4. Korrelation. Korrelationspaar. Korrelationsbündel.
Unter Korrelationspaar' versteht man zwei Phoneme, die Glieder einer privativen, proportionalen und eindimensionalen Opposition sind. Solche Phoneme sind paarige Phoneme. Ein Phonem, das an keinem Korrelationspaar beteiligt ist, heißt unpaariges Phonem. Das Korrelationsmerkmal ist ein phonologisch relevantes Merkmal, dessen Vorhandensein oder Fehlen eine ganze Reihe von Korrelationspaaren charakterisiert. Deshalb spricht man von der Nasalierungskorrelation, Stimmkorrelation, Qualitätskorrelation, Aspirationskorrelation: z. B.: b—p, d—t, g—k, v—f, z—s bilden Korrelationspaare nach der Stimmbeteiligung oder nach der Intensität der Artikulation. Korrelationspaare unterschiedlicher, aber verwandter Korrelationen bilden miteinander Korrelationsbündel. Korrelationsbündel können drei-, vier-, fünf- und vielgliedrig sein.
Als Beispiel für viergliedrige Korrelationsbündel im Sanskrit, die durch die Stimmkorrelation und die Aspirationskorrelation gebildet sind, kann folgendes dienen:
p—ph t—th k—kh
b—bh d—dh g—gh
V. Das deutsche Vokalsystem.
Die Hauptaufgabe einer phonologischen Untersuchung besteht in der Feststellung des Phoneminventars einer gegebenen Sprache. Dafür benutzt man drei Untersuchungsverfahren: Segmentation, Identifikation, Klassifikation.
Der Segmentationsprozeß beruht auf einem linearen Vergleich verschiedener Aussagesegmente. Durch den Vergleich gelangt man schließlich zu den kleinsten linear nicht auflösbaren Einheiten. Dabei muß man solche Äußerungen vergleichen, die einen maximalen Teil identischer Segmente aufweisen und sich voneinander durch minimalen Kontrast unterscheiden. So führt ein Vergleich der Segmente leiten/reiten zur Erkenntnis der kontrastiven Glieder [1] und [r], leiten/läuten zu [a] und [o] und schließlich leiten/leiden zu [d] und [t], was zu erkennen erlaubt, daß das Segment leit aus den Minimalgliedern [1—a—i—t] besteht. Das Segmentierungsverfahren muß in jedem Falle zu Ende geführt werden. Der Segmentierungsprozeß kann nur gleichzeitig mit dem auditiven Identifizierungsprozeß durchgeführt werden
Wir segmentieren, indem wir gewisse Segmente zweier Lautketten auditiv identifizieren. Wir identifizieren diese Segmente, um die Lautkette zu segmentieren. Segmentation und Identifikation sind zwei Prozesse, die sich gegenseitig bedingen. Aber dieses Identifizierungsverfahren ist von der phonologischen Identifikation grundsätzlich verschieden. Es dient nur zur Feststellung der kleinsten diskreten Segmentklassen, die mit den Phonemen noch nichts zu tun haben. An solche, sich als kleinste weiter nicht zerlegbar erwiesenen Segmente darf die Frage nach ihrem phonologischen Status gestellt werden. Wenn diese Segmente in Minimaloppositionen auftreten und semantische Einheiten (Morpheme, Wörter) unterscheiden, so sind sie zu verschiedenen Phonemen zu zählen, z. B. im Vergleich Greis/Gruß ist die Segmentation nicht zu Ende geführt. An dem Vergleich Greis/Graus ist ersichtlich, daß die distinktive Funktion nicht durch (ai) als Ganzheit, sondern durch einen Bestandteil des Diphthongs erfüllt wird. Die im Segmentationsprozeß ermittelten linear kleinsten Segmente sind weder artikulatorische noch akustische Einheiten. Der Segmentationsprozeß verläuft auditiv und führt zur Erkenntnis auditiv diskreter Einheiten. Sie brauchen mit den artikulatorischen bzw. akustischen Segmenten (den Lauten der Phonetik) nicht übereinzustimmen. In diesem Sinne sind diese diskreten Einheiten deduktive Segmente.
In der Segmentation, phonologischen Identifikation (manchmal auch in der Klassifikation) werden in der Phonologie folgende Kriterien angewandt:
1. Das semantische Kriterium. Das Wesen dieses Kriteriums besteht darin, daß zwei Sprachelemente zueinander in Opposition treten: Karten—Garten, nein—sein, Staat—Stadt, Tür—Tier usw. Diese Gegensätze werden als phonologische gewertet. Dieses Kriterium ist das wichtigste Kriterium für die Bestimmung des phonologischen Status der Lautmittel.
2. Das distributive Kriterium. Nach diesem Kriterium werden die Spracheinheiten auf Grund ihrer Distribution im Text bestimmt (siehe oben S. 10 dieses Buches).
3. Das Kriterium der phonetischen Ähnlichkeit. Es wird dort eingeführt, wo die Identifikation der Phoneme auf Grund ihrer Distribution versagt: Nicht alle Laute, die sich komplementär verteilen, müssen zu den Varianten eines Phonems gezählt werden, z. B.: werden dt. [n] und [ŋ] auf Grund der phonetischen Ähnlichkeit zu verschiedenen Phonemen gezählt, aber vgl.: [ç] und [x] im Deutschen.
4. Die Unteilbarkeit. Sie ergibt sich aus der Unvertauschbarkeit der beiden Elemente, z.B. [pf] kann innerhalb eines Morphems nicht in umgekehrter Stellung als [fp] erscheinen.
5. Die oben erwähnten Regeln von N. S. Trubetzkoy, die für mono-und polyphonematische Wertung der Lautverbindungen und eines Lautes bestimmt sind.70
In den jüngeren Untersuchungen wird mit Recht darauf hingewiesen, daß für die Segmentierung und Identifizierung nur nichtphonetische, d. h. funktionale Gesichtspunkte ausschlaggebend sein können.71
Auf Grund der genannten Kriterien wird das Phoneminventar bestimmt. In der dritten Etappe der phonologischen Untersuchung werden die auf solche Weise gefundenen phonologischen Einheiten (Phoneme) in Gruppen und Klassen eingeteilt, z. B. Vokale, Konsonanten, distributive Phonemklassen und konstitutive Phonemklassen (Klassifikation nach phonologischen Merkmalen). Im folgenden wollen wir zur Feststellung des Phoneminventars des Deutschen anhand der oben erwähnten Kriterien übergehen.
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