Nierenkoliken, Herzattacken).
[148]
Beunruhigend empfand er auch die politische Lage mit
dem sich
abzeichnenden Krieg
mit
Napoleon Bonaparte
. Im Geiste sah Goethe sich mit
seinem
Herzog bereits bettelnd und
asylsuchend
durch Deutschland ziehen. Seine letzten
Jahrzehnte waren gleichwohl von erheblicher Produktivität und starken Liebeserlebnissen
geprägt. Als Sekretär wurde ihm
Friedrich Riemer
(seit 1805 Erzieher seines Sohnes) bald
unentbehrlich.
Späte Werke und Farbenlehre
Als unmittelbare Nachwirkung von Schillers Tod wertet Safranski, dass Goethe die Arbeit am
Faust wiederaufnahm; hinzu kam der äußere Druck vonseiten des Verlegers Cotta. Die neue
achtbändige Gesamtausgabe von 1808 sollte die erste vollständige Fassung des
ersten Teils
des Faust
enthalten.
[149]
Die Eheschließung mit Christiane
hinderte Goethe nicht, bereits 1807 eine
amouröse
Neigung
zu
Minna Herzlieb
, der achtzehnjährigen Pflegetochter des Buchhändlers
Frommann
in Jena,
zu zeigen. Von einer „kleinen Verliebtheit“, die Goethe als „Ersatz“ für den „schmerzlich
empfundenen Verlust Schillers“ erklärte, spricht Safranski.
[150]
Ein Nachklang der inneren
Erlebnisse dieser Zeit findet sich in seinem letzten Roman,
Die Wahlverwandtschaften
(1809).
Charakteristisch für
Goethe ist, wie er in diesem Werk Poesie und Naturforschung verknüpft.
In der zeitgenössischen Chemie gebrauchte man den Begriff der „
Wahlverwandtschaft
“ der
Goethes
Lebendmaske
, von
Carl Gottlieb Weisser
1807 gegossen, ausgestellt in
Thorvaldsens Museum
Elemente, den Goethe übernahm, um die „Naturhaftigkeit durch Vernunft nicht endgültig
beherrschbarer Anziehungskräfte“ zwischen zwei Paaren zu thematisieren.
[151]
1810 veröffentlichte Goethe die aufwendig ausgestattete
Farbenlehre
in zwei Bänden und
einem Band mit Bildtafeln. Mit ihr hatte er sich seit annähernd zwanzig Jahren befasst.
Safranski zufolge dienten die immer wieder aufgenommenen Farbenstudien (in
Form von
Versuchen, Beobachtungen, Überlegungen und Literaturstudien) Goethe, um vor äußeren
Turbulenzen und innerer Unruhe zu flüchten; so hatte er auch während des Feldzuges in
Frankreich und bei der Belagerung von Mainz seine einschlägigen Beobachtungen notiert.
[152]
Die Resonanz auf die Veröffentlichung war gering und erfüllte Goethe mit Unmut. Zwar
bezeugten Freunde Respekt, doch die wissenschaftliche Welt nahm sie kaum zur Kenntnis.
Die literarische Welt nahm sie als überflüssige Abschweifung in einer Zeit heftiger politischer
Umwälzungen auf.
[153]
Im Januar 1811 begann Goethe mit der Abfassung einer großen
Autobiographie, die später
den Titel
Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit
erhielt. Dabei war ihm
Bettina Brentano
behilflich, die Aufzeichnungen über Erzählungen seiner Mutter über
Goethes Kindheit und
Jugend besaß. Bettina besuchte Goethe 1811 in Weimar. Nach einem Streit zwischen ihr und
Christiane brach Goethe mit ihr.
[154]
Die ersten drei Teile der Autobiographie erschienen
zwischen 1811 und 1814. Der vierte Teil erschien erst nach seinem Tod 1833. Die
ursprüngliche Konzeption war eine als Metamorphose stilisierte Bildungsgeschichte des
Dichters mit der Betonung der „Naturhaftigkeit der ästhetischen und dichterischen
Fähigkeiten und Anlagen“. Eine Krise während der Arbeit am dritten Teil ließ
sie ihm als
unangemessen erscheinen. An ihre Stelle setzte er das Dämonische als „Chiffre […] des
übermächtig gewordenen Natur- wie Geschichtszusammenhangs“.
[155]
Do'stlaringiz bilan baham: