Papierhersteiiung in Europa
Abb. ~ Die Gleismühle vor den Toren Nürnbergs
Qualität des europäischen Papiers eingeführt. Gegen Ende des 13. Jahrhunderts hatten die Papiermacher in Fabriano die Konkurrenz überflügelt. Diese Entwicklung war durch die Einführung von drei wesentlichen Veränderungen der Papierherstellung möglich. Die arabische Art der Zerkleinerung der Lumpen, mit Hilfe von Mörser und Stößel im Handbetrieb, wurde abgelöst durch die Übernahme der wasserkraftgetriebenen Stampt-werke, wie sie in anderen Gewerbezweigen schon üblich waren. Diese Art der Stoffaufbereitung erbrachte neben der quantitativen Steigerung an Ha-dernmasse auch eine Qualitätssteigerung durch die gleichmäßigere und feinere Faser. Die Leimung der Papiere mit tierischem Leim hatte sich Ende des 13 Jahrhunderts durchgesetzt und die arabische Stärkeleimung abgelöst. Der Schöpfvorgang mit der neuen starren Drahtform, die schneller entwässerte, machte die Übergabe an den Gautscher möglich und damit die Arbeitsteilung.
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Das Papier - ein historisch-technischer Abriß
Die neue Siebform machte auch eine Veränderung der Ablage des geschöpften Bogens notwendig. Die Einführung der Filze gestattete das Abnehmen des Blattes von der starren Form. Die abwechselnd gelegten Papierbogen und Filze wurden im Stapel ausgepreßt und dann auseinander gelegt. Dadurch wurde eine dritte Tätigkeit notwendig - die des Legers. Die Veränderung des Produktionsinstrumentes Sieb gestaltete den gesamten Herstellungsprozeß um. Die Möglichkeit, an dem starren Sieb das Wasserzeichen anzubringen - als Qualitäts- oder Fabrikationszeichen -, gestattet die Zuordnung des Fertigproduktes an einen Hersteller. Diese Markierung spiegelt Produktionsverhältnisse einer ausgeprägten Warenproduktion wider.
Die alte italienische Papiermacherei weist nicht nur technische Fortschritte gegenüber der arabischen auf, sondern in ihr bilden sich neue ökonomische Verhältnisse aus, die den Produktionsverhältnissen jener Zeit entsprachen und eine Weiterentwicklung der Papierherstellung anzeigten.
Das europäische Papier des 13. und 14. Jahrhunderts hatte die Mängel des arabischen Papiers nicht mehr. Die bessere Stoffaufbereitung, die tierische Leimung und die ökonomischere Schöpfweise führten zu besseren Qualitäten und größeren Mengen Papier, das nun den Anforderungen als Beschreibstoff besser entsprach.
Die Einführung der Papierherstellung in Deutschland
Die erste deutsche Papiermühle, belegt durch die Familienchronik des Handels- und Ratsherrn Ulman Stromer, wurde 1390 in Nürnberg gegründet. Mit der Papierherstellung war, ausgehend vom technischen und ökonomischen Niveau der italienischen Papiermacherei, auch in Deutschland von Anfang an die Entwicklung frühkapitalistischer Produktionsverhältnisse verbunden. Die Herstellungstechnik erforderte ein hohes Anlagen-und Betriebskapital, über das der Papiermacher in der Regel nicht verfügte. Als Geldgeber traten Großkaufleute wie Ulman Stromer, Conrad Wirt in Ravensburg und andere auf, die einen Teil ihres Handelskapitals in gewerbliches Kapital umwandelten.
Die Erwartung des Gewinns, den der Vertrieb des im eigenen Land erzeugten Papiers erbrachte - Papier war von Anfang an Fernhandelsware -, wurde zur Triebkraft der Entwicklung. Wesentlich war die ökonomische
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Papierherstellung in Deutschland
Abhängigkeit der Papiermacher vom Handelskapital. Darin unterscheidet sich das Gewerbe der Papiermacher von den für diese Zeit typischen Formen der Warenproduktion des in Zünften organisierten Handwerks. Das Zentrum der frühen deutschen Papierherstellung bildete sich im oberdeutschen Raum zwischen Donau, Lech und Bodensee aus, weil hier die Leinwandproduktion im 14. und 15. Jahrhundert blühte, und damit das Rohstoffaufkommen für die Papierherstellung gesichert war. Die Papiermühlen von Kempten, Ravensburg, Augsburg, Memmingen waren bis zum 16.Jahrhundert führende Papierhersteiler. In der Regel wurden in den Papiermühlen je nach der Rohstoffqualität zwei Sorten Papier gemacht. Aus den feineren weißen Lumpen wurde Kanzleipapier, aus den geringeren weißen Lumpen Konzeptpapier hergestellt. Die Lumpensammler, deren Tätigkeit zu dieser Zeit aufgrund der nicht sehr großen Anzahl von Papiermühlen noch nicht konzessioniert war, brachten die Lumpen zur Mühle, wo sie sortiert, gereinigt und zerkleinert wurden. Nach den Geschichts-quellen wurde die Reinigung nur durch Waschen der Lumpen in Wasser erzielt. Die in manchen Darstellungen erwähnte Verwendung von Laugen, Seifen und Kalk ist zeitlich und territorial nicht belegt. In einem sich anschließenden Faulprozeß wurden die Fasern gelockert und darauf im Stampfgeschirr aus ihren textilen Verband separiert. Das Stampfwerk bestand aus großen, durch Wasserkraft angetriebenen Balken, an deren vorderen Enden die eisenbewehrten Stampfen im Takt der Nockenwelle angehoben wurden, um dann auf die Lumpen, die im Löcherbaum lagern, herabzufallen. Der Löcherbaum wurde aus einem dicken Baumstamm dergestalt hergestellt, daß mehrere große trogähnliche Löcher, die untereinander verbunden waren, die Lumpen aufnahmen und der ganze Löcherbaum von Wasser durch-flössen werden konnte. Die Anzahl der Stampflöcher je Löcherbaum schwankt nach Angaben zwischen dem 16. -18. Jahrhundert zwischen 3 und 21. Die Zahl der Stampfen pro Loch hat zwei bis sechs betragen. Da die Zahl der Stampflöcher und die Zahl der Stampfen pro Loch die Kapazität der Lumpenaufbereitung bestimmen, muß man für die Frühzeir der Papierherstellung niedrige Loch- und Stampfzahlen annehmen. Im Stampfgeschirr wurden die Lumpen im Verlauf von 12 bis 14 Stunden zu Halbzeug zerstampft und in einem zweiten, kürzeren Stampfprozeß zu gleichmäßigen Fasern, dem Ganzzeug, verarbeitet. Der Ganzzeugkasten diente zur Aufbewahrung des Materials bis zur Verarbeitung in der Schöpfbütte. Die Schöpfbütte, ein etwa meterhohes Holzfaß mit breitem Holzrand,
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Das Papier - ein historisch-technischer Abriß
Abb. 3 Das Scampfvverk mit Löcherbaum
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Papierherstellung in Deutschland
Abb. 4 Die Schöpfbütte mit Büttgeselle, Gautscher und Leger
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Das Papier - ein historisch-technischer Abriß
Abb. 5 Das Schöpfsieb als starre Drahtform mit Rippen und Stegen
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Papierhersteilung in Deutschland
Fig.1
Abb. 6 Der Trockenboden
der Traufe, war im unteren Teil mit einer kupfernen Blase versehen. Diese war von außen heizbar, damit sich die Papierfasern in der erwärmten Aufschwemmung in der Schwebe hielten. Die gleichmäßige Faserverteilung in der Bütte wurde durch ständiges Rühren erzielt.
Das Schöpfsieb besteht aus einem hölzernen Rahmen, in den die parallel liegenden Bronzedrähre eingesetzt sind, die ein Sieb bilden und sich am fertigen Blatt als Rippen markieren. Diese Bronzedrähte werden von Holzstegen gestützt. Über den Stegen liegen die Bodendrähte auf dem Sieb, die im-Papier die Stege ergeben. Mit feinen Näh- oder Bindedrähten wurden die Siebdrähte mit den Bodendrähten verbunden. Zu je einem Formenpaar gehört ein offener Holzrahmen, der Deckel, dessen Höhe die aufgenommene Stoffmenge bestimmt.
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Das Papier - ein historisch-technischer Abriß
Abb. 7 Das Glätten der Bogen mit dem Achatstein
Der Büttgeselle taucht das Schöpfsieb in die Bütte ein und schöpft die Form voll Papierbrei. Durch das Schütteln der Form über der Bütte verfilzen die Fasern und bilden unter gleichzeitigem Entwässern das Papierblatt. Der Büttgeselle übergibt die Form nach Abnahme des Deckels dem Gaut-scher, der die Form mit dem aufliegenden nassen Blatt nach unten auf einen Filz drückt. Die geleerte Form wurde vom Gautscher auf den Steg der Bütte zurückgelegt. In der Zwischenzeit hatte der Büttgeselle mit der zweiten Form ein weiteres Blatt geschöpft, und der Gautscher übernahm es wieder auf den Stoß. Dieser Stoss, es wurden abwechselnd Papierblatt und Filz gestapelt, wurde ´Pauscht' genannt, wenn zwischen 182 Filzen 181 Blatt Papier lagen, kam zum Auspressen in eine Spindelpresse. Der dritte Papiermacher, der Leger, entnahm den Filzen die Papierblätter, stapelte sie
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Papierherstellung in Deutschland
aufeinander und preßte sie nochmals aus. Anschließend wurden die Bogen auf dem Boden der Papiermühle oder in Trockenscheunen auf Seilen zum
Trocknen aufgehängt.
Nach dem Trocknen erfolgte die Leimung der Bogen durch Eintauchen in Leimwasser. Der Leim wurde in der Papiermühle aus Knochen und Gerbereiabfällen selbst gekocht. Das Papier war nun tintenfest, und nach dem Glätten der Bogen von Hand mit Hilfe eines Achatsteines folgte das Sortieren, Zählen, Falzen und Abpacken, 24 Bogen wurden zu einem Buch, 20 Buch zu einem Ries und 10 Ries zu einem Ballen verpackt.
Die Qualität des Beschreibstoffes Papier aus der Zeit der frühen deutschen Papiermacherei erreichte ein hohes Niveau. Die hohe Alterungsbeständigkeit und die große mechanische Festigkeit sind auf das Zusammentreffen unterschiedlicher Faktoren zurückzuführen. Die Aufbereitung des Rohstoffes zur Faser geschah in einer Form der Separierung, welche die Einzelfaser weitestgehend schonte und in ihrem natürlichen Zustand erhielt. Die Möglichkeit der Faserbeschädigung bestand nur, wenn der Faulprozeß über Gebühr ausgedehnt wurde. Die Benutzung von Lauge (Pottasche), Seifen und Kalk zur Reinigung und Aufbereitung der Faser ist zeitlich nicht zu belegen. Die Vermutung, daß man nach Wegen zur Abkürzung des schwer kontrollierbaren und übelriechenden Faulprozesses suchte und dazu die schon bekannten Wirkungen von Lauge und Kalk ausnutzte, ist naheliegend. Heutigen Erkenntnissen entsprechend, ist die Anwendung dieser Substanzen einem alkalischen Aufschluß der Faser gleichzusetzen. Der zumindest im neutralen Bereich ausgeführte Aufschluß der Fasern im Verein mit der durch den Schöpfvorgang und die Blattbildung bedingten allseitigen Verfilzung der Fasern im fertigen Blatt sind für die mechanische Festigkeit und die lange Lebensdauer wesentliche Faktoren.
