Leopold-Franzens-Universität Innsbruck



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Bog'liq
Jugendliche im Risikosport

produktiv realitätsverarbeitendes Subjekt“
(Hurrelman, 1986) 
gesehen. Eine positive Persönlichkeitsentwicklung nach den gesellschaftlichen Kriterien zeigt 
sich in der produktiven Auseinandersetzung mit der sozialen und materiellen Umwelt.
Alle Bereiche der Gesamtpersönlichkeit, sowohl der Bereich des Organismus als auch der 
psychische, emotionale, kognitive und soziale, finden im Spannungsfeld zwischen Subjekt und 
Umwelt statt. Der Sozialisationsprozess kann, wenn es dem Jugendlichen nicht gelingt, die 
Anforderungen der Individuation und Integration zu verbinden, zu riskantem Verhalten führen 
(Raithel, 1999). 
Die sozialen und interpersonalen Bedingungen sind vor allem durch die sozioökonomischen 
Bedingungen der Familienherkunft beeinflusst, die bestimmte Bedingungen für die 
Lebenssituation besitzen. Im mitteleuropäischen, alpinen Raum ist der Verlauf der 
Persönlichkeitsentwicklung normalerweise jedoch nicht gefährdet, da speziell bei 
Teilnehmern an Wintersportaktivitäten und Risikosportarten genügend Ressourcen 
vorhanden sind. (Raithel, 1999) 
e.
Jugendliche und Peers 
Die erhöhte Sensibilität für soziale Informationen ist ein wichtiger Faktor bei jugendlichem 
Risikoverhalten. Dies ist vielleicht darauf zurückzuführen, dass Jugendliche einen Hauptteil 
ihrer Zeit mit Gleichaltrigen verbringen (Reniers, 2017; Steinberg, 2008). Viele 


36 
Forschungsbeiträge haben gezeigt, dass Jugendliche in der Anwesenheit von Gleichaltrigen 
eher risikoreich handeln (Chein et al., 2011; Gardner & Steinberg, 2005; Smith et al., 2014). 
Bei einer Untersuchung mussten Jugendliche (13-16 Jahre), 
j
unge Erwachsene (18-22 Jahre) 
und Erwachsene (24+) Fahrübungen am Computer absolvieren. Gemessen wurden die 
Unterschiede im Fahrverhalten mit und ohne der Anwesenheit von Peers.
Abbildung 2: Blakemore & Mills, 2014 ,S. 197. 
Diese Grafik zeigt die dur
ch
schnittliche Anzahl (in%) an riskanten Entscheidungen bei 
Jugendliche
n
, jungen Erwachsenen und Erwachsenen, mit und ohne Anwesenheit von 
Zuschauern, anhand des „Stoplight taks“ nach Chein et al. (2011). 
Jugendliche neigten, im Vergleich zu jungen Erwachsenen und Erwachsenen, in der 
Anwesenheit von Peers, deutlich öfters dazu
,
gefährliche Fahrmanöver zu absolvieren, als 
wenn diese allein absolviert wurden. 
Smith et al. (2014) führten eine ähnliche Studie mit dem BART-Test (
Ballon wird aufgeblasen 
und je weiter man geht desto höher ist die Belohnung, bei zu viel Luft platzt dieser
) durch, mit 
dem Unterschied zu Chein et al. (2011), dass hier die Wahrscheinlichkeiten eines potentiell 
negativen Ausgangs klar kommuniziert wurde. Interessanterweise änderte die 
Kommunikation von den möglichen Risiken nicht die Risikofreudigkeit der Jugendliche in der 


37 
Anwesenheit von Gleichaltrigen. Zudem konnten Smith et al. (2014) nachweisen, dass der 
Einfluss der Gleichaltrigen, auf die Teilnehmer bei potentiell negativen erwarteten Ergebnis, 
am stärksten war. Nach Gardner & Steinberg (2005) ist ein weiteres Indiz für den Einfluss von 
Peers auf riskantes Verhalten, dass mehr als 90% von Delikten und delinquenten Verhalten in 
Anwesenheit von Freunden passiert. 
f.
Erhöhte Sensibilität für Belohnung 
Bisherige Tests zeigten eine höhere Sensibilität für Belohnungen bei Jugendlichen. In 
mehreren Studien wurde die Hypothese aufgestellt, dass dies einer der Hauptgründe für das 
höhere Risikoverhalten bei Jugendlich ist (Ernst et al., 2006; Van Leijenhorst et al., 2010). 
Unterstützt wird diese These von Reyna & Farley (2006), die unter Laborbedingungen 
nachweisen konnten, dass Jugendliche eine mögliche Belohnung (oder einen Gewinn) als 
höher einschätzen, während mögliche negative Folgeerscheinungen von risikoreichen 
Verhalten eher geringer bewertet werden. Dies kann in weiterer Folge dafür sorgen, dass die 
Aussicht auf einen Gewinn die möglichen negativen Folgen übertrumpft.
McCormick & Perino & Telzer (2018) gehen davon aus, dass riskantes Verhalten und soziale 
Sensibilität nicht getrennt voneinander betrachtet werden können. Sie untersuchten die Frage 
nach der Integration von sozialen Informationen im Hinblick auf riskantes Verhalten. Die 
Ergebnisse der Studie von McCormick et.al. (2018) legen nahe, dass Jugendliche in der Lage 
sind, soziale Informationen flexibel zu ignorieren, wenn diese mit den eigenen Zielen in 
Konflikt stehen. Diese Ergebnisse schlagen vor, dass Jugendliche nicht wie oft angenommen 
nur sensibler auf soziale Informationen reagieren als andere Altersgruppen, sondern diese 
flexibler interpretieren, um sie in den Dienst des zielgerichteten Verhaltens zu stellen.
Viele Forscher sehen die Ursache des erhöhten Risikoverhaltens bei Jugendlichen in 
neuronalen Veränderungen. Steinberg (2008) nennt dies das Duale System. So orientiert sich 
das Individuum ab dem Eintritt in die Pubertät sehr stark an Verhaltensweisen von 
Erwachsenen, ohne die nötigen Regulationsmechanismen, wie zum Beispiel Impulskontrolle, 
zur Verfügung zu haben. Aus dieser Diskrepanz zwischen dem sozial-emotionalen System, das 
durch erhöhte Sensibilität für Belohnungen charakterisiert ist und dem für kognitive Kontrolle 
resultiert riskantes Verhalten (Steinberg, 2008; Shulman et al., 2015; Casey, 2015). Im Laufe 


38 
der Adoleszenz prägt sich das kognitive Kontrollsystem immer weiter aus, was in einem 
Rückgang des Risikoverhaltens bis hin zur späten Adoleszenz sorgt. Die „heißeste“ Phase ist 
somit die mittlere Adoleszenz, da Fähigkeiten zur Selbstregulation noch wenig ausgereift sind, 
sich aber ein hoher Wert an Sensation Seeking nachweisen lässt (Braams et al., 2015 & 
Steinberg, 2008).
Telzer (2016) konnte nachweisen, dass Jugendliche signifikant mehr riskante Manöver 
durchführten, wenn der beobachtende Gleichaltrige als risikofreudig eingestuft wird. Bei 
einem „vorsichtigen“ Zuschauer wurde auch vom Probanden weniger risikoreich gehandelt. 
In einer weiteren Studie von Telzer (2015) kam heraus, dass die Anwesenheit der Mutter einen 
signifikanten Rückgang von riskanten Manövern bei demselben Fahrtest bewirkt. Dies ist 
wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass die erhöhte Sensibilität für Belohnung an die 
Situation angepasst wird. Nun stellt sich die Frage, ob diese Sensibilität für soziales Feedback 
und Belohnung auch umgelenkt werden kann, in Richtung von prosozialen Verhalten. Telzer 
et al. (2013) haben die Aktivität im Ventralen Startium (Belohnungssensibilität) im MRI 
gemessen während Jugendliche diverse Tests gemacht haben. Jugendliche, die bei positivem 
Verhalten (wie zum Beispiel Geld spenden) erhöhte Aktivität in diesem Gehirnareal aufwiesen, 
involvierten sich weniger in riskanten Verhalten und zeigten in einer Langzeitstudie weniger 
Anzeichen von einer möglichen Depression (Telzer et al. 2013). Diese Ergebnisse legen nahe, 
dass es wichtig ist, positive Handlungen als erstrebenswert und wertvoll zu vermitteln, da 
Jugendliche dann die erhöhte Sensibilität auf Belohnungen in eine positive Richtung lenken 
könnten.
Viele Studien werfen nur einen eindimensionalen Blick auf Risikoverhalten, ohne diverse 
Verhaltensweisen zu spezifizieren. Individuen reagieren nicht einheitlich oder konsequent auf 
diverse Risikos, sondern das Verhalten ist von vielen Faktoren, wie den Eigenschaften der 
Person und der Situation, beeinflusst (Zhang et al. 2015). Nach Boyer (2008) beteiligen sich 
Ältere, beziehungsweise männliche Jugendliche, deswegen häufiger an risikoreichen 
Aktionen, weil ihnen hierfür öfters Gelegenheit geboten wird und nicht, weil ihr 
Risikopotential höher ist. Sobald sich Jugendliche in einer Situation befinden, die eine 
unmittelbare Entscheidung für oder gegen ein Risiko erfordert, können Alter und Geschlecht 


