Kleiner Nachtrag
Um ”vernünftig”, sei es nach einem Vorbild oder nach einer Vorstellung, wie Musik zu klingen habe, die einem gefällt, Musik machen zu können, hatte Humor in den Ferien gearbeitet, um 1.200,-- DM für seinen ersten, besseren Bass zusammen zu bekommen. Langer hatte sich auf ähnlichem Weg für seine erste, bessere Gitarre ”krummgelegt”, und W.R. hatte zunächst eine geliehene akustische, auf elektrisch ”frisierte” Gitarre benutzen müssen. Dass der oben beschriebene Weg - Studioproduktionen, vorstellig werden bei der Musikindustrie etc. - mit großer Wahrscheinlichkeit für die Band ins Desaster führen könne, habe man bei anderen bekannten Combos vor Ort auch schon beobachten können. Schließlich habe man diese Erfahrung selber gemacht.
Die Frage an Langer zum Schluss des Interviews war : Warum habe die Band dann nicht gleich etwas anderes gemacht, andere Musik vielleicht, unter etwas anderen Vorzeichen, Musik, die nicht so besonders gut dafür geeignet war, ”groß raus zu kommen” oder um Pop-Star damit werden zu können?
Langer hat darauf keine Antwort. ”Keine Ahnung” meint er. Man habe auf das gestanden, was man gemacht habe, es habe einem gefallen. Man habe sich nicht vorstellen können, dass andere Leute diesbezüglich anderer Meinung seien.
(18) Gedächtnisprotokoll eines Interviews mit Humor, durchgeführt von Andreas Wilczek am 28.08.1985
Humor hat gemeinsam mit Langer in der Osnabrücker Band Deutsch-rock mitgespielt. Humor ist Bassist.
Mit 13 Jahren singt er am Osnabrücker ”Graf-Stauffenberg-Gymnasium” im Schulchor - erst Sopran, dann Bass. Humor hat das Singen im Schulchor sehr viel Spaß gemacht. Herangeführt worden sei er durch seinen großen Bruder, der auch schon dort gesungen habe, woher Humor wusste, dass das Singen in einem Schulchor Spaß machen könne. Humor hört zunächst Popschlager. Sein Vater kauft in den 1960-er Jahren ein regelmäßig erscheinendes Schallplattenwerk, welches den Titel ”Star-Parade” trägt. Humors Vater hört diese Schallplatten zusammen mit seinen Kindern, erklärt ihnen auch schon mal die Texte.
Humors Vater sei ”Elvis”-Fan gewesen. Humor selber hört Popmusik auch in Radio und Fernsehen. Ihn interessiert es, solche Musik auch selbst nachzuspielen. Zunächst mag er ”Elvis” und ”Neil Young”. Humors Eltern seien von seinen Wünschen zunächst überhaupt nicht begeistert gewesen und nahmen Humors diesbezügliche Aktivitäten nicht ernst, was im übrigen heute auch noch so sei, führt Humor aus. Er solle lieber arbeiten, was er ja auch schon zeitweilig täte, schließlich habe er Stahlbetonbauer gelernt.
Es habe ständig Auseinandersetzungen gegeben. Humors Eltern wollten ihm keinen Unterricht bezahlen, den Humor später am Konservatorium nahm. So hört Humor zwar sehr viel Musik mit anderen Leuten zusammen, redet auch bisweilen darüber in seiner Clique, aber sein eigenes Interesse ist dabei sehr wichtig : 1) Er möchte erst mal ”selber Krach machen”, wie er sagt. Dahinterkommen, wie etwas gemacht wird, was er auf den Platten gehört habe, die ihm gefallen. 2) Er probiert auch viel aus, spielt viel auf der Gitarre ”herum”, wenn er eine kriegen kann. 3) Das Abhören einer Platte spielt dabei eine recht wichtige Rolle. Zwar wird nicht systematisch abgehört, aber immerhin schon mal die Stücke, die gefallen. Was gefällt, ist zunächst Hitparaden-Pop. Humor nennt solche Gruppen und Interpreten wie ”Creedence Clearwater Revival” oder ”Mungo Jerry”. So versucht Humor z.B., wie ”Mungo Jerry” gleichzeitig Gitarre und Mundharmonika zu spielen.
In den Jahren 1972 bis 1974 kommt Humor durch Freunde darauf, dass es auch noch andere interessante Musik gibt - z.B. in verschiedenen Discos, in denen Musik gespielt wird, die Humor fasziniert, die ihn interessiert. Die betreffende Musik gehört dann im wesentlichen in das Genre des ”progressiven Rock”. Humor nennt Interpreten und Gruppen wie ”Frank Zappa”, ”Jethro Tull”, ”King Crimson”. Humor macht eine Entdeckung : Es gibt auch noch andere Musik als Hitparaden-Pop, die interessant für ihn sein könnte. Im Zeitraum zwischen 1972 und 1974 beginnt Humor dann auch, zunächst wahllos Schallplatten zu kaufen, die ihm gefallen. Er führt aus, dass sich das aber mit der Zeit gewandelt habe in ein gezieltes Kaufen. Es kristallisieren sich, wie er ausführt, die Favoriten heraus : ”Ian Anderson”, ”Zappa” und ”King Crimson”. Humor geht häufig in Konzerte, ebenso beginnt er, mit Freunden auf Feten oder kleineren Sessions, wenn gerade eine Gitarre ”irgendwo herumsteht”, Hits und bekannte einfache Popnummern nachzuspielen.
Humor beeindruckt in diesem Zusammenhang zweierlei : 1) dass Leute, natürlich auch er selber, dermaßen von Popmusik in Live-Konzerten zu beeindrucken sind, 2) dass Leute ebenso beeindruckt sind oder es ganz einfach ankommt, wenn er selber bzw. mit seinen Freunden Musik macht. In dieser Zeit bildet sich Humors Traum heraus, irgendwann selbst in einer Band zu spielen. Über seinen Freund R. (R.Db.) lernt er Langer und W.R. kennen. Es entsteht schließlich Deutsch-rock, Humors erste Band.
Die Rolle der Pop-Stars
Wie ein Pop-Star zu sein oder so werden zu können, meint Humor, sei im Zusammenhang der gemeinsamen musikalischen Tätigkeit immer von Bedeutung gewesen - zumindest für Humor. Wenn man Musik gemacht habe, dann sei das, wenigstens für ihn, immer von der Wunschvorstellung begleitet gewesen, mit der Band einmal so etwas erreichen zu können wie die großen Stars.
Aus heutiger Sicht, sagt Humor, sei das schon eine Illusion gewesen. Dass dieser Traum jedoch irgendwann einmal Realität werden würde, war für Humor und seine Freunde irgendwie klar, wenn sie zusammen Musik machten. Das wurde, so Humor, auch gar nicht bezweifelt, weil es ja auch ”ganz geil” gewesen sei, was man da zusammen machte.
Ganz allmählich wird dieser Traum aber von der Realität eingeholt. Banale Gründe seien hierfür ausschlaggebend gewesen : Es fehlt an Geld für bessere Instrumente, man hat andere, auch wichtigere ”Beschäftigungen - Schule, Beruf. Es fehlt an Zeit zum Üben und an Räumlichkeiten. Wenn überhaupt, dann übt man das, was einem selber gefällt. Auch für Humor hängen persönlicher Geschmack und persönliche Fähigkeiten im musikalischen Bereich zusammen.
Geschmack wird für Humor jedoch auch noch beeinflusst von Faktoren, die in der individuellen Lebenswelt der einzelnen Mitglieder anzusiedeln und von anderen persönlichen Präferenzen als dem Spielen in der Band bestimmt sind. Geschmacksdivergenzen vergegenständlichen sich also in der Entwicklung der individuellen Fähigkeiten, die dann am Ende in der gemeinsamen Bandpraxis nicht mehr zusammenpassen.
Das Ergebnis von dieser Entwicklung ist, dass R.Db., der Schlagzeuger, schließlich die gemeinsame Band verlassen muss. Ein gewisser Frust, so Humor, sei auch dadurch aufgekommen, dass das, was man selber so habe machen wollen zusammen mit der Band auch immer nur teilweise habe gemacht werden können. Andererseits - Humor bezeichnet sich selbst als Fan von z.B. ”Frank Zappa”, mit folgender Entwicklung : Ihn interessierte zunächst die Musik, dann die Texte, dann die Person. Humor sieht zwei ”Zappa”-Konzerte, die aus für ihn unverständlichen Gründen abgebrochen werden. Humor findet das unmöglich und ist enttäuscht. Sein ”Fan-Sein” revidiert er schließlich.
Folgende Umstände beeinflussen für Humor die Wirkung der Idole : 1) Es werden ”schlechte” Platten gemacht und/oder Konzerte sind ”mies”, 2) Humor kommt über Zeitschriften, Bücher und Rundfunk zu anderen Informationen über die Idole, als er bislang gehabt habe. Das habe dann für Humor immer Gründe geliefert, seine Idole fallen zu lassen. Er habe sie ”durchschaut”, sei zu der Meinung gekommen, man habe ihm da etwas ”vorgegaukelt”, was nicht gestimmt habe. Humor meint, er sei dann immer ein bisschen verbittert, vielleicht sogar traurig darüber gewesen, dass er jahrelang einem Schwindel aufgesessen sei.
Humor meint, das sei dann schließlich auch ein wichtiger Grund für ihn gewesen, selber Musik zu machen. Man mache da etwas selber, könne das kontrollieren, was man da selber mache und wird schließlich auch nicht dadurch ”verarscht”, dass sich am Ende herausstellt, das, worauf man da so gestanden habe, sei eigentlich ein schlechter Witz gewesen, eine Art Seifenblase, wie etlicher Schallplatten-Pop eben.
Aber Musik hören, auch interessante Pop-Musik, ist weiterhin für Humor sehr wichtig, dass die Musik interessant ist, dass sie witzig ist, dass sie ihm gefällt und Spaß macht. So hört Humor mit der Zeit immer mehr alte Pop-Musik, also Musik aus den Jahren 1920 bis 1950.
Chansons, Tanzmusik, Jazz, Schlager, Rock`n`Roll der 1950-er Jahre, weil diese Musik so übertrieben aufgesetzt sei, wie Humor es bezeichnet. Spaß will er schon dabei haben, und das habe er.
Als Mitglied der Osnabrücker Kapelle Deutsch-rock war Humor am einen oder anderen Misserfolg dieser Kapelle beteiligt. Er sagt, man habe diese Misserfolge in Kauf genommen, weil man diese Musik ja letztendlich bereits seit ein paar Jahren gemacht und man viel daran gearbeitet habe, sie letztendlich ganz erarbeitet habe. Man habe sich auch schließlich mit seinem ”Ding” dermaßen identifiziert, sei davon so überzeugt gewesen, dass man auch schon mal ein ignorantes Publikum dafür in Kauf genommen habe. Das sei dann wie ”Perlen vor die Säue werfen”, führt Humor aus.
Das Problem des ”unverstandenen Künstlers” scheint auf.
Pop-Musik ist letztendlich für Humor auch ”Kunst”, und von Künstlern ist hinlänglich bekannt, dass sie und ihre ”Kunst” vom Publikum nicht anerkannt werden. Bei der Popmusik kämen dann auch noch die ignoranten Medienleute und die desinteressierte Musikindustrie dazu. Auf der anderen Seite sei dann da auch noch der Gruppenzusammenhang erwähnt. Das Überzeugungslevel hinsichtlich der gemeinsamen musikalischen Tätigkeit sei bei den Beteiligten an der Musikgruppe nie ausgewogen. Wenn einer frustriert gewesen sei, habe der andere gerade ein paar neue Ideen gehabt und die anderen davon überzeugen können, dass es doch noch Möglichkeiten gebe, irgendwie weiter zu machen, z.B. neue Stücke, ein neues Studioprojekt zu beginnen. Humor nimmt die ”Erfolgsunwahrscheinlichkeit” seiner Tätigkeit aber auch noch aus anderen Gründen in Kauf : Er ist grundsätzlich an der Musik interessiert. Er will immer mehr darüber lernen, will wissen, wie sie gemacht wird, wie er selber sie machen kann. Die auf diesem Wege erworbenen Kenntnisse kann Humor dann für eigene Ideen einsetzen. Die neugewonnene Information verbessere, so Humor, die Qualität seiner eigenen musikalischen Tätigkeit.
Außerdem kann Humor sich die Leute aussuchen, mit denen er seine Musik dann zusammen macht. Immer sind es seine Freunde oder die Leute, mit denen er Musik macht, werden für ihn Freunde. Das sei nicht wie Akkordarbeit auf dem Bau, wo Humor vorher war. Den Konzertfrust seiner Band Deutsch-rock, (z.B. sind die auswärtigen Auftritten der Band schlecht besucht oder wenn, dann lässt die Publikumsresonanz zu wünschen übrig), wischt Humor mit dem Bemerkung vom Tisch, die Band sei eben kein ”Live-Act”. Außerdem meint Humor, dass das Verteilen der Arbeit, um an einen Auftritt zu kommen, nicht immer gut funktioniere. Dafür gebe es die ”blödesten” Gründe : Musik machen, so Humor, sei zwar gut, aber er habe die Auffassung, dass nicht immer auch alle, die in der Band sind, dafür hart arbeiten möchten. Hart arbeiten hat Humor aber auf dem Bau gelernt. Auch, dass es nötig ist, bisweilen, damit etwas bei der Arbeit herauskommt. Aus schlechten Auftritten resultiere zwar immer auch Kritik am einzelnen Musiker, aber die würde nicht immer beherzigt, zumal man sich als Resultat daraus auch schon mal auf etwas Ähnliches besinnen müsse, wie das, was bei den Tanzmusikern so abginge. Man mache dann Entertainment, spiele letztendlich für die Leute und nicht für sich selber.
Konzertflops bei Deutsch-rock sähen in der Regel so aus, dass ”keiner käme”. Dann würde auch schon mal das Ende der Band, so Humor, in greifbare Nähe rücken. Jedoch habe es vor so einem Hintergrund auch immer wieder andere Ausweichmöglichkeiten gegeben, z.B. habe man sich dann mehr auf Studiosachen ”gestürzt”. Vielleicht habe man sich in so einem Zusammenhang dann auch besser darüber hinwegtäuschen können, dass die gemeinsame Band nicht den erwünschten Erfolg habe, da man ursächlich dafür die Ignoranz der Musikindustrie habe verantwortlich machen können. Bei dieser Ignoranz aber wiederum habe es sich um ein Faktum gehandelt, das landauf, landab schließlich bekannt sei. Dass man aber mit den Resultaten der gemeinsamen Bandtätigkeit letztendlich auf das Desinteresse nahezu aller möglichen Adressaten gestoßen sei - Publikum, Musikindustrie, Massenmedien -, das habe man sich eigentlich nicht so richtig vorstellen können. So führen es zumindest Humor und auch Langer aus.
(19) Gedächtnisprotokoll eines Interviews mit Spaß (Spaß I.), durchgeführt von Andreas Wilczek am 29.08.1985
Spaß ist Jahrgang 1948 und spielt Schlagzeug. Wie bei den jüngeren Kollegen verlief der erste Musikkontakt auch bei Spaß nicht viel anders.
Mit 12 bis 14 Jahren hörte er zunächst die Musik seiner großen Schwester. In deren Clique war Spaß, wie er es selbst bezeichnet, eine Art ”Pottläufer”. Die Musik der Clique seiner großen Schwester bezeichnet Spaß als ”Jux-Musik”. Die ”Egerländer” habe es da gegeben, Dixieland-Jazz und natürlich auch Rock`n`Roll, aber keinen deutschen, der galt als nachgemacht, als lächerlich. ”Peter Krauss”, ”Ted Herold” und andere deutschsprachige Rock`n`Roll-Künstler waren demzufolge mehr zum Lachen. Plattenspieler, auf denen man die eigenen oder überhaupt Platten hätte hören können, gab es nicht in solchen Massen wie in den 1970-er Jahren, meint Spaß. Spaß illustriert das an einem Beispiel : Der Nachbar habe einen Plattenspieler gehabt, die Clique sei dann hingegangen und habe ihre eigenen Schallplatten mitgenommen. Beim Nachbarn habe man sich natürlich zunächst dessen Schallplatten anhören müssen. Die hätten der Clique dann natürlich auch nicht gefallen, aber das hätten sie über sich ergehen lassen müssen, um dann ihre eigenen Platten spielen zu können, die dann logischerweise natürlich dem Nachbarn auch nicht gefallen hätten.
Mit 16 Jahren bekommt Spaß das sehnlichst erwünschte Tonbandgerät. Spaß ”sammelt” zunächst Old-Time-Jazz, hieran ist er über einen älteren Bekannten gekommen. Aus Radiosendungen schneidet er Plattenaufnahmen und Live-Konzerte von ”Louis Armstrong”, ”Sidney Bechett”, ”Lionel Hampton”, ”Artie Shore” und vielen anderen mit. Als Spaß 17 ist, kommt jedoch die Beat-Musik dazu.