Das Wasser, für die Papier herstell ung die wichtigste Voraussetzung, beinhaltet unterschiedliche Mengen gelöster Mineralien, je nach geographischem Ursprung, Kalzium, das im Wasser neben Magnesium, Strontium und Barium häufigste gelöste Erdalkalimetall, bildet die Wasserhärte. Quellwasser und Flußwasser enthalten bis zu 0,2% feste Stoffe, hauptsächlich Kalzium und Magnesiumverbindungen. In der Papiermühle wurde das Wasser in seiner natürlichen Beschaffenheit verwendet. Die Inhaits-stoffe des Wassers kamen während des gesamten Herstellungsprozesses in Verbindung mit den Fasern. Spuren der Erdalkaliverbindungen sind in Papieren des 14. und 15. Jahrhunderts nachgewiesen. Über die positive
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Das Papier - ein historisch-technischer Abriß
Wirkung der Erdalkalien auf die Lebensdauer von Papier besteht heute eine einheitliche Auffassung.
Die Verwendung von tierischem Leim zur Erhöhung der Beschreib-barkeit stellt, nach neuen Erkenntnissen, gleichzeitig ein System mit der Eigenschaft dar, Schwankungen oder Veränderungen des pH-Wertes in bestimmten Grenzen aufzufangen. Die Zubereitung des Leimes in den Papiermühlen durch Kochen von Knochen und kalkhaltigen Gerbereiabfällen ergab einen zumindest säurefreien Leim, dessen Anwendung neben den physikalischen Komponenten (Tintenfestigkeit, Erhöhung der mechanischen Festigkeit) auch die erwähnten chemischen Zusammenhänge beinhaltet. Das könnte eine Erklärung dafür sein, daß Papiere aus der Frühzeit der Produktion auch heute noch stabil sind und pH-Werte um den Neutralpunkt haben.
Der Aufschwung der Papiermacherei in Deutschland bis zum 30jährigen Krieg
Die Erfindung des Buchdruckes und die Herausbildung eines umfangreichen Verwaltungsapparates der Städte und Feudalherren steigerte den Papierbedarf seit Ende des 15. Jahrhunderts. Die Anzahl der Papiermühlen in allen Teilen Deutschlands erhöhte sich beträchtlich. Die Steigerung der Papierproduktion hatte extensiven Charakter. Mit der engültigen Durchsetzung der Papiermacherei in Deutschland bildet sich ein relativ einheitlicher Typ der Papiermühlen heraus, der sich bis zur zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts nicht wesentlich verändert. Die Herausbildung von Handwerksgebräuchen der Papiermacher war Ausdruck des wachsenden Strebens der Papiermacher, sich mit ihrer gesellschaftlichen Situation zu anderen Gewerben und gegenüber den Betreibern der Mühlen auseinanderzusetzen. Daneben förderten die Gebräuche die Festigung des Gewerbes, die Beschränkung der Konkurrenz untereinander, und sie sicherten die Produktionsqualität. Die Arbeitsteilung war fortgeschritten und erlaubte die Differenzierung der Teilarbeiten nach Qualifikation. Die Vermischung trühkapitalistischer und handwerklicher Elemente verleiht den Produktionsverhältnissen jener Zeit einen Übergangscharakter.
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Papiermacherei in Deutschland bis zum 30jährigen Krieg
Abb. S Glätten und Sortieren
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Das Papier - ein historisch-technischer Abriß
Abb. 9 Der Glätthammer löst die Handarbeit ab
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Niedergang der Papierhersteliung im 17. Jahrhundert
Pergament als Beschreibstoff wurde vom Papier mehr und mehr verdrängt. Seit dem 16.Jahrhundert bemerken wir eine Differenzierung der Papiersorten. Neben dem bis dahin in zwei Qualitäten erzeugten Schreibpapier taucht das nur schwach geleimte Druckpapier auf. Dieses Papier war für den Druck günstig, da die Druckerschwärze besser angenommen wurde. Darüber hinaus wurde das Erzeugnis durch die Leimeinsparung billiger. Seit Anfang des 16. Jahrhunderts findet auch eine Erweiterung der Formate statt. Zur Sicherung des Rohstoffbedarfs werden den Papierrna-chern vom Feudalherren Lumpensammelmonopole für bestimmte Gebiete durch Privilegien garantiert. Die von den einzelnen Papiermühlen verpflichteten Lumpensammler sorgten für die Beschaffung des Rohstoffes. Als technische Neuerung im Herstellungsprozeß ist die Einführung des Glätthammers von Bedeutung. Dieser Glätthammer, erstmals 1541 in der Papiermühle von Hans Frey zu Altenburg bei Iglau (Jihlava) in Mähren verwendet, löste das Glätten des Papiers von Hand mit dem Achatstein ab. Neben der Erhöhung der Produktivität konnten nun zum Glätten auch ungelernte Kräfte eingesetzt werden. Ende des 16. Jahrhunderts gibt es die ersten Belege über die. Verwendung von Kalk im Produktionsprozeß.
Der Niedergang der Papierherstellung im 17. Jahr hundert
Die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts wird in Deutschland überschattet durch die Ereignisse und den Verlauf des 30jährigen Krieges. Seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts verstärkte sich der Rohstoffmangel. Die feudale Territorialordnung erwies sich immer mehr als Hemmnis der Entwicklung der Produktivkräfte. Am Beispiel der Entwicklung der Rohstoff -Situation werden die Widersprüche zwischen der Feudalordnung und den Produktivkräften deutlich sichtbar. Solange die Anzahl der Papiermühlen noch gering war, bot die Beschaffung der Lumpen keine Schwierigkeiten. Mit der Ausdehnung der Papiermacheret und ihrer Verbreitung über das ganze Land waren die Papiermacher auf die Rohstoffversorgung aus dem Herrschaftsgebiet desjenigen Feudalherren angewiesen, dessen Privileg sie erworben hatten. Niedrige Monopolpreise und die feudale Zersplitterung des Landes engten die Freizügigkeit des Handels mit Lumpen ein. Der Aufschwung der niederländischen Papierherstellung führte zur illegalen Ausfuhr beträchtlicher Mengen von Lumpen, die in Holland einen höheren
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Das Papier - ein historisch-technischer Abriß
Preis erzielten. Ausdruck der zunehmenden Schwierigkeiten des Rohstoffbezuges waren zahlreiche, in der papierhistorischen Literatur belegte Streitigkeiten, Prozesse und Scheltungen zwischen den Papiermachern.
Die in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts zu beobachtende Verschlechterung der Papierquaiität hat ihre Ursache zum einen in der schlechten Rohstoffsituation, zum anderen aber in der Einführung des Aluminiumsulfats (Alaun ist der in der Literatur oft benutzte, aber nicht exakte Begriff für Al(SO) in die Papierproduktion. Aluminiumsulfat wurde der traditionellen tierischen Leimlösung zugesetzt, um die Ober-flächenleimung wassertest zu machen. Damit werden mehr oder weniger (je nach der Menge des zugesetzten Al (SO) Sulfat-Ionen (SO) zu Säurebildern in Papier. In Originalrezepturen und in Kostenrechnungen von Papiermühlen um 1760 lesen wir, dal? zur Herstellung von 400 Zentnern handgeschöpftem Papier zwei Zentner Alaun eingesetzt wurden.
Der Aufschwung der Papiermacherei in Deutschland im 18.Jahrhundert
Im 18. Jahrhundert wurde die Produktionstechnik zur Papierhersteliung durch die Einführung des Lumpenschneiders und des Holländers verbessert. In Deutschland wurde der erste Holländer 1718 in der Papiermühle in Remse bei Glauchau in Betrieb genommen. Im Holländer erfolgt die Separierung der Fasern durch Schneiden und Quetschen der Lumpen, die das Mahlwerk des Holländers kontinuierlich passieren, bis das Halbzeug, oder im zweiten Mahlgang das Ganzzeug, die notwendige Qualität erreicht hat. Der Lumpenschneider zerkleinert die Lumpen mit Hilfe eines mechanisch angetriebenen Messerwerkes. Holländer und Lumpenschneider gestatten eine Erhöhung der Ganzzeugproduktion, für deren Weiterverarbeitung eine größere Anzahl von Schöpfbütten notwendig wird. Bis zur Mitte des l8. Jahrhunderts werden die Stampfwerke neben den Holländern betrieben, bis sich die neue Produktionstechnik endgültig durchsetzt. Der seit dem 16.Jahrhundert relativ einheitlich ausgebildete Typ der Papiermühlen verändert sich unter den verstärkten Tendenzen der Herausbildung kapitalistischer Produktionsverhältnisse und führt in einzelnen Fällen zu Papiermanufakturen mit mehreren Schöpfbütten. Die Bestrebungen, den Prozeß
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Papiermacherei in Deutschland im 18. Jahrhundert
Abb. 10 Der'Holländer' revolutioniert die Ganzzeugproduktion
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Das Papier - ein historisch-technischer Abriß
der Papierherstellung den gestiegenen Bedürfnissen anzupassen, fanden um die Jahrhundertwende mit der Erfindung der ersten Papiermaschine durch den Franzosen Luis-Nicholas Robert konkreten Ausdruck. Der Bedarf an Papier stieg seit der Mitte des 18. Jahrhunderts sprunghaft an.
Das erstarkende Bürgertum formierte sich. Gelehrte, Dichter und Musiker beteiligten sich an der Schaffung der Grundlagen der deutschen Natio-nalkuicur, die vom Bürgertum getragen wurde. Sie halfen mit, den Boden zu bereiten für den längst notwendigen Sturz der Feudalordnung und die Schaffung eines einheitlichen deutschen Nationalstaates. Die ansteigende Buchproduktion in Deutschland nach dem Verfall im 16. und 17. Jahrhundert spiegelt die geistige Auseinandersetzung, die Ausbildung des Klassenbewußtseins der werdenden Bourgeoisie wider. Zwischen 1764 und 1865 verdreifachte sich die Anzahl der jährlich erscheinenden Buchtitel. Es entwickelten sich grosse Verlags- und Druckhäuser, wie die von Breitkopf, Göschen, Unger und Cotta.
Der Beginn der technischen Entwicklung zur Papierindustrie
Der Bau von Papiermaschinen zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde in England zuerst nach den Plänen Roberts, etwas später aber unter Leitung des Technikers Donkin nach Plänen der Gebrüder Fourdrinier vorangetrieben. Donkin baute 1829 auch die erste Trockenpartie mit dampfbeheizten Zylindern. Mit diesen Maschinen war die Herstellung von Papier kontinuierlich möglich, auch wenn die zunächst noch fehlende Trockeneinrichtung das Zerschneiden des erzeugten Papierbandes in Bogen erforderlich machte. Die Bogen wurden wie bisher getrocknet, geleimt und geglättet.
Eine weitere bedeutsame Erfindung wurde 1807 von Moritz Friedrich Illig veröffentlicht: das Prinzip der inneren Leimung von Papier mit Hilfe von Harzseifen und Aluminiumsulfat. Dieses Verfahren gestattete, das Ganzzeug mit dem Harzleim zu vermischen und mit Aluminiumsulfat eine Reaktion zur Fixierung des Leimes an der Faser auszulösen. Damit wurde das aufwendige nachträgliche Leimen der Blätter überflüssig. Mit der Einführung der Papiermaschine erhielt dieses Verfahren ausschlaggebende Bedeutung. Es war eine Voraussetzung für die rentable, durchgängige Anwendung der Papiermaschine. 1840 zählte man in England 250 Papiermaschinen, in Frank-
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Technische Entwicklung zur Papierindustrie
reich produzierten 125, und in Deutschland waren 25 Maschinen in Betrieb. Diese Zahlen widerspiegeln die gesellschaftliche Situation jener Zeit ausgezeichnet. In England, dem Ausgangsland der industriellen Revolution, hatten sich liberale kapitalistische Produktionsverhältnisse am ehesten durchgesetzt. In Frankreich führte die bürgerliche Revolution später zum Sieg der kapitalistischen Produktionsverhältnisse als in England. Die kleinstaatliche Zersplitterung Deutschlands hemmte den gesellschaftlichen Fortschritt dermaßen, daß man erst zu Beginn der 30er Jahre vom Beginn der industriellen Revolution sprechen kann. In Deutschland begann Jakob Oechelhäuser 1824 in Siegen mit dem Papiermaschinenbau. Seine Maschine unterscheidet sich von der Donkin-Maschine durch den großen Abnahmefilz und die angetriebene Zentralwalze (Selbstabnahmemaschine).
Gustav Schäuffelen erbaute 1830 eine Maschine für einseitig glatte Papiere. Er begann mit der Herstellung von Metalltüchern.
Alle bisher erwähnten Papiermaschinen waren Langsiebrnaschinen. Die Entwicklung von Rundsiebmaschinen wurde 1805 von dem Engländer Bra-mah begonnen und 1830 von Dickinson betriebsfähig gemacht. Unabhängig davon konstruierte Ferdinand Leistenschneider 1814 eine Rundsiebmaschine in Deutschland, die 1830 durch Rieder in Mühlhausen verbessert und von der Firma Köchlin gebaut wurde. Adolf Keferstein nahm 1819 eine selbstgebaute Rundsiebmaschine in Weida in Betrieb. Der Übergang zur Maschinen-papierherstellung in Deutschland litt unter den Hemmnissen, die die industrielle Revolution allgemein verzögerten. Sie hatten ihre Wurzeln in der stagnierenden politischen und ökonomischen Situation in Deutschland. Das feudale Erbe war noch nicht überwunden, ein nationaler Markt fehlte, und die mangelhaften Verkehrsbedingungen behinderten die Handelstätigkeit. So setzten sich vollständig freie kapitalistische Produktionsverhältnisse erst im Verlaufe der industriellen Revolution in Deutschland ab 1840 durch.
Die neuen Produktionsinstrumente und Arbeitsverfahren veränderten die Papierherstellung qualitativ und quantitativ. Der Einsatz des Holländers zur Separierung der Fasern beinhaltete die Möglichkeit, die Fasern schneller zu gewinnen, aber auch die Deformierung oder Verkürzung durch die auftretenden Schneid- und Quetschvorgänge.
Die Massenleimung - EM. Illig veröffentlichte 1807 seine «Anleitung auf sichere, einfache und wohlfeile Art Papier in der Masse zu leimen» -wird auch gegenwärtig noch nach den von Illig entwickelten Prinzipien durchgeführt. Zur Erklärung der chemischen Vorgänge der Leimung wur-
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Das Papier - ein historisch-technischer Abriß
den nacheinander verschiedene Theorien entsprechend dem jeweiligen Erkennmisstand entwickelt. Reduziert man die komplizierten chemischen Vorgänge während der Massenleimung auf Wesentliches, so kann man den Prozeß folgendermaßen verdeutlichen. Dem Papierstoff im Holländer wird das verseifte Harz (Ausgangsprodukte sind Kolophonium und Natronlauge bzw. Soda) zugesetzt. Das verseifte Harz dissoziiert im Holländer und spaltet Harzsäure ab
C9H29COONa -> C]9H29COOH + NaOH
harzsaures Natrium Freiharz Natronlauge.
Danach erfolgt die Zugabe von Aluminiumsulfat in den Holländer. Bei der Annahme der Bildung von Aluminiumtriresinat durch die Fällung mit Aluminiumsulfat im Holländer findet die hydrolytische Spaltung infolge der erforderlichen höheren Temperaturen erst auf der Trockenpartie statt, nach der Gleichung:
(C,9H29COO}3A1 -» 3C19H29COOH + Al(OH)3
harzsaures Aluminium Freiharz Aluminiumhydroxid.
Das auf diese Weise oder durch die hydrolytische Spaltung des Aluminiumsulfats nach der Gleichung:
A12(SO4)3 -t- 6 H2O -» 2Ai(OH)3 + 3 H2SO4
gebildete Aluminiumhydroxid ist elektrostatisch positiv geladen und bewirkt durch Umhüllung der elektrostatisch negativ geladenen Harzteilchen deren Bindung an die ebenfalls elektrostatisch negativ geladenen Fasern. Die Harztetlchen besitzen runde Form und sind gleichmäßig auf allen Papierfasern verteilt. Durch die Frittung (Erhärtung der Harzteilchen durch die hohen Temperaturen der Trockenpartie) verbinden sich die Harzteilchen fest mit den Fibrillen der Fasern. Der Prozeß der Massenleimung funktioniert bei pH-Werten um 4,5. Die bei der hydrolytischen Spaltung des Aluminiumsulfats entstandene Schwefelsäure versetzt den Ganz-
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Technische Entwicklung zur Papierindustrie
stoff in das saure Medium, das für eine gute Führung der Papierbahn durch die Papiermaschine von Bedeutung ist. Die Verwendung von Aluminiumsulfat ist einerseits für die Erzielung des Leimungseffektes notwendig, andererseits verbleiben durch die erforderliche Überdosierung von Aluminiumsulfat Säurereste im Papier.
