Erläuterung des Verlaufs-Diagramms
Zur graphischen Darstellung sei zunächst folgendes bemerkt : Die im wesentlichen von unten nach oben verlaufenden Entwicklungswege von den “Freundeskreis-Aktivitäten” hin zum “Popstar-Typus” sollen nicht eine Art Hierarchie abbilden - schon gar keine Wertigkeit unter den einzelnen Typen andeuten.
Die abgebildeten “Entwicklungslinien” sind als in der Zeit - quasi parallel zum fortschreitenden Lebensalter eines jeweiligen Individuums - vorzustellen.
Auch die nach rechts und links aus der Graphik weisenden mit “a)” gekennzeichneten Richtungspfeile sowie die gelegentlich nach unten zeigenden bezeichnen mögliche Verläufe, die in der Zeit stattfinden : einmal die Entwicklung hin zu einem bestimmten/anderen Typus oder zum “Zwischenbereich” oder ggf. auch wieder weg davon, zum anderen den Ausstieg aus der popularmusikalischen Tätigkeit nach einer gewissen Zeit (“a)”).
Die Graphik soll veranschaulichen, wie Entwicklungen bei Akteuren, die im Rahmen dieser Untersuchung beobachtet und/oder interviewt wurden, in realiter verlaufen sind und welche Möglichkeiten u.U. darüber hinaus noch vorkommen bzw. als eher “theoretische Konstrukte” in sinnvoller Weise angenommen werden können, aber bei den untersuchten “Szene”-Angehörigen nicht vorkamen.
Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass “Typus” nicht mit “Status” zu verwechseln ist, auch wenn sich gezeigt hat, dass in der interessierenden “Szene” sehr wohl eine spezifische Art von Statusdenken anzutreffen ist 406.
Wir schlagen vor, “Typus-Zuordnung” als eine Art Merkmals-Tupel aufzufassen, welches für die einzelnen Akteuren hinsichtlich der Tendenz ihrer Einstellung zu bzw. ihres Umgang mit (popular-)musikalischer Tätigkeit sowie gradueller Ausprägung dabei zum Tragen kommender Einflussfaktoren aus Interviews und/oder teilnehmender Beobachtung zu ermitteln ist 407.
Dass sich die Zuweisbarkeit zu einem Ideal-Typus im Laufe der von den jeweiligen Akteuren durchlaufenen Karrieren mitunter ändern kann, hatte sich am Beispiel von Beat, gezeigt. Die Frage nach dem “Warum”, das für eine solche Veränderung bei einem bestimmten Individuum verantwortlich zu machen wäre, kann im Zusammenhang der hier durchgeführten Untersuchung nicht erschöpfend beantwortet werden. Hierzu wären ein genaueres Studium der jeweiligen Biographien sowie u.U. die Hilfestellung entsprechender Motivationstheorien heranzuziehen.
“Bereiche”
“Popularmusikalische Aktivitäten im Freundeskreis, erste gemeinsame Combos”: Trivialerweise ist hierunter zunächst eine Art zeitlich begrenzter Phase zu verstehen. Im Unterschied zu den anderen “Räumen” handelt es sich dabei um den einzigen Bereich, der im zeitlichen Verlauf nur ein einziges Mal im Leben der Akteure durchlaufen werden kann 408. Die flächenmäßige Ausdehnung dieses “Bereiches” soll die Vielfalt, relative Häufigkeit und bisweilen große Beliebtheit entsprechender popularmusikalischer Aktivitäten andeuten.
“Hobby-Typus”/“Das Hobby zum Beruf machen wollen”/“Profi-Typus” : Hier soll zumindest die Fläche um die beiden Ideal-Typen “Hobby-Typus” und “Profi-Typus” andeuten, dass in der Realität Akteure einem Ideal-Typus, welcher als theoretisches Konstrukt aufzufassen ist, allenfalls nur tendenziell zugeordnet werden können. Auch soll auf diese Weise veranschaulicht werden, dass die eine diesbezügliche Leseart ermöglichenden “Merkmals-Tupel” bei unterschiedlichen realen Individuen hinsichtlich Konstellation und Ausprägung der darin enthaltenen “Elemente” mit entsprechender Variationsbreite vorkommen dürften, so dass um einen bestimmten Ideal-Typus eine Art “Möglichkeitenraum tendenzieller Zuordenbarkeiten” - eher zu vergleichen mit einer “Wolke” oder einem “halo” - vorgestellt werden muss.
Der unter dem Motto “Das Hobby zum Beruf machen wollen” firmierende Bereich verdankt sein Auftauchen in der Graphik einerseits mehr einer Gedankenspielerei bezüglich einer möglichen Überschneidung der beiden o.g. “Ideal-Typus-Wolken” als der Sichtung des empirischen Materials : Dabei wurde von der Annahme ausgegangen, dass diesem Schnittbereich mindestens eine “Merkmals-Tupel”-Konstellation als zugehörig gedacht werden könnte, die gleichermaßen eine Tendenz aufweisen müsste zu ausschließlich Vergnügen bereitenden Aspekten der Popularmusikpraxis (“Hobby-Typus”) wie auch zur Bereitschaft zu nicht Vergnügen bereitender popularmusikalischer Tätigkeiten. Dieses würde jedoch zumindest auf einen logischen Widerspruch hinauslaufen.
Andererseits ist etwa Willis´ Beschreibungen der Hippie-Subkultur zu entnehmen, dass von den Hippies zwar der hedonistische sowie der spirituelle Aspekt einer bestimmten Popularmusikpraxis (“progressive Rockmusik”) so hoch geschätzt wurde, dass Musikern, die durch solche musikalische Tätigkeit den Lebensunterhalt (“Profi-Typus”) bestreiten konnten und die sich aber nicht im kommerziellen Popularmusikbereich betätigten, in Hippie-Kreisen eine gewisse Achtung zuteil wurde - wobei “kommerziell” hier als Synonym für “professionell” steht (vergl. hierzu auch die Ausführungen von DJ). Dies legte letztendlich die Vorstellung nahe, die beiden genannten “Ideal-Typus-Wolken” durch eine zusätzliche Sphäre zu verbinden 409.
Gewisse zeitweilige Ausrichtungen auf den Bereich : “Das Hobby zum Beruf machen wollen” finden sich bei einem dem “Profi-Typus” zuzuordnenden Musiker (Side-man), der es sich aufgrund seiner ihm aus einer Erbschaft erwachsenen finanziellen Sicherheit erlauben konnte, nicht unbedingt auf jede Offerte eingehen zu müssen. Auch kann das Beispiel eines “Hobby-Typus”-Musikers in diesen Zusammenhang eingeordnet werden, der als passionierter Tanzmusiker in einer der derzeit arriviertesten lokalen Combos dieses Genres involviert war, aber dennoch die Sicherheit seines Beamtenstatus nicht gegen sein Hobby-als-Beruf eintauschen wollte (Gala).
In der graphischen Darstellung wären solche “Real-Typen” etwa in die Schnittbereiche einzuordnen, die von “Das Hobby zum Beruf machen wollen” mit dem “Profi-Typus”-Bereich (Side-man) sowie dem “Hobby-Typus”-Bereich (Gala) gebildet werden.
Der “Zwischenbereich” : Dieser Bereich entspricht nicht einem der oben genannten “Möglichkeitenräume tendenzieller Zuordenbarkeiten”.
Zwar zeichneten sich bei dieser Sphäre zuzuordnenden Akteuren Tendenzen hin zu den genannten Ideal-Typen ab. Mindestens in einem der beobachteten Fälle waren diese Tendenzen ab einem bestimmten Zeitpunkt Schwankungen zwischen Typus A)/“Hobby” und Typus B)/“Profi” unterworfen, während parallel die Option einer bürgerlichen beruflichen Karriere aufschien. Nicht selten fand der Aufenthalt im “Zwischenbereich” mehr oder weniger zeitgleich mit der durch ein Studium bedingten Postadoleszenz Phase statt. Die genannten Schwankungen traten z.B. dann auf, wenn etwa nach Beendigung des Zivildienstes die Frage zu entscheiden war, welchen weiteren beruflichen Werdegang man zukünftig einschlagen wolle. Dabei lieferte den Hintergrund, dass eine bereits während der Schulzeit aus Freundeskreis-Aktivitäten entstandene gemeinsame popularmusikalische Tätigkeit sich dauerhaft und in musikalischer Hinsicht positiv entwickelt hatte und man die Tätigkeit deswegen nicht aufgeben wollte (Langer) und/oder man mittlerweile auch für den eigenen weiteren Werdegang eine “professionelle”, nicht ausschließlich auf Popularmusik ausgerichtete Musikertätigkeit in Betracht zu ziehen begann (Lehrer).
Auch konnten gelegentlich ein sich abzeichnendes Ende des Studiums (Examen) bzw. andere Gründe die Notwendigkeit erforderlich machen, das Studium auf Kosten der popularmusikalischen Tätigkeit intensiver betreiben zu müssen. Ein Beispiel liefert die teilnehmende Beobachtung : So schob z.B. ein Mitglied einer lokalen Nachwuchs-Combo aus der interessierenden “Szene” die nach Beendigung seiner Lehrerausbildung anstehende Bewerbung für das möglicherweise in einer anderen Stadt abzuleistende Referendariat zunächst deswegen hinaus, weil er sich noch eine Weile an der sich gerade etwas verheißungsvoller entwickelnden Karriere der gemeinsamen Musikgruppe beteiligen wollte.
Für Langer, einen der Akteure aus der “Vorstudie 81/82”, ergab sich ein entsprechender Konflikt gleich zweimal - zunächst nach dem Abitur : Einerseits wollte er gern weiterhin einer popularmusikalischen Tätigkeit nachgehen und auch seine Combo (Deutsch-rock) nicht aufgeben, der er seit seiner Schulzeit angehörte und zu deren anderen Mitgliedern er freundschaftliche Beziehungen unterhielt. Andererseits war er sich nicht sicher, ob er sich eine Intensivierung der musikalischen Tätigkeit - mittels eines Musikstudiums - zutrauen konnte und ob solch ein beruflicher Werdegang überhaupt seinen Neigungen entsprochen hätte. Er entscheidet sich schließlich für ein Sozialwissenschaftsstudium an der Universität Osnabrück, was ihm zumindest ermöglicht, seine Kapelle nicht aufgeben zu müssen.
Langers Entwicklung verläuft somit zunächst vom “Zwischenbereich” zum “Hobby-Typus”-Musiker, da davon auszugehen ist, dass er sein Studium nicht aus Alibi-Gründen bzw. nur pro forma aufgenommen hat. Weil sich für seine Combo inzwischen gewisse Aussichten abzeichnen - einmal steht man sogar kurz vor einem Schallplatten-Deal - und er einer “Professionalisierung” der Band nicht unbedingt abgeneigt gegenübersteht, geht Langers idealtypologische Entwicklung zunächst zurück zum “Zwischenbereich” - mit Tendenz zu “Das Hobby zum Beruf machen wollen” 410 und zum “Profi-Typus”-Musiker.
Langer nimmt weiterhin Gitarren-Unterricht bei einem Jazz-Gitarristen und besucht andere Angebote der Jazz-/Pop-/Rock-Abteilung des Städt. Konservatoriums. Außerdem beteiligt er sich weiterhin an der gemeinsamen Combo, auch als diese unter dem Einfluss eines lokalen Musikproduzenten einen kommerzieller ausgerichteten Weg beschreitet und ein Freund und langjähriges Gruppenmitglied (Humor) auf Betreiben des Produzenten genötigt wird, die Gruppe zu verlassen. Nach dem endgültigen Scheitern der popularmusikalischen Ambitionen seiner Combo sowie nach mehreren ABM-Stellen stand Langer als examinierter Sozialwissenschaftler inzwischen erneut vor dem Problem, wie er seinen weiteren Lebensweg gestalten soll. Er wählte diesmal über eine Zusatzqualifikationsmaßnahme des Arbeitsamtes den Weg aus Osnabrück heraus und hinein in eine weitere ABM-Stelle. Hinsichtlich seiner popularmusikalischen Tätigkeit, die Langer zeitweise fast eingestellt, später aber wieder aufgenommen hatte, ist er jetzt dem “Hobby-Typus” zuzuordnen. Nach dem letzten Stand der Information ist Langer inzwischen wieder arbeitslos.
In einer vergleichbaren Situation befand sich auch Lehrer : Bereits während seiner Schulzeit hatte er Unterricht auf der Jazz-Gitarre sowie auf der klassischen Gitarre, an diversen Jazz-Kursen bzw. an entsprechenden Konservatoriumsangeboten teilgenommen und bisweilen sogar mit dem Gedanken gespielt, ein klassisches Gitarrenstudium aufzunehmen.
Anders als Langer war Lehrer jedoch mehr bemüht, nach Möglichkeiten zur Verwertung seiner musikalischen Fertigkeiten/Fähigkeiten bzw. für sein diesbezügliches Weiterkommen zu suchen : Er nahm als Solist und mit seinen Combos an Jazz-Wettbewerben teil, gewann auch hin und wieder, spielte zeitweilig in einem Landesjugend-Jazzorchester, beteiligte sich auf der klassischen Gitarre am Wettbewerb “Jugend musiziert” und unterhielt auch Kontakte zu professionellen Musikern der lokalen “Szene”.
Ein Lehramtsstudium als Gymnasiallehrer für die Fächer Deutsch und Musik ermöglichten es Lehrer, einerseits seine bereits erworbenen musikalischen Fähigkeiten/Fertigkeiten im Rahmen seiner Ausbildung einzusetzen und zu erweitern - er bekam als Musikstudent kostenlosen Instrumentalunterricht -, andererseits aber auch, seine diversen musikalischen Aktivitäten weiterhin zu verfolgen, wobei ihm - mittels seines Studiums - immer noch die Option auf eine “bürgerliche” berufliche Karriere offenstand. Dass Lehrer bewusst so verfuhr, kann aufgrund seiner Interviewstatements angenommen werden. Darin bringt er zum Ausdruck, er habe sich bisweilen auch für die wirtschaftliche Situation seiner - meist professionellen - Lehrer interessiert und gesehen, dass es darum meist eher schlecht bestellt gewesen sei und dass er sich seine Zukunft - auch als Musiker - anders vorstelle. Er würde deswegen sogar Offerten aus dem Tanzmusikbereich annehmen oder - zumindest zeitweilig - eine musikfremde Tätigkeit ausüben. Obschon Lehrer wegen der von ihm offen gehaltenen Option einer Lehrerkarriere eher dem “Zwischenbereich” zuzurechnen ist, verhielt er sich - was Einstellung und Arbeitsweise anbelangt - mehr wie ein “Profi-Typus”-Musiker 411.
Dass ein Aufenthalt im “Zwischenbereich” nicht unbedingt mit einer durch ein Studium bedingten Postadoleszenzphase zusammenfallen bzw. sich mit dieser überlappen muss, zeigt das Beispiel von Lederjacke, der aufgrund seines ersten Interviews zunächst dem “Profi-Typus” zugeordnet wurde : Nachdem er wegen familiärer Schwierigkeiten eine Tätigkeit als freier Produzent aufgegeben hatte, die häufig seine Abwesenheit vom Wohnort erforderlich machte, ging er zwar zunächst einer ganz anderen Tätigkeit nach - Lederjacke eröffnet einen Laden für “Second-Hand”-Mode -, unternahm aber immer noch hin und wieder wegen kleinerer Produktionen und/oder Engagements als Tontechniker Reisen in andere Städte, spekulierte auch bisweilen auf die Wiederaufnahme seiner Produzententätigkeit. Insofern wies Lederjacke während seiner “Zwischenbereichsphase” immer noch eine deutliche Tendenz hin zum “Profi-Typus”-Musiker auf. Nachdem er jedoch in einer örtlichen “Merchandising”-Firma fest angestellt wurde und inzwischen für die Erziehung von zwei Kindern verantwortlich ist, geht er zwar noch einer popularmusikalischen Tätigkeit in einer Musikgruppe nach - diesmal jedoch nur als Bassist und mit deutlicher Tendenz zum “Hobby-Typus”.
“Popstar-Typus” : Dass mit diesem “Item” nicht eine Art Spitzenposition einer wie auch immer aufzufassenden “Hierarchie” bezüglich der musikalischen Tätigkeit gemeint ist, sondern ebenfalls eine Art “Möglichkeitenraum” für auf lokaler Ebene vorkommende Akteure, wurde bereits weiter oben bemerkt. Genau wie die Entwicklung eines Akteurs hin zum “Popstar-Typus” nicht stringent verlaufen muss (siehe “Linie 6)”), d.h. ohne andere “Typus-Bereiche” zu berühren oder zu durchqueren, so ist eine solche Entwicklung auch nicht als irreversibel aufzufassen.
“Entwicklungslinien”
“a)” : Das “a)” steht in diesem Fall für “Ausstieg”, Ausstieg zumindest aus der gemeinschaftlichen popularmusikalischen Tätigkeit. Es sei darauf hingewiesen, dass die “a)”-Linien als Entwicklungslinien skizzieren helfen sollen, an welchen Stellen des Tätigkeitsverlaufs Prozesse in einer anderen Entwicklungsrichtung - weg von der popluarmusikalischen Tätigkeit - denkbar wären 412.
Mit einem Einschwenken auf eine “a)”-Linie ist nicht dasjenige Ereignis gemeint, wenn jemand bekundet : “Ich verlasse jetzt meine Combo XY!” oder : “Ich will nie wieder Musik machen!”.
Aus den Interviews bzw. teilnehmenden Beobachtungen ergibt sich, dass ein vollständiger Ausstieg aus der musikalischen Tätigkeit häufiger während der Phase “Popularmusikalische Aktivitäten im Freundeskreis, erste gemeinsame Combos” erfolgt als aus späteren Phasen.
Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass nach einem “Ausstieg” weiterhin ein Instrument gespielt wird, wie etwa im Fall eines Akteurs, der in der Nachfolgeformation von Spaß´s “progressiver” Rockgruppe als Gitarrist mitgewirkt hatte : Nachdem auch diese Combo sich aufgelöst hatte, betätigte sich der Akteur noch einige Jahre in verschiedenen lokalen Gruppen vorzugsweise mit Ausrichtung auf das Jazz- bzw. Jazz-Rock-Genre, um sich schließlich mit der Begründung, seine musikalisch/handwerklichen Fähigkeiten verbessern zu wollen, nahezu vollständig aus gemeinschaftlicher popularmusikalischer Tätigkeit zurückzuziehen. Nach umfänglichen Geldausgaben für Musikinstrumente und elektronisches Equipment wandte er sich schließlich ganz von popularmusikalischer Tätigkeit ab, kaufte einen teuren Konzertflügel und beschäftigte sich seitdem nur noch mit klassischer Musik.
Andere Akteure, die z.B. aus dem “Zwischenbereich” oder aus dem “Profi-Typus”-Bereich zeitweilig in eine nicht-musikalische Tätigkeit wechselten (Langer, Journalist) oder die sich auf ihrem weiteren Lebensweg in beruflicher Hinsicht ausschließlich einer “bürgerlichen”, zumindest aber nicht-musikalischen Karriere widmeten 413, vollzogen vor diesem Hintergrund eine Entwicklung zum “Hobby-Typus”-Musiker, oder sie wechseln in den Tanzmusik- bzw. “Top 40”-Bereich über (z. B. einzelne Mitglieder der Gitarren-Pop-Band-Formation).
Ein Ausstieg aus dem Bereich “Das Hobby zum Beruf machen wollen” konnte nicht aus den Interviews bzw. den teilnehmenden Beobachtungen nachvollzogen werden. Ebenso konnte in dem interessierenden Personenkreis kein Ausstieg aus dem “Hobby-Typus”-Bereich festgestellt werden.
“1), 2), 3), 3a)” : Hier werden irreversible Entwicklungen dargestellt, die vom Bereich “Popularmusikalische Aktivitäten im Freundeskreis, erste gemeinsame Combos” zu den Idealtypus-Zonen “Hobby-Typus”, “Profi-Typus”, “Das Hobby zum Beruf machen wollen” sowie zum “Zwischenbereich” führen können.
Mit den Verbindungen “3b)”, “3c)” und “3d)” sind sowohl “Tendenzen” bezeichnet, die bei “Zwischenbereichs”-Akteuren hinsichtlich der Bereiche “Hobby-Typus”, “Das Hobby zum Beruf machen” oder “Profi-Typus” vorhanden sein können, als auch tatsächliche - in diesem Fall im Laufe der Zeit reversible - Entwicklungen, die hin zu den drei genannten Bereichen führen sowie ggf. aber auch wieder davon weg.
Ein Beispiel für Linie “1)” mag Spaß abgeben, der - wie er sagt - zu seiner popularmusikalischen Tätigkeit bereits sehr früh eine hobbymäßige Einstellung gehabt hatte. Da von ihm eine Phase gewisser beruflicher Unentschlossenheit bekannt ist, in der er ferner auch nicht seinem erlernten Beruf nachging, sondern Gelegenheitsjobs ausübte, mit dem Gedanken spielte, in Berlin eine Erzieherausbildung zu absolvieren sowie wieder Mitglied in einer relativ gut beschäftigten lokalen Tanz-Combo wurde, kann bei Spaß´s Entwicklung zudem im Hinblick auf einen Aufenthalt im “Zwischenbereich” interpretiert werden 414.
Für Linie “2)” lässt sich in dem untersuchten Personenkreis kein Entwicklungs-Beispiel angeben. In diesem Zusammenhang war eine Art “zeitlich begrenzter Hilfs-Ideal-Typus” angenommen worden, der aus dem Hintergrund der Hippie-Ideologie der 1970-er Jahre abgeleitet wurde, so dass entsprechende Entwicklungen in realiter denkbar wären (vergl. DJ). Insofern kann das Nichtvorhandensein einschlägiger Beispiele auch auf das Fehlen von Zeitzeugen unter den Interviewten zurückgeführt werden.
Beispiele für Entwicklungen, auf denen zunächst Linie “3)” gefolgt wird, können zunächst Mitglieder der bereits in der “Vorstudie 81/82” vorkommenden Combos Deutsch-rock (Langer, Humor, W. R.), Jazz-rock und Funk-rock (E. M.G., Journalist, Bassistin) liefern, ebenfalls einige unter den später Interviewten wie Lehrer und Paradiddle sowie einige Mitglieder der Gruppen Gitarren-Pop-Band und Hard-rock.
