20)Stuhlfelden, Bezirk Zell am See, Salzburg -
Bürgermeisterin: Sonja Ottenbacher
-
EinwohnerInnen: ca. 1600; Flüchtlinge: 6
-
Website der Gemeinde http://www.stuhlfelden.salzburg.at/
-
Website des Regionalverbandes Oberpinzgau http://www.oberpinzgau.info/
Pilotprojekt des – aus 9 Gemeinden bestehenden – Regionalverbandes Oberpinzgau
Im November 2014 haben die Gemeinden des Oberpinzgau von sich aus ein Modell entwickelt, das eine gute Möglichkeit zur Integration bzw. Versorgung von Flüchtlingen bewirken soll. Einerseits wollte man Hilfe und Unterstützung anbieten, andererseits eine Überforderung der Gemeinde vermeiden. Voraussetzung war, dass jede Gemeinde eine kleine Anzahl von AsylwerberInnen aufnimmt.
Das Projekt wurde durch die Geschäftsführung des Regionalverbandes organisiert und betreut. Gleichzeitig wurde eine Halbtags-Betreuerin angestellt. Sämtliche notwendige Agenden (Miete, Absprachen, Bezahlung usw.) laufen über den Regionalverband. Die Flüchtlinge versorgen sich selbst, d.h. sie kochen, kaufen ein, waschen, …
Die 6 AsylwerberInnen stammen aus dem Kongo und aus Somalia. Sie bezogen ein kleines, direkt im Ort gelegenes Haus, das von einem privaten Besitzer dem Land Salzburg angeboten worden war. Mittlerweile sind die 6 Männer über ein Jahr in der Gemeinde, und es gab und gibt keine Probleme. Sie haben eine sehr angenehme, freundliche Art und sind dankbar für die Unterstützung. Der Wunsch nach einer anderen Örtlichkeit (Stadt) ist teils vorhanden (wegen Verwandter und mehr Perspektiven); diese (Wien) wurde auch bereits AsylwerberInnen zugesagt.
Detaillierte und behutsame Vorbereitung -
Information des Gemeinderat (anfangs Skepsis, dann Zustimmung)
-
Information der Gemeindevertretung
-
Brief an die Bevölkerung (Unterschrift aller Fraktionsobmänner)
-
Kontakt mit Betreuerin sofort beim Eintreffen der Flüchtlinge
-
Regelmäßige Besuche der Flüchtlinge durch Bürgermeisterin und GemeindevertreterInnen
-
Offizielle Begrüßung der Flüchtlinge – auch die Presse war anwesend – mit Teilnahme von Landesrätin Martina Berthold, Bezirkshauptmann Dr. Bernhard Gratz, Sprengelarzt, Pfarrgemeinderat, Bürgermeisterin und Vizebürgermeister, GemeindevertreterInnen, Regionalverbandsobmann
Integration der Flüchtlinge im Alltag der Gemeinde -
Unterricht 3 x pro Woche durch Direktorin a. D. (Teilnahme und Pünktlichkeit eingefordert)
-
Genaue Aufklärung der Flüchtlinge über Bräuche und Verhaltensweisen, wie z.B.: Krampus-Rummel, „Tresterer“ (Pinzgauer Perchtentanz), Beerdigungen bzw. Aussegnungen auf dem Dorfplatz, Kontakt mit Frauen (Anzahl, Umschwärmen von jungen Mädchen, …), Freiwillige Feuerwehr (Sirene); Information an PädagogInnen von Schule und Kindergarten (Schulwege, Kontakte, …)
-
Zeitweise Mitarbeit der Flüchtlinge im Bauhof (Rasen, Laub, Kehren, …)
-
Teilnahme an der afrikanischen Rodelmeisterschaft Rauris in Begleitung
-
Mitgliedschaften der Flüchtlinge: zwei im Fußballverein (regelmäßiges Training und Spiele), einer in einem Gospel-Chor
-
Teilnahme an Dorfanlässen (Adventfeier, Mette, Dorffest…)
Ausweitung des Projektes
Nach und nach haben auch andere Gemeinden Quartiere bekommen, und das Projekt hat sich auch außerhalb des Regionalverbandes (Unter- und Mitterpinzgau) ausgeweitet. Auch die Anzahl der BetreuerInnen ist inzwischen auf 3 Personen erweitert worden.
Neue Herausforderungen -
Anfangs wurden die Flüchtlinge relativ gut aufgenommen, sogar die neue Flüchtlingsunterbringung wurde positiv gesehen. Derzeit ist die Stimmung aufgrund der österreichischen Asylsituation allgemein negativ, obwohl es vor Ort gut funktioniert. Viele Fragen tauchen auf: Wie soll das alles weitergehen … mit dem Geld? … mit Arbeit? Warum sind Flüchtlinge im Besitz von Handys? Warum sind so viele junge Männer da? usw. Auf negative Äußerungen auf Facebook wurde sofort reagiert; sie wurden gelöscht.
-
Makler versprechen Firmen als potenziellen Quartiergebern zum Teil viel Geld, wenn Flüchtlinge in leerstehenden Hallen u.ä. aufgenommen werden. Thema in der Gemeinde waren zwei große Hallen, die jedoch abgelehnt wurden. Die Bürgermeisterin ist der Bevölkerung im Wort, welche die ursprüngliche Entscheidung mitgetragen hatte.
Erfolgsfaktoren -
Zusammenarbeit von Regionalverband, Gemeinde und Land
-
Klare Informationspolitik der Bürgermeisterin gegenüber Bevölkerung
-
Kleine Einheit mit professioneller Betreuung, ohne Quote, ohne Überforderung
Bewährte Vorgehensweisen -
Pilotprojekt des Regionalverbandes
-
Brief der Bürgermeisterin und aller Fraktionssprecher an die Bevölkerung
-
Vielzahl von Initiativen (s.o.) zur Integration der Flüchtlinge in den Alltag der Gemeinde
Stand: März 2016
21)Stadt Weiz, Steiermark -
Bürgermeister Erwin Eggenreich
-
EinwohnerInnen: 11.400; Flüchtlinge: 60
-
Website der Gemeinde http://www.weiz.at/
„Ein Weg der Hoffnung“ – Das Weizer Modell der Flüchtlingsbetreuung
In der Stadt Weiz wohnen rund 60 geflüchtete Menschen, unter anderem aus Syrien, dem Irak und Afghanistan. Seit den ersten Ankünften Ende 2014 läuft die Integration mit der Bevölkerung sehr, sodass Weiz als regionale Vorreitergemeinde gilt. Besonders wichtig hierfür sind die Zusammenarbeit verschiedener Akteure in der Gemeinde und die Einbindung der Zivilgesellschaft. Speziell leistet der von der Gemeinde mitunterstützte Trägerverein „Way of Hope“ (von Fery Berger, http://www.wayofhope.info/) einen wesentlichen Beitrag zur Integrationsarbeit. Der Verein fördert eine überparteiliche und überkonfessionelle Bewegung. Er setzt auf die aktive und beidseitige Integration der Geflüchteten. Vor allem wichtig ist es den Vereinsakteuren dabei, die Menschen von Anfang an gleich mit Beratungen, Therapien, Sprachkursen und dem Schaffen von Beziehungen in die kommunale Gesellschaft zu integrieren versuchen.
Bei der Unterbringung der AsylwerberInnen setzt Weiz auf kleine Quartiereinheiten. Flüchtlinge wohnen in Wohnungen von 3 bis 8 Personen. Dazu ist jede Wohnung zentral gelegen und vom Zentrum aus zu Fuß erreichbar. So wird eine Einbindung in die Gesellschaft einfacher ermöglicht. Eine SiedlungsGmbH, die sich im Mehrheitseigentum der Stadt befindet, kann dazu die passenden Quartiere anbieten.