In den vergangenen Jahrzehnten hat sich die Anwendung von Natrium-aluminat in der Papierindustrie durchgesetzt, womit Aluminium-Sulfat teilweise ersetzt werden kann. Diese Form der Masseleimung wird bei höheren pH-Werten durchgeführt. Die Säurereste im Papier entfalten im Verlauf der natürlichen Alterung je nach den Umweltbedingungen (Temperatur und Luftfeuchtigkeit) den Prozeß der Faserschädigung und damit die Beeinträchtigung und Verminderung der physikalischen und chemischen Parameter.
Barrows Reihenuntersuchung der pH-Werte ergab, daß 95% der untersuchten Papiere des 19. Jahrhunderts säurehalriger als wünschenswert sind.
Der Blattbildungsprozeß auf der Papiermaschine unterscheidet sich von der Blattbildung beim Schöpfen mit dem Sieb. Während sich die Fasern beim Schöpfen mit der Hand durch die typische Bewegung nach allen Seiten verfilzen (keine Laufrichtung), sind die Fasern auf der Papiermaschine ausgerichtet (Entstehung der Laufrichtung). In der Laufrichtung ist der Einreißwiderstand geringer als quer zur Laufrichtung.
Im Jahre 1774 führte der schwedische Chemiker Karl Wilhelm Scheele ein folgenschweres Experiment durch. Als er Salzsäure auf das Mineral Braunstein (Mangandioxid) einwirken ließ, stieg aus dem Glaskolben ein grünes Gas auf. Scheele war wohl der erste Mensch, der freies Chlor (Cl) zu Gesicht bekam. Das Gas fiel ihm sofort durch seine aggressiven Eigenschaften auf. Es zerstörte die Korken seiner Geräte, zerfraß die Metallteile und zersetzte Farbstoffe. Sein Zeitgenosse Lavoisier, der Begründer der modernen Chemie, bezeichnete das Chlor schon vor über 200 Jahren als das 'Gide par exellence' - als das Tötende schlechthin.
Die Arbeiten des Franzosen Berthollet ermöglichten nach 1785 die Einführung des ersten Chlorbleichverfahrens, die sogenannte 'alte Chlorgasbleiche'. Der Bleichvorgang wurde in Bleichkamrnern durchgeführt, wo der stark entwässerte, aber noch feuchte Stoff auf Holzrosten ausgebreitet wurde. Von oben wurde Chlorgas eingeführt, welches sich infolge seiner Schwere nach unten senkte und den feuchten Stoff bleichte. Nach 24 Stunden wurde der Stoff aus der Kammer entnommen und gewaschen, damit
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Das Papier - ein historisch-technischer Abriß
die als Nebenprodukt gebildete Salzsäure entfernt wurde. Diese gefährliche und nicht zuverlässige Bleichmethode wurde abgelöst von der Chlorkalkbleiche, nachdem 1799 Tenant festen Chlorkalk herstellen konnte, den man als 'festes Bleichpulver' bezeichnete. 1826 wies ein Papiermacher Kenntnisse der Chlorbleiche nach, als er zum Erwerb einer Konzession von der Hessischen Regierung eine Prüfung ablegen mußte. Die Prüfung bestand er mit Auszeichnung, «weil derartige Kenntnisse in Deutschland recht selten seien». Die Einführung von Chlorbleichverfahren in die Papierherstellung machte die Verwendung farbiger Lumpen zur Produktion weißer Papiere möglich. Die Chlorbleichverfahren, die nach und nach mehr vervollkommnet wurden, bergen aber die Gefahr in sich, daß freie Chloridionen im Papier zurückbleiben. Dadurch wird die Lebensdauer der Papiere negativ beeinflußt. Neben dieser Langzeitwirkung besteht die Möglichkeit der Faserschädigung während des Bleichvorganges.
Durch die Möglichkeit. Papier kontinuierlich maschinell herstellen zu können, und die insgesamt verbesserten Produktionsmöglichkeiten einerseits, und dem anwachsenden Papierbedarf, der aus den veränderten gesellschaftlichen Verhältnissen erwuchs, (Phase des Verlaufs der industriellen Revolution in Deutschland) ergab sich die Notwendigkeit einer Erweiterung der Rohstoffbasis. Die Rohstoffmisere auf der Basis der ausschließlichen Verwendung von Lumpen hatte schon im 18. Jahrhundert die Suche nach Austauschmaterialien zur Papierherstellung veranlaßt.
1730 wies der französische Naturforscher Reaumur auf die papierähnliche Beschaffenheit der Wespennester hin, deren Material aus feinsten Holzteilchen besteht. Von besonderer Bedeutung sind die Bemühungen von Jacob Christian Schaeffers, der zwischen 1765 und 1771 unter dem Titel »Versuche und Muster, ohne alle Lumpen oder doch mit einem geringen Zusatz derselben Papier zu machen», sechs Bände mit Mustern von Papier aus den verschiedensten Stoffen (Pappelwolle, Torf, Tannenzapfen usw.) veröffentlichte und damit bewies, daß die Lumpen zu ersetzen seien.
Eine weitere Möglichkeit, dem Hadernmangel abzuhelfen, zeigte 1774 der Göttinger Professor Justus Claproth in seiner Veröffentlichung «Eine Erfindung, aus gedrucktem Papier wiederum neues Papier zu machen und die Druckerfarbe völlig auszuwaschen». Neben den genannten gibt es viele andere Versuche, Papier ohne Lumpen herzustellen. Diese Bemühungen konnten aber zu ihrer Zeit nicht zum Erfolg führen, weil die technischen Möglichkeiten die Lösung der Probleme noch nicht erlaubten.
