Leopold-Franzens-Universität Innsbruck



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Bog'liq
Jugendliche im Risikosport

gegenseitige Pushen
eine 
wichtige Rolle. Denn gerade durch solche verrückten Aktionen ist den Jugendlichen
die 


80 
Bewunderung der anderen Gruppenmitglieder sicher. Gleichzeitig handelt es sich hier um eine 
Demonstration von Einzigartigkeit. Durch riskante Verhaltensweisen können sich Jugendliche 
von den Anderen, die sich nicht trauen, die gleichen Risiken einzugehen, abgrenzen (Raithel 
2004, S. 61) 
Im vorigen Kapitel wurde auf das Problem von Hierarchien und Normen Bezug genommen. 
Auch hier erfüllt Risikoverhalten eine Rolle der Auflehnung gegen die Vorstellungen der 
Erwachsenen. Den Jugendlichen macht es Spaß, Eltern oder auch Lehrer zu provozieren und 
sich so von ihnen zu distanzieren. 
In weiterer Folge schaffen es Jugendliche, durch das Risikoverhalten, das ja eigentlich den 
Erwachsenen zusteht, auf einen Schritt in Richtung Erwachsenwerden zuzugehen
. Sie wollen 
zeigen, dass sie auch das Recht darauf haben, sich so zu verhalten
,
wie es sonst den 
Erwachsenen vorbehalten ist (Raithel, 2004, S. 61).
ii.
Weitere pädagogische Implikationen 
Die Adoleszenz 
repräsentiert eine Zeitspanne in der menschlichen Entwicklung, die vor allem 
durch Veränderung und Anpassung gekennzeichnet ist. Wenn man die Kindheit als eine 
sensible Phase und Möglichkeit für das Aneignen von Fähigkeiten und Wissen betrachtet, so 
muss man das auch bei der Jugend. Das Eingehen eines Risikos im richtigen Kontext muss als 
lebenswichtige Fähigkeit, die Fortschritt und Kreativität mit sich bringt, gesehen werden 
(Blakemore & Mills 2014). Aus dieser Studie geht hervor, dass Jugendliche Risikos nicht für das 
Risiko als Motivation per se eingehen, sondern als Möglichkeit, persönliche Gewinne zu 
erzielen und sich selbst weiterzuentwickeln, sehen. Die erhöhte Risikobereitschaft sollte also 
als etwas Positives gesehen und für Lernprozesse und Kreativität genutzt werden. 
Der derzeit vorherrschende Gedanke in der Jugendforschung, dass bestimmte 
Verhaltensweisen, wie zum Beispiel Langzeitplanung
,
erstrebenswerter sind als andere, wie 
zum Beispiel riskante Verhaltensweisen, ist zu überdenken. Denn nicht immer ist das 
Aufhalten in einer sicheren Umgebung die zielführende Aktion. In diversen Situation kann 
diese Herangehensweise sogar hinderlich für das Erreichen eines Zieles sein (Ellis et a. 2012). 


81 
Vor allem ist es hier wichtig
,
den Kontext, in dem riskantes Verhalten auftritt, zu beachten. 
Man sollte nicht auf isolierte Modelle vertrauen, sondern einen umfassenden Blick auf die 
Voraussetzungen und Möglichkeiten werfen, das ein entsprechendes Verhalten mit sich 
bringt.
Was in erster Linie als problembehaftete Besonderheiten der Adoleszenz gilt - 
Risikobereitschaft, schlechte Impulskontrolle, Selbstbewusstsein usw. – sollte vielmehr als 
exzellente Möglichkeit für Bildung und soziale Entwicklung gesehen werden (Blakemore & 
Mills, 2014). 
Auch in unseren Schulen und Vereinen sind die besonderen Möglichkeiten von riskanten 
Bewegungsaktivitäten lange Zeit vernachlässigt worden. Doch in den letzten Jahren lässt sich 
nach Gissel & Schwier (2002) eine intensive Auseinandersetzung mit den Begriffen Abenteuer, 
Erlebnis und Wagnis, sowie eine Hinwendung zum Erlebnissport erkennen. Wichtig für die 
Entwicklung waren demnach der Trend hin zu Extremsportarten und der anhaltende Boom 
entsprechender Praxisangebote in der außerschulischen Jugendarbeit. Die Ergebnisse dieser 
Arbeit legen nahe, einen Fokus auf körperlich anstrengende und herausfordernde Erlebnisse 
in der Natur (z.B. Felsklettern, Mountainbiking oder Skifahren) zu legen, um so das Ausleben 
der emotionalen Antriebe zu begünstigen und Selbstwirksamkeit zu vermitteln. Gleichzeitig 
wäre es naiv zu glauben, dass Erlebnis bzw. Wagnissport ohne hinreichende Kenntnisse über 
seine Wirkungsweisen, das neue pädagogische „Wundermittel“ gegen destruktives und 
gefährliches Risikoverhalten darstellt (Gissel & Schwier, 2002).
Viele Studien legen den Verdacht nahe, dass das Risikoverhalten aus dem Kontext und vor 
allem im Hintergrund einer möglichen Belohnung resultiert und dementsprechend auch 
gelenkt werden kann. Dies kann jedoch erst funktionieren, wenn Jugendliche ein Engagement 
in dementsprechenden Verhaltensweisen als lohnend und erstrebenswert ansehen (Telzer et 
al. 2013 & 2016). In diesem Sinne liegt die Verantwortung für die Heranwachsenden am Ende 
bei unserer Gesellschaft als Ganzes, denn Verhaltensweisen sind keine Konstante, sondern 
werden sich in eine Richtung wandeln, die Belohnung und Gewinn verspricht. 
Ein großer Teil der befragten Jugendlichen nannte Kompetenzerleben und Herausforderung 
als Motive für die Teilnahme an risikoreichen Aktionen. Bloßes Sensation Seeking und 
Adrenalinsucht können somit als Hauptmotive ausgeschlossen werden. Vielmehr 
erfahren die 


