur
“ (Brenner 1989, S. 20). Dies geschieht auf der Basis von kulturellen, nationalen,
sozialen
und
persönlichen
Erfahrungen
und
spiegelt
verschiedene
Wahrnehmungspositionen des Eigenen wider.
Die Darstellung des Bildes vom Fremden bedarf einer kritischen Auseinandersetzung,
denn es können dabei mehrere methodische Schwierigkeiten entstehen: Zum einen
besteht das Problem der kontextuellen Funktion
von Bildelementen in Texten, zum
anderen besteht die Gefahr, dass die Ausdrücke vom Autor falsch interpretiert werden.
Deshalb ist hier psychologisches, soziologisches und historisches Wissen
einzubeziehen. Auch die Biografie des Autors kann Hintergrund der linguokulturellen
Interpretation bzw. Analyse sein. Darauf wird in Kapitel 3 näher eingegangen.
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