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Kernbotschaften von John Hatties Visible Learning
Kooperation ist notwendig!
Damit Lernen erfolgreich gelingt, müssen alle sechs Kategorien (Curricula, Elternhaus, Lehrpersonen,
Lernende, Schule und Unterricht) zusammenwirken, da sie
in einem wechselseitigen
Wirkungsverhältnis stehen. Den größten Effekt haben Lehrpersonen und Unterricht.
Strukturen alleine bewirken wenig!
Strukturelle Maßnahmen wie die Klassengröße oder die Erhöhung finanzieller Mittel werden erst
wirksam, wenn die Lehrerpersonen durch die Anpassung ihrer didaktischen und pädagogischen
Konzepte eine Qualitätsverbesserung des Unterrichts herbeiführen.
Auf die Haltung der Lehrpersonen kommt es an!
Haltung wird nicht über Berufserfahrung definiert, sondern darüber, mit welcher Kompetenz und
Leidenschaft die Lehrpersonen den Lernprozess und die Beziehung zu den Schüler/innen gestalten.
Der Umgang mit Fehlern ist in diesem Kontext von besonderer Bedeutung für gelingenden
Unterricht, ebenso wie die Feedbackkultur.
Gute Schule ist mehr als effektive Schule!
Im Vordergrund stehen dabei nicht messbare Schulleistungen, sondern die Entwicklung weiterer
zentraler
Kompetenzen, wie beispielsweise motorische, soziale und ethische, die für Bildung eine
wichtige Rolle spielen, aber nicht immer quantitativ messbar sind.
Textfeld 20: Vier Kernbotschaften aus Hatties Meta-Studie Visible Learning, verkürzt nach (Zierer 2015)
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Abbildung 16: Schule und Lehrperson -Einflussfaktoren und Effektstärken auf den Lernerfolg (Hattie 2013)
Spricht man über didaktische Professionalität von Lehrer/innen,
stellt sich die Frage, wodurch diese
gekennzeichnet ist. Einzelne Einflussfaktoren und Wechselwirkungen aus der Hattie Studie verweisen
bereits auf mögliche Kriterien. REICH (2008) spricht in diesem Kontext von einem „didaktischen
Menschenbild“ und verdeutlicht, dass Lehrer/innen mit der Entscheidung für „ein bestimmtes inhaltliches
und beziehungsorientiertes Vorgehen in Lehr- und Lernprozessen“ (Reich 2008, S. 21) eine bestimmte
Haltung und einen Stil entwickeln. Er formuliert in diesem Kontext Mindestanforderungen (Textfeld 21),
betont jedoch, dass die einzelnen Aspekte im Sinne der notwendigen Authentizität des/der Lehrer/in
unterschiedlich ausprägt sind.
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Minimalanforderungen eines didaktischen Menschenbildes
Kontaktfreude und dialogisches Verhalten
in der Kommunikation
Hoher Stellenwert der Fähigkeit zur A
Anerkennung und Wertschätzung anderer.
Geduld und Durchhaltevermögen, da Lehr- und Lernprozesse nicht mechanisch sind.
Fördern und unterstützen können
Eigene Weiterentwicklung wollen
Forschende und neugierige Einstellung zur Vermeidung von Routine
Fantasie in der Gestaltung der Lernumgebung, um Langeweile zu vermeiden.
Fachliche Kompetenz, um hinter die Oberflächlichkeit der Stoffvermittlung zu blicken
Textfeld 21: Mindestanforderungen an ein didaktisches Menschenbild (Reich 2008, S. 21–22)
Die Kriterien für erfolgreiches Lehren definiert SALNER-GRIDLING (2009) in sehr starker
Anlehnung an die Definition von Individualisierung. Die Gestaltung der Lehr-/ Lernprozesse soll sich an
den Bedürfnissen und den Vorerfahrungen der Schüler/innen orientieren,
ihr Interesse wecken, ihnen Raum
für individuelle Lernerfahrungen geben und die Anforderungen sollen sich an die Lernenden anpassen. (vgl.
dazu Salner-Gridling 2009, S. 32)
Didaktische Professionalität bedeutet demgemäß, dass „Lehr- und Lernprozesse immer (fach)didaktisch
zu begründen sind. Lehrer/innen müssen dabei, ausgehend von ausgewählten didaktischen Konzepten und
Modellen, unterrichtsrelevante Inhalte und Methoden in Lehr-/ Lernprozesse überführen. In diesem
Kontext sind die Lehrpläne nicht nur zu analysieren, sondern auch in konkrete Handlungsoptionen
umzusetzen.“ (vgl. dazu Pichler und Vielhaber 2012)
5.3.2
Die Bedeutung subjektiver Theorien
HAAS (1998) hat im Kontext der Lehrer/innen-Professionalität in Deutschland eine Studie über
Unterrichtsvorbereitungen durchgeführt. Er
stellte fest, dass während der Lehramtsausbildung sehr wohl
theoretische Konzepte erworben werden, die jedoch mit den Berufsjahren nicht nur verloren gehen, sondern
als „für die Praxis unbrauchbar abgelehnt“ (Haas 1998 in: Wahl 2006, S. 12) werden. Bei der konkreten
Analyse der Unterrichtsvorbereitung konnte laut dem Autor keine Verwendung eines didaktischen Modells
identifiziert werden. Im Zentrum der Planung steht der „Stoff“,
also der inhaltliche Aspekt, während die
Reflexion von Lernzielen, Methoden oder das Konzept der Individualisierung nebensächlich sind. (vgl. dazu
Wahl 2006)
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