Für jede Wohnung wird von „Way Of Hope“ eine Gruppe von Ehrenamtlichen zu organisieren versucht, die die Flüchtlinge persönlich begleiten. Sie bilden ein Freundschafts- bzw. Betreuungsnetzwerk und stellen so ein Bindeglied zur einheimischen Gesellschaft dar. Unter anderem werden z.B. Mitfahrgelegenheiten nach Graz oder gemeinsames Kochen organisiert. Auch für die sprachliche Integration sorgt eine Gruppe von knapp 10 Freiwilligen. Durch diese Kurse hat es sogar ein Syrer nach sieben Monaten geschafft, den Führerschein in Österreich zu mache n.
Nach diesen Erfolgen stockt die Gemeinde mittels eines Vereins, der dem Sozialhilfeverein nahe steht, von 60 auf 100 Asylwerbende auf. Die Unterbringung, die Betreuung sowie Deutschkurse lassen sich mit der 19 €/Kopf-Grundversorgung finanzieren.
Erfolgsfaktoren -
Integrationsprozess gleich von Anfang an fördern
-
Kultur des Förderns und Forderns: Integration braucht Arbeit auf allen Seiten.
-
Die Gemeinden brauchen interkommunales, solidarisches Verhalten, um Belastungen der Verteilung von AsylwerberInnen gerechter zu teilen (1,5% der Wohnbevölkerung).
-
Externe Initiativen, die von der Gemeinde unterstützt werden haben sich als guter „Filter“ zwischen Gemeinde und Bevölkerung erwiesen. -> Die Politik bleibt im Hintergrund und die NGOs mit gesellschaftlichem Auftrag im Vordergrund.
-
Eine aktive Aufnahme erweitert die Möglichkeit zu gestalten, und man kann versuchen, besser auf die Mischung zwischen den Asylsuchenden zu achten. Erleichternd ist es, wenn viele Betroffene eine gemeinsame Muttersprache und ähnliche kulturelle Prägung haben.
-
Das Thema Angst muss angesprochen werden, um Gerüchte zu vermeiden und zu bewältigen
-
Die Einbindung der Nachbarschaft und der Aufbau eines guten Netzwerks ist essentiell
-
Ehrenamtliche müssen mit Know-How unterstützt werden. Zudem gilt es, sie durch die Zur-Verfügung-Stellung von professionellen BetreuerInnen und Hilfspersonal zu entlasten.
-
Einer guten & intensiven Betreuung der AsylwerberInnen sowie einer Ethnien gerechten Unterkunft kommt eine Schlüsselfunktion zu.
-
Selbstbestimmung und Planung der Gemeinde sind essenziell für strukturiertes Vorgehen und den Ausbau -> nicht aufs Land warten!
-
Man kann sich auf die Kollegen und die eigenen Kräfte gut verlassen.
-
Die positiven Geschichten müssen nach außen getragen werden
-
Klarheit, Information und Transparenz sind essenziell
-
Wir müssen uns darauf einstellen, dass Veränderungen kommen – das Thema sollte mit einer gewissen Unaufgeregtheit angegangen werden.
Bewährte Vorgehensweisen -
Jede Flüchtlingswohnung muss zentrumsnah sein; kleine Quartiere sind für die Integration entscheidend.
-
Die aktive Steuerung durch die Wohnungs- GmbH verleiht der Gemeinde mehr Kontrolle und Mitwirkungsmöglichkeiten.
-
Man versucht AsylwerberInnen bzw. Asylberechtigte an lokale Betriebe zu vermitteln, die nach Lehrlingen oder Beschäftigten suchen – in Weiz v.a. im Bereich Stahlbau und Innenausbau sowie im Tourismus.
-
Die Menschen brauchen ausgewiesene AnsprechpartnerInnen.
-
So früh als möglich Beschäftigungsmöglichkeiten in der Gemeindestruktur für die neu Ankommenden schaffen; ein (finanzierter) Sozialverband inkl. NGOs kann als Steuerelement agieren.
-
Die Anzahl der Asylwerbenden sollte nach Möglichkeit stufenweise ausgebaut werden.
-
Frühere MigrantInnen sollten zum Gespräch geladen werden und ihre Erfahrungen teilen.
Stand: April 2016
Do'stlaringiz bilan baham: |