82 
Jugendlichen Selbstwirksamkeit und eignen sich komplexe Bewältigungskompetenzen im 
Umgang mit neuen Herausforderungen an. Dazu gehört zum Beispiel auch, mit Angst 
umgehen zu können. Wie man diese Kompetenzen auch weg vom Risikosport an Jugendliche 
vermitteln kann, damit beschäftigt sich die Wagniserziehung (Neumann, 1999). Dabei geht es 
speziell darum, individuell reizvolle Bewegungsaufgaben zu erstellen, welche von den 
Schülern mit eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten bewältigt werden (Neumann, 1999, S. 8.).
Die Ergebnisse dieser und anderer Untersuchungen verdeutlichen den Nutzen, der aus 
solchen Sportarten gezogen werden kann. Es stellt sich also die Frage, inwieweit 
Wagniserziehung im Schulsport umsetzbar ist.
Was ist überhaupt Wagnissport? Gissel & Schwier (2002) machen die pädagogische Relevanz
am Entschluss fest, „sich trotz bestehender Unsicherheiten und Gefährdungen zu wagen“ (S. 
26). Dies gilt demnach nicht nur für spektakuläre Formen des Sports, sondern zum Beispiel 
auch für eine Balancierübung im Schulsport. Auch hier muss eine Entscheidung getroffen 
werden, mit der man bewusst etwas wagt. Den Unterschied zum Risiko liegt im stärkeren 
Bezug zum Subjekt. Wagnis ist als individuelle und freiwillige Entscheidung zu verstehen.
Da sportliche Wagnisse nicht immer gelingen und zum gewünschten Gewinn führen, dürfen 
mögliche bedrohende Folgen nicht außer Acht gelassen werden. Wir Pädagogen müssen 
zwischen Chancen und Gefahren abwiegen, die wagnissportliche Aktivitäten mit sich bringen.
Dieser Prozess des Abwiegens ist nur selten ein eindeutiger. Denn vor allem im Wagnissport 
kann die gleiche Handlung entweder zu einem persönlichen Gewinn oder zu negativen 
Folgeerscheinungen führen.
Als Lehrer ist man der ständigen Aufsichts- und Sorgfaltspflicht unterstellt und wenn etwas 
passiert, dann wird man bei Fehlverhalten auch dafür zur Rechenschaft gezogen. Diese 
Voraussetzungen machen es generell sehr schwierig, im Schulunterricht etwas zu wagen. 
Deshalb ist es besonders wichtig, methodische Vorgehensweisen und Abläufe einzuhalten. 
Nach Neumann (1999) ist die Entwicklung sportmotorischer Fähigkeiten und Fertigkeiten 
sowie emotionale Kontrolle, realistische Selbsteinschätzung und der Umgang mit Angst 
notwendig, um sportliche Wagnisse produktiv einsetzen zu können. Wichtig ist nach Neumann 
(1999) ebenso, dass SchülerInnen immer frei über ihr Handeln entscheiden können. Es muss, 
vor dem Hintergrund der hohen Sensibilität auf die Meinung von Gleichaltrigen 
auch in 


83 
Ordnung sein, „nein“ zu 
sagen, ohne dabei den Anschluss an die Gruppe zu verlieren. Dies 
stellt eine wichtige Aufgabe für die Pädagogen dar. 
Böttcher (2017) berichtet von mehreren Studien, die von positiven Entwicklungen der 
SchülerInnen berichten. Dazu gehören die Auswirkungen auf das Selbstkonzept, die 
Selbstwirksamkeit, soziale Handlungsbereitschaft, Kooperation, Kommunikation, Vertrauen 
und Problemlösefähigkeiten (Böttcher, 2017, S. 61ff.). Hierbei wird zwischen außerschulischen 
Aktivitäten (z.B. Skiausflug) und normalem Schulsport unterschieden.
Eine vom österreichischen Alpenverein ins Leben gerufene Plattform „risk´n´fun“ bietet zum 
Beispiel jungen Wintersportlern (in diesem Fall Schülern), die Risikokompetenz abseits der 
gesicherten Pisten zu entwickeln. Dies könnte zum Beispiel in Verbindung mit einer 
Wintersportwoche 
passieren. 
(Österreicher 
Alpenverein, 
URL: 
https://www.alpenverein.at/risk-fun/freeride/fuer-schulen.php, abgerufen am 15.04.2017). 
Wagnis in den Sportunterricht mit einzubeziehen ist wie der Begriff schon sagt, ein gewisses 
Risiko für die Pädagogen. Jedoch soll dies den Pädagogen nicht davon abhalten, Kinder und 
Jugendliche zu neuen Erfahrungen zu animieren, im Gegenteil. Es sollte die Aufgabe 
eines 
jeden Lehrers sein, einen vielseitigen Sportunterricht zu gestalten, der es den Schülern 
ermöglicht
,
über sich selbst hinauszuwachsen.
iii.
Limitationen und Stärken 
Da es sich um eine sehr kleine Zielgruppe handelt, konnte bei der Auswahl an 
Interviewpartnern nicht systematisch hinsichtlich Alter und Geschlecht vorgegangen werden. 
Die Rekrutierung von mehr weiblichen Jugendlichen war aufgrund des sehr geringen 
Frauenanteils im Freeride Nachwuchssport nicht möglich. 
Eine weitere Limitation im Hinblick auf die Stichprobe besteht darin, dass die meisten 
Probanden den Untersuchungsleiter 
kannten. 
Dieser persönliche Bezug resultierte vielleicht in einer Befangenheit der Probanden. 
Gleichzeitig kann auch vermutet werden, dass gerade durch diesen persönlichen Bezug und 
einem damit gestärktem Vertrauensverhältnis, nähere und detailliertere Einblicke in 
die 


84 
Lebenswelt der Jugendlichen möglich wurde. Zudem bekam ich auch von mehreren 
Jugendlichen sehr positive Rückmeldungen, unter anderem, dass die ausgewählten Fragen zu 
neuer Reflexion angeregt hätten. 
Die qualitative Erhebungsmethode ist, wie in Kapitel 5 beschrieben, eine sehr zeit- und 
aufwandsintensive Methode. Gleichzeitig ist die Forschungsqualität zu einem großen Teil 
abhängig vom Können und dem Verhalten des Interviewleiters und kann leichter durch 
persönliche Eigenheiten beeinflusst werden. Die Quantifizierung der Daten stellte sich als sehr 
schwierig heraus, da zum Beispiel Mehrfachnennungen bei den Motiven immer wieder 
vorgekommen sind und manchmal eine klare Zuordnung zu den Codes nicht möglich war.
Wie bei den Ergebnissen bereits angemerkt, wurden Motive bezüglich der Teilnahme an 
Wettkämpfen mit den für das „private“ Freeriden gleichgesetzt. Dies passierte aus dem 
Hintergrund, dass viele der jüngeren Athleten ihre Sportart auf höchstem Niveau fast 
ausschließlich auf Wettkampfebene betreiben konnten. Da nur dort alle 
Sicherheitsvorkehrungen vom Veranstalter getroffen werden und so den Jugendlichen, denen 
es teilweise noch an Erfahrung und Einschätzungsvermögen mangelt, eine „sichere“ Bühne 
zur Verfügung gestellt wird.
iv.
Conclusio 
Die hier vorliegende Arbeit sollte über Motive bzw. Verhalten im Risikosport Aufschluss geben 
und eine 
breitere Perspektive im Hinblick auf die möglichen negativen als auch positiven 
Folgen von riskantem Verhalten liefern.
Risikosport bei Jugendlichen als delinquente oder destruktive Verhaltensweise konnte in der 
vorliegenden Stichprobe nicht bestätigt werden. Die jugendlichen Freerider berichteten viel 
mehr vom Wunsch nach Selbsterleben und Anerkennung der eigenen Kompetenzen, sowie 
dem Wunsch nach Individualität und Selbstverwirklichung. 
Diese Arbeit betritt ein noch sehr junges Forschungsfeld und liefert neue Erkenntnisse und 
Perspektiven im Umgang mit jugendlichen Risikoverhalten und wie man dieses, anstatt es als 
Problemverhalten abzutun, auch konstruktiv nutzen kann.


85 
6.
Literatur- und Abbildungsverzeichnis 

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