4)Aus- und Weiterbildung von geflüchteten Menschen
Die Aus- und Weiterbildung von Flüchtlingen wird in den kommenden Jahren eine der zentralen Hebel für den Integrationserfolg sein. Bildung kann sowohl als Zweck als auch Mittel sein: Einerseits zur Selbstermächtigung, anderseits um die Integrationschancen in den Arbeitsmarkt sowie in die Gesellschaft zu erhöhen. Folgende Ansatzpunkte sollten dabei Beachtung finden:
Besonders was den Erwerb der deutschen Sprache betrifft müssten Bildungsangebote so rasch als möglich nach der Ankunft in Österreich ermöglicht werden und nicht erst nach Ausstellung eines positiven Asylbescheids. Hier wird gegenwärtig noch zu viel Zeit verloren und Frustration erzeugt. Verpflichtende Deutschkurse ab dem Tag der Ankunft in Österreich würden eine positiv gestaltete Tagesstruktur für geflüchtete Personen ermöglichen. Hinsichtlich der adäquaten Lernumgebung ist zu sagen: Flüchtlingsheime/Großquartiere sind ungünstig, um Bildungsangebote in Anspruch zu nehmen, da sind kleinstrukturierte Unterbringungsmöglichkeiten auch in dieser Hinsicht die bessere Lösung. Ein Projekt der HTL Rankweil ist damit beschäftigt, entsprechende Musterprojekte gemeinsam mit Flüchtlingen zu planen und umzusetzen.1
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Qualitativ hochwertige Bildungsangebote
Deutschkurse für noch nicht anerkannte geflüchtete Personen, insbesondere in Heimen, werden vielfach als qualitativ minderwertig und „alibihalber“ wahrgenommen. Es ist dem Engagement von geflüchteten Personen überlassen, sich über andere, meist private Initiativen, Zugang (etwa PROSA – Projekt Schule für Alle2) zu besseren Deutschkursen und Bildungsangeboten zu verschaffen. Hier müsste die öffentliche Hand qualitativ hochwertige Deutschkurse – oder die Stärkung von Muttersprachkompetenzen bei Flüchtlingsgruppen mit niedrigem Alphabetisierungsgrad – anbieten.
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Bildungszugang ermöglichen
Oft scheitert es nicht an der Bereitschaft, sondern schlicht an den logistischen Möglichkeiten. Da spezialisierte Bildungsangebote oft nicht am Wohnsitzort von geflüchteten Personen stattfinden, ist die Mobilitätfrage – gerade bei rechtlich nicht anerkannten Flüchtlingen – zumeist auch eine Finanzierungsfrage. Gemeinsam mit den Verkehrsverbünden sollten Lösungsmöglichkeiten angedacht werden, wie man geflüchteten Personen den Zugang zu Bildungsangeboten ermöglicht bzw. erleichtert. Dies ist jedoch eine sensible Thematik, da der Kostenfaktor Bildung auch die österreichische Bevölkerung trifft (Fahrtkosten, Bücher, Laptops etc.).
Nicht anerkannte geflüchtete Personen stehen vor der Herausforderung, sich in einer neuen Umgebung, in fremden Sprache, zurechtfinden zu müssen. Zur Unterstützung in diesem neuen Lebensabschnitt hat sich ein Buddy-System als Erfolgsfaktor herauskristallisiert. Durch eine Art „Patenschaft“ sollen geflüchtete Personen dabei unterstützt werden, dass man sie bei Behördengängen, der Wahl von Bildungs- und Berufsangeboten sowie ganz allgemein bei der gesellschaftlichen Eingliederung begleitet. Ziel ist, individueller – und damit auch zielgerichteter – auf die Bedürfnisse und Möglichkeiten der jeweiligen Personen einzugehen.
Der Überblick über Voraussetzungen, Anforderungen österreichischer Bildungsangebote sowie die Einschätzung nachfolgender Jobchancen ist unübersichtlich und äußerst fragmentiert. Mehr Transparenz sowie eine gesamthafte Darstellung wäre wünschenswert, auch um Enttäuschungen zu vermeiden: Nicht jede Aus- oder Weiterbildung garantiert einen späteren Arbeitsplatz, auch nicht für Österreicher/innen. Das muss geflüchteten Personen bewusst gemacht und kommuniziert werden.
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Ehrenamtliche unterstützen und professionalisieren
Viele Angebote für geflüchtete Personen im Bildungsbereich werden von Ehrenamtlichen erbracht bzw. vermittelt. Dies auch aus der Situation heraus, dass das Regelschulsystem für geflüchtete Personen oftmals nicht der richtige (Erst-)Rahmen ist – viele werden von diesem auch überhaupt nicht erfasst. Aus diesem Grund muss einerseits über niederschwellige Schulangebote nachgedacht werden, andererseits Ehrenamtliche in ihrer Arbeit unterstützt und professionalisiert werden. Weiterbildungen und Coachings für Ehrenamtliche, aber auch der Austausch im Sinne des Peer Learnings sollten forciert werden.
5)Deutsch Lernen mit Ehrenamtlichen
Erkenntnisse
Der Erwerb der deutschen Sprache ist für den Integrationserfolg zentral. Daher: Die öffentliche Hand muss mehr Geld für Deutschunterricht (ehrenamtlich und nicht-ehrenamtlich) zur Verfügung stellen. Der Unterricht bietet die so wichtige Tagesstruktur und ist Voraussetzung für die Gestaltung des Miteinanders in der Gemeinde und den Einstieg in den Arbeitsmarkt.
Ansätze für die Zukunft
Fördergelder sollten in die Erstellung passender Lehrmaterialien investiert werden. Statt auf teure, oft realitätsferne Bücher zurückzugreifen, könnten praxisnahe Unterlagen (wie jene ehrenamtlich erstellten Unterlagen der Klosterneuburger Initiative www.deutsch.fit oder des www.sprachportal.at) als Startersets für die ehrenamtlich Lehrenden zur Verfügung gestellt werden. Diese sind kostenlos digital erhältlich. Ein positives Beispiel hierfür ist das Land Vorarlberg, in dem jede Gemeinde die freiwilligen Sprachlehrer selber koordiniert, und eine Handreiche mit allen wichtigen Informationen zur Verfügung stellt.
Der Deutschunterricht sollte sich an den Anforderungen des Arbeitsmarkts orientieren, so sollte z.B. auch das Schreiben einer Bewerbung gelernt werden. Unabhängig vom Asylstatus soll der Unterricht auf ehrenamtlicher Basis möglichst für alle Geflüchteten angeboten werden und die Lücke zwischen ehrenamtlichem Deutschunterricht und Vorbereitung zur Sprachprüfung geschlossen werden.
Bei größeren Gruppen sollte vor Beginn des Kurses ein Einstufungstest stattfinden, um Über- und Unterforderung im Unterricht zu vermeiden. Bei Alphabetisierungskursen, deren Bedarf nach Einschätzung ehrenamtlicher Sprachlehrer eher ansteigt, soll jeder gelernte Buchstabe mit einem bestimmten Wort verknüpft werden. Das offene Wertebild Österreichs soll auch im Sprachunterricht eindeutig kommuniziert werden. Die üblichen Umgangsformen im Alltag müssen auch früh in den Unterricht eingebracht werden. Die Lernenden müssen oft abgeholt, in den Unterricht mitgenommen werden. Dieses Mitnehmen kann z.B. durch Vorbild-Lerner geschehen, die auch außerhalb der Klassen ihr Wissen weitergeben, und so eine Vorbildfunktion einnehmen. Positives Beispiel für Deutschunterricht ist etwa das Land Salzburg, in dem allen AsylwerberInnen ein vierstündiger Deutschkurs pro Woche zur Verfügung steht.
Gemeinnützige Arbeiten fördern einerseits den Sprachgebrauch in der Praxis und erleichtern andererseits den Einstieg ins Berufsleben.
Nützliche Links:
www.handinhandinvorarlberg.at (übergeordnete Seite zur Betreuung Geflüchteter, u.a. mit Leitfäden zum Sprachunterricht)
http://sprachportal.integrationsfonds.at/ (kostenloses Material für das Deutschlernen zum Download)
https://deutsch.fit/Deutschkurs/ (Deutschkurs Klosterneuburg, ehrenamtlich von Stephanie Schmid und Laurin Herlt erstellt, kostenloses, praxisnahes Lehrmaterial zum Download)
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