Wolfgang Wächter Bücher erhalten, pflegen und restaurieren


Papierhersteiiung in Europa



Download 3,11 Mb.
bet2/14
Sana23.06.2017
Hajmi3,11 Mb.
#13460
1   2   3   4   5   6   7   8   9   ...   14

Papierhersteiiung in Europa





Abb. ~ Die Gleismühle vor den Toren Nürnbergs

Qualität des europäischen Papiers eingeführt. Gegen Ende des 13. Jahrhun­derts hatten die Papiermacher in Fabriano die Konkurrenz überflügelt. Diese Entwicklung war durch die Einführung von drei wesentlichen Verän­derungen der Papierherstellung möglich. Die arabische Art der Zerkleine­rung der Lumpen, mit Hilfe von Mörser und Stößel im Handbetrieb, wurde abgelöst durch die Übernahme der wasserkraftgetriebenen Stampt-werke, wie sie in anderen Gewerbezweigen schon üblich waren. Diese Art der Stoffaufbereitung erbrachte neben der quantitativen Steigerung an Ha-dernmasse auch eine Qualitätssteigerung durch die gleichmäßigere und fei­nere Faser. Die Leimung der Papiere mit tierischem Leim hatte sich Ende des 13 Jahrhunderts durchgesetzt und die arabische Stärkeleimung ab­gelöst. Der Schöpfvorgang mit der neuen starren Drahtform, die schneller entwässerte, machte die Übergabe an den Gautscher möglich und damit die Arbeitsteilung.

13


Das Papier - ein historisch-technischer Abriß

Die neue Siebform machte auch eine Veränderung der Ablage des geschöpften Bogens notwendig. Die Einführung der Filze gestattete das Abnehmen des Blattes von der starren Form. Die abwechselnd gelegten Pa­pierbogen und Filze wurden im Stapel ausgepreßt und dann auseinander gelegt. Dadurch wurde eine dritte Tätigkeit notwendig - die des Legers. Die Veränderung des Produktionsinstrumentes Sieb gestaltete den gesam­ten Herstellungsprozeß um. Die Möglichkeit, an dem starren Sieb das Wasserzeichen anzubringen - als Qualitäts- oder Fabrikationszeichen -, gestattet die Zuordnung des Fertigproduktes an einen Hersteller. Diese Markierung spiegelt Produktionsverhältnisse einer ausgeprägten Waren­produktion wider.

Die alte italienische Papiermacherei weist nicht nur technische Fort­schritte gegenüber der arabischen auf, sondern in ihr bilden sich neue öko­nomische Verhältnisse aus, die den Produktionsverhältnissen jener Zeit entsprachen und eine Weiterentwicklung der Papierherstellung anzeigten.

Das europäische Papier des 13. und 14. Jahrhunderts hatte die Mängel des arabischen Papiers nicht mehr. Die bessere Stoffaufbereitung, die tieri­sche Leimung und die ökonomischere Schöpfweise führten zu besseren Qualitäten und größeren Mengen Papier, das nun den Anforderungen als Beschreibstoff besser entsprach.

Die Einführung der Papierherstellung in Deutschland

Die erste deutsche Papiermühle, belegt durch die Familienchronik des Handels- und Ratsherrn Ulman Stromer, wurde 1390 in Nürnberg gegrün­det. Mit der Papierherstellung war, ausgehend vom technischen und öko­nomischen Niveau der italienischen Papiermacherei, auch in Deutschland von Anfang an die Entwicklung frühkapitalistischer Produktionsverhält­nisse verbunden. Die Herstellungstechnik erforderte ein hohes Anlagen-und Betriebskapital, über das der Papiermacher in der Regel nicht ver­fügte. Als Geldgeber traten Großkaufleute wie Ulman Stromer, Conrad Wirt in Ravensburg und andere auf, die einen Teil ihres Handelskapitals in gewerbliches Kapital umwandelten.

Die Erwartung des Gewinns, den der Vertrieb des im eigenen Land er­zeugten Papiers erbrachte - Papier war von Anfang an Fernhandelsware -, wurde zur Triebkraft der Entwicklung. Wesentlich war die ökonomische

14

Papierherstellung in Deutschland



Abhängigkeit der Papiermacher vom Handelskapital. Darin unterscheidet sich das Gewerbe der Papiermacher von den für diese Zeit typischen For­men der Warenproduktion des in Zünften organisierten Handwerks. Das Zentrum der frühen deutschen Papierherstellung bildete sich im oberdeut­schen Raum zwischen Donau, Lech und Bodensee aus, weil hier die Lein­wandproduktion im 14. und 15. Jahrhundert blühte, und damit das Roh­stoffaufkommen für die Papierherstellung gesichert war. Die Papiermühlen von Kempten, Ravensburg, Augsburg, Memmingen waren bis zum 16.Jahrhundert führende Papierhersteiler. In der Regel wurden in den Papiermühlen je nach der Rohstoffqualität zwei Sorten Papier gemacht. Aus den feineren weißen Lumpen wurde Kanzleipapier, aus den geringeren weißen Lumpen Konzeptpapier hergestellt. Die Lumpensammler, deren Tätigkeit zu dieser Zeit aufgrund der nicht sehr großen Anzahl von Papier­mühlen noch nicht konzessioniert war, brachten die Lumpen zur Mühle, wo sie sortiert, gereinigt und zerkleinert wurden. Nach den Geschichts-quellen wurde die Reinigung nur durch Waschen der Lumpen in Wasser erzielt. Die in manchen Darstellungen erwähnte Verwendung von Laugen, Seifen und Kalk ist zeitlich und territorial nicht belegt. In einem sich an­schließenden Faulprozeß wurden die Fasern gelockert und darauf im Stampf­geschirr aus ihren textilen Verband separiert. Das Stampfwerk bestand aus großen, durch Wasserkraft angetriebenen Balken, an deren vorderen Enden die eisenbewehrten Stampfen im Takt der Nockenwelle angehoben wurden, um dann auf die Lumpen, die im Löcherbaum lagern, herabzufallen. Der Löcherbaum wurde aus einem dicken Baumstamm dergestalt hergestellt, daß mehrere große trogähnliche Löcher, die untereinander verbunden wa­ren, die Lumpen aufnahmen und der ganze Löcherbaum von Wasser durch-flössen werden konnte. Die Anzahl der Stampflöcher je Löcherbaum schwankt nach Angaben zwischen dem 16. -18. Jahrhundert zwischen 3 und 21. Die Zahl der Stampfen pro Loch hat zwei bis sechs betragen. Da die Zahl der Stampflöcher und die Zahl der Stampfen pro Loch die Kapazität der Lumpenaufbereitung bestimmen, muß man für die Frühzeir der Papier­herstellung niedrige Loch- und Stampfzahlen annehmen. Im Stampfge­schirr wurden die Lumpen im Verlauf von 12 bis 14 Stunden zu Halbzeug zerstampft und in einem zweiten, kürzeren Stampfprozeß zu gleichmäßi­gen Fasern, dem Ganzzeug, verarbeitet. Der Ganzzeugkasten diente zur Aufbewahrung des Materials bis zur Verarbeitung in der Schöpfbütte. Die Schöpfbütte, ein etwa meterhohes Holzfaß mit breitem Holzrand,

15

Das Papier - ein historisch-technischer Abriß





Abb. 3 Das Scampfvverk mit Löcherbaum

16

Papierherstellung in Deutschland





Abb. 4 Die Schöpfbütte mit Büttgeselle, Gautscher und Leger

17

Das Papier - ein historisch-technischer Abriß





Abb. 5 Das Schöpfsieb als starre Drahtform mit Rippen und Stegen

18

Papierhersteilung in Deutschland







Fig.1



Abb. 6 Der Trockenboden

der Traufe, war im unteren Teil mit einer kupfernen Blase versehen. Diese war von außen heizbar, damit sich die Papierfasern in der erwärmten Auf­schwemmung in der Schwebe hielten. Die gleichmäßige Faserverteilung in der Bütte wurde durch ständiges Rühren erzielt.

Das Schöpfsieb besteht aus einem hölzernen Rahmen, in den die parallel liegenden Bronzedrähre eingesetzt sind, die ein Sieb bilden und sich am fer­tigen Blatt als Rippen markieren. Diese Bronzedrähte werden von Holz­stegen gestützt. Über den Stegen liegen die Bodendrähte auf dem Sieb, die im-Papier die Stege ergeben. Mit feinen Näh- oder Bindedrähten wurden die Siebdrähte mit den Bodendrähten verbunden. Zu je einem Formenpaar gehört ein offener Holzrahmen, der Deckel, dessen Höhe die aufgenom­mene Stoffmenge bestimmt.

19



Das Papier - ein historisch-technischer Abriß



Abb. 7 Das Glätten der Bogen mit dem Achatstein

Der Büttgeselle taucht das Schöpfsieb in die Bütte ein und schöpft die Form voll Papierbrei. Durch das Schütteln der Form über der Bütte verfil­zen die Fasern und bilden unter gleichzeitigem Entwässern das Papierblatt. Der Büttgeselle übergibt die Form nach Abnahme des Deckels dem Gaut-scher, der die Form mit dem aufliegenden nassen Blatt nach unten auf einen Filz drückt. Die geleerte Form wurde vom Gautscher auf den Steg der Bütte zurückgelegt. In der Zwischenzeit hatte der Büttgeselle mit der zweiten Form ein weiteres Blatt geschöpft, und der Gautscher übernahm es wieder auf den Stoß. Dieser Stoss, es wurden abwechselnd Papierblatt und Filz gestapelt, wurde ´Pauscht' genannt, wenn zwischen 182 Filzen 181 Blatt Papier lagen, kam zum Auspressen in eine Spindelpresse. Der dritte Papiermacher, der Leger, entnahm den Filzen die Papierblätter, stapelte sie

20

Papierherstellung in Deutschland

aufeinander und preßte sie nochmals aus. Anschließend wurden die Bogen auf dem Boden der Papiermühle oder in Trockenscheunen auf Seilen zum

Trocknen aufgehängt.

Nach dem Trocknen erfolgte die Leimung der Bogen durch Eintauchen in Leimwasser. Der Leim wurde in der Papiermühle aus Knochen und Ger­bereiabfällen selbst gekocht. Das Papier war nun tintenfest, und nach dem Glätten der Bogen von Hand mit Hilfe eines Achatsteines folgte das Sortie­ren, Zählen, Falzen und Abpacken, 24 Bogen wurden zu einem Buch, 20 Buch zu einem Ries und 10 Ries zu einem Ballen verpackt.

Die Qualität des Beschreibstoffes Papier aus der Zeit der frühen deut­schen Papiermacherei erreichte ein hohes Niveau. Die hohe Alterungsbe­ständigkeit und die große mechanische Festigkeit sind auf das Zusammen­treffen unterschiedlicher Faktoren zurückzuführen. Die Aufbereitung des Rohstoffes zur Faser geschah in einer Form der Separierung, welche die Einzelfaser weitestgehend schonte und in ihrem natürlichen Zustand er­hielt. Die Möglichkeit der Faserbeschädigung bestand nur, wenn der Faul­prozeß über Gebühr ausgedehnt wurde. Die Benutzung von Lauge (Pott­asche), Seifen und Kalk zur Reinigung und Aufbereitung der Faser ist zeitlich nicht zu belegen. Die Vermutung, daß man nach Wegen zur Abkür­zung des schwer kontrollierbaren und übelriechenden Faulprozesses suchte und dazu die schon bekannten Wirkungen von Lauge und Kalk ausnutzte, ist naheliegend. Heutigen Erkenntnissen entsprechend, ist die Anwendung dieser Substanzen einem alkalischen Aufschluß der Faser gleichzusetzen. Der zumindest im neutralen Bereich ausgeführte Aufschluß der Fasern im Verein mit der durch den Schöpfvorgang und die Blattbildung bedingten allseitigen Verfilzung der Fasern im fertigen Blatt sind für die mechanische Festigkeit und die lange Lebensdauer wesentliche Faktoren.

Das Wasser, für die Papier herstell ung die wichtigste Voraussetzung, be­inhaltet unterschiedliche Mengen gelöster Mineralien, je nach geographi­schem Ursprung, Kalzium, das im Wasser neben Magnesium, Strontium und Barium häufigste gelöste Erdalkalimetall, bildet die Wasserhärte. Quellwasser und Flußwasser enthalten bis zu 0,2% feste Stoffe, haupt­sächlich Kalzium und Magnesiumverbindungen. In der Papiermühle wurde das Wasser in seiner natürlichen Beschaffenheit verwendet. Die Inhaits-stoffe des Wassers kamen während des gesamten Herstellungsprozesses in Verbindung mit den Fasern. Spuren der Erdalkaliverbindungen sind in Papieren des 14. und 15. Jahrhunderts nachgewiesen. Über die positive

21

Das Papier - ein historisch-technischer Abriß

Wirkung der Erdalkalien auf die Lebensdauer von Papier besteht heute eine einheitliche Auffassung.

Die Verwendung von tierischem Leim zur Erhöhung der Beschreib-barkeit stellt, nach neuen Erkenntnissen, gleichzeitig ein System mit der Eigenschaft dar, Schwankungen oder Veränderungen des pH-Wertes in be­stimmten Grenzen aufzufangen. Die Zubereitung des Leimes in den Pa­piermühlen durch Kochen von Knochen und kalkhaltigen Gerbereiabfällen ergab einen zumindest säurefreien Leim, dessen Anwendung neben den physikalischen Komponenten (Tintenfestigkeit, Erhöhung der mechani­schen Festigkeit) auch die erwähnten chemischen Zusammenhänge bein­haltet. Das könnte eine Erklärung dafür sein, daß Papiere aus der Frühzeit der Produktion auch heute noch stabil sind und pH-Werte um den Neu­tralpunkt haben.

Der Aufschwung der Papiermacherei in Deutschland bis zum 30jährigen Krieg

Die Erfindung des Buchdruckes und die Herausbildung eines umfangrei­chen Verwaltungsapparates der Städte und Feudalherren steigerte den Papierbedarf seit Ende des 15. Jahrhunderts. Die Anzahl der Papiermühlen in allen Teilen Deutschlands erhöhte sich beträchtlich. Die Steigerung der Papierproduktion hatte extensiven Charakter. Mit der engültigen Durch­setzung der Papiermacherei in Deutschland bildet sich ein relativ einheitli­cher Typ der Papiermühlen heraus, der sich bis zur zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts nicht wesentlich verändert. Die Herausbildung von Hand­werksgebräuchen der Papiermacher war Ausdruck des wachsenden Strebens der Papiermacher, sich mit ihrer gesellschaftlichen Situation zu anderen Gewerben und gegenüber den Betreibern der Mühlen auseinan­derzusetzen. Daneben förderten die Gebräuche die Festigung des Gewer­bes, die Beschränkung der Konkurrenz untereinander, und sie sicherten die Produktionsqualität. Die Arbeitsteilung war fortgeschritten und erlaubte die Differenzierung der Teilarbeiten nach Qualifikation. Die Vermischung trühkapitalistischer und handwerklicher Elemente verleiht den Produkti­onsverhältnissen jener Zeit einen Übergangscharakter.

22

Papiermacherei in Deutschland bis zum 30jährigen Krieg





Abb. S Glätten und Sortieren

23

Das Papier - ein historisch-technischer Abriß





Abb. 9 Der Glätthammer löst die Handarbeit ab

24

Niedergang der Papierhersteliung im 17. Jahrhundert



Pergament als Beschreibstoff wurde vom Papier mehr und mehr ver­drängt. Seit dem 16.Jahrhundert bemerken wir eine Differenzierung der Papiersorten. Neben dem bis dahin in zwei Qualitäten erzeugten Schreib­papier taucht das nur schwach geleimte Druckpapier auf. Dieses Papier war für den Druck günstig, da die Druckerschwärze besser angenommen wurde. Darüber hinaus wurde das Erzeugnis durch die Leimeinsparung billiger. Seit Anfang des 16. Jahrhunderts findet auch eine Erweiterung der Formate statt. Zur Sicherung des Rohstoffbedarfs werden den Papierrna-chern vom Feudalherren Lumpensammelmonopole für bestimmte Gebiete durch Privilegien garantiert. Die von den einzelnen Papiermühlen ver­pflichteten Lumpensammler sorgten für die Beschaffung des Rohstoffes. Als technische Neuerung im Herstellungsprozeß ist die Einführung des Glätthammers von Bedeutung. Dieser Glätthammer, erstmals 1541 in der Papiermühle von Hans Frey zu Altenburg bei Iglau (Jihlava) in Mähren verwendet, löste das Glätten des Papiers von Hand mit dem Achatstein ab. Neben der Erhöhung der Produktivität konnten nun zum Glätten auch un­gelernte Kräfte eingesetzt werden. Ende des 16. Jahrhunderts gibt es die er­sten Belege über die. Verwendung von Kalk im Produktionsprozeß.

Der Niedergang der Papierherstellung im 17. Jahr hundert

Die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts wird in Deutschland überschattet durch die Ereignisse und den Verlauf des 30jährigen Krieges. Seit der zwei­ten Hälfte des 17. Jahrhunderts verstärkte sich der Rohstoffmangel. Die feudale Territorialordnung erwies sich immer mehr als Hemmnis der Ent­wicklung der Produktivkräfte. Am Beispiel der Entwicklung der Rohstoff -Situation werden die Widersprüche zwischen der Feudalordnung und den Produktivkräften deutlich sichtbar. Solange die Anzahl der Papiermühlen noch gering war, bot die Beschaffung der Lumpen keine Schwierigkeiten. Mit der Ausdehnung der Papiermacheret und ihrer Verbreitung über das ganze Land waren die Papiermacher auf die Rohstoffversorgung aus dem Herrschaftsgebiet desjenigen Feudalherren angewiesen, dessen Privileg sie erworben hatten. Niedrige Monopolpreise und die feudale Zersplitterung des Landes engten die Freizügigkeit des Handels mit Lumpen ein. Der Auf­schwung der niederländischen Papierherstellung führte zur illegalen Aus­fuhr beträchtlicher Mengen von Lumpen, die in Holland einen höheren

25

Das Papier - ein historisch-technischer Abriß



Preis erzielten. Ausdruck der zunehmenden Schwierigkeiten des Rohstoff­bezuges waren zahlreiche, in der papierhistorischen Literatur belegte Strei­tigkeiten, Prozesse und Scheltungen zwischen den Papiermachern.

