eingeklemmt zwischen Orient und Okzident
“ (ebd.: S. 62).
Allein diese Fehler zu analysieren, wäre eine sinnvolle kulturhistorische Aufgabe, die
allerdings nicht in der Fragestellung dieser Arbeit vorgesehen ist.
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Seine unerschütterliche Wahrheit über Samarkand, Tamerlan und die Timuriden stützt
sich selbstverständlich auf das Buch von Egon Erwin Kisch (1932) und letztendlich
scheint ihm gleichgültig zu sein, welche von diesen vielen Geschichten einen
historischen Kern hat oder nicht, was in folgendem Zitat deutlich wird:
„
Nun aber interessiert mich Tamerlan nicht mehr. Es ist mir gleichgültig, ob er ein
Hammeldieb war, ob er betrunken vom Pferd fiel, ob er sich den Hals brach oder ob er
ihm gebrochen worden ist. Es genügt mir, daß er gelebt hat.
“
(Ebd.: S. 63)
Richard Christ betont die historische Vergangenheit Samarkands bereits im Titel des
Abschnittes, er überschreibt ihn, ähnlich wie Vámbéry (vgl. Vámbéry 1873 [1865], S.
183), mit „
Timurs Hauptstadt
“. Gleich mit dem ersten Satz gibt er sich als moderner
Mensch aus (
„Nein, nostalgische Unbedingtheit ist meine Richtschnur nicht…
“ (Christ
1976, S. 154)). Er sah es als Pflicht an, Samarkand anzuschauen, und beschreibt es
mit schönen Periphrasen (
Rom des Ostens
,
die Stadt des Tamerlan
,
Perle der
mohammedanischen Welt
), Hyperbeln (
schönste Baudenkmale, das Sehenswerteste
)
und Parallelismen (
reicher an Kunst, aber nicht ärmer an Blut
). In einem Satz nennt er
drei im deutschsprachigen Raum bekannte Beinamen von Amir Timur (
Tamerlan
,
Timur Lenk
,
hinkender Timur
):
„
Aber jetzt soll das alte Samarkand betrachtet werden, das Rom des Ostens, die Stadt
des Tamerlan, Timur Lenk, hinkenden Timurs, dem sie ihre schönsten Baudenkmale
verdankt, die prächtigen Moscheen, Medresen, Minarette, vielleicht das
Sehenswerteste, was islamische Kunst überhaupt in Zentralasien hinterlassen hat. Ein
Mann, der fast ganz Asien verwüstete, ließ Samarkand als Perle der
mohammedanischen Welt herrichten: Wir hören mittelalterliche Geschichte, reicher an
Kunst, aber nicht ärmer an Blut als die Geschichte der neueren Zeit.
“
(Christ 1976, S. 154)
Die Beschreibungen von Christ beginnen mit der Beschreibung des staubigen Klimas
von Samarkand, er metaphorisiert dadurch auch den Übergang von der Moderne zur
Historie:
„
Die Straßen trockneten ab, Staub wirbelte auf beim Gehen von der Neuzeit in die
Geschichte, vom Intouristhotel in die Altstadt, was nicht weiter ist als von der einen auf
die andere Straßenseite.
“
188
(Ebd.: S. 154)
Anschließend beschreibt er die Altstadt Samarkands:
„
Ein älteres Viertel: meist einstöckige Gebäude, Mauern aus weißem Lehm, der das
Sonnenlicht abstrahlt, zur Gasse hin die Tür, selten Fenster, offene oder verdeckte
Abflußrinnen vorm Haus, hölzerne Lichtmasten. Ein kleiner Platz mit einem Baum,
gewundene Gäßchen führen weiter; unter dem Baum die teppichbelegte
Voraussetzung orientalischen Ruhens, die Tachta, eine Art niedriges geräumiges
Bettgestell.
“
(Ebd.: S. 155)
Seine Beschreibung bestätigt, dass sich die Altstadt von Samarkand bis dahin wenig
verändert hatte. Sie beinhaltet zum Bespiel das Realienwort
Tachta
, was im
Usbekischen ʻHolzʼ bedeutet. Christ erzählt auch von den usbekischen Stoffen
Samarkands. Er besuchte die Seidenweberei, um die Herkunft dieser Stoffe näher
kennenzulernen, bewunderte die Stoffe im Musterraum und stellte Fragen zur
Fluktuation in der Belegschaft und zu den Problemen mit der Arbeitsproduktivität.
Damit präsentiert der Autor sowohl die Verbindung zwischen Alt und Neu als auch die
Errungenschaften der sowjetischen Regierung (vgl. ebd.: S. 157).
Der Reiseautor erzählt in Verbalmetaphern vom „
Do'stlaringiz bilan baham: |