Offenes handbuch für gemeinden „Auf dem Weg zur integrations- freundlichen Gemeinde“


)Privatunterkünfte in Wohngemeinschaften für Flüchtlinge



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Sana22.06.2017
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8)Privatunterkünfte in Wohngemeinschaften für Flüchtlinge

Expertinnen: Veronika Ehm, Anna Larcher, Flüchtlinge Willkommen Österreich; Azra Bajrica, Bildungsinitiative Österreich


Webseite www.fluechtlinge-willkommen.at/

Kurzbeschreibung: „Flüchtlinge Willkommen Österreich“


„Flüchtlinge Willkommen Österreich“ bringt geflüchtete Personen und Wohngemeinschaften, die ein freies Zimmer zur Verfügung stellen, zusammen. Ziel ist eine neue Willkommenskultur in Österreich. Konkret entstehen dadurch Kontakt zwischen geflüchteten Menschen und in Österreich lebenden Personen ein Dialog der Kulturen, neue Erfahrung und gegenseitige Bereicherung und Vieles mehr.

„Flüchtlinge Willkommen Österreich“ funktioniert als Onlineplattform, fungiert als Schaltzentrale zwischen WGs, Gemeinden und Flüchtlingen und soll Handeln unterstützen, Steine ins Rollen bringen und Helfen erleichtern. Seit Bestehen des Projektes wurden etwa 300 Plätze vermittelt!


Diskussion

Finanzielles: Wie kann das Projekt finanziell funktionieren? Wie werden die Mietpreise festgelegt?


Für die Finanzierung der Miete gibt es viele Möglichkeiten. Die geflüchteten Menschen haben selbst ein gewisses Budget für ihre Unterkunft zur Verfügung. Personen im Asylverfahren haben für privates Wohnen monatlich € 320 zum Leben (inkl. Miete und Essen) zur Verfügung. Asyl- und subsidiär Schutzberechtigte haben Anspruch auf Mindestsicherung. Darin sind z.B. in Wien € 203,50 für die Deckung des Wohnungsbedarfs vorgesehen. Je nach Bundesland variiert die staatliche Unterstützung.

KollegInnen in Deutschland empfehlen aufgrund positiver Erfahrungen mit Mikrospenden dieses Vorgehen. Mehrere Leute sagen monatliche kleine und Kleinstspenden für einen gewissen Zeitraum zu und richten einen Dauerauftrag ein. Sie haben per Mail einen Aufruf an Freunde und Familie verschickt. Binnen zwei Wochen hatten sie Zusagen von € 3 bis € 50 monatlich und ein Jahr Miete gesichert. Alternative: Crowdfunding über Plattformen wie z.B. www.respekt.net starten


Persönliches Kennenlernen als das beste Mittel gegen Angst


Den Flüchtlingen ein Gesicht geben, die Geschichten der Flüchtlinge erzählen: Information ist der erste Schritt, um gegen Angst und Misstrauen anzugehen. Miteinander sprechen, sich kennenlernen: Das braucht Zeit, ist dafür aber umso solider und konterkariert verzerrte, angsteinflößende realitätsferne Bilder, die in den Medien verbreitet werden. Je mehr die Leute mit AsylwerberInnen zu tun haben, desto geringer wird die Angst vor ihnen.

Unter welchen Rahmenbedingungen kann dieses Projekt erfolgreich stattfinden?


Asylstatus muss gegeben sein. Der Verein eruiert in einem ersten Schritt die Bedürfnisse des Flüchtlings sowie der WG. Erst in einem nächsten Schritt kommt es zum Kennenlernen.

Wie kann die