Seminaraufgaben
Womit beschäftigt sich die Textlinguistik?
Nennen Sie Richtungen bzw. Tendenzen textlinguistischer Forschung.
Antwort
1. Die Textlinguistik ist eine vergleichsweise junge Disziplin der Linguistik, die sich ab den 1960er Jahren entwickelt hat. Sie beschäftigt sich mit satzübergreifenden sprachlichen Strukturen. Nachbardisziplinen der Textlinguistik sind Literaturwissenschaft, Jura und Theologie. Vorläufer der Textlinguistik sind Gattungslehre, die Rhetorik und die Stilistik.
Eine zentrale Fragestellung der Textlinguistik (öfter wird auch von linguistischer Texttheorie oder in etwas engerem Sinn von Textgrammatik gesprochen) ist die Definition der sprachlichen Einheit Text: Durch welche Eigenschaften unterscheidet sich ein Text von einem „Nicht-Text“? (Sofern eine solche Unterscheidung als möglich erachtet wird.) Die Merkmale, die einen Text als Text kennzeichnen, sind Textualitätsmerkmale.
Um den Begriff Text zu definieren geht man gewöhnlich aus von der Etymologie des lateinischen Worts für Text (von texere = weben). Es bedeutet so viel wie Gewebe; ein Text wird danach als ein Gewebe von Sätzen aufgefasst. Texte sind in der Regel abgeschlossen, können sehr kurz sein, sogar aus lediglich einem Wort bestehen (bspw. ein Schild mit der Aufschrift Achtung). In einem anderen Verständnis wird die ganze Sprache als unendlicher Text gesehen (texte infini nach Hjelmslev). Von manchen werden in einer Überdehnung des Textbegriffs auch Hypertexte → und das Internet als ein Text betrachtet. Der Hauptunterschied zum klassischen Textbegriff liegt aber in deren Unabgeschlossenheit und mangelnder Zuordnung zu Autoren. Ein Text hat in der Regel einen Autor oder mehrere identifizierbare Autoren.
2. Als Richtungen bzw. Tendenzen textlinguistischer Forschung lassen sich unterscheiden
1) eine transphrastische oder die Satzgrenze überschreitende T. mit der Blickrichtung vom Satz zum Text (vgl. ->Transphrastik, Satzverflechtung, Vertextungstypen),
2) Textgrammatiken als Entwicklungen der generativen Transformationsgrammatik mit semantisch-logischer Fundierung und (inzwischen) komplexen pragmatischen Erweiterungen
3) eine pragmatisch und kommunikativ fundierte, handlungs- und sprechaktorientierte T., die sich z. T. als jeder T. vorgeordnete Texttheorie begreift oder, noch weiter ausholend, sich als Linguist der Kommunikation, ihrer Voraussetzungen, Bedingungen und Organisationsformen definiert
4) eine kognitionspsychologisch ansetzende und grundsätzlich interdisziplinär angelegte T., die
a) als prozedurale T. Text als kybernetisches System unter dem Gesichtspunkt von Problemlösungsverfahren bestimmt, Phänomene der Textkonstitution im Zusammenhang von Textproduktion und Textrezeption beschreibt und zur Beschreibung und Erklärung Repräsentationstechniken der ->künstlichen Intelligenz verwendet oder
b) als Textwissenschaft mit grammatischer Fundierung und pragmatischer Weiterung Anwendungsmöglichkeiten und Kooperationen in einer Reihe praxisrelevanter Bereiche anstrebt.
Auf die Notwendigkeit, bei der Untersuchung von Texten auch das einzubeziehen, was nicht mehr in der Sprache selbst liegt, weist Hartmann (1984) hin. Eine solche Interdisziplinarität habe Konsequenzen für die Gegenstands- und Methodenbildung der Linguistik. Eine T., die die Bedingungen und Prozesse der Textbildung berücksichtigt, muß ihren Gegenstand mehrdimensional konzipieren. Neben unverzichtbare analytisch-reduktive Methoden treten dann notwendig solche, die sich auf die Finalität von Texten richten. Ein Irrweg ist nach Coseriu (1981) die Auffassung von T. als allgemeiner Linguistik auf der Grundlage der als universal bestimmten Textkategorie (Linguistik als Textlinguistik). Eine Form der Textgrammatik auf der Ebene der einzelsprachlichen Strukturierung stellt die transphrastische Grammatik dar. Die eigentliche T. erkennt Texte auf der autonomen Ebene des Sprachlichen bzw. auf der Ebene der Sprache überhaupt - oder auf der Ebene der die Einzelsprachen transzendierenden universalen Möglichkeiten .
Vgl. ->Text, Textualität; Textgrammatik, Textwissenschaft, Texttheorie; Gesprächsanalyse .
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