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3.2 Reiseautoren der Turkestanzeit
3.2.1 Hermann Vámbéry: „Reise in Mittelasien“
Etwa fünf Jahrhunderte nach Schiltberger setzte sich Hermann Vámbéry ernsthaft mit
Entstehung und Geschichte des
Türkenvolkes
auseinander. Im Vorwort seines Buches
„Das Türkenvolk“ beklagt er den Aufmerksamkeitsmangel der Forscher an dieser
Region:
„
Das Türkenvolk, das unter allen Völkern der Erde noch heute sich der grössten
geographischen Verbreitung rühmen kann, dessen unbändige Wanderlust und
kriegerischer Sinn in der Geschichte Asiens und Europas die bedeutendsten
Veränderungen hervorgerufen, und im Völkerrahmen der Alten Welt so manch
interessantes ethnologisches Räthsel geschaffen hat, ist von der modernen
Wissenschaft noch lange nicht [mit] der gebührenden Aufmerksamkeit gewürdigt
worden.
“
(Vámbéry 1885, S. V)
Über Vámbéry lässt sich unendlich viel schreiben und noch mehr diskutieren. War er
ein Wissenschaftler, Orientalist, der sich am liebsten
der Zentralasienforschung
widmete, oder ein Doppelagent? Im Folgenden wird versucht, aus dem
Informationsmeer
seine
wichtigsten
Daten
zu
seinen
Mittelasienreisen
herauszuarbeiten und seine diesbezüglichen Werke in Kürze zu beschreiben.
Hermann Vámbéry kam 1831 oder 1832 in der Familie eines frommen, aber armen
Talmud-Gelehrten in der Kleinstadt St. Georgen (heute Jur pri Bratislave) zur Welt. Er
war das zweite Kind in der Familie und wurde einfach
Chaim oder auch Haschele
genannt. Nachdem sein Vater früh verstarb, zog seine Mutter ihre beiden Kinder in
sehr einfachen Verhältnissen groß. Hermann litt schon als Kind unter einem lahmen
Bein. Die Armut und seine Behinderung trugen zu seiner Charakterstärke bei, zudem
war er sehr sprachbegabt: Mit acht Jahren beherrschte er Deutsch und Ungarisch und
konnte Texte des Alten Testaments aus dem Hebräischen übersetzen. Er wurde von
der Mutter auf eine christliche Schule geschickt und konnte seine Lateinkenntnisse
erweitern, später latinisierte er sogar seinen Vornamen auf Arminius (Armin). Bald
darauf begann Hermann als Privatlehrer Geld zu verdienen,
um die materiellen
Verhältnisse seiner Familie aufzubessern (vgl. Simons (Hrsg.) 1983, S. 10-11).
Sein Interesse am Orient nahm seinen Anfang in Wien, wo er im Alter von 18 Jahren
den bekannten österreichischen Orientalisten Josef von Hammer-Purgstall
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kennenlernte. Hammer-Purgstall sah seine besondere Begabung für die Sprachen und
forderte ihn auf, seine Studien fortzusetzen. Trotz der harten Umstände lernte
Vámbéry weitere Sprachen wie Französisch, Italienisch und Russisch. Darüber hinaus
widmete er sich immer mehr den orientalischen Sprachen wie Türkisch und Arabisch.
Nach seiner Rückkehr
nach Pest begann er, von den Steppen Zentralasiens zu
träumen. In Asien sah er die Herkunft des ungarischen Volkes und der ungarischen
Sprache und setzte sich zum Ziel, dies zu erforschen (vgl. ebd.: S. 11-13).
Im Frühjahr 1857 trat er seine lang ersehnte große Reise nach Konstantinopel an. Dort
halfen ihm seine guten türkischen Sprachkenntnisse: Zunächst verdingte er sich als
Geschichtenerzähler in türkischen Kaffeehäusern, kurz darauf fand er eine gute
Anstellung als Privatlehrer bei einem hohen türkischen Würdenträger. Auf diese Weise
lernte er den jungen Prinzen Abdul Hamid kennen, den er als englischer Geheimagent
wieder treffen sollte. Die Bekanntschaft mit dem fanatischen
Mullah Ahmed Effendi
spielte bei der Vorbereitung der Zentralasien-Reise eine wichtige Rolle, denn Vámbéry
versuchte, durch ihn die innere Welt der Muslime zu verstehen. Er besuchte dabei
sogar eine bekannte Koranschule und konvertierte zum Islam; so wurde er zu Raschid
Effendi (vgl. ebd.: S. 13).
Im Jahr 1858 wurde sein erstes Buch veröffentlicht, das Deutsch-Türkische
Taschenwörterbuch, das zugleich als die erste auf Deutsch erschienene Publikation in
der Türkei gilt (vgl. Bock-Luna 2003, S. 21). Vier Jahre später erschien in Pest sein
zweites Buch, das „Tschagataiisch-Türkische Wörterbuch“ (vgl. Simon (Hrsg.) 1983,
S. 14). Tschagataiisch ist bekanntlich eine Vorform der modernen usbekischen
Sprache. Vámbéry selbst schreibt zum Begriff
Do'stlaringiz bilan baham: