Zum Usbeken- und Usbekistanbild im deutschsprachigen Raum


 Richard Karutz: „Von Lübeck nach Kokand“



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Diss Rakhimova 2018

3.2.3 Richard Karutz: „Von Lübeck nach Kokand“ 
Ein HNO-Arzt, der durch seine Reiseberichte bzw. Sammlungen als Ethnologe und 
Orientkenner Mittelasiens bekannt wurde, war Richard Karutz. Er reiste drei Mal nach 
Mittelasien, infolgedessen wurden zwei Reiseberichte veröffentlicht, die heute als 
bedeutende Beiträge zur Ethnologie betrachtet werden. In diesem Abschnitt werden 
einige biographische Zusammenhänge und Hintergründe seiner Turkestan-Reise 
beschrieben. 
Richard Karutz wurde am 2. November 1867 als Sohn des Kaufmannes Carl Heinrich 
Ferdinand Karutz und dessen Frau Marianne Karutz, geb. Gaertner, in der Hansestadt 
Stralsund geboren. 
Direkt nach seinem Medizin-Studium begann er seine Tätigkeit als Schiffsarzt
28

28
Sein anfänglicher Berufswunsch war es, ein Seeoffizier zu werden, der wegen seiner Kurzsichtigkeit nicht in Erfüllung ging (vgl. 


89 
angestellt von der Hamburg-Südamerikanischen Dampfschifffahrtgesellschaft, auf der 
Route von und nach Südamerika und verwirklichte somit seinen großen Wunsch, die 
Welt zu erkunden und sein Leben mit der See zur verbinden. Bereits während dieser 
Fahrten schrieb er seine ersten Reiseschilderungen, veröffentlicht im „Kieler 
Tagesblatt“. Später soll er in seinen Jugenderinnerungen diese Publikationen als 
seinen ersten schriftstellerischen Versuch bezeichnet haben.
29
Nachdem er seinen 
Wehrdienst abgeleistet hatte, praktizierte er bei seinem Bruder Paul, der als Apotheker 
tätig war, eine Zeit lang in Erfurt als Arzt. Doch seine Reiselust war stärker und er ging 
erneut zur See und reiste nach Liberia, Togo, Nigeria, Kamerun, in die Republik Kongo 
und nach Angola. Danach machte er seine HNO-Facharzt-Ausbildung in Breslau und 
eröffnete 1894 eine HNO-Praxis
30
in Lübeck (vgl. Templin 2009, S. 28-30). 
Seine erfolgreiche Tätigkeit als Arzt hinderte ihn nicht an seinen Interessen an 
Ethnologie. Im Jahr 1896 wurde Karutz nicht nur zum Mitglied der Geographischen 
Gesellschaft und des Vereins Lübecker Geschichte und Altertumskunde, sondern 
auch zum Vorsteher des Museums für Völkerkunde in Lübeck ernannt, das er 
ehrenamtlich leitete (vgl. ebd.: S. 30-48). 
Seine Reisen und sein ethnologisches Streben, fremde Kulturen zu erforschen, trugen 
dazu bei, dass er ein gutes Auge für wertvolle Kulturgegenstände entwickelte und 
diese auf seinen Reisen sammelte.
Neben seinem ethnographischen Interesse und seiner Sammeltätigkeit für das 
Museum war Mittelasien für Karutz sicher auch wegen der Frage der russischen 
Eroberung und Kolonisation Mittelasiens interessant, da das Deutsche Kaiserreich 
ebenfalls daran beteiligt war und gute politische Beziehungen und 
Handelskooperationen zum zaristischen Russland pflegte. Die erste Reise unternahm 
er im Jahr 1903, ausgestattet mit einer Einladung und Grundkenntnissen in Russisch 
(vgl. ebd.: S. 95). Er selbst begründet die Auswahl des Reiselandes mit dem Bau der 
transkaspischen Bahn in Turkestan, anthropologischen und ethnologischen 
Forschungen, sowie mit dem Studium des orientalischen Basars. Seine Sammlungen 
aus neuen Gebieten versprach er dem Museum für Völkerkunde in Lübeck (vgl. Karutz 
1904, S. 5-6).
 
Templin 2009, S. 25). 
29
Die „Jugenderinnerungen“ von Richard Karutz waren der Verfasserin vorliegender Dissertation nicht zugänglich, da diese in 
Familienauflage erschienen und nicht für das breitere Publikum gedacht waren.
30
Als HNO-Facharzt entwickelte Karutz besonderes Interesse für das menschliche Ohr. Er zog ethnographische Parallelen zum 
Ohrschmuck und zur Durchlöcherung des Ohrläppchens. Sein Interesse an Rassenfragen verband er mit der Theorie der Größe 
des Ohrs. Seiner Meinung nach haben die niedrigsten Rassen die kleinsten Ohrmuscheln (vgl. ebd.: S. 49).