Wie?
Spaß hatte ein paar Freunde mit einem Schuppen im Hafengelände, den sie sich als Clubraum einrichten durften. Da sonst nichts in Osnabrück los war, konnten sie sich hier treffen, ihre Musik hören : die Schallplatten und Tonbandaufnahmen, die sie mitbrachten. Man konnte gemeinsam darüber reden, natürlich auch mit Mädchen ”herummachen” oder Alkohol trinken. Der Club sei aber auch eine Art Freiraum gewesen. Mit langen Haaren, wie Spaß sie damals selbst getragen habe, wurde man zu dieser Zeit (Anfang der 1960-er Jahre) fast ”gesteinigt”, im Club störte das keinen. Vor allem nicht die Erwachsenen, die waren nämlich ganz einfach nicht da. Einen einheitlichen Stil gab es in dem Club nicht. Es gab erstens alle möglichen Haarlängen, zweitens alle möglichen Bekleidungsarten. Auch kamen häufig Rocker und sog. ”Halbstarke”. Das Verbindende war bei allen die Musik, und das war Beat-Musik, die man gemeinsam im Club hören konnte. Der allgemeine Traum war eine Kneipe mit Live-Musik, wo man jedes Wochenende Musik hören konnte - aber auch, eine eigene Band zu haben.
Wenn irgendwelche Bands, egal wie schlecht sie auch waren, irgendwo Beat-Musik spielten, war das ein Ereignis. Auch die Beat-Musik war, wie die langen Haare, von den Erwachsenen verpönt, das Hören der Beat-Musik und natürlich auch das Spielen. Da viele Freunde von Spaß diesbezüglich mit ihren Eltern Ärger hatten, war der Club ein Freiraum für sie. Hier konnten sie nicht nur so aussehen, wie sie wollten, und die Musik hören, die sie mochten, sondern sie konnten auch selbst diese Musik spielen, zumindest es einmal versuchen.
Spaß hat in dieser Beziehung keine Probleme, da seine Eltern recht tolerant sind. Spaß´s erste Band kommt auf diesem Wege zustande : Irgend jemand in Spaß´s Club bringt eine Gitarre mit. Spaß trommelt immer mit den Fingern auf den Tischen herum, wenn Beat-Musik gespielt wird, so dass er schließlich gefragt wird, ob er nicht in einer Band Schlagzeug spielen möchte. Spaß hatte noch nie Schlagzeug gespielt. Als schließlich geübt wird, sind es zunächst Twiststücke, an denen man sich versucht, z.B. von ”Chubby Checker”. Grundsätzlich sind es aber fremde Stücke, die man spielt, leicht mussten sie sein und natürlich auch etwas albern. Bevorzugt waren Stücke wie z.B. ”Mashed Potatoes”(?) von den ”Rattles”. Viele andere Stücke, z.B. ”Stones”-Nummern, waren ganz einfach zu schwer, sagte Spaß.
Spaß´s erstes Schlagzeug kostete insgesamt 80,-- DM. Die Hälfte, die ein ordentliches Set ausmachte, fehlte. Die vorhandene Hälfte war zum Teil selbst gemacht. Die ganze Band verfügte über einen einzigen Verstärker für Bass, mehrere Gitarren und Gesang. Spaß´s Schlagzeug hatte noch Naturfelle, die vor dem Spielen und Spannen eingeweicht, d. h. befeuchtet, werden mussten.
Im Vergleich zu dem in den Jahren 1980 bis 1985 üblichen Standard kann diese Ausrüstung selbst für eine Amateurband als durchaus kläglich bezeichnet werden, aber es gab in diesem Jahr (1965) eine Art ”Band-Euphorie”. Spaß meint, in Osnabrück sei eben alles ein bisschen später losgegangen. An dieser Euphorie waren in der Regel 18- bis 20jährige beteiligt. Die ”guten” Bands waren, so Spaß, jedoch schon älter : 23 bis 25 Jahre.
Bemerkung : Der Schlagzeuger Dirk Pellmann, der zum Zeitpunkt dieses Interviews in der Band Deutsch-rock mitspielt, ist 18 Jahre alt.
