Aus Dettingen mit Buchhalde und Kappishäusern
Ausgabe 155
April – Mai 2016
A
us alten Tagen: In Dettingens Mitte
das
jahrhundertealte Gotteshaus,
der Turm schief, das Langhaus lässt
seine Gestalt erahnen,
dicht scharen sich
um die Kirche die Wohnhäuser, hochaufra-
gend das »Große Haus« – Zeit um 1853.
Die beiden Pfarrhäuser sind auffallend
deutlich gemalt. Auf dem Chor der Kirche
hat sich ein Storchenpaar eingerichtet, hell
grüßt der Turmhelm auf dem (alten) Rat-
haus. Vor Dettingens »Stadtmauer« gehen
ein Bauer und zwei Frauen ihrem Tagesge-
schäft nach. Verteilt ums Tuchhäusle blei-
chen hausgewobene Leintücher.
Ins Bild platziert: Ein Paar mit zwei Kin-
dern bei einem Spaziergang: es sind dies
Pfarrer Karl Christian Kapff (1813–1891),
seine aus Böblingen stammende Frau Ma-
ria Karolin, geborene Bonz, und die Kinder
Julie Jacobine Dorothee und – schön an der
Hand und in der Mode der Zeit gekleidet –
der kleine Sixt Carl Gottlieb.
Pfarrer Kapff erlebt zwei Kirchen: zum
einen, die altehrwürdige, im Juni 1864 ab-
gebrochene und die neue, unter Oberbaurat
Christian Friedrich Leins erstellte, unsere
heute 150 Jahre alt-junge Stiftskirche.
Unter Kapffs Amtszeit entsteht Neues. Er
kommt 1847 als Vikar von Esslingen nach
Dettingen, wird
erst zweiter Pfarrer und
übernimmt, jungverheiratet,
im Sommer
1848 als fast 35-Jähriger die erste Pfarrstel-
le. Seine Frau ist 23 Jahre alt. Die Tochter
Julie – das Mädchen mit Blumenstrauß –
kommt 1849 zur Welt, der Carl benannte
1851. Als drittes Kind wird 1854 Sixt Paul
Samuel geboren. Ein Jahr später stirbt die
junge Frau, noch keine 31 Jahre alt.
Eine schwere Zeit für den jungen Geist-
lichen. Kapff kümmert sich – neben der
vielen Arbeit im Pfarrdienst und den sich
nach und nach abzeichnenden Neubau der
Stiftskirche – engagiert um das geistliche
Wachstum in der Gemeinde. So sammeln
sich um ihn junge Männer im Haus der Wit-
we Gönninger
auf dem Kegelwasen, sie
studieren die Bibel,
aus einigen werden
Basler Missionsschüler, ein später als
CVJM bezeichneter Verein bildet sich. Au-
ßerdem initiiert er um 1860 die Kinderpfle-
ge, sprich die Kindergartenarbeit.
Der rührige Pfarrer stiftet 1866 eine Glo-
cke, die ihren Platz in der »Laterne« der
neuen Kirche findet. Diese Glocke mit ih-
rem hellen, weit tragenden Klang wird mit
Kapffs Namen verbunden. 1917 muss sie
für Kriegszwecke abgeliefert werden.
Kapff wechselt 1871 auf die Stadtpfarr-
stelle in Neuffen, wird Abgeordneter zur 3.
Landessynode und Ehrenbürger von Neuf-
fen. Die Tochter Julie heiratet 1874 Chris-
tian Ludwig Otto Breuninger.
Das junge
Paar zieht nach Schorndorf, wo auch Vater
Kapff bis zu seinem Lebensende am 20.
Mai 1891 wohnt.
Das wohl von Aline von Kapff (1842–
1936) gemalte Bild wird ab Palmsonntag im
Heimatmuseum gezeigt.
Albrecht Arnold
W
Auf den Seiten 6 bis 8 lesen Sie Näheres
zur »Alten Kirche«, die nach langem Hin
und Her im Jahr 1864 abgebrochen wurde.
Dettingen an der Erms ums Jahr 1853 mit Pfarrfamilie Kapff
Kostbarkeit
Ansicht unseres Heimatortes und eine Geschichte drumherum
150
Jahre
Stiftskirch
e
Dettingen