Im weiteren Verlauf des Aufenthaltes im “Zwischenbereich” zeigen sich bei Mitgliedern der “Vorstudien”-Gruppen Deutsch-rock, Jazz-rock und Funk-rock gewisse Tendenzen hin zu dem Bereich “Das Hobby zum Beruf machen wollen”, die allerdings bereits weiter oben auf die Nachwirkungen der Hippie-Ideologie der 1970-er Jahre hin interpretiert wurden und später durch Entwicklungsverläufe hin zum “Profi-Typus” (z.B. bei Langer, Humor, W. R. - alle Mitglieder von Deutsch-rock), “Hobby-Typus” (Langer, W. R.) und “Popstar-Typus” (Humor, W. R.) abgelöst wurden 415.
Demgegenüber ist Lehrers “Zwischenbereichs”-Aufenthalt eher als eine Art Ausgangspunkt für Entwicklungs-Exkursionen in den Bereich “Profi-Typus” - s. o. - zu interpretieren, da er sich kontinuierlich und anscheinend auch ernsthaft um eine bürgerliche Option - die Gymnasiallehrer-Karriere - bemühte.
Paradiddles Entwicklungsweg im Hinblick auf den “Profi-Typus”-Bereich verläuft stringenter : Nach seinem Aufenthalt im “Zwischenbereich”, der bei parallel zu bzw. sich überlappend mit seinem Jura-Studium stattgefunden hatte und wobei er - gemäß seinen Äußerungen im Interview - bereits stark in Richtung auf den “Profi-Typus”-Bereich tendierte, nahm er an einem ABM-Projekt für arbeitslose Musiker teil und begann danach - über eine Tätigkeit an einer Musikschule, Erteilung von Privatunterricht, Tanzmusikmachen, Beteiligung und/ oder Initiierung diverser Band-Projekte - seinen Lebensunterhalt durch musikalische Tätigkeit sicherzustellen.
Die Linie “3a)” kennzeichnet den mehr oder weniger nahtlosen Übergang von der Phase “Popularmusikalische Aktivitäten im Freundeskreis, erste gemeinsame Combos” zum Bereich “Profi-Typus”. Wie das zitierte Statement aus dem Interview von Harley - s. o. - sowie Äußerungen von Beat und Lederjacke zeigen, dürfte es sich bei der in diesem Zusammenhang postulierten “Entscheidung” im wesentlichen um eine “Entscheidung unter Unkenntnis” im Sinne einschlägiger psychologischer bzw. handlungstheoretischer Ansätze (vergl. Werbik 1978, ebenso Lee 1977) handeln bzw. gehandelt haben. Beispiele liefern hier Beat, der bereits in den 1960-er Jahren mehr oder weniger unmittelbar nach Beendigung seiner Ausbildung mit seiner Beat-Combo eine professionelle Laufbahn einschlug, sowie die Mitglieder der Combo New-wave, die etwa ebenfalls zu einem solchen Zeitpunkt dem Popularmusik-Business beitraten - allerdings zu Beginn der 1980-er Jahre.
Im Fall von Harley (New-wave) kann der Entwicklungsweg in diesem Zusammenhang als etwa mit “5)” weiterführend vom “Profi-Typus” zum “Popstar-Typus” bzw. auch nach dem Scheitern von New-wave, während eines “Zwischenbereichs”-Aufenthaltes einsetzend, gedacht werden :
“3a)” – “Profi-Typus”/“3d)” – “Zwischenbereich”/“5a)” und “6)” – “Popstar-Typus” 416
In Lederjackes (New-wave) Entwicklung zeichnet sich eine “Bewegung” ab, die zeitlich - zu Beginn der 1990-er Jahre - mit einer Phase familiärer Schwierigkeiten zusammenfällt, die ihn u.a. zur Aufgabe seiner Tätigkeit als freier Produzent genötigt hatten. Die “Bewegung” in Lederjackes Entwicklung führt in einen “Zwischenbereichs”-Aufenthalt, während dem er zunächst noch an einer mit erheblichen Abstrichen betriebenen Produzententätigkeit festhält, um sich später auf eine nicht-musikalische Tätigkeit zu orientieren, die im Umfeld des Popularmusik-Business angesiedelt ist und die es ihm erlaubt, seinen familiären Obliegenheiten besser nachkommen zu können. Als “Hobby-Typus”-Musiker” und Bassist geht er jedoch nach wie vor einer popularmusikalischen Tätigkeit in einer Combo nach. Vor diesem Hintergrund wäre Lederjackes “typologische Entwicklung” etwa wie folgt zu skizzieren :
“3a” – “Profi-Typus”/”3d)” – “Zwischenbereich”/“Hobby-Typus”
“4), 5), 6), 7)” : Auch diese “Entwicklungsstränge” sind gemäß der Darstellung in ihrem Verlauf vom Bereich “Popularmusikalische Aktivitäten im Freundeskreis, erste gemeinsame Combos” bis zum Eintritt in die jeweiligen idealtypischen Bereiche “Hobby-Typus”, “Profi-Typus”, in “Das Hobby zum Beruf machen wollen” sowie den “Zwischenbereich” als irreversibel zu denken. Die einzelnen “Stränge” wurden in der graphischen Darstellung sichtbar durch die dargestellten Bereiche verlegt, um anzudeuten, dass Akteure auf ihrem typologischen Entwicklungsweg in den “durchquerten” Bereichen Attribute bzw. Merkmale aufnehmen und in ihrer jeweils speziellen Real-Typus-Ausprägung des “Popstar-Idealtypus”- in mehr oder weniger veränderter Form - beibehalten können. Ebenso soll die Möglichkeit aufgezeigt werden, dass einmal begonnene und entsprechend “merkmalisierbare” Entwicklungen in Richtung auf den “Popstar-Ideal-Typus”-Bereich auch in einem der zu durchlaufenden “Räume” quasi “versickern”, darin eine andere Richtung annehmen können bzw. dass auch bislang den besagten Bereichen zugeordnete Akteure “Popstar-Typus”-Entwicklungswege einschlagen könnten.
Der mit “6)” gekennzeichnete Strang steht für die Möglichkeit einer Entwicklung, in deren Verlauf keine Merkmale aus den anderen der graphisch dargestellten Räume bzw. Ideal-Typus-Bereiche aufgenommen und/oder weitertransportiert werden.
Die Verbindung “5a)” kennzeichnet die Option, dass bei zunächst anders merkmalisierten Akteuren - nach einer “Zwischenbereichsphase” - die weitere Entwicklung in Richtung des “Popstar-Idealtypus”-Bereiches verlaufen kann (Linie “6)”) bzw. dass der letztgenannte Entwicklungsweg ggf. durch einen “Zwischenbereichs-Aufenthalt” ausgesetzt werden kann.
Ein Beispiel für eine gemäß Linie “4)” verlaufene Entwicklung mag der oben beschriebene Elvis-Presley-Imitator liefern, der seinen Broterwerb als Industriearbeiter bestreitet und außerdem Familienvater ist 417.
Gemäß Linie “5)” verlaufend könnte etwa der Entwicklungsweg von Profi interpretiert werden. Es muss jedoch eingeräumt werden, dass eine “professionell ausgerichtete Brechung” von Profis “typologischer Entwicklungslinie” möglicherweise eher auf seine bereits vor seinem Musikstudium beginnende und zeitweilig parallel zu den Aktivitäten mit seiner Bluesband stattfindende Tätigkeit im Tanzmusiklager sowie mit lokalen Vertretern des Bereichs der sog. “volkstümlichen Unterhaltungsmusik” (vergl. S. B.) zurückgeführt werden kann.
Dafür, wann genau und ob überhaupt Profi auf seinem Entwicklungsweg einen “Zwischenbereichs”-Aufenthalt gehabt haben könnte, finden sich im Interview keine erhärtenden Statements. Auch ergaben sich keine diesbezüglichen Befunde aus der teilnehmenden Beobachtung. Eventuell - wenn überhaupt - könnte es einen Aufenthalt im “Zwischenbereich” vor Profis Eintritt in das Musikstudium und/oder überlappend mit demselben gegeben haben.
Ein Beispiel für eine der Linie “6)” entsprechenden Entwicklung könnte ein inzwischen zu nationaler Berühmtheit gelangter und mittlerweile nicht mehr in Osnabrück wohnhafter Rockschlager-Sänger liefern, der in die untersuchte “Szene” allerdings nicht involviert war, als er zu Beginn der 1980-er Jahre vom Musik-Business entdeckt wurde. Ebenso kann die “typologische Entwicklung” von Humor und W. R. nach einem “Zwischenbereichs-Aufenthalt”, der u.a. wegen des Auseinanderfallens der gemeinsamen Combo Deutsch-rock und eines darauf folgenden Zeitraums verschiedenen Ausprobierens und Inangriffnehmens neuer Projekte interpretiert wurde, als - nach Übergang mittels “5a)” - diesem Strang folgend betrachtet werden (s.o.).
Die Verbindungen “7a), 7b) und 7c)” kennzeichnen die Möglichkeiten, dass Akteure
- nach dem Verlassen des Bereiches “Popularmusikalische Aktivitäten im Freundeskreis, erste gemeinsame Combos” auf Strang “7)” – “Popstar-Typus”, Tendenz “Das Hobby zum Beruf machen wollen” - über “7a)” in einen “Zwischenbereichs”-Aufenthalt eintreten können,
- mit “7b)” nach einem Aufenthalt im “Zwischenbereich” in die typologische Entwicklungsrichtung “7)” – “Popstar-Typus”, Tendenz “Das Hobby zum Beruf machen wollen” - einschwenken können,
- sowie sich Akteure nach einem “Zwischenbereichs-Aufenthalt” mit “7c)” und “4)” – “Popstar-Typus”, Tendenz “Hobby-Typus” - in ihrer jeweiligen Entwicklung weiterbewegen können, wobei Verläufe über “7b)” und “7c)” auch in umgekehrter Richtung, also als im Laufe der Zeit reversibel denkbar sind .
Da in dem untersuchten Personenkreis kein Beispiel für einen Entwicklungsverlauf mittels der Stränge “7a)”, “7b)” und “7c)” auffindbar war, müssen die genannten Möglichkeiten an dieser Stelle als theoretische Erwägungen dahingestellt bleiben.
“8), 8a), 8b)” : Die Verbindung “8)” steht für die Möglichkeit, dass eine Entwicklung vom “Profi-Typus” hin zum “Hobby-Typus” stattfinden kann oder umgekehrt, ohne dass dabei eine andere Sphäre durchlaufen wird, wobei die Entwicklung mit der Zeit auch wieder in entgegengesetzter Richtung stattfinden, also reversibel gedacht werden kann.
Ein Beispiel mag hier Beats Fall abgeben, der nach der Beendigung seiner professionellen Beat-Combo-Zeit, zunächst einer semi-professionellen Tätigkeit nachgeht, um sich schließlich nach einem Fachhochschulstudium in Osnabrück zu einem “Hobby-Typus”-Musiker zu entwickeln.
“8a)” und “8b)” stehen für zunächst lediglich auf theoretischer Ebene in Erwägung gezogene Möglichkeiten von mit der Zeit reversiblen Entwicklungen vom “Hobby-Typus” zum “Profi-Typus” und umgekehrt - über den Bereich “Das Hobby zum Beruf machen wollen” verlaufend 418.
Harleys Aussagen, dass sowohl die Hippie-Kultur der 1970-er Jahre als auch die in der zweiten Hälfte der 1970-er Jahre aktuellen “Glam-Rock”-Stars in der Früh-Phase seiner popularmusikalischen Tätigkeit einen starken Einfluss ausgeübt haben, sowie Statements über den Eintritt seiner Combo New-wave ins Popularmusik-Business hatten den Hintergrund dafür geliefert, seine “typologische Entwicklung” zunächst in der dargestellten Weise aufzufassen : “7)” – “Popstar-Typus”, Tendenz “Das Hobby zum Beruf machen wollen”. Das “Ende” dieser “Entwicklung” ist im Bereich “Das Hobby zum Beruf machen wollen” lokalisiert worden.
Aufgrund von Statements eines ehemaligen Kollegen (Lederjacke I./II.) und einiger anderer Ausführungen, die Harley im Interview macht, dürfte sich - möglicherweise noch während des Bestehens von New-wave - eine Änderung in Harleys “typologischer Entwicklung” in Richtung “Profi-Typus”-Bereich vollzogen haben, welche sich als Strang “8a)” folgend interpretieren ließe.
Harleys “typologischer Entwicklungsverlauf” würde also gemäß dieser Ausdeutung ein Beispiel für einen Übergang vermittels “8a)” von der Sphäre “Das Hobby zum Beruf machen wollen” hin zum Bereich “Profi-Typus” liefern.
Im Hinblick auf andere Beispielfälle von entlang den Strängen “8a)” und/oder “8b)” verlaufenden typologischen “Entwicklungsübergängen” ließ sich das vorliegende empirische Material nicht interpretieren.
Es soll nicht abgestritten werden, dass zum Aspekt der “typologischen Entwicklung” der untersuchten Akteure auch noch weitere Verlaufs-Interpreta-tionen angegeben werden können als die im vorangegangenen dargestellten bzw. skizzierten und/oder dass sich ggf. zu letzteren auch noch “Alternativen” ermitteln ließen. Jedoch wäre unseres Erachtens nach das zum gegebenen Zeitpunkt zur Verfügung stehende empirische Material für ein solches Vorhaben nicht ausreichend. Es müsste - wie bereits weiter oben angedeutet - um zusätzliche vertiefende Kenntnisse nicht nur bezüglich der “musikalischen Biographien” erweitert werden. Solches Prozedere würde unseres Erachtens den Rahmen der hier durchgeführten Studie sprengen.
Einen ähnlichen Zweck dürfte auch eine Diskussion weiterer, allerdings rein theoretischer Möglichkeiten und/oder entsprechender “Entwicklungs-Optio-nen” erfüllen, die sich aus dem graphisch dargestellten Modell ableiten ließen.
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