Zudem überschätzen viele, so Spaß, die eine Band gründen wollen, ihre eigenen Fähigkeiten und unterschätzen das, was sie für den Zusammenhang einer gemeinsamen musikalischen Tätigkeit in einer Beatband können sollten, recht grundsätzlich. So habe man sich das dann auch wieder nicht vorgestellt. Andererseits, führt Spaß aus - wie hätte man das auch schließlich lernen sollen, was man für so eine Band habe können sollen oder müssen? Neben Beat-Musik, die ihn zwar interessiert, aber auch nicht so vorbehaltlos, dass ihm einfach alles gefällt, hört Spaß in dieser Zeit Jazz-Musik. In seinem Club ist er der einzige, der sich für dieses Genre interessiert.
Die Beatband-Euphorie, so Spaß, sei dann auch schließlich wieder ein wenig abgeebbt. Es habe sich mit der Zeit herauskristallisiert, wer was gekonnt und wer nur ”herumgesponnen” habe. Die, die zuwenig geübt oder nicht genug Fortschritte in der Beat-Musik gezeigt hätten, seien am Ende ausgeschieden oder ausgeschieden worden. Im Clubraum von Spaß´s Freunden üben zu dieser Zeit mehrere Bands. So kommt es dann, dass Spaß gefragt wird, ob er auch noch anderswo mitspielen will. Dadurch kommt Spaß zu den ”Nightwalkers”. In dieser Band muss er relativ schwere Stücke spielen, jedoch strengt Spaß sich an. Die Band übt 14 Tage und hat ihren ersten Auftritt in Minden, vor ca. 1.000 Leuten. Dieses ist nicht Spaß´s erster Auftritt mit einer Band, jedoch sein erster dieses Ausmaßes, vor so großem Publikum. Bisher habe man lediglich in obskuren Eckkneipen gespielt, weil diese dem Onkel eines Bandmitgliedes gehörten o.ä. . Spaß sagt, bei solchen Auftritten standen fünf Alkoholiker herum oder Stammgäste, die das gar nicht interessiert habe.
Andererseits brach in den Jahren 1966 bis 1968 auch im Landkreis Osnabrück der ”Beat-Boom” aus. Die Landjugend mag die Musik, außerdem ist jetzt auf dem Land wieder etwas los am Wochenende. Die Wirte stellen ihre Tanzsäle den neuen Beatbands zur Verfügung. Nicht zuletzt kurbelt das ja das Geschäft, den Umsatz an.
Die Bands, in denen Spaß zu dieser Zeit mitwirkt, firmieren vornehmlich in der Rubrik ”Tanzmusik”. Die Wirte wollen, dass die Bands auch Stimmungstitel bringen. Das Publikum bei den Veranstaltungen, auf denen Spaß´s Bands aufspielen, ist in der Regel sehr gemischt. Werden die von einer Tanzkapelle geforderten Stimmungstitel gespielt, freut das den älteren Anteil des Publikums, spielt die Band Beat-Musik-Stücke, freuen sich darüber die jüngeren Leute.
Am Schluss dieser Phase habe man sich sogar schon mal an dem einen oder anderen Titel aus dem Bereich der ”progressiven Rockmusik” versucht. Spaß nennt als Beispiel das Stück ”Rondo” von der englischen Gruppe ”The Nice”.
Auf Schützenfesten behalf man sich, so Spaß, in dieser Zeit mit zwei Zelten. Es gab ein Zelt für die Jugend, in dem Beat-Musik gespielt wurde und ein Zelt für die Älteren, da sei dann Tanzmusik und Stimmungsmusik angeboten worden.
Spaß´s Bands aus dieser Zeit sind durchaus kommerziell. Spaß selbst ist zu dieser Zeit Lehrling, spielt aber dennoch zwei bis viermal in der Woche, manchmal sogar mit zwei Auftritten pro Tag. Die Gagen für diese Auftritte liegen im Bereich zwischen DM 300,-- und DM 500,--. Am Schluss bekommt man sogar DM 800,-- und das in den Jahren 1967 bis 1969. Für Spaß war das damals sehr viel Geld. Die im Rahmen der ”Vorstudie 81/82” interviewten Bands spielen zum Teil fast 15 Jahre später noch für solche Gagen. Manche von Spaß´s Kollegen konnten sich über ihre Beat-Musikaktivitäten den Bau eines Hauses finanzieren. Sie haben zwar nie in ihrem Leben eine Schallplatte aufgenommen, das Beatmusik-machen war für sie jedoch trotzdem schlicht ”gutes Geldverdienen”.
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