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Technische Entwicklung zur Papierindustrie
Abb. 11 Die Holzzeugmaschine nach dem Patent von Heinrich Voelter
Den Durchbruch erzielte nach vielen Versuchen Gottlob Friedrich Keller, der 1845 Papier aus von ihm erzeugten Holzschliff mit V, Hadernstoff herstellen ließ, welches zum Druck des Frankenberger Kreisblattes Verwendung fand. Heinrich Voelter, der die Bedeutung der Kellerschen Erfindung erkannte, drängte auf die Patentierung der Holzschliffherstellung. Nach Erteilung des Patentes 1847 forderte Voelter von Keller die Mitarbeit an der Weiterentwicklung der Holzpapierherstellung. Von einer weiteren Mitarbeit Kellers am Projekt des mechanischen Holzaufschlusses fehlt jedes Zeugnis. Nach der Übersiedlung Voelters nach Heidenheim arbeitete er mit J. M. Voith zusammen. 1852 wurde die erste Holzzeugmaschine, von Voelter konstruiert und von Voith gebaut, in Betrieb genommen.
Die erste holzschliffhaltigen Papiere waren mit starken Mängeln behaftet. Neben der geringen Festigkeit vergilbten die Papiere schon nach kurzer Zeit. Aus dem Bemühen, die Qualität des Holzschliffes durch Entfernen der Stoffe, die die Vergilbung hervorriefen, zu verbessern, entstanden die
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Die Papierindustrie im 20. Jahrhundert
Die Herstellung von Papier, die von Beginn an über viele Jahrhunderte hindurch als ein rein mechanischer Prozeß betrieben wurde, der die Gewinnung der Zellulosefasern aus Pflanzen und ihre Verfilzung in Form von Papierblättern umfaßte, ist in unserem Jahrhundert ein vorwiegend chemischer. Die Hauptmenge des Papierstoffes wird mit Chemikaiien produziert. Mit Chemikaiien wird der Stoff gebleicht. Chemikalien verleihen den Papieren hohe Trocken- und Naßfestigkeit, Opazität, machen es undurchlässig für Wasserdampf, Fette, Gerüche und vieles andere mehr. Die Bindung der Fasern untereinander, die jahrhundertelang als rein physikalische Erscheinung betrachtet wurde, wird heute mit größerer Berechtigung chemischen und elektrostatischen Prozessen zugeschrieben. Aus der Vielzahl der Daten zur Entwicklung der Papierherstellung im 20. Jahrhundert sollen einige wesentliche Erscheinungen benannt werden, die Auskunft geben können über die zukünftigen Tendenzen dieser Industrie.
Ausgehend von dem Bestreben, den Aufschluß der Fasern kontinuierlich zu gestalten, wurde am Ende des 19. Jahrhunderts in Amerika die Hydro-mühle patentiert, die dann in den 30er Jahren unseres Jahrhunderts den Holländer verdrängte.
In den 50er Jahren unseres Jahrhunderts begannen die Entwicklungen zu kontinuierlichen Zellstoffherstellungsverfahren. Der Kamyr-Kocher und seine Einführung in die Industrie waren bahnbrechend für weitere kontinuierliche Herstellungsverfahren, die es gestatten, den Zellstoff ökonomischer und hochwertiger herzustellen.
In den letzten Jahren stieg die Anwendung des Sulfitverfahrens zum Aufschluß des Holzes wieder stark an, nachdem das Sulfitverfahren schon zu Beginn unseres Jahrhunderts das beherrschende Verfahren war, aber später vom Sulfatverfahren verdrängt wurde. Die Vielzahl der Chemikalienrück-gewinnungsverfahren für die modernen Magnesium-Sulfitzellstoffverfahren gewinnen besonders unter dem Aspekt des Umweltschutzes an Interesse.
Durch die Chlorierung der phenolischen Ligninverbindungen entstehen mehr oder weniger giftige, erbgutschädigende und krebserzeugende Verbindungen bis hin zu den Dioxinen. Die Hauptmenge dieser Chlorphenole ist im Abwasser von Zellulosefabriken zu finden. Die Alternative heißt Sauerstoff bleiche, die zunehmend die Chlorbleiche verdrängt.
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Das Papier - ein historisch-technischer Abriß
Der Einsatz von Kunststoffen zur Veredelung der Papiere ist schon seit geraumer Zeit mit steigenden Tendenzen zu beobachten. Generell scheint die Verwendung der Kunststoffe in unterschiedlichen Bereichen der Papierherstellung, als Faser, als Leimungssystem, zur BeSchichtung oder als Bestandteil der Streichmasse, eine Entwicklungsrichtung zu sein, die die Universalität des Papieres weiter erhöht, die Herstellung des Papiers nach Maß erlaubt.
Neben diesen qualitativen Veränderungen ist die technische Entwicklung auf die ständige Erhöhung der Papiermaschinengeschwindigkeiten und der Arbeitsbreiten gerichtet. Die jüngere Vergangenheit der Papierindustrie wird durch die Forderungen nach alterungsbeständigen Papieren einerseits und der Ausweitung der Recyclingpapierproduktion andererseits geprägt. Alrerungsbeständige Papiere
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bestehen ganz oder jedenfalls weitgehend aus ligninfreien Faserstoffen,
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werden neutral geleimt, d.h. ohne die Verwendung von Aluminiumsulfat,
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enthalten Kalziumkarbonat als Puffer gegen Säure.
Man kann einschätzen, daß für höchstens 8-10% der Gesamtpapierpro-duktion das Qualitätsmerkmal alterungsbeständig überhaupt eine Rolle spielt. Seitens der Papierhersteller wird versichert, daß alterungsbeständige Papiere in der notwendigen Größenordnung schon heute lieferbar sind. In der Herstellung ist solches Papier grundsätzlich nicht teurer als sauer gefertigtes ohne Kalziumkarbonat.
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Von Schäden und ihren Ursachen
Die Arten der Schäden und ihre Erkennung
Am Beginn aller restauratorischen und konservatorischen Unternehmungen steht eine exakte Analyse des Zustandes des zu behandelnden Objektes. Das Ergebnis dieser Untersuchung bestimmt:
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die Wahl der Behandlungsmethode
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die zur Anwendung kommenden Materialien und Hilfsmittel
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den Gesamtaufwand (Zeit, Vorrichtungen, ästhetische Gesichtspunkte).
Die exakte Bestimmung des Zustandes und der Schadenslage des Arbeitsobjektes weisen den Weg zur optimalen Behandlung.
Chemische Schäden
Die Gesamtheit der Schäden, die durch chemische Reaktionen im umfassenden Sinn verursacht werden. Wir unterscheiden chemische Schaden, deren Ursache
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Reaktionen gesetzmäßig, langfristig ablaufender Prozesse natürlichen
Charakters sind.
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Reaktionen sind, die durch reaktionsfreudige Materialkomponenten
beschleunigt werden.
-
Reaktionen mit von außen eindringenden reaktionsfähigen Substanzen
sind.
Allen chemischen Schäden ist eine irreversible Veränderung der Materialstrukturen gemeinsam. Besonders bei chemischen Schäden können wir in den seltensten Fällen eindeutige Erscheinungsformen antreffen. Die unterschiedlichen Kategorien gehen ineinander über, summieren sich.
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Von Schäden und ihren Ursachen
Abb. l.~: Holzschliffhaltige. industriell und sauer erzeugte Papiere mit kurzer Lebensdamer
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Abb. 13) Holzschlithaltige Materialien altern unter konservatorisch Bessingungen beschleunigt
DieArten der Schaden und ihre- Erkennung
Abb. 14 Tinanfrass dieser Auspragung bedarf spezieller resrauratonscher Bearbeirung
Abb. 15 Wasserschaden mit nachtoldendem Mikrobendefall
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Von Schäden und ihren Ursachen
Alterung, Mikrobenbefall, Tinten- und Farbfraß sind die häufigsten Schadensbilder dieser Art. Je nach Ausprägung induzieren chemische Schäden restauratorische Maßnahmen mit grundsätzlichen Zielstellungen. Entsäuerung, Sterilisation, Komplexbildung, Reinigung, Gesamtstabilisierung als Eingriffe mit weitreichenden Konsequenzen stehen zur Verfügung.
Mechanische Schäden
Unter diesem Begriff fassen wir die Kategorie der Schäden zusammen, die sich 'physikalisch' manifestieren. Charakteristisch für diese Schadensart ist neben der örtlichen Begrenzung der Zerstörung das Fehlen von geschwächten Übergangszonen im Material. Grundsätzlich entstehen diese Schäden dann, wenn angreifende oder wirkende Kräfte größer sind als die der jeweils vorliegenden Materialkonstitution. Ursachen für mechanische Schäden können
Abb. 16 Mechanische Zerstörungen durch Kriegseinwirkungen
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a) in der Herstellung des Objektes
Die Arten der Schäden und ihre Erkennung
b) in der unsachgemäßen Benutzung
Abb. 17 Mechanischer Schaden durch heisse Bombensplitter. Die Schadensstelle ist stark verhornt.
c) in gewaltsamen Einwirkungen von außen begründet sein.
In der Praxis sind mechanische Schäden zumeist mit anderen Schadensbildern verbunden. Für die Beseitigung eindeutig mechanischer Schäden, Schäden ohne Veränderungen der Materialstruktur, eignen, sich die Papieran-faserungsmethoden. Insektenfraß, Nagerspuren, Vandalismus usw. als Schadensbilder sind typische Erscheinungsformen. Die Anfaserung gestattet die rationelle Bearbeitung bei quantitativen und qualitativen Ergebnissen, die von der zur Verfügung stehenden technischen Ausprägung abhängen. Tagesleistungen von über 1000 Blatt Sassen sich schon heute realisieren.
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Von Schäden und ihren Ursachen
Biologische Schäden
Sammelbegriff für Schadensbilder, deren Ursachen im Angriff unterschiedlicher lebender Organismen begründet sind.
Biologische Schäden unterscheiden sich in der Erscheinungsform und in der Auswirkung des Angriffs. Sie können als mechanische Schäden manifestiert sein oder den Charakter chemischer Schäden tragen. Die Ursachen für biologische Schäden finden sich im Angriff von
1. Mikroorganismen
-
Bakterien: Verursachen stockfleckartige, örtlich begrenzte Flecken (je
nach Erregertyp können auch Farbausscheidungen registriert werden) mit
dem enzymatischen Abbau der Originalsubstanz einhergehend.
-
Schimmelpilze: Stellen in der Praxis die häufigere Schadensursache
dar (bis heute über 300 unterschiedliche Spezies am Buch und Papier
nachgewiesen). Verursachen verschiedenfarbige großflächige Zerstörun
gen mit unterschiedlich starkem enzymatischen Abbau verschiedenartig
ster originaler Materialien.
2. Insekten
Verursachen je nach biologischer Spezies typische, unterschiedlich ge
formte Fraßstellen mit mechanischem Schadenscharakter. Dem Angriff der
Insekten unterliegen rast alle Materialien aus dem Gefüge von Buch und
Papier. '.
3. Nagetiere
Ratren und Mäuse als typische Vertreter der schadensverursachenden Nager richten besonders an den außenliegenden Partien der Objekte mechanische Zerstörungen durch Fraß- und Nagespuren an.
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Die Arten der Schaden und ihre Erkennung
Abb. 18 Mikrobiller Abbau der Zellulose im fortgeschrittenen Stadium
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