39 
nicht länger als Indiz genommen werden, wer ein Risiko eingehen wird und wer nicht (Boyer 
2008).
g.
Das evolutionäre Modell nach Ellis et al. 
Hypersensibilität auf Feedback von Erwachsenen und Gleichaltrigen macht die Jugendphase 
zu 
einem richtungsweisenden Abschnitt im Leben eines jeden Menschen. Nach Ellis et al. 
(2011) ist das Eingehen von Risiken eine wichtige und hilfreiche Fähigkeit, die in Fortschritt 
und Kreativität münden kann. In unserer Gesellschaft werden gewisse Verhaltensweisen, wie 
ein langfristiges Planen, als Vorteilhaft angesehen, wohingegen riskantes Verhalten als 
schlecht gewertet wird. 
Dieses Bild ist jedoch ein unvollständiges, denn auch wenn Langzeitplanung in einer stabilen 
Erwachsenenwelt zum Erfolg führen kann, so kann genau diese Strategie zusammen mit 
äußeren Einflüssen auch hinderlich für das Erreichen des angestrebten Zustands sein. Je nach 
Situation, kann das Eingehen eines Risikos, die beste Chance sein, ein bestimmtes Ziel zu 
erreichen. Um jugendliches Risiko besser zu verstehen und auch intervenieren zu können, 
kann man dieses nicht getrennt von den sozialen Einflüssen und des Umfeldes der 
Jugendlichen sehen (Ellis et al. 2011). 
Über weite Linien wird Risikoverhalten bei Jugendlichen als negativ bewertet. Man versucht 
zu intervenieren und wendet viele Mittel auf, um eine Lösung für dieses „Problem“ zu finden. 
Eine strikt negative Bewertung von Risiko ist jedoch unzureichend und limitiert im Umgang 
damit. Die Definition, die der Duden liefert: „möglicher negativer Ausgang bei einer 
Unternehmung, mit dem Nachteile, Verlust, Schäden verbunden sind“ (duden.de, 2018), 
unterstreicht sehr gut dieses unvollständige Bild bezüglich Risikos und warum Menschen 
solche eingehen. Nach Ellis et al. (2011) sind Risiken nicht als schlecht anzusehen, wenn der 
erwartete Gewinn gegenüber den möglichen Kosten überwiegt.
Das Evolutionäre Modell stellt folgende Behauptungen auf: 

Die natürliche Selektion hat dafür gesorgt, dass Jugendliche besonders sensibel auf 
soziales Feedback bzw. Gewinn/Verlust reagieren. Evolutionär betrachtet war die 


40 
Jugendphase ausschlaggebend, wie sich das Individuum hinsichtlich Fitness, Erfolg bei 
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