Materialien und Hilfsmittel
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keine Anteile sonst üblicher Papierhilfsmittel
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Preiswürdigkeit.
Momentan verfügen wir über zwei Kernpapiersorten, die diese Anforderungen erfüllen können. Die Entwicklung weiterer Sorten steht bevor.
Nur mit spezifischen Kernmaterialien in verschiedenen Ausführungen der Grammatur, des Farbtones und des Fasermaterials ist der Anspruch auf originalgetreue und wesensgleiche Restaurierungen zu realisieren. Um diesen Anspruch zu illustrieren, seien folgende Fragen erlaubt:
Welche Begründung haben Mitsumata- oder Kazo-Fasern im inneren eines Zeitungsblattes aus holzschliffhaitigem Papier?
Ist die Einarbeitung ostasiatischer Fasern ein originalgetreuer Bestandteil in europäischen Hadernpapieren?
Eine andere Problemebene besteht in den Anforderungen an die zukünftige Lebensdauer und die erreichbaren Festigkeitswerte. Unter Betrachtung der gegenwärtigen Ergebnisse existiert eine Grenze der Festigkeiten originaler Blätter mit schweren Schäden auch nach dem Einfügen neuen Kernmaterials. Hier wird eine Beschränkung des Materials 'Kernpapier' sichtbar. Die Überlegungen und Entwicklungen zur Überwindung dieser Grenze sind momentan Gegenstand in den führenden Werkstätten.
Preßmaterialien
Nach dem Beschichten der Originale erfolgt das Pressen. Zu diesem Zweck werden spezielle Hilfsmittel benötigt, die wiederum definierte Eigenschaften aufweisen müssen. Langjährige Erfahrungen führten zu Einpreßhilfen mit hervorragenden Eigenschaften. Der Kern besteht aus normaler Holzpappe. Je ein gleichgroßer starker Filterkarton bedeckt die Vorder- und Rückseite der Holzpappe. Alles zusammen wird in Polyethy-lenfoüe eingeschweißt. Die beschichteten Originale werden zwischen diese Preßpappen gestapelt. Wenn 10 Blatt im Stapel liegen, wird gepreßt.
Die Originale sind während der Preßzeit sehr schonenden Bedingungen ausgesetzt. Sowohl die Gelatinefilmeme als auch die Preßpappen, die aus weichem Material bestehen, verhindern ein Verpressen oder ein Egalisieren der Originaloberflächen.
Obwohl der Gelatinefilm sehr viel Wasser enthält und beim Auflegen die Originalblätter zum Dehnen zwingt, ist in der Kaschierung keine Faltenbil-
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Die Stabilisierung von Papier
düng zu bemerken. Diese Erscheinung ist nicht nur auf die Elastizität u Beweglichkeit des Gelatinefilms zurückzuführen, sondern wird auch dur den Wasserhaushalt zwischen den Preßmaterialien erklärt.
Polyethylenfolie besitzt eine geringe, in unserem Fall aber genau p; sende Wasserdampfdurchlässigkeir, die ihre Verwendung als Hüllmarer der Preßpappen begründet. Zu Beginn des Preßvorgangs verteilt sich c mit der Gelatine eingetragene Wasser, ohne das nennenswerte Verluste ein treten können. Damit ist garantiert, daß sich im Preßgut einheitliche Deh-nungsverhältnisse ausbilden können. Erst über längere Zeiträume kann verdampfendes Wasser die Polyethylenfolie durchdringen. Damit bleibt die Spaltfähigkeit lange Zeit erhalten.
Die Preßpappen erfüllen neben ihrer Funktion noch eine Reihe anderer Anforderungen. Bei täglicher Benutzung ist das geringe Gewicht, die Pf geleichtigkeit und die langzeitige Verwendung vorteilhaft.
Die einzelnen Pappen können sowohl einzeln als auch zusammengefi zu sogenannten 'Preßbüchern' benutzt werden. Die Form der Preßbücher gestattet es, den Gesamtablauf der Papierspaltung zu rationalisieren. Vor-bereitungsarbeiten, Beschichten und Kerneinfügen können taktmäßig und systematisch durchgeführt werden unter Aufrechterhaltung qualitätsbe-stimmender Ordnungsprinzipien.
Hilfsmittel beim Ablösen
Der enzymatische Abbau der Gelatine schafft die entscheidende Voraussert-zung zur effektiven Behandlung großer Mengen.
Die gut ausgetrockneten gespaltenen Blätter werden je nach Werkstatt-bedingungen in größeren oder kleineren Konvoluten in das Enzymbad ei gefahren. Nach etwa 15 Minuten ist der Gelatineabbau beendet. Ein a schließendes Inaktivierungsbad bei Temperaturen um 75-80°C beendet die Enzymtätigkeit. Der Enzymeinsatz in der Papierrestaurierung ist immer noch Gegenstand kontroverser Diskussionen. Im wesentlichen ist die Unsi-cherheit beim Umgang mit Enzymen auf mangelnde Information zurückzu-führen. Corolase 7089 ist eine flüssige ßakterienprotease aus Bazillus sub-tilis. Das Enzym erreicht seine maximale Aktivität bei etwa 55° C.
Das pH-Optimum liegt zwischen pH 6,0 und 8,5. Die optimale Anwen-dungsmenge liegt bei der Anwendung zum Lösen der Gelatinefilme 0,01-0,02 ml pro 1000 ml H2O.
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Maschinelle Papierspaitung
Oberhalb von 60° C wird das Enzym inaktiviert. Bedenken, daß etwa verbleibende Enzymreste zu verhängnisvollen Langzeitfolgen führen könnten, bilden eine zentrale Diskussionsebene, Bekannterweise bedarf es aber zur Enzymaktivierung generell einer Minimalfeuchte von etwa 15% Wasser im Substrat. Der für Papier normale Wassergehalt liegt je nach Lagerbedingung zwischen 5- 8%.
Die nach dem Gelatineabbau folgenden Arbeiten beenden den Papierspaltprozeß nicht nur, sie beeinflussen nicht unwesentlich die Qualität. Die entgelatinierten Spalteinheiten (Original und Trägerpapiere) werden noch heiß zwischen Filze gestapelt und anschließend, analog zum Abgautschen, leicht eingepreßt. Primär dient dieser Schritt der Entwässerung. Die anliegenden Trockenfilze bestimmen den Weg des Wassers. Demzufolge transportiert das Wasser alle eventuell noch vorhandenen Schmutzpartikel in das noch anliegende Trägermaterial. Sekundär erfolgt in dieser Entwässerungsphase der Ausgleich etwa vorhandener Spannungen im gespaltenen Original.
Die abgegautschten Originale sind gut rransportierbar und werden der Endtrocknung zugeführt. Gleiches gilt für wiederverwendbare Trägerpapiere. Die Gautschfilze sind nach dem Trocknen immer wiederverwendbar. Ihr Vorzug besteht in der großen Wasseraufnahmefähigkeit und sehr moderaten Preßbedingungen. Nur damit ist zu garantieren, daß originalgetreu gearbeitet werden kann.
Abschließend ist festzustellen, daß Rezepturen und Hilfsmittel bis ins Detail erprobt sind. Abweichungen und Veränderungen führen in der Praxis zur Erhöhung der Risikoschwelle oder schlimmstenfalls zurn Mißer-folg.
Maschinelle Papierspaltung
Zur Erhaltung der Bibliotheks- und Archivbestände in ihrer Originalform und Originalsubstanz wird seit Jahren intensiv an der Entwicklung automatisierter Verfahren gearbeitet. Die Vorstellung, mit nur einem Verfahren die Erhaltungsprobleme lösen zu können, ist unreal. Vielmehr benötigen die Bibliotheken und Archive unterschiedliche Verfahren, die sich gegenseitig ergänzen und insgesamt die Anforderungen erfüllen können. Restaurierung und Konservierung befinden sich auch heute noch im Widerspruch
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Die Stabilisierung von Papier
zwischen mangelnder Kapazität und hohem Bedarf. Die Ursache hierfür liegt in manuellen Verfahren und Arbeitsweisen in diesen Bereichen. Eine Veränderung im positiven Sinn kann nur erreicht werden, wenn es gelingt, industriemäßige Verfahren zu entwickeln und zur Anwendung zu bringen. Gleichzeitig würde dabei neben der Lösung des Kapazitätsproblems auch der finanzielle Aspekt entsprechend berücksichtigt werden, da die Bestandserhaltung auch finanzierbar sein muß. Nur mit großen Kapazitäten zu moderaten Preisen ist das Mengenproblem der Schriftguterhaltung einer Lösung zuzuführen.
Die Stabilisierung gealterter Bibliotheks- und Archivmaterialien mit Hilfe des Spaltverfahrens ist erforderlich, wenn die Massenentsäuerung aufgrund des Schadensbildes wirkungslos ist. Anders ausgedrückt beginnt die Spaltmethode, wo die Massenentsäuerung aufhört.
Die Arbeitsabläufe im manuellen Verfahren beinhalten eine Reihe von Parametern, die sich aus Erfahrungswerten und subjektiven Erfordernissen zusammensetzen. Deshalb mußten nicht nur maschinentechnische Lösungen gefunden werden, sondern es mußten auch Parameter wie beispielsweise Verweilzeit, Anpreßdruck, Viskosität der Bindemittel, Eigenschaften der Trägermaterialien etc. mit den daraus resultierenden Konsequenzen in die Maschinenabläufe eingefügt werden.
Eine weitere wesentliche Forderung bestand darin, die Abläufe im Maschinenbetrieb so variabel wie möglich zu konzipieren, um die unterschiedlichsten Papiersorten und Schadensbilder mit ihren unterschiedlichen Eigenheiten bearbeiten zu können.
Aus diesem Grund bestand die Konzeption darin, zwei separate Maschinen für die Kaschierung und die Blattspaltung zu entwickeln. Diese Maschinen sollten aber so gestaltet sein, daß die Kopplung untereinander und deren Einbindung in ein modulares, automatisiertes Gesamtsystem zu einem späteren Zeitpunkt problemlos möglich sein wird.
Die Kaschiermaschine
Mit der Kaschiermaschine werden die zu spaltenden Blätter beiderseitig mit Trägermaterial beschichtet und gepreßt. Zur Automatisierung dieser Aufgaben erschien es sinnvoll, das Kaschiermarerial nicht als Einzelbogen, sondern als lange Materialbahn in Rollenform zu nutzen. Die grundsätzliche Überlegung dabei war die Vorstellung, später auf Endlos-Bahnen über-
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Maschinelle Papierspaltung
Abb. 55 Prinzipskizze Kaschiermaschine
zugehen. Diese Vorstellung ist nur real, wenn es gelingt, das bisher verwendete Filterpapier als Trägermaterial abzulösen. Deshalb begleitete die Suche und die Erprobung alternativer Trägermaterialien die Entwicklung der Kaschiermaschine. Der Klebstoffauftrag auf das Kaschiermaterial wird durch den Einsatz von Leimwerken, wie sie allgemein gebräuchlich sind, automatisiert.
Das Auflegen des zu restaurierenden Materials muß vorläufig noch manuell erfolgen, da ein automatisches Handhabungssystem hierfür erst spezifiziert werden kann, wenn geklärt ist, in welcher Weise die davorliegen-den Arbeitsschritte automatisiert werden und in welcher Form die Originalblätter dann zur Bearbeitung an der Kaschiermaschine vorliegen.
Der Anpreß- und Trocknungsvorgang kann in der automatisierten Version dadurch erfolgen, daß die Kaschierbahnen mit dem dazwischenliegenden Originalpapier über Walzensysteme geführt werden und diese Zonen
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Die Stabilisierung von Papier
Abb. 56 Die Kaschiermaschine im 'Zentrum für Bucherhaltung' in Leipzig
zusätzlich zwangsbelüftet werden. Für Trocknungsvorgänge, die längere Trocknungszeiten benötigen, wird der in der Kaschiermaschine hergestellte Verbund auf einer Bobine aufgewickelt. Hierbei wird noch zusätzlich ein Trenngewebe dazwischengelegt und mit aufgewickelt, um ein gegenseitiges Verkleben der Kaschiergewebebahnen untereinander zu vermeiden.
Auf der Basis dieser Überlegungen wurde die Kaschiermaschine mit folgenden Baugruppen konzipiert:
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Maschinengestell
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Bobinen für Kaschiergewebe
-Beleimwerke (Klebstoffauftragssysteme} mit Klebstoffaufbereitung und -Speicher
- Aufgabestation für das zu restaurierende Material
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Maschineile Papierspaitung
Abb. 57 Beschickung der Maschine erfolgt momentan rnanuell mit der Konsequenz, dafss nur zehn Prozent der Maschinenkapazität genutzt werden können
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Walzensystem mit Antrieb
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Trocknungsanlage (Zwangsbelüftung)
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Bobine für Trenngewebe
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Bobine für kaschiertes Material
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Steuer- und Bedieneinheit
Ais Maschinengestell wurde ein Rahmen aus Aluminiumprofil gewählt, an dem zwei planparallele senkrecht stehende Stahlplatten befestigt sind. Diese beiden Platten dienen zur Aufnahme und Befestigung aller Systemkomponenten sowie insbesondere zur Aufnahme der Lagerungen von Walzen und Bobinen. Durch die Verwendung zweier planparalleler Platten konnte eine einseitige Lagerung aller Walzen und Bobinen realisiert wer-
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Die Stabilisierung von Papier
Abb. 58 Zusammenführen der Trägermateruiiien mit der, Originalen und der Eintauf in die Preßstation
den. Dies bringt den Vorteil, daß alle Systemkomponenten und Walzen von vorn zugänglich sind.
Bei der Konstruktion der Bobinen war unter anderem die Aufgabe zu lösen, einen geeigneten Einspannmechanismus für den Anfang der jeweiligen Bahnen zu entwickeln. Da die Bobinen universell für alle Arten von Bahnen (Kaschiermaterial, Kaschierverbund, gespaltene Papierhälften etc.) einsetzbar sein sollten, mußte der Einspannmechanismus so gestaltet sein, daß bei mehrlagigen Bahnen beim Einspannvorgang keine Verschiebung der Bahnschichten zueinander auftritt. Weiterhin wurde der Innenzylinder sowie die Stirnseiten der Bobinen aus Lochblech gefertigt, um einerseits beim späteren Ablösevorgang eine möglichst gute Durchspülung des aufgewickelten Materials zu erreichen und andererseits auch genügend Abzugsmöglichkeiten für den Austritt von Feuchtigkeit beim Trocknungsvorgang bei aufgewickelten Bahnen zu schaffen.
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Maschinelle Papierspaltung
Abb. 59 Steuer-- und Bedieneinheit
Bei der Planung des Klebstoffaufbereitungssystems mußte berücksichtigt werden, daß für den Klebstoff eine Verarbeitungstemperatur von 70° C erforderlich ist. Sowohl zu niedrige als auch zu hohe Temperaturen führen zu Beeinträchtigungen der Klebeeigenschaften bis hin zur vollständigen Zerstörung des Klebstoffs. Um eine zuverlässige Temperierung zu erreichen, wurde der Klebstoffspeicher mit einem warmwasserbeheizten Doppelmantel ausgestattet.
Die Förderleitungen für den Klebstoff vom Speicher zu den Beleimwer-ken und wieder zurück wurden als Heizschläuche, also als Kunststoffschläuche mit geregelter elektrischer Oberflächenbeheizung ausgeführt. Um eine gute Durchmischung und eine gleichmäßige Ternperaturverteiiung im Klebstoff zu erreichen, wird dieser mit einer Membranpumpe sowohl innerhalb des Speichers als auch in den Verbindungsleitungen zu den Beleimwerken ständig umgewälzt.
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Die Stabilisierung von Papier
Der Klebstoffauftrag auf die Kaschierbahnen erfolgt über Beleimwerke, wobei durch entsprechende Spalteinstellung zwischen den Leimwerkswal-zen die Schichtdicke des auf die Bahn aufgetragenen Klebstoffs eingestellt werden kann.
Der Antrieb des Walzensystems wurde so gestaltet, daß durch eine Kombination von angetriebenen, freilaufenden und gebremsten Walzen, die durch eine elektronische Steuerung gekoppelt sind, eine konstante Bahnspannung eingestellt und während des Betriebs aufrechterhalten werden kann.
Die Steuer- und Bedieneinheit wurde so konzipiert, daß sowohl eine manuelle Bedienung als auch der Ablauf automatischer Programme möglich ist. In einem zentralen Schaltpult wurden alle Steuer-, Regel- und Anzeigegeräte zusammengefaßt, wobei die Kopplung dieser Geräte über eine speicherprogrammierbare Steuerung (SPS) erfolgt. In dieser Steuerung sind auch einzelne Funktionen aus sicherheitstechnischen Gründen blockiert.
Der manuelle Betrieb der Anlage wurde vorgesehen, um beispielsweise neue Kaschiermaterialbahnen einzulegen oder um neue Verfahrensbedingungen oder Betriebszustände zu erproben. Der eigentliche Kaschiervorgang erfolgt üblicherweise mit automatischem Programmablauf. Die für den automatischen Betrieb erforderlichen Voraussetzungen wie Funktion und Sollwerteinhattung der Beheizungen, Mindestfülistand im Klebstoffspeicherbehälter etc. werden dabei von der zentralen Steuereinheit ständig überwacht.
