L'humanité s'affirme par l'infirmité.
Anspielungen auf den Tod des Protagonisten. Friedemann geht mehrmals eine Straße entlang, "die
ziemlich steil zum Flusse hinunterlief" (M,VIII,90), und in der bezeichnenderweise das Theater liegt,
in dem er die folgenschwere Begegnung mit Gerda von Rinnlingen in Kombination mit seinem
Wagner-Rausch hat. Der Garten Frau von Rinnlingens "geht bis zum Flusse hinunter" (M,VIII,96).
Nach seinem ersten Besuch bei ihr geht Friedemann "unten am Fluß entlang" spazieren (M,VIII,98)
und spielt bereits mit dem Gedanken, sich hineinzustürzen. Auf der Soirée bei von Rinnlingens führt
Gerda ihn hinunter zum Fluß, wobei bereits das "jenseitige Ufer" erwähnt wird (M,VIII,103f.).
Heftrich sieht darin eine Anspielung auf die ägyptischen Totenstädte, die auch jenseits des Nils
möglich, im Fluß eine mythologische Anspielung (Übersetzen zum Hades) zu sehen.
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Von Hanno ist erstmals anläßlich seiner Tauffeier die Rede, einer Veranstaltung, die
Schwan treffend als "Totentanz an Hannos Wiege" bezeichnet.
130
Im Hinblick auf sein
späteres Schicksal - seine häufigen Krankheiten und seinen frühen Tod - werden dort
wichtige vorausdeutende Hinweise gegeben.
Die Spannung wird vom Anfang des Kapitels an sorgfältig auf Hanno hin aufgebaut.
Dies beginnt mit dem emphatischen Ausruf: "Taufe! Taufe in der Breiten Straße!"
(M,I,395). Darauf folgt, verstärkend, der dreifache Ausruf, der Tonys Gedanken
wiedergeben könnte: "ein Erbe! Ein Stammhalter! Ein Buddenbrook!" (M,I,396), und
daran schließen sich die drei teilweise rhetorisch wiederholenden Fragen an: "Begreift
man, was das bedeutet? Begreift man das stille Entzücken (...)? Den stummen
Enthusiasmus (...)?" (M,I,396). Und schließlich werden Spannung und Emphase auf die
Spitze getrieben in einem Satz, der in einem einzigen Atemzug ausgerufen zu sein scheint:
"Und nun (...), nun ist er da (...), er, auf dem längst so viele Hoffnungen ruhen, von
dem längst so viel gesprochen, der seit Jahren erwartet, ersehnt worden, den man von
Gott erbeten und um den man Doktor Grabow gequält hat ... er ist da und sieht ganz
unscheinbar aus" (M,I,396, Hervorhebungen v.d.V.).
Die letzten fünf Worte lassen die vorher ständig gesteigerte Spannung plötzlich und
unvermittelt abfallen. Die übersteigerten Erwartungen stehen in starkem Kontrast zu
dem, was Wirklichkeit ist. In diesem Abschnitt ist vorweggenommem, was Thomas und
alle anderen erst später begreifen werden: Daß Hanno all diese Hoffnungen nicht erfüllen
wird.
131
Dies wird auch dadurch deutlich, daß die Menge der Taufnamen, mit der
Hanno symbolisch die Bürde aller Ansprüche und Erwartungen übertragen wird, die
seine Familie an ihn hat, später auf den schlichten Ruf- und Kosenamen Hanno reduziert
wird.
132
Doch eine Vorahnung dessen beschleicht den aufmerksamen Beobachter schon am
Tag der Taufe selbst - wenn er sich den Täufling ansieht. Um seine Zartheit und
Unscheinbarkeit besonders hervorzuheben, präsentiert ihn der Erzähler auf den starken
Armen einer vor Leben und Gesundheit strotzenden Amme: Eine "reich in Rot und Gold
gekleidete, große, stämmige, sorgfältig genährte Person" hält "ein kleines, unter
Spitzen und Atlasschleifen verschwindendes Etwas auf ihren schwellenden Armen"
(M,I,396, Hervorhebungen v.d.V.).
133
130
Schwan: Festlichkeit, S.24f.
131
Vgl. Vogt: Buddenbrooks, S.94
132
Vgl. Rümmele: Mikrokosmos, S.37
133
Die Beschreibung der Amme entspricht im Wortlaut fast genau der der Amme des kleinen Anton
Klöterjahn in Manns Novelle
Tristan. Dort dient diese Schilderung
allerdings nicht der
Kontrastierung mit dem dort exzessiv vitalen Baby, sondern der Gegenüberstellung der Vitalität
Antons und der Amme einerseits und der Dekadenz Gabriele Ekhofs und Detlev Spinells
andererseits, vgl. M,VIII,262.
60
In der Beschreibung des Täuflings frappiert eine Gleichgültigkeit seiner Umwelt
gegenüber, die tatsächlich "ein vier Wochen altes nicht zum besten" kleidet, aber bereits
"dem Gesichtchen, das noch kaum eines ist, etwas vorzeitig Charakteristisches" gibt
(M,I,396). Der Gesichtsausdruck des vier Wochen alten Hanno deutet voraus auf seine
künftige Einstellung zur Welt und zum geräuschvollen Getümmel des Lebens, das er
verwirft. Vergeblich wohl würde man in irgend einem Babygesicht einen vergleichbaren
Ausdruck suchen, der sich bei Hanno sogar bis hinein in die Körpersprache zeigt:
Abwesend spielt er mit dem Schmuck der Amme, sein Kopf ist "ein wenig seitwärts (...)
unachtsam vom Pastor abgewandt", und mit dieser Unaufmerksamkeit, diesem
Desinteresse begegnet er auch den anderen, die er "mit einem beinahe altklug prüfenden
Blinzeln" mustert (M,I,396).
Vergleicht man diese Darstellung eines kleinen Kindes mit der anderer in
Do'stlaringiz bilan baham: