4.1.3 Kulturelle Stereotype
Im untersuchten Textkorpus wurden kulturelle Heterostereotype, sowohl positive als
auch negative, identifiziert, die die Usbeken bzw. Sarten betreffen. Es sind vor allem
solche Eigenschaften wie Würde, orientalische Ruhe und Höflichkeit, islamischer
Formalismus und Fanatismus.
Moser erwähnt, wie man ihm mit „
Würde, Ruhe und echt orientalischer Höflichkeit
“
(Moser 1888, S. 106) entgegenkommt. Er bezeichnet die Menschen in Turkestan als
„
ruhig
“ und vergleicht sie mit westlichen Stadtbewohnern. Er verbindet diese Ruhe „
mit
muselmanischer Gleichgültigkeit
“:
„
Die Volksmenge ist ruhig; kein Ausbruch der Fröhlichkeit oder der
Geringschätzung, keine Spur jener fieberhaften Aufregung, welche in unsern
occidentalischen Städten allezeit das Nahen eines Aufzugs verkündet; mit
muselmanischer Gleichgültigkeit lässt man uns vorüberziehen.
“
(Ebd.)
Karutz spricht von „
stolze[r] Würde und gemessene[r] Ruhe
“ (Karutz 1904, S. 60), Graf
von der Pahlen reflektiert über die „
vornehme Ruhe im Auftreten und in den
Bewegungen
“ (v. d. Pahlen 1969 [1964], S. 16), sieht „
augenfällige Höflichkeit im
Benehmen
“ (ebd.). Der Autor ergänzt seine Meinung mit dem Wort „
äußerlich
“:
„
Äußerlich herrschen überall Ruhe und Selbstbeherrschung, die der Menge eine
einheitliche Würde verleihen.
“
(v. d. Pahlen 1969 [1964], S.
66)
Auch Ross vermerkt, dass „
alles ruhig, getragen, fast traumhaft vor sich
“ (Ross 1923,
S. 262) geht.
Noch eine weitere Eigenschaft, die vorwiegend den Menschen der Turkestan-Zeit von
den meisten Reiseautoren zugeschrieben wird, ist religiöser Fanatismus. Vámbéry
empört sich stellenweise darüber und meint, dass es „
als Hauptcharakterzug angeführt
werden [kann], daß der Muselman im fernen Osten wild fanatisch mit Starrsinn an
jeden Punkt des Korans und der Traditionen sich anklammert, als eingefleischter
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Orientale jede Neuerung mit Schrecken und mit Abscheu sieht […].
“
Vámbéry (1983
[1865], S. 245) sieht es als „
Hauptursache der Heuchelei und Gottseligkeit
“ (ebd.).
Moser beschreibt Sarten als „
fanatische Muselmanen, [die] ihre Religionsübung
ostentativ zur Schau [tragen]
“ (Moser 1888, S. 65). Er spricht, ebenso wie Vámbéry,
von religiösem Formalismus und meint, der Islam sei „
nur eine Religion äusserer
Andachtsübungen
“ (ebd.: S. 164). Karutz kritisiert ebenso den „
asketischen
Fanatismus
“ (Karutz 1904, S. 5), „
fanatisch eiferndes Glauben
“ (ebd.: S. 60), „
starr
schematische Andachtsübungen
“ (ebd.). Köstenberger seinerseits schließt sich in
diese Wertäußerung mit der kurzen Beschreibung „
fanatische Mohammedaner
“
(Köstenberger 1923, S. 9) ein.
Die generalisierenden Beschreibungen zu oben erwähnten typisch usbekischen
(sartischen) Charaktereigenschaften (
orientalische Würde, Ruhe und Höflichkeit,
sowie religiöser Formalismus und Fanatismus
) werden von Kisch, Richter und Christ
zwar thematisiert, aber eher in themen- und begriffsbezogener Form.
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