Die wesentlichsten technischen Daten der Kaschiermaschine:
Arbeitsbreite 500 mm
Arbeitsgeschwindigkeit 0- 25 rn/min
Leistung des Hauptantriebs 2,7 kW
Durchmesser der Bobine 600mm
Maximales Gesamtgewicht der Bobine 200 kg
Bahnlänge pro Bobine (f. Filterpapierverbund} 250- 300m
Bahnlänge pro Bobine (b. Kunststoffvliesverbund} 350- 400m
Inhalt Gelatinevorratsbehälter 901
Heizleistung Gelatinevorratsbehälter 13,5 kW
Heizleistung Gelatineverarbeitung 4,4 kW
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Maschinelle Papierspalrung
Zuluft- und Abluftmenge der Trockenstrecke 1500 mVh
Heizleistung der Trockenstrecke 9,0 kW
Elektrischer Anschlußwert 35 kW/380 V
Druckluftbedarf mit min. 6,0 bar 150 l/min
Abmessung (LXBXH) 3500x180Qx2200mm
. Maschinengewicht ca. 2000 kg
Abb. 60 Prinizipskizze Spaltmaschine
Die Spaltmaschine
In der Spaltmaschine wird der in der Kaschiermaschine hergestellte dreila-gige Verbund in der Mitte gespalten. Zwischen diese beiden Hälften wird anschließend das Kernpapier eingebracht und mit den Originalpapierhälften verklebt.
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Die Stabilisierung von Papier
Abb. 61 Die Spaltmaschine im 'Zentrum für ßucherhaltung' in Leipzig
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Abb. 62 Die Spalteiheir, gekennzeichnet durch kurze und identische Transportwege zwischen Spalten und Zusammenfügen
Maschinelle Papierspultung
Beim manuellen Verfahren werden, beginnend an den Ecken, die beiden Kaschiermaterialien auseinandergezogen, und zwar soweit, bis das gesamte Papier gespalten ist und nur noch ein Streifen aus den zusammengeklebten Kaschierpapieren verbleibt. Dann werden die beiden Papierhälften mit Klebstoff bestachen und nach Einlegen eines Einzetbogeus Kernpapier wieder zusammengefügt. Durch den beim Spaltvorgang verbleibenden Streifen aus den zusammengeklebten Kaschierpapieren ist beim Zusammenfügen eine hohe Paßgenauigkeit gewährleistet, da dieser Streifen wie ein Scharnier wirkt. Der neu entstandene Verbund wird nun gepreßt. Für den automatisierten Spaltvorgang wurde der Verfahrensablauf so konzipiert, daß die in der Kaschiermaschine hergestellte und aufgewickelte Bahn als Bobine in die Blattspaltmaschine eingehängt wird. Dort wird die Bahn abgewickelt und der Spalteinrichtung zugeführt, während die dazwischen Hegende Trennfolie wieder aufgewickelt wird. An der Spalteinrichtung wird das zu restaurierende Materia! gespalten, indem die beiden Kaschierbahnen in exakt gleichem Winkel auseinandergezogen werden. Die dadurch freigelegten inneren Papierflächen werden über Beleimwerke geführt, mit denen der wasserlösliche Klebstoff aufgetragen wird. Zwischen beide Bahnen wird das Stützpapier, das ebenfalls in Rollenform eingesetzt wird, eingeführt. Der Anpreß- und Trocknungsvorgang erfolgt ähnlich wie bei der Kaschiermaschine über ein Walzensystem, wobei zur besseren Trocknung ebenfalls eine Zwangsbelüftung vorgesehen wird. Das restaurierte, noch kaschierte Material wird auf einer Bobine aufgewickelt, wobei zusätzlich ein grobes Trenngewebe als Zwischenlage mit aufgewickelt wird. Diese Zwischenlage als Option ist möglicherweise hilfreich bei weiterführenden Entwicklungen und auf die Nullserie beschränkt.
