Leopold-Franzens-Universität Innsbruck



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Jugendliche im Risikosport

Risikowahrnehmung
ist auffällig, dass ein Großteil der Befragten das Risiko als 
eher gering, da kalkulierbar, einschätzt. Cohn et a. (1995) postulier
en
, dass Jugendliche im 
Vergleich zu Erwachsenen eine geringere Einschätzung von Risiko aufweisen.
Eine Tendenz, ob sich die Risikowahrnehmung mit steigenden Alter ändert, konnte an dieser 
Stelle nicht nachgewiesen werden. Hierzu hätte es vermutlich eine größere Zielgruppe und 
eine quantitative Erhebungsmethode gebraucht.
Viele weitere Laborstudien haben gezeigt, dass Jugendliche im Vergleich zu Erwachsenen eher 
dazu tendieren, Risiken aufgrund der hohen Sensibilität für mögliche Gewinne auszublenden 
und dass diese nicht 
ausschließlich aus einer verminderten Risikowahrnehmung resultiert 
(u.a. Blakemore & Mills, 2014; Reyna & Farley, 2006; Galvan et al. 2007; Telzer, 2016; Casey 
2015). 
Die Anwesenheit von Gleichaltrigen ist für die Jugendlichen ein wichtiger Punkt
,
sowohl beim 
Wettkampf als auch beim „Freifahren“, da sich die Freerider gern untereinander „motivieren“ 
(n=7). Dies kann man, nach Ellis et al. (2012) damit erklären, dass durch diese 
Gruppenaktionen sozialer Status und Selbstwirksamkeit aufgebaut werden können.
Warwitz (2001) beschreibt die Risikosuche als Auseinandersetzung mit der Angst, um sich 
selbst als stark und handlungswirksam zu erleben. Dieser 
Anreiz kann auch durch die hier 
vorliegenden Ergebnisse unterstützt werden. 
„Durch das Freeriden habe ich auf jeden Fall 


78 
gelernt, dass das Gefühl, wenn ich mir etwas vornehme und kurz davor Angst habe und das 
dann überwinde, dass ich das Gefühl danach gern mag.“
Den Jugendlichen ist es wichtig
,
sich selbst immer neu herauszufordern und so eigene 
Souveränität 
zu erleben. Semler (1994) bezeichnet Risikosportler als keineswegs 
todessehnsüchtig, sondern unterstreicht, dass sich die Sportler durchaus der Gefährdung 
bewusst sind und auf diese ganz normal mit Angst reagieren. Auch dies kann durch die 
zahlreichen Aussagen untermauert werden. Vielmehr sollte das bewusste Eingehen von 
Risiken als Versuch gesehen werden, sich Handlungsstrategien anzueignen, die auf den Alltag 
übertragbar sind. Das Aufsuchen seiner eigenen Grenzen hat nach Semler auch eine 
identitätsstiftende Funktion inne. „Erst durch das Aufsuchen der eigenen Grenzen erfährt man 
wirklich wer man ist.“ (Semler, 1994, S. 170).
Zudem sind Risikosportler als wachstumsorientierte Individuen zu verstehen, die nicht nach 
Gewohnheit streben, sondern unbekannte Erfahrungsräume aufsuchen, um sich so 
weiterzuentwickeln. Die Allgegenwärtigkeit des Risikos und die Möglichkeit des Scheiterns 
vermittelt den Jugendlichen ein Gefühl der Stärke und der Mächtigkeit, erzeugt Gefühlte der 
Handlungswirksamkeit und Lebendigkeit (Bette, 2004). Dabei geht es vor allem darum, 
risikoreiche Situationen aufzusuchen und dabei handlungsfähig zu bleiben und diese unter 
Kontrolle zu haben. Es geht also nicht um das bloße Risiko an sich. 
i.
Funktionen von Risiko 
Das Risikoverhalten wird auf der Mesoebene durch das belastungstheoretische 
Sozialisationsmodell und auf Basis der produktiven Realitätsverarbeitung erklärt. Nach diesem 
Modell resultiert jugendliches Risikoverhalten aus dem Zusammenwirken von psychosozialen 
Belastungen und unzureichenden Kompensationsressourcen (Raithel, 2011). Gerade diese 
Kompetenzen zum Bewältigen von Belastungen könnten, so Ellis et al. (2011), durch riskantes 
Verhalten jedoch erlangt werden. 
Die vielleicht wichtigste und am meisten unterschätzte Funktion 
von riskanten 
Verhaltensweisen ist, dass es Jugendlichen einfach Spaß bereitet
,
sich in ungewohnte 
Situation
en
zu bringen (Quensel, 200, S. 29).


79 
Des 
Weiteren haben Jugendliche durch das Eingehen von Risiken eine größere Chance, in 
Gruppen von Gleichaltrigen aufgenommen zu werden und vergrößern ihren Freundeskreis 
stärker als Jugendliche, die sehr zurückhaltend sind. Dies konnte zumindest im Hinblick auf 
den legalen Substanzkonsum nachgewiesen werden (Silbereisen, 2007, S. 62; Raithel 2004, S. 
61). Ob diese Ergebnisse auch auf den Risikosport übertragbar sind, kann nicht zweifellos 
bestätigt werden. Da sich jedoch eine sehr starke Gemeinschaft zwischen den Freeridern 
erkennen lässt, liegt die Vermutung nahe, dass auch hier über Risikoverhalten Anerkennung 
und eine Identifizierung über die Gruppe stattfindet.
Eine Studie aus 2013 führte ein Experiment mit Ratten durch, um die Folgen sozialer 
Ausgliederung zu untersuchen. Ratten, die in der frühen Adoleszenz isoliert wurden, wiesen 
eine erhöhte synaptische Plastizität und Reizsensibilität in Gehirnarealen auf, die in 
Verbindung mit Suchtverhalten gebracht werden. Auch wenn diese Ratten später wieder in 
den sozialen Kontext inkludiert wurden, konnten diese neuronalen Veränderungen nicht 
rückgängig gemacht werden. Diese Ergebnisse suggerieren, dass besonders die frühe 
Adoleszenz eine sensitive Periode für soziale Signale ist und dass soziale Isolation besonders 
in dieser Zeitspanne schwerwiegende neuronale Veränderungen zur Folge haben kann, die in 
einer höheren Anfälligkeit für Suchtverhalten resultieren (Whitetaker et al. 2013). Soziale 
Ausgliederung in der Adoleszenz erhöht die Wahrscheinlichkeit, an psychischen Krankheiten

wie zum Beispiel Depressionen, zu erkranken (Perlman et al. 2007; Leussis & Andersen, 2008). 
Da diese Studie bei Tieren durchgeführt 
wurde, ist eine Übertragung auf menschliches 
Verhalten nicht vollständig möglich. Wenn soziale Ausgliederung jedoch solch gravierende 
Folgen nach sich ziehen kann, sollten Mechanismen und Verhaltensweisen, die die Peer-
Inklusion fordern, generell als adaptiv angesehen werden. 
Ein weiterer wichtiger Vorteil in diesem Zusammenhang ist die Möglichkeit, sich innerhalb 
einer Zeit des Wandels und erhöhter Anforderungen mit einer jugendlichen Subkultur zu 
identifizieren, um so Stabilität und Kontinuität zu erfahren. Denn wer innerhalb einer Gruppe 
zusammen mit anderen ein gemeinsames Verhalten ausübt, fühlt sich stark und in seinem Tun 
bestätigt. Jugendliche bilden so ihr Selbstkonzept und lernen, sich selbst darzustellen. In 
diesem Kontext spielen auch Mutproben oder das angesprochene 

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