90 
Karutz reiste im Februar 1903 von Lübeck ab, zunächst über die österreichische 
Grenze in Oderberg, durch Südrussland und die nordkaukasische Tiefebene, machte 
in Baku Halt und fuhr dann mit dem Schiff nach Krasnowodsk, wo er seine Reise mit 
der viel bewunderten Transkaspischen Eisenbahn nach Merw und später nach 
Turkestan fortsetzte. In mehr als drei Wochen bereiste er Buchara, Samarkand, 
Taschkent und Kokand und reiste über Baku nach Tiflis zurück. Von dort kehrte er mit 
einer Postkutsche durch den Kaukasus und über Wladikawkas, Beslan, Noworossijsk, 
die Krim, Jalta, Odessa, Warschau und Berlin zurück nach Lübeck. Er brachte über 
300 Objekte, darunter eine Sammlung archäologischer Funde aus Samarkand und 
Merw, sowie 62 Kulturobjekte, von seiner ersten Mittelasienreise aus Kokand mit, die 
er zum größten Teil dem Museum für Völkerkunde übergab (vgl. Templin 2009, S. 95-
98). Seine Reiseschilderungen veröffentlichte Karutz 1904 unter dem Titel „Von 
Lübeck nach Kokand“. 
Über seine bereits zwei Jahre später unternommene zweite Mittelasienreise schrieb 
Karutz keinen Reisebericht. Als Ausbeute dieser Reise gelten viele Kulturobjekte, die 
er dem Museum für Völkerkunde 1913 offiziell zum Geschenk machte. Die 
Phonogramme, 
bestehend 
aus 
Gesängen, 
Instrumentalstücken 
und 
Sprachaufnahmen von Kasachen, Sarten und Tataren, die er während dieser Reise 
aufnahm, zählen bis heute zu den bedeutenden ethnologischen Entdeckungen ihrer 
Art in der Mittelasienwissenschaft (vgl. ebd.: S.102-104).
Nach seinen beiden erfolgreichen Zentralasienreisen wurde die dritte Reise nach 
Turkestan gut geplant und hatte vor allem eine gute finanzielle Basis, da auch andere 
Völkerkundemuseen an Objekten für ihre wertvollen Sammlungen interessiert waren 
(vgl. ebd.: S. 105).
So fuhr er im Sommer 1909, nach dem Abschluss seiner Afrika-Expedition, auf die 
bisher wenig bekannte Halbinsel Mangyschlak. Ziel dieser Reise war die Erforschung 
der Herkunft der Turkmenen, mit der Behauptung, dass Mangyschlak die Urheimat 
aller Turkmenen sei. Auf Mangyschlak traf er aber zum größten Teil nur Kasachen, die 
damals fälschlicherweise, auch von Karutz, als Kirgisen bezeichnet wurden, und 
wenige Turkmenen. Daraufhin änderte er den Schwerpunkt seiner Forschung von 
Turkmenen auf Kasachen und untersuchte dabei auch die Beziehungen zwischen 
Kasachen und Turkmenen. Als Ergebnis dieser Reise entstand 1911 der Reisebericht 
„Unter Kirgisen und Turkmenen. Aus dem Leben der Steppe“, in dem er 
Lebensgewohnheiten der Kasachen und Kirgisen detailliert beschrieb. Auch diesmal 
brachte er 60 ethnologisch wertvolle Gegenstände sowie viele Phonographien von 
Märchen, Liedern, Sprichwörtern und Interviews mit (vgl. ebd.: 105-109).


91 
Er starb am 10. Februar 1945 nach schwerer Krankheit in Dresden (vgl. ebd. S. 324).
 
Wie bereits erwähnt, wurde sein Reisebericht „Von Lübeck nach Kokand“ erst ein Jahr 
nach seiner ersten Mittelasienreise geschrieben und 1904 in den „Mitteilungen der 
Geographischen Gesellschaft und des Naturhistorischen Museums“ veröffentlicht. Er 
beinhaltet die Schilderungen von Karutz’ Reiseroute und die Beschreibungen der von 
ihm besuchten Städte: Baku, Krasnowodsk, Merw, Buchara, Samarkand, Taschkent, 
Kokand, Tiflis und schließlich die Gegend des Kaukasus. Ein historisches Kapitel mit 
dem Titel „Kommen und Gehen der Völker in Mittelasien“ integrierte er zwischen die 
Abschnitte „Kokand“ und „Tiflis“, was wohl als sein abschließender Gedanke zum 
Thema Turkestan und zur Fragestellung „Kann Mittelasien als Urheimat der 
Indogermanen wahrgenommen werden?“ bezeichnet werden muss.
Der Reisebericht zeugt von seiner schriftstellerischen Begabung; Karutz zeichnet ein 
exotisches Orientbild mit detaillierten und bildhaften Beschreibungen. Ein wichtiges 
Orientsymbol ist für ihn Buchara:

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