Die in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts zu beobachtende Ver­schlechterung der Papierquaiität hat ihre Ursache zum einen in der schlechten Rohstoffsituation, zum anderen aber in der Einführung des Aluminiumsulfats (Alaun ist der in der Literatur oft benutzte, aber nicht exakte Begriff für Al(SO) in die Papierproduktion. Aluminiumsulfat wurde der traditionellen tierischen Leimlösung zugesetzt, um die Ober-flächenleimung wassertest zu machen. Damit werden mehr oder weniger (je nach der Menge des zugesetzten Al (SO) Sulfat-Ionen (SO) zu Säu­rebildern in Papier. In Originalrezepturen und in Kostenrechnungen von Papiermühlen um 1760 lesen wir, dal? zur Herstellung von 400 Zentnern handgeschöpftem Papier zwei Zentner Alaun eingesetzt wurden.

Der Aufschwung der Papiermacherei in Deutschland im 18.Jahrhundert

Im 18. Jahrhundert wurde die Produktionstechnik zur Papierhersteliung durch die Einführung des Lumpenschneiders und des Holländers verbes­sert. In Deutschland wurde der erste Holländer 1718 in der Papiermühle in Remse bei Glauchau in Betrieb genommen. Im Holländer erfolgt die Sepa­rierung der Fasern durch Schneiden und Quetschen der Lumpen, die das Mahlwerk des Holländers kontinuierlich passieren, bis das Halbzeug, oder im zweiten Mahlgang das Ganzzeug, die notwendige Qualität erreicht hat. Der Lumpenschneider zerkleinert die Lumpen mit Hilfe eines mechanisch angetriebenen Messerwerkes. Holländer und Lumpenschneider gestatten eine Erhöhung der Ganzzeugproduktion, für deren Weiterverarbeitung eine größere Anzahl von Schöpfbütten notwendig wird. Bis zur Mitte des l8. Jahrhunderts werden die Stampfwerke neben den Holländern betrie­ben, bis sich die neue Produktionstechnik endgültig durchsetzt. Der seit dem 16.Jahrhundert relativ einheitlich ausgebildete Typ der Papiermühlen verändert sich unter den verstärkten Tendenzen der Herausbildung kapita­listischer Produktionsverhältnisse und führt in einzelnen Fällen zu Papier­manufakturen mit mehreren Schöpfbütten. Die Bestrebungen, den Prozeß

26

Papiermacherei in Deutschland im 18. Jahrhundert





Abb. 10 Der'Holländer' revolutioniert die Ganzzeugproduktion

27

Das Papier - ein historisch-technischer Abriß



der Papierherstellung den gestiegenen Bedürfnissen anzupassen, fanden um die Jahrhundertwende mit der Erfindung der ersten Papiermaschine durch den Franzosen Luis-Nicholas Robert konkreten Ausdruck. Der Bedarf an Papier stieg seit der Mitte des 18. Jahrhunderts sprunghaft an.

Das erstarkende Bürgertum formierte sich. Gelehrte, Dichter und Musi­ker beteiligten sich an der Schaffung der Grundlagen der deutschen Natio-nalkuicur, die vom Bürgertum getragen wurde. Sie halfen mit, den Boden zu bereiten für den längst notwendigen Sturz der Feudalordnung und die Schaffung eines einheitlichen deutschen Nationalstaates. Die ansteigende Buchproduktion in Deutschland nach dem Verfall im 16. und 17. Jahrhun­dert spiegelt die geistige Auseinandersetzung, die Ausbildung des Klassen­bewußtseins der werdenden Bourgeoisie wider. Zwischen 1764 und 1865 verdreifachte sich die Anzahl der jährlich erscheinenden Buchtitel. Es ent­wickelten sich grosse Verlags- und Druckhäuser, wie die von Breitkopf, Gö­schen, Unger und Cotta.

Der Beginn der technischen Entwicklung zur Papierindustrie

Der Bau von Papiermaschinen zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde in Eng­land zuerst nach den Plänen Roberts, etwas später aber unter Leitung des Technikers Donkin nach Plänen der Gebrüder Fourdrinier vorangetrieben. Donkin baute 1829 auch die erste Trockenpartie mit dampfbeheizten Zylin­dern. Mit diesen Maschinen war die Herstellung von Papier kontinuierlich möglich, auch wenn die zunächst noch fehlende Trockeneinrichtung das Zerschneiden des erzeugten Papierbandes in Bogen erforderlich machte. Die Bogen wurden wie bisher getrocknet, geleimt und geglättet.

Eine weitere bedeutsame Erfindung wurde 1807 von Moritz Friedrich Illig veröffentlicht: das Prinzip der inneren Leimung von Papier mit Hilfe von Harzseifen und Aluminiumsulfat. Dieses Verfahren gestattete, das Ganzzeug mit dem Harzleim zu vermischen und mit Aluminiumsulfat eine Reaktion zur Fixierung des Leimes an der Faser auszulösen. Damit wurde das aufwen­dige nachträgliche Leimen der Blätter überflüssig. Mit der Einführung der Papiermaschine erhielt dieses Verfahren ausschlaggebende Bedeutung. Es war eine Voraussetzung für die rentable, durchgängige Anwendung der Pa­piermaschine. 1840 zählte man in England 250 Papiermaschinen, in Frank-

28

Technische Entwicklung zur Papierindustrie

reich produzierten 125, und in Deutschland waren 25 Maschinen in Betrieb. Diese Zahlen widerspiegeln die gesellschaftliche Situation jener Zeit ausge­zeichnet. In England, dem Ausgangsland der industriellen Revolution, hatten sich liberale kapitalistische Produktionsverhältnisse am ehesten durchgesetzt. In Frankreich führte die bürgerliche Revolution später zum Sieg der kapitali­stischen Produktionsverhältnisse als in England. Die kleinstaatliche Zersplit­terung Deutschlands hemmte den gesellschaftlichen Fortschritt dermaßen, daß man erst zu Beginn der 30er Jahre vom Beginn der industriellen Revolu­tion sprechen kann. In Deutschland begann Jakob Oechelhäuser 1824 in Sie­gen mit dem Papiermaschinenbau. Seine Maschine unterscheidet sich von der Donkin-Maschine durch den großen Abnahmefilz und die angetriebene Zentralwalze (Selbstabnahmemaschine).

Gustav Schäuffelen erbaute 1830 eine Maschine für einseitig glatte Papiere. Er begann mit der Herstellung von Metalltüchern.

Alle bisher erwähnten Papiermaschinen waren Langsiebrnaschinen. Die Entwicklung von Rundsiebmaschinen wurde 1805 von dem Engländer Bra-mah begonnen und 1830 von Dickinson betriebsfähig gemacht. Unabhängig davon konstruierte Ferdinand Leistenschneider 1814 eine Rundsiebmaschine in Deutschland, die 1830 durch Rieder in Mühlhausen verbessert und von der Firma Köchlin gebaut wurde. Adolf Keferstein nahm 1819 eine selbstge­baute Rundsiebmaschine in Weida in Betrieb. Der Übergang zur Maschinen-papierherstellung in Deutschland litt unter den Hemmnissen, die die indu­strielle Revolution allgemein verzögerten. Sie hatten ihre Wurzeln in der stagnierenden politischen und ökonomischen Situation in Deutschland. Das feudale Erbe war noch nicht überwunden, ein nationaler Markt fehlte, und die mangelhaften Verkehrsbedingungen behinderten die Handelstätigkeit. So setzten sich vollständig freie kapitalistische Produktionsverhältnisse erst im Verlaufe der industriellen Revolution in Deutschland ab 1840 durch.

Die neuen Produktionsinstrumente und Arbeitsverfahren veränderten die Papierherstellung qualitativ und quantitativ. Der Einsatz des Hollän­ders zur Separierung der Fasern beinhaltete die Möglichkeit, die Fasern schneller zu gewinnen, aber auch die Deformierung oder Verkürzung durch die auftretenden Schneid- und Quetschvorgänge.

Die Massenleimung - EM. Illig veröffentlichte 1807 seine «Anleitung auf sichere, einfache und wohlfeile Art Papier in der Masse zu leimen» -wird auch gegenwärtig noch nach den von Illig entwickelten Prinzipien durchgeführt. Zur Erklärung der chemischen Vorgänge der Leimung wur-

29

Das Papier - ein historisch-technischer Abriß



den nacheinander verschiedene Theorien entsprechend dem jeweiligen Er­kennmisstand entwickelt. Reduziert man die komplizierten chemischen Vorgänge während der Massenleimung auf Wesentliches, so kann man den Prozeß folgendermaßen verdeutlichen. Dem Papierstoff im Holländer wird das verseifte Harz (Ausgangsprodukte sind Kolophonium und Natron­lauge bzw. Soda) zugesetzt. Das verseifte Harz dissoziiert im Holländer und spaltet Harzsäure ab

C9H29COONa -> C]9H29COOH + NaOH

harzsaures Natrium Freiharz Natronlauge.

Danach erfolgt die Zugabe von Aluminiumsulfat in den Holländer. Bei der Annahme der Bildung von Aluminiumtriresinat durch die Fällung mit Alu­miniumsulfat im Holländer findet die hydrolytische Spaltung infolge der erforderlichen höheren Temperaturen erst auf der Trockenpartie statt, nach der Gleichung:

(C,9H29COO}3A1 -» 3C19H29COOH + Al(OH)3

harzsaures Aluminium Freiharz Aluminiumhydroxid.

Das auf diese Weise oder durch die hydrolytische Spaltung des Aluminium­sulfats nach der Gleichung:

A12(SO4)3 -t- 6 H2O -» 2Ai(OH)3 + 3 H2SO4

gebildete Aluminiumhydroxid ist elektrostatisch positiv geladen und be­wirkt durch Umhüllung der elektrostatisch negativ geladenen Harzteilchen deren Bindung an die ebenfalls elektrostatisch negativ geladenen Fasern. Die Harztetlchen besitzen runde Form und sind gleichmäßig auf allen Papierfasern verteilt. Durch die Frittung (Erhärtung der Harzteilchen durch die hohen Temperaturen der Trockenpartie) verbinden sich die Harzteilchen fest mit den Fibrillen der Fasern. Der Prozeß der Massenlei­mung funktioniert bei pH-Werten um 4,5. Die bei der hydrolytischen Spal­tung des Aluminiumsulfats entstandene Schwefelsäure versetzt den Ganz-

30

Technische Entwicklung zur Papierindustrie



stoff in das saure Medium, das für eine gute Führung der Papierbahn durch die Papiermaschine von Bedeutung ist. Die Verwendung von Alumi­niumsulfat ist einerseits für die Erzielung des Leimungseffektes notwendig, andererseits verbleiben durch die erforderliche Überdosierung von Alumi­niumsulfat Säurereste im Papier.

In den vergangenen Jahrzehnten hat sich die Anwendung von Natrium-aluminat in der Papierindustrie durchgesetzt, womit Aluminium-Sulfat teilweise ersetzt werden kann. Diese Form der Masseleimung wird bei höheren pH-Werten durchgeführt. Die Säurereste im Papier entfalten im Verlauf der natürlichen Alterung je nach den Umweltbedingungen (Tempe­ratur und Luftfeuchtigkeit) den Prozeß der Faserschädigung und damit die Beeinträchtigung und Verminderung der physikalischen und chemischen Parameter.

Barrows Reihenuntersuchung der pH-Werte ergab, daß 95% der unter­suchten Papiere des 19. Jahrhunderts säurehalriger als wünschenswert sind.

Der Blattbildungsprozeß auf der Papiermaschine unterscheidet sich von der Blattbildung beim Schöpfen mit dem Sieb. Während sich die Fasern beim Schöpfen mit der Hand durch die typische Bewegung nach allen Sei­ten verfilzen (keine Laufrichtung), sind die Fasern auf der Papiermaschine ausgerichtet (Entstehung der Laufrichtung). In der Laufrichtung ist der Einreißwiderstand geringer als quer zur Laufrichtung.

Im Jahre 1774 führte der schwedische Chemiker Karl Wilhelm Scheele ein folgenschweres Experiment durch. Als er Salzsäure auf das Mineral Braunstein (Mangandioxid) einwirken ließ, stieg aus dem Glaskolben ein grünes Gas auf. Scheele war wohl der erste Mensch, der freies Chlor (Cl) zu Gesicht bekam. Das Gas fiel ihm sofort durch seine aggressiven Eigen­schaften auf. Es zerstörte die Korken seiner Geräte, zerfraß die Metallteile und zersetzte Farbstoffe. Sein Zeitgenosse Lavoisier, der Begründer der modernen Chemie, bezeichnete das Chlor schon vor über 200 Jahren als das 'Gide par exellence' - als das Tötende schlechthin.

Die Arbeiten des Franzosen Berthollet ermöglichten nach 1785 die Ein­führung des ersten Chlorbleichverfahrens, die sogenannte 'alte Chlorgas­bleiche'. Der Bleichvorgang wurde in Bleichkamrnern durchgeführt, wo der stark entwässerte, aber noch feuchte Stoff auf Holzrosten ausgebreitet wurde. Von oben wurde Chlorgas eingeführt, welches sich infolge seiner Schwere nach unten senkte und den feuchten Stoff bleichte. Nach 24 Stun­den wurde der Stoff aus der Kammer entnommen und gewaschen, damit

31

Das Papier - ein historisch-technischer Abriß



die als Nebenprodukt gebildete Salzsäure entfernt wurde. Diese gefährliche und nicht zuverlässige Bleichmethode wurde abgelöst von der Chlorkalk­bleiche, nachdem 1799 Tenant festen Chlorkalk herstellen konnte, den man als 'festes Bleichpulver' bezeichnete. 1826 wies ein Papiermacher Kenntnisse der Chlorbleiche nach, als er zum Erwerb einer Konzession von der Hessischen Regierung eine Prüfung ablegen mußte. Die Prüfung be­stand er mit Auszeichnung, «weil derartige Kenntnisse in Deutschland recht selten seien». Die Einführung von Chlorbleichverfahren in die Pa­pierherstellung machte die Verwendung farbiger Lumpen zur Produktion weißer Papiere möglich. Die Chlorbleichverfahren, die nach und nach mehr vervollkommnet wurden, bergen aber die Gefahr in sich, daß freie Chloridionen im Papier zurückbleiben. Dadurch wird die Lebensdauer der Papiere negativ beeinflußt. Neben dieser Langzeitwirkung besteht die Möglichkeit der Faserschädigung während des Bleichvorganges.

Durch die Möglichkeit. Papier kontinuierlich maschinell herstellen zu können, und die insgesamt verbesserten Produktionsmöglichkeiten einer­seits, und dem anwachsenden Papierbedarf, der aus den veränderten ge­sellschaftlichen Verhältnissen erwuchs, (Phase des Verlaufs der industriel­len Revolution in Deutschland) ergab sich die Notwendigkeit einer Erweiterung der Rohstoffbasis. Die Rohstoffmisere auf der Basis der aus­schließlichen Verwendung von Lumpen hatte schon im 18. Jahrhundert die Suche nach Austauschmaterialien zur Papierherstellung veranlaßt.

1730 wies der französische Naturforscher Reaumur auf die papierähnli­che Beschaffenheit der Wespennester hin, deren Material aus feinsten Holzteilchen besteht. Von besonderer Bedeutung sind die Bemühungen von Jacob Christian Schaeffers, der zwischen 1765 und 1771 unter dem Titel »Versuche und Muster, ohne alle Lumpen oder doch mit einem geringen Zusatz derselben Papier zu machen», sechs Bände mit Mustern von Papier aus den verschiedensten Stoffen (Pappelwolle, Torf, Tannenzapfen usw.) veröffentlichte und damit bewies, daß die Lumpen zu ersetzen seien.

Eine weitere Möglichkeit, dem Hadernmangel abzuhelfen, zeigte 1774 der Göttinger Professor Justus Claproth in seiner Veröffentlichung «Eine Erfindung, aus gedrucktem Papier wiederum neues Papier zu machen und die Druckerfarbe völlig auszuwaschen». Neben den genannten gibt es viele andere Versuche, Papier ohne Lumpen herzustellen. Diese Bemühungen konnten aber zu ihrer Zeit nicht zum Erfolg führen, weil die technischen Möglichkeiten die Lösung der Probleme noch nicht erlaubten.

32


Technische Entwicklung zur Papierindustrie





Abb. 11 Die Holzzeugmaschine nach dem Patent von Heinrich Voelter

Den Durchbruch erzielte nach vielen Versuchen Gottlob Friedrich Keller, der 1845 Papier aus von ihm erzeugten Holzschliff mit V, Hadernstoff her­stellen ließ, welches zum Druck des Frankenberger Kreisblattes Verwen­dung fand. Heinrich Voelter, der die Bedeutung der Kellerschen Erfindung erkannte, drängte auf die Patentierung der Holzschliffherstellung. Nach Erteilung des Patentes 1847 forderte Voelter von Keller die Mitarbeit an der Weiterentwicklung der Holzpapierherstellung. Von einer weiteren Mit­arbeit Kellers am Projekt des mechanischen Holzaufschlusses fehlt jedes Zeugnis. Nach der Übersiedlung Voelters nach Heidenheim arbeitete er mit J. M. Voith zusammen. 1852 wurde die erste Holzzeugmaschine, von Voelter konstruiert und von Voith gebaut, in Betrieb genommen.

Die erste holzschliffhaltigen Papiere waren mit starken Mängeln behaf­tet. Neben der geringen Festigkeit vergilbten die Papiere schon nach kurzer Zeit. Aus dem Bemühen, die Qualität des Holzschliffes durch Entfernen der Stoffe, die die Vergilbung hervorriefen, zu verbessern, entstanden die

33

Die Papierindustrie im 20. Jahrhundert



Die Herstellung von Papier, die von Beginn an über viele Jahrhunderte hin­durch als ein rein mechanischer Prozeß betrieben wurde, der die Gewin­nung der Zellulosefasern aus Pflanzen und ihre Verfilzung in Form von Papierblättern umfaßte, ist in unserem Jahrhundert ein vorwiegend chemi­scher. Die Hauptmenge des Papierstoffes wird mit Chemikaiien produziert. Mit Chemikaiien wird der Stoff gebleicht. Chemikalien verleihen den Papieren hohe Trocken- und Naßfestigkeit, Opazität, machen es undurch­lässig für Wasserdampf, Fette, Gerüche und vieles andere mehr. Die Bin­dung der Fasern untereinander, die jahrhundertelang als rein physikalische Erscheinung betrachtet wurde, wird heute mit größerer Berechtigung che­mischen und elektrostatischen Prozessen zugeschrieben. Aus der Vielzahl der Daten zur Entwicklung der Papierherstellung im 20. Jahrhundert sollen einige wesentliche Erscheinungen benannt werden, die Auskunft geben können über die zukünftigen Tendenzen dieser Industrie.

Ausgehend von dem Bestreben, den Aufschluß der Fasern kontinuierlich zu gestalten, wurde am Ende des 19. Jahrhunderts in Amerika die Hydro-mühle patentiert, die dann in den 30er Jahren unseres Jahrhunderts den Holländer verdrängte.

In den 50er Jahren unseres Jahrhunderts begannen die Entwicklungen zu kontinuierlichen Zellstoffherstellungsverfahren. Der Kamyr-Kocher und seine Einführung in die Industrie waren bahnbrechend für weitere konti­nuierliche Herstellungsverfahren, die es gestatten, den Zellstoff ökonomi­scher und hochwertiger herzustellen.

In den letzten Jahren stieg die Anwendung des Sulfitverfahrens zum Auf­schluß des Holzes wieder stark an, nachdem das Sulfitverfahren schon zu Beginn unseres Jahrhunderts das beherrschende Verfahren war, aber später vom Sulfatverfahren verdrängt wurde. Die Vielzahl der Chemikalienrück-gewinnungsverfahren für die modernen Magnesium-Sulfitzellstoffverfah­ren gewinnen besonders unter dem Aspekt des Umweltschutzes an Inter­esse.

Durch die Chlorierung der phenolischen Ligninverbindungen entstehen mehr oder weniger giftige, erbgutschädigende und krebserzeugende Ver­bindungen bis hin zu den Dioxinen. Die Hauptmenge dieser Chlorphenole ist im Abwasser von Zellulosefabriken zu finden. Die Alternative heißt Sauerstoff bleiche, die zunehmend die Chlorbleiche verdrängt.

35

Das Papier - ein historisch-technischer Abriß



Der Einsatz von Kunststoffen zur Veredelung der Papiere ist schon seit geraumer Zeit mit steigenden Tendenzen zu beobachten. Generell scheint die Verwendung der Kunststoffe in unterschiedlichen Bereichen der Papier­herstellung, als Faser, als Leimungssystem, zur BeSchichtung oder als Bestandteil der Streichmasse, eine Entwicklungsrichtung zu sein, die die Universalität des Papieres weiter erhöht, die Herstellung des Papiers nach Maß erlaubt.

Neben diesen qualitativen Veränderungen ist die technische Entwicklung auf die ständige Erhöhung der Papiermaschinengeschwindigkeiten und der Arbeitsbreiten gerichtet. Die jüngere Vergangenheit der Papierindustrie wird durch die Forderungen nach alterungsbeständigen Papieren einerseits und der Ausweitung der Recyclingpapierproduktion andererseits geprägt. Alrerungsbeständige Papiere



  • bestehen ganz oder jedenfalls weitgehend aus ligninfreien Faserstoffen,

  • werden neutral geleimt, d.h. ohne die Verwendung von Aluminiumsulfat,

  • enthalten Kalziumkarbonat als Puffer gegen Säure.

Man kann einschätzen, daß für höchstens 8-10% der Gesamtpapierpro-duktion das Qualitätsmerkmal alterungsbeständig überhaupt eine Rolle spielt. Seitens der Papierhersteller wird versichert, daß alterungsbeständige Papiere in der notwendigen Größenordnung schon heute lieferbar sind. In der Herstellung ist solches Papier grundsätzlich nicht teurer als sauer gefertigtes ohne Kalziumkarbonat.

36

Von Schäden und ihren Ursachen



Die Arten der Schäden und ihre Erkennung

Am Beginn aller restauratorischen und konservatorischen Unternehmun­gen steht eine exakte Analyse des Zustandes des zu behandelnden Objek­tes. Das Ergebnis dieser Untersuchung bestimmt:



  1. die Wahl der Behandlungsmethode

  2. die zur Anwendung kommenden Materialien und Hilfsmittel

  3. den Gesamtaufwand (Zeit, Vorrichtungen, ästhetische Gesichtspunkte).

Die exakte Bestimmung des Zustandes und der Schadenslage des Arbeits­objektes weisen den Weg zur optimalen Behandlung.

Chemische Schäden

Die Gesamtheit der Schäden, die durch chemische Reaktionen im umfas­senden Sinn verursacht werden. Wir unterscheiden chemische Schaden, deren Ursache


  1. Reaktionen gesetzmäßig, langfristig ablaufender Prozesse natürlichen
    Charakters sind.

  2. Reaktionen sind, die durch reaktionsfreudige Materialkomponenten
    beschleunigt werden.

  3. Reaktionen mit von außen eindringenden reaktionsfähigen Substanzen
    sind.

Allen chemischen Schäden ist eine irreversible Veränderung der Material­strukturen gemeinsam. Besonders bei chemischen Schäden können wir in den seltensten Fällen eindeutige Erscheinungsformen antreffen. Die unter­schiedlichen Kategorien gehen ineinander über, summieren sich.

37

Von Schäden und ihren Ursachen









Abb. l.~: Holzschliffhaltige. industriell und sauer erzeugte Papiere mit kurzer Lebensdamer



38

Abb. 13) Holzschlithaltige Materialien altern unter konservatorisch Bessingungen beschleunigt

DieArten der Schaden und ihre- Erkennung




Abb. 14 Tinanfrass dieser Auspragung bedarf spezieller resrauratonscher Bearbeirung



Abb. 15 Wasserschaden mit nachtoldendem Mikrobendefall

39


Von Schäden und ihren Ursachen

Alterung, Mikrobenbefall, Tinten- und Farbfraß sind die häufigsten Schadensbilder dieser Art. Je nach Ausprägung induzieren chemische Schä­den restauratorische Maßnahmen mit grundsätzlichen Zielstellungen. Ent­säuerung, Sterilisation, Komplexbildung, Reinigung, Gesamtstabilisierung als Eingriffe mit weitreichenden Konsequenzen stehen zur Verfügung.

Mechanische Schäden

Unter diesem Begriff fassen wir die Kategorie der Schäden zusammen, die sich 'physikalisch' manifestieren. Charakteristisch für diese Schadensart ist neben der örtlichen Begrenzung der Zerstörung das Fehlen von ge­schwächten Übergangszonen im Material. Grundsätzlich entstehen diese Schäden dann, wenn angreifende oder wirkende Kräfte größer sind als die der jeweils vorliegenden Materialkonstitution. Ursachen für mechanische Schäden können






Abb. 16 Mechanische Zerstörungen durch Kriegseinwirkungen


40


a) in der Herstellung des Objektes

Die Arten der Schäden und ihre Erkennung

b) in der unsachgemäßen Benutzung



Abb. 17 Mechanischer Schaden durch heisse Bombensplitter. Die Schadensstelle ist stark verhornt.

c) in gewaltsamen Einwirkungen von außen begründet sein.

In der Praxis sind mechanische Schäden zumeist mit anderen Schadens­bildern verbunden. Für die Beseitigung eindeutig mechanischer Schäden, Schäden ohne Veränderungen der Materialstruktur, eignen, sich die Papieran-faserungsmethoden. Insektenfraß, Nagerspuren, Vandalismus usw. als Scha­densbilder sind typische Erscheinungsformen. Die Anfaserung gestattet die rationelle Bearbeitung bei quantitativen und qualitativen Ergebnissen, die von der zur Verfügung stehenden technischen Ausprägung abhängen. Tages­leistungen von über 1000 Blatt Sassen sich schon heute realisieren.

41

Von Schäden und ihren Ursachen



Biologische Schäden

Sammelbegriff für Schadensbilder, deren Ursachen im Angriff unterschied­licher lebender Organismen begründet sind.

Biologische Schäden unterscheiden sich in der Erscheinungsform und in der Auswirkung des Angriffs. Sie können als mechanische Schäden manife­stiert sein oder den Charakter chemischer Schäden tragen. Die Ursachen für biologische Schäden finden sich im Angriff von

1. Mikroorganismen



  1. Bakterien: Verursachen stockfleckartige, örtlich begrenzte Flecken (je
    nach Erregertyp können auch Farbausscheidungen registriert werden) mit
    dem enzymatischen Abbau der Originalsubstanz einhergehend.

  2. Schimmelpilze: Stellen in der Praxis die häufigere Schadensursache
    dar (bis heute über 300 unterschiedliche Spezies am Buch und Papier
    nachgewiesen). Verursachen verschiedenfarbige großflächige Zerstörun­
    gen mit unterschiedlich starkem enzymatischen Abbau verschiedenartig­
    ster originaler Materialien.

2. Insekten

Verursachen je nach biologischer Spezies typische, unterschiedlich ge­


formte Fraßstellen mit mechanischem Schadenscharakter. Dem Angriff der
Insekten unterliegen rast alle Materialien aus dem Gefüge von Buch und
Papier. '.

3. Nagetiere

Ratren und Mäuse als typische Vertreter der schadensverursachenden Na­ger richten besonders an den außenliegenden Partien der Objekte mechani­sche Zerstörungen durch Fraß- und Nagespuren an.

42

Die Arten der Schaden und ihre Erkennung





Abb. 18 Mikrobiller Abbau der Zellulose im fortgeschrittenen Stadium



Download 3,11 Mb.

Do'stlaringiz bilan baham:
1   2   3   4   5   6   7   8   9   ...   14




Ma'lumotlar bazasi mualliflik huquqi bilan himoyalangan ©hozir.org 2024
ma'muriyatiga murojaat qiling

kiriting | ro'yxatdan o'tish
    Bosh sahifa
юртда тантана
Боғда битган
Бугун юртда
Эшитганлар жилманглар
Эшитмадим деманглар
битган бодомлар
Yangiariq tumani
qitish marakazi
Raqamli texnologiyalar
ilishida muhokamadan
tasdiqqa tavsiya
tavsiya etilgan
iqtisodiyot kafedrasi
steiermarkischen landesregierung
asarlaringizni yuboring
o'zingizning asarlaringizni
Iltimos faqat
faqat o'zingizning
steierm rkischen
landesregierung fachabteilung
rkischen landesregierung
hamshira loyihasi
loyihasi mavsum
faolyatining oqibatlari
asosiy adabiyotlar
fakulteti ahborot
ahborot havfsizligi
havfsizligi kafedrasi
fanidan bo’yicha
fakulteti iqtisodiyot
boshqaruv fakulteti
chiqarishda boshqaruv
ishlab chiqarishda
iqtisodiyot fakultet
multiservis tarmoqlari
fanidan asosiy
Uzbek fanidan
mavzulari potok
asosidagi multiservis
'aliyyil a'ziym
billahil 'aliyyil
illaa billahil
quvvata illaa
falah' deganida
Kompyuter savodxonligi
bo’yicha mustaqil
'alal falah'
Hayya 'alal
'alas soloh
Hayya 'alas
mavsum boyicha


yuklab olish