4.1.2 Ausdrucksmittel der Bildlichkeit und Bildhaftigkeit
Bei den generalisierenden Beschreibungen der Menschen aus Turkestan/Russisch-
Turkistan fallen den deutschsprachigen Reisenden vor allem die Charakterzüge ins
Auge. So greift Vámbéry auf wertende attributive Fügungen/positiv bewertende
Epitheta zurück, wenn er seine Sympathie offenbaren will: „
sehr gute Leute
“ (Vámbéry
1983 [1865], S. 165),
„
der schönste Charakter in Mittelasien
“
(ebd.: S. 180)
.
Kritik
äußert Vámbéry meist in einer ironisch-sarkastischen Form und verwendet dabei
Hyperbel und Pejoration, sowie wertende Epitheta: „
die dickköpfigen Ösbegen
“ (ebd.:
S. 177), „
der Ösbege von überspannter Phantasie
“ (ebd.: S. 201), „
die Scheinheiligkeit
des Volkes
“ (ebd.: S. 230, 259). Stellenweise ironisiert er den religiösen Formalismus
der Usbeken:
„
Wie warm machten mich die dickköpfigen Ösbegen mit ihren kolossalen Turbanen,
wenn sie eine Unterhaltung anfingen über die Vorschriften, wie man sich Hände, Füße,
Vorder- und Hinterscheitel waschen, wie man der heiligen Religion gemäß sitzen,
gehen, liegen und schlafen muss usw.
“
(Vámbéry 1983 [1865], S. 177)
Der Autor setzt in oben angeführtem Textbeispiel einige rhetorische Mittel, ein
bewertendes Epitheton („
dickköpfige Ösbegen
“), Ironie und Parallelismus („
wie man
sich Hände, Füße, Vorder- und Hinterscheitel waschen, wie man der heiligen Religion
gemäß sitzen, gehen, liegen und schlafen muss
“), zur Verstärkung der Verbildlichung
ein.
Moser beschreibt die Sarten als ‚unzivilisierte Menschen‘
(„
Die Bedürfnisse des
civilisirten Menschen sind ihm völlig unbekannt.
“ (Moser 1888, S. 96)), er schreibt
ihnen „
merkantile Geschicklichkeit
“ zu und steigert die negative Bedeutung mit
Wertäußerungen wie „
Schwindler
“ und „
Preller
“:
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„
Merkantile Geschicklichkeit ist ihm von Natur aus eigen; jeder Sarte ist ein geborener
orientalischer Geschäftemacher, was so ziemlich gleichbedeutend ist mit Schwindler
und Preller, um es geradeheraus zu sagen.
“
(Ebd.)
Er gebraucht vielerlei negativ bewertende Epitheta, durch welche er emotionale Kritik
übt: „
Heuchlerisch, lügnerisch, habsüchtig und knechtisch
“ (ebd.: S. 65), „
ein
vorzugsweise feiges Volk
“ (ebd.), „
ein geriebener Spitzbube
“ (ebd.: S. 66). Seine
emotional beladenen Meinungsäußerungen versucht er durch das einheimische
Sprichwort zu stärken: „
Wenn der Sarte die Wahrheit spricht, bekommt er die Kolik
“
(ebd.: S. 65).
Karutz greift bei der Verbildlichung seiner Beschreibung auf Metaphern und
Metonymien zurück: „
ungezügelte Brutalität, […] stiller Fleiss und faule
Geschwätzigkeit
“ (Karutz 1904, S. 5), „
stolze Würde und gemessene Ruhe
“ (ebd.: S.
60). Er umschreibt die Menschen als „
seltsame Gestalten
“ (ebd.: S. 73), was davon
zeugt, dass er keinen Zugang zur einheimischen Bevölkerung hatte. Auch Richter sieht
„
die verwegenen Gestalten von gestern
“ (Richter 1966, S. 42) und exotisiert
metaphorisch die äußeren Merkmale der Einheimischen, die „
auf ihren Eseln
daherreiten, turbangeschmückt, die Raubvogelnasen in buschige Bärte vergraben
“
(ebd.: S. 43). Der Esel, der Turban als Kopfbedeckung, die Raubvogelnasen sowie
buschige Bärte werden mit dem Bild eines eher wilden und unzivilisierten Menschen
assoziiert.
Der Tabelle 4 kann entnommen werden, dass die Reiseautoren bei den
generalisierenden Beschreibungen der Usbeken am meisten positiv/negativ
bewertende Epitheta gebrauchen, die die Bildkraft erhöhen und charakteristische
Merkmale der Beschriebenen betonen. Periphrasen, Metaphern, Antithesen und
Hyperbeln dienen kontextuell als Mittel der Kritik. Sprichwörter und idiomatische
Wendung verleihen dem Beschriebenen noch mehr Einprägsamkeit.
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