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Septembertestament
Um die Jahreswende 1521/22 kamen die sogenannten
Zwickauer Propheten
nach Wittenberg.
Besonders die
Biblische Exegese
des ehemaligen Wittenberger Studenten Markus Thomae
genannt Stübner beeindruckte Melanchthon und Amsdorff. Sie hielten es für möglich, dass
die Zwickauer vom
Heiligen Geist
inspiriert seien. Stübner kritisierte die
Säuglingstaufe
. An
Neujahr beriet sich der Kurfürst deswegen mit Amsdorff und Melanchthon in
Prettin
. Eine
Rückberufung Luthers, von Melanchthon gewünscht, schien dem Kurfürsten unnötig. Die
Zwickauer sollten aus der Bibel belehrt werden, aber kein Forum für eine Disputation erhalten.
Die Brisanz des Themas Säuglingstaufe wurde zu diesem Zeitpunkt noch nicht erkannt – auch
von Luther nicht, der sich brieflich zu Wort meldete. Er kritisierte, dass die Zwickauer
anscheinend keine Anfechtungen erlebten, diese aber zu einer authentischen Gotteserfahrung
dazugehörten. Von den Zwickauer Propheten blieb nur Stübner länger in Wittenberg und
gewann hier einzelne Anhänger.
[121]
Am 24. Januar beschloss der Wittenberger Rat eine
Kirchenordnung
, an der auch die
Professorenschaft beratend beteiligt gewesen war. Neben der Abschaffung der Altäre und
Heiligenbilder und der Reform des Gottesdienstes waren soziale Änderungen vorgesehen. Aus
den kirchlichen Einnahmen wurde der „Gemeine Kasten“ begründet, ein Fonds, der Arme direkt
oder mit Darlehen unterstützen sollte. Bettelei wurde verboten. Die unerwarteten Folgen
waren ein gewaltsamer
Bildersturm
sowie ein Abwandern der Studenten aus Wittenberg –
teils wurden sie von ihren Familien zurückgerufen, teils waren sie für ihren Unterhalt aufs
Betteln angewiesen gewesen. Die kurfürstliche Regierung verbot am 13. Februar alle
Neuerungen. Sie untersagte Karlstadt und Zwilling, die man für die Unruhen verantwortlich
machte, das weitere Predigen. Am 9. Februar begann ein neues Amtsjahr des Stadtrats, zu
dem nun Luthers enge Freunde Lucas Cranach und
Christian Döring
gehörten. Sie setzten sich
für seine Rückkehr nach Wittenberg ein. Der Kurfürst war im Blick auf die politischen Risiken
unentschieden. Luther selbst strebte schon länger nach Wittenberg zurück. Ihm fehlte der
kollegiale Austausch, den er für seine schriftstellerische Tätigkeit, besonders die
Bibelübersetzung, brauchte. Der Jurist
Hieronymus Schurff
half Luther, im Auftrag des
Kurfürsten ein Schreiben zu verfassen, in dem er die Gründe seiner Rückkehr – Sorge für die
Gemeinde, Verhinderung eines Aufstands des gemeinen Mannes – darlegte. So hoffte man,
künftigen reichsrechtlichen Problemen durch Luthers Auftreten in Wittenberg begegnen zu
können.
[122]
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