Abb. 63
Der Spahvorgang
teilt diie Originale
in Vorder- und Rückseite
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Die Stabilisierung von Papier
Abb. 64
Die gerrennten Bahnen werden mit Innenkiebstoff' beschichtet und mit dem Kernmaterial wieder zusammengeführt
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A'ob, 65 Die Preß- und Belüttuagsstation
Maschinelle Papierspaltung
Die Spaltmaschine wurde mit folgenden Baugruppen konzipiert:
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Maschinengestell
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Bobine für kaschiertes Material
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Bobine für Trenngewebe
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Spalteinrichtung
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Beleimwerke (Klebstoffauftragssystem) mit Klebstoffaufbereitung und
-Speicher
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Bobine für Stützpapier
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Walzensystem mit Antrieb
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Trocknungsanlage (Zwangsbelüftung)
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Bobine für restauriertes, kaschiertes Material
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Bobine für grobes Trenngewebe
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Steuer- und Bedieneinheit
Insbesondere der Vorgang des paßgenauen Zusammenfügens der gespaltenen Papierhälften stellte bei der Automatisierung des Spaltvorgangs ein größeres Problem dar, da die Papierhälften aufgrund der Verwendung von Rollen anstelle von Einzelbögen komplett voneinander getrennt werden und nicht wie beim manuellen Verfahren noch über ein 'Randscharnier' miteinander verbunden bleiben. Es war also erforderlich, die Papierhälften über exakt gleich lange Wege bis zur Zusammenfügung zu führen, und dabei jegliche seitliche Verschiebung beider Bahnen zueinander zu verhindern. Dies konnte dadurch realisiert werden, daß durch eine automatische Bahnkantensteuerung beide Bahnen exakt zueinander positioniert werden und bereits bei geringsten Abweichungen ein Positionsausgleich erfolgt. Weiterhin wurde, um einen axialen Versatz der beiden Bahnen zueinander zu vermeiden, die Bahnführung im Bereich der Spalteneinrichtung so gestaltet, daß beide Bahnen zwischen Spaltung und Zusammenführung exakt denselben Weg zurücklegen. Dies wird dadurch erreicht, daß die Walzen in diesem Bereich mit einem Präzisions-Versteilmechariismus ausgestattet sind, der eine Einstellung der Bahnwege im Zehntelmiilimeterbereich ermöglicht. Bei der Spalteinrichtung kann durch einen eigens dafür konstruierten Mechanismus mit variablen Umlenkkanten der Winkel und Radius beim Spalten in weiten Bereichen verstellt werden.
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Die Stabilisierung von Papier
Für das Walzensystem und dessen Antrieb wurden technische Lösungen gewählt, die sich bereits bei der Kaschiermaschme bewährt hatten.
Das Maschinengesreü und die Bobinen wurden in gleicher Art wie bei der Kaschiermaschine konstruiert. Ebenso konnte bei der Klebstoffaufbereitung, beim Klebstoffauftragssystem und bei der Trocknung auf die für die Kaschieranlage entwickelte Technik zurückgegriffen werden.
Die Steuer- und Bedieneinheit wurde bei der Kaschiermaschine sowohl für manuellen als auch für automatischen Betrieb konzipiert. Die wesentlichsten technischen Daten der Spaltmaschine:
Arbeitsbreite 500 mm
Arbeitsgeschwindigkeit 0- 25 m/min
Leistung des Hauptantriebs 2,7 kW
Durchmesser der Bobine 600 mm
Maximales Gesamtgewicht der Bobine 200 kg
Bahnlänge pro Bobine (f. Filterpapierverbund) 250- 300 m
Bahnlänge pro Bobine ib. Kunststoffvliesverbund} 350- 400 m
Inhalt Kaltleimvorratsbehälter 901
Durchmesser der Spannwelle für Kernpapier 70 mm
Zuluft- und Abluftmenge der Trockenstrecke 1500 m3/h
Heizleistung der Trockenstrecke 9,0 kW
Elektrischer Anschlußwert 17 kW/380 V
Druckluftbedarf mit min. 6,0 bar 150 i/min
Abmessung (LxBxH) 4000X1800X2200 mm
Maschinengewicht ca. 2500kg
Die Erprobungsphase der Spaltanlage brachte bisher eine Reihe von Erkenntnissen. Die wesentlichste Erfahrung besteht in der Bestätigung der Quantitäts- und Qualitätsprognosen. Die Kapazitätssteigerung um den Faktor 10 gegenüber dem manuellen Verfahren wurde nachgewiesen. Die Qualität der behandelten Behälter entspricht in vollem Umfang den Qualitäten der manuellen Praxis. Beim Kerneinfügen ist der maschinelle Ablauf
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Das Prinzip der Angußverfahren
überlegen, weil das Kernmaterial völlig spannungsfrei eingearbeitet wird. Bei der Optimierung der Spaltantage sollten folgende Details überarbeitet werden:
-
Montage einer Tänzerwalze zwischen Kaschier- und Spaltmaschine, um
den Synchronbetrieb abzusichern.
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Umrüstung der Zusammenführwalzen auf das Prinzip der Preßwalzen.
Dadurch wird die Verteilung der Klebstoffe im Verbund optimal mög
lich.
-
Optimierung der Steuerung für die Becken- und Schlauchheizung, um
die Anfahrphase zeitunabhängig gestalten zu können.
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Überarbeitung der Leimwerke mit dem Ziel, die Dosierung der Kleb
stoffe sensibler zu gestalten.
-
Überarbeitung der Bahnzusammenführung der Spaltmaschine mit dem
Ziel, den Einsatz der Spaltmaschine auf unterschiedliche Materialgrup
pen und Schadensbilder auszuweiten.
Die aufgeführten Veränderungen erscheinen leicht realisierbar, zumal sich der notwendige technische Aufwand und die Kosten in engen Grenzen bewegen.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß der Prototyp der Spaltanlage in der vorgestellten Ausführung der Bearbeitung holzschtiffhaltiger, industriell produzierter Papiere gerecht wird.
Das Prinzip der Angußverfahren
Die Festigkeit des Papiers entsteht, wenn man von der Beschaffenheit des Fasermaterials einmal absieht, durch die Verfilzung der Fasern untereinander, durch die Adhäsion zwischen den Fasern, durch die Ausbildung der Faser-Faser-Bindung, ohne daß dabei Bindemittel oder Leimungsvorgänge beteiligt sind. Diese, die normale Blattbildung betreffenden Vorgänge bilden den gedanklichen Flintergrund für das Prinzip des Anfaserns.
Das Prinzip der Anfaserung zur Ergänzung von Fehlstellen mit Fasersuspension führt zu optisch einwandfreien Ergebnissen, Durch die Verwen-
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Die Stabilisierung von Papier
Abb. 66 Prinzipskizze Einzelbiactanfasergerät nach Per Laursen
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Abb. 67 Prinzipskizze Langsiebanfasermaschine nach Per Laursen
Das Prinzip der Angußverf'ahren
düng von wesensgleichem Material kann eine hohe Altersbeständigkeit erwartet werden, wenn die Entsäuerung und Pufferung gewährleistet ist sowie geeignete nichtflüchtige Konservierungsmittel zugefügt werden. Die angestrebte Faser-zu-Faser-Bindung im Sinn einer homogenen Einheit zwischen Anguß und Original oder gar die Ausbildung von Wasserstoffbrük-ken ist nicht realisierbar.
Der theoretischen Möglichkeit der Ausbildung von Wasserstoffbrücken steht in der Praxis die Beschaffenheit der Rißstelle oder der Grenzlinie der Fehlstelle entgegen.
Wasserstoffbrückenbindungen bilden sich bei frisch gemahlenen Stoffen bei entsprechender Annäherung der bindungsfähigen Zonen aus. Die Ausbildung kann durch die Anwendung von Druck und erhöhter Temperatur intensiviert werden. Im Original liegen die Fasern in einer gealterten Form, sozusagen verhornt vor. Dieser Zustand kann nicht in die notwendige bindungsfähige Form überführt werden, denn am Original kann kein der Mahlung der Fasern vergleichbarer Vorgang erfolgen. Bei alten Papieren, die vor der Einführung des Holländers hergestellt wurden, wirkt dieser Umstand weiterhin erschwerend auf die erneute Ausbildung von Wasserstoffbrücken zwischen Original und Anguß ein. Liegen holzschliffhaltige Papiere vor, wird die Ausbildung von Wasserstoffbrücken durch die Li-gninhülie der Fasern behindert. Insgesamt kann vermutet werden, daß zwischen Anguß und Original Wasserstoffbrückenbindungen nicht auszuschließen sind, allerdings in beschränkter, nicht festigkeitsrelevanter Anzahl.
Die Praxiserfahrungen zeigen beim gegenwärtigen Stand der Papieranfa-serung in den Grenzzonen differenzierte Festigkeiten. Daraus resultiert eine begrenzte mechanische Belastbarkeit. Der Halt zwischen Original und Anguß entsteht durch die Überlappung von Fasern, was in aller Deutlichkeit bei glatten Fehlstelienrändern (Schnittkanten, Wurmlöcher) sichtbar wird.
Auf ein wasserdurchlässiges Material, der Schöpf form der Papiermacher vergleichbar, wird das beschädigte Blatt aufgelegt. Über dem Blatt wird die stark verdünnte Fasermasse angeordnet, die durch das Sieb nach unten gesaugt wird. Das aufgelegte Blatt bildet für den Faserstrom ein Hindernis, so daß sich die einzelnen Papierfasern nur an den Stellen des Siebes absetzen können, wo kein Hindernis die Strömung beeinflußt. Die Fehlstellen des Blattes und alle freiliegenden Siebceile werden mit verfilzten Fasern,
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Die Stabilisierung von Papier
also mir neuem Papier bedeckt sein, wenn die Faserflüssigkeit das Sieb passiert hat. Die Funktion dieses Prinzips wird in der Praxis von verschiedenen Größen, wie Siebart, Faserzustand, Größe des Vakuums usw. beeinflußt.
Unmittelbar nach der Anfaserung gilt es, die sehr wasserhaltige und sehr labile Kombination Original-Anguß zu stabilisieren. Unabhängig davon, ob eine Nachleimung erfolgt oder nicht, ist dem Trocknungsprozeß eine qualitätsbestimmende Bedeutung zuzuordnen. Notwendigerweise erfolgt die Trocknung unter Druck. An dieser Stelle sei es gestattet, zum wiederholten Male darauf hinzuweisen, daß Preßvorgänge in der Papierrestaurierung während der letzten Jahre einer stetigen Reduzierung unterzogen waren und gegenwärtig sehr differenziert gehandhabt werden.
Der Trocknungsprozeß frisch angefaserter Blätter muß unter folgenden Zielstellungen erfolgen:
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Vermeidung der Ausbildung von Spannungen zwischen alten und neuen
Blatrbereichen
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Erhaltung der originalen Texturen
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Egalisierung der optischen Unterschiede zwischen Original und Anguß.
Unter Praxisbedingungen werden die angefaserten Blätter zwischen zwei Polypropylenvliesen und Holzpappen gestapelt und eingepreßt. Die verwendeten Vliesmaterialien besitzen die Eigenschaft, innerhalb ihres Fasermaterials Wasser transportieren zu können. Daraus resultiert, daß unterschiedliche Wassergehalte im Preßgut vereinheitlicht werden. Da die Trocknung mit der Ausbildung von Spannungen einhergeht, wird eine zweite Eigenschaft der Vliesmaterialien interessant. Der Preßdruck im Stapel ist soweit abgemildert, daß die Blätter zwischen den Vliesen zwar plan liegen, aber trotzdem beweglich, den Dimensionsänderungen mit fortschreitender Trocknung folgen können. Völlig ausgeschlossen sind die Gefahr des Einebnens von Färb- oder Tintenschichten oder Veränderungen des originalen Erscheinungsbildes. Die Vliesmaterialien hinterlassen selbst keine Abdrücke oder fremde Strukturen, weil sie weich und in sich locker, dabei aber formstabil als Medium für den Wassertransport verantwortlich sind, ohne selbst Wasser aufnehmen zu können.
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Das Prinzip der Angußverfahren
Abb. 68 Langsiebanfasermaschine im 'Zentrum für Bucherhaltung' in Leipzig
Die Langsiebanfasermaschine
Aus einem Faserbehälter, in dem sich die Fasersuspension definierter Konzentration befindet, wird ein Kreislauf zum Stoffauflaufkasten hergestellt. Wie bei einer Papiermaschine bewegt sich ein endloses Sieb unter dem Stoffauflauf. Unter dem Sieb ist ein Sogkasten in Funktion, der das anfallende Wasser in den Faserbehälter zurückleitet und das neugebildete Papiervlies entwässert. Im Faserbehälter wird die Fasersuspension durch Pumpen im Kreislauf geführt, um ein Absetzen der Fasern zu vermeiden. Im Kreislauf befindet sich eine Lichtquelle mit gegenüberliegender Photozelle als Steuerelement für die Stärke der Anfaserung. Das Steuerelement setzt immer, wenn sich Konzentrationsveränderungen im Faserbehälter ergeben, eine Pumpe im Vorratsbehälter in Gang, die neue Fasern in den Faserbehälter pumpt.
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Die Stabilisierung von Papier
Abb. 6.9 Bück von der Anflageseile der Maschine
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Abb. 70 Bück auf die Abnahmeseite der Maschine
Das Prinzip der Angußverfahren
Abb. 71 Anfasereinheit mit iuftgelagenen Rollen
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Abb. 72 Kontinuierlich verlassen die angefaserten Blätter die Anfasereinheit
Do'stlaringiz bilan baham: |