4.
Linguokulturelle
Konzepte
in
deutschsprachigen
Reiseberichten mit usbekischer Thematik
In diesem Kapitel werden linguokulturelle Konzepte, die sich als meist festgelegte
Wahrnehmungskonstrukte aus dem Analysekorpus (siehe Tab. 1)
herauskristallisiert haben, ausführlich beschrieben. Ziel dieses Kapitels ist es,
mithilfe des festgelegten Analyseinstrumentariums aus den Reisetexten die
Ausdruckmittel der Bildlichkeit und Bildhaftigkeit, der Authentizität, sowie die
kulturellen Stereotype zu extrahieren und in Einzelkonzepte zu zerlegen, die zur
Entstehung eines Gesamtbildes beitragen. Dazu werden die linguokulturellen
Konzepte in drei thematische Gruppen gegliedert (siehe Abb. 2).
Abbildung 2. Übersicht der linguokulturellen Konzepte
Usbeken- und Usbekistanbild
Menschen
Der Usbeke
Die Usbekin
Usbekische Kinder
Städte, Straßen und
Häuser
Taschkent
Samarkand
Buchara
Basare
Essen und Trinken
Usbekisches Mahl
der grüne Tee
Usbekische
Gastfreundschaft
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4.1 Menschen
4.1.1 Usbeke, Tadschike oder Sarte?
Menschen in Zentralasien, die in deutschsprachigen Reisetexten erwähnt werden,
bestimmten Ethnien zuzuordnen, ist offensichtlich eine schwierige oder geradezu
unerfüllbare Aufgabe. Denn viele Reisende können entweder gar nicht oder nur
mühsam unterscheiden, ob der/die Einheimische z.B. aus Samarkand oder Buchara
kommt, ob diese Person der usbekischen, tadschikischen, kirgisischen, kasachischen
oder turkmenischen Ethnie zugehörig ist, vielmehr ist er/sie Orientale/Orientalin oder
Asiate/Asiatin
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(bzw. Mittel- oder Zentralasiate/in). Der Reisende, der sich
umfangreich nicht nur mit dem Phänomen „Usbeken“, sondern auch mit allen
zentralasiatischen Nationalitäten detailliert beschäftigte, war Hermann Vámbéry. Er
war auch derjenige, der sich in seinen Reisetexten am meisten von den
Orientalen
distanzierte, wozu er schreibt:
„
Der gegenseitige Unterschied der östlichen und westlichen Gesellschaft besteht nicht
nur in Sprache, Gesichtszügen und Kleidung. Wir Europäer essen, trinken, schlafen,
sitzen und stehen, ja, ich möchte sagen: lachen, weinen, seufzen und winken anders
als die Orientalen.
“
(Vámbéry 1873 [1865], S.29)
Die Etymologie des Wortes
Özbeg
erklärt er folgenderweise:
„
Was nun schließlich das Wort Özbeg anbelangt, so wollen wir vor allem bemerken,
dass es aus öz […] und beg […] zusammengesetzt ist, von welchem ersteres echt,
vorzüglich, capital, letzteres hingegen Fürst, Häuptling, folglich ein echter Fürst
bedeutet.
“
(Vámbéry 1885, S. 348)
In seinem Buch „Das Türkenvolk in seinen ethnologischen und ethnographischen
Beziehungen“ (1885) betont Vámbéry die politische Rolle der ‘Özbegen’ und stellt die
ethnische in den Hintergrund:
„
Der Name Özbeg hat eine politische, oder, wenn man will, sociale, aber keine
ethnische Bedeutung. […] Das grösste Contingent zur Armee Scheibani’s hatten
45
Siddikov beschreibt diese zwei Wahrnehmungsraster in seiner Schrift. Siehe dazu: Sidikov 2003, S.133-148.
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nämlich solche Türken geliefert, die zwischen dem Aralsee und dem Jaik
nomadisierten, und dem Verbande der Goldenen Horde angehört hatten, wo
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