Vgl. Soler I Marcet: Sprichwörter, S.310
S.86-105, S.90. Stoupy weist darauf hin, daß es auch in Hofmannsthals Märchen der 672. Nacht
23
Auch die sich später verstärkenden Unterschiede zwischen den verschiedenen
Generationen deuten sich bereits in dieser ersten Festszene an: "Während das
aufgeklärt-couragiert-zufriedene Selbstverständnis der ältesten Generation mit der
heiteren Festlichkeit harmoniert, bahnt sich in der nächsten Generation die Entzweiung
an: untereinander wie in jedem einzelnen; der wegen seiner Mesalliance verstoßene
Gotthold nimmt gar nicht am Fest teil und der pietistisch-schwärmerische (...) Jean
verbirgt hinter der gesellschaftlichen Miene nur mit Anstrengung Sorgen".
52
Seiner
Mutter, die wie er von Gottholds Brief weiß, ist während
des Festes nichts davon
anzumerken, während Jeans Stimmung mehrfach dadurch getrübt zu sein scheint.
Der Generationengegensatz zwischen dem jovialen und selbstsicheren Johann
Buddenbrook d.Ä. und seinem grüblerischen und skeptischen Sohn Jean wiederholt
sich, an andere Eigenschaften geknüpft, bei dem eleganten "à la mode-Kavalier"
Leberecht Kröger und dessen Sohn Justus. Leberecht besitzt noch die heitere
Sicherheit, die kavaliersmäßige Leichtigkeit des Auftretens. Während des opulenten
Essens "thronte (er) hoch und gerade zwischen der Senatorin Langhals und Madame
Antoinette und verteilte seine Handbewegungen und seine reservierten Scherze an die
beiden Damen" (M,I,23). Er weiß sich mit Sicherheit zu bewegen und zu verhalten.
Anders sein Sohn Justus, dessen künftiger Abstieg und kommende Verwahrlosung sich
bereits hier in zwei Fauxpas andeuten.
Alle Vertreter der ältesten Generation, die die Regeln der Etikette noch dezidiert
beherrschen, haben das Maß des Anstands während des Essens zu halten vermocht:
"Leberecht Kröger saß noch genauso aufrecht an seinem Platze wie zu Beginn der
Mahlzeit, Pastor Wunderlich blieb weiß und formgewandt, der alte Buddenbrook (...)
wahrte (...) den feinsten Anstand, und nur Justus Kröger war ersichtlich ein wenig
betrunken" (M,I,36, Hervorhebung v.d.V.).
Wie Christian, der das Maß beim Essen nicht halten kann und sich den Magen
verdirbt, so versteht auch Justus sich nicht darauf, das richtige Maß des Weinkonsums
zu finden, das Geselligkeit und gutes Benehmen weiterhin ermöglicht. Justus sitzt mit
seinen Kindern und denen der Buddenbrooks am unteren Tischende,
53
und zudem hat
er "mit Mamsell Jungmann ein neckisches Gespräch angeknüpft" (M,I,31). Eine
Unterhaltung mit einer so offensichtlich Untergebenen ist "ein Abstieg auf der sozialen
eine wichtige Rolle spielt - und auch dort eine vorausdeutende Funktion hat und Ausdruck
fatalistischer Weltsicht ist - vgl. Stoupy: Hofmannsthal, S.86ff. Der Tod Thomas Buddenbrooks
und der des Kaufmannssohns in Hofmannsthals Märchen weisen einige Parallelen auf, vgl. dazu
diese Arbeit, Kapitel II.2.3, S.57.
51
Wysling: Notizbücher, Band I, S.13
52
Kirchhoff: Fest, S.38
53
Vgl. hierzu diese Arbeit, Kapitel I.7., S.19
24
Stufenleiter, den sich die alte Generation, die auf strenge Grenzen im gesellschaftlichen
Verkehr hält, nicht erlauben würde".
54
Die Romanhandlung hat sich bis zum Ende des Festessens in zwei Räumen
abgespielt: im Landschaftszimmer und im Speisesaal mit den Götterfiguren. Diese beiden
Räume werden in der Zukunft Schauplatz wichtiger Szenen und Ereignisse sein. Im
Landschaftszimmer werden z.B. sowohl Grünlich als auch Permaneder als auch
Tiburtius ihre Werbungen vorbringen. Die ganze Familie wird dort noch einmal, wie zu
Beginn, versammelt sein, wenn die Nachricht von Jeans Schlaganfall eintrifft.
55
Von dort
aus wird man in sicherem Abstand den Verlauf der Lübecker "Revolution" verfolgen. Im
Speisesaal dagegen werden die Hochzeiten Tonys, Thomas' und Erikas sowie die
prunkvollen Weihnachtsfeste gefeiert werden, und dort wird die tote Konsulin
aufgebahrt werden. Der Leser ist also nun mit den wichtigsten Räumen im
Buddenbrook-Haus vertraut gemacht worden.
Do'stlaringiz bilan baham: