Wenige Wochen nach seiner Rückkehr machte Goethe am 12. Juli 1788
Bekanntschaft mit
der 23-jährigen
Putzmacherin
Christiane Vulpius
, die ihm gegenüber als Bittstellerin für ihren
nach dem Jurastudium in Not geratenen
Bruder
auftrat.
[95]
Sie wurde seine Geliebte und bald
darauf seine Lebensgefährtin. Goethes Mutter nannte sie den „Bettschatz“.
Nicht nur aus den
erotischen Anspielungen in den
Römischen Elegien
, die Goethe zu jener Zeit verfasste und in
denen die Gestalt seiner römischen Geliebten Faustina mit der Christianes verschmolz,
[96]
folgert
Sigrid Damm
, dass die beiden „ein sinnesfrohes, in der
Liebe mit Phantasie begabtes
Paar“ gewesen seien.
[97]
Als Christiane hochschwanger war, wollte Goethe sie im Haus am
Frauenplan aufnehmen, aber auf Wunsch des Herzogs und mit Rücksicht
auf die Weimarer
Gesellschaft bezog er mit ihr eine Wohnung vor den Toren der Stadt.
[98]
Am 25. Dezember
1789 gebar sie den Sohn
August Walter
. Anlässlich der Taufe
bekannte sich Goethe zwar
nicht formal zu seiner Vaterschaft, doch wurde das Kind nicht als unehelich geführt.
[99]
Vier
weitere gemeinsame Kinder überlebten die Geburt nur wenige Tage. 1792 stimmte der
Herzog dem Umzug ins Haus am Frauenplan zu, welches Goethe
mit Christiane mietfrei
bewohnen konnte, bevor es 1794 durch eine Schenkung des Herzogs, aus Dankbarkeit für die
Begleitung auf den
Feldzügen 1792 und 1793
, in Goethes Besitz überging.
[100]
Wenig bekannt ist über Goethes „flüchtige, sentimentale Bindung an eine adelige Dame“,
[101]
die 21-jährige
Henriette von Lüttwitz
, die er nach der Geburt Augusts auf seiner
Schlesienreise 1790 in Breslau kennengelernt und der er einen
Heiratsantrag gemacht hatte,
den ihr adeliger Vater ablehnte.
[102]
Der wenig gebildeten, aus einer in finanzielle Not geratenen Familie stammenden Christiane
blieb der Zugang zur Weimarer Gesellschaft,
in der Goethe sich bewegte, verschlossen. Sie
galt dort als ordinär und vergnügungssüchtig; erschwerend kam die Illegitimität des
Christiane Vulpius, Zeichnung von Johann Wolfgang von Goethe
„unstandesgemäßen Verhältnisses“ hinzu. Goethe schätzte ihr natürliches, fröhliches Wesen
und hielt an der Verbindung mit seinem „kleinen Eroticon“ bis an Christianes Lebensende
1816 fest. Erst 1806 erleichterte er ihre gesellschaftliche Stellung durch die Heirat,
die ihr den
Weg in die gute Gesellschaft bahnte. Zur Heirat hatte sich Goethe kurzfristig entschlossen,
nachdem ihn Christiane durch ihr beherztes Eingreifen aus Lebensgefahr gerettet hatte, als er
am
Abend der
Schlacht bei Jena
in seinem Haus in Weimar von plündernden französischen
Soldaten bedroht wurde. Nur fünf Tage danach wurde die Ehe geschlossen. Als Gravur für die
Ringe wählte Goethe das Datum der Schlacht und seiner Rettung in der Schreckensnacht: 14.
Oktober 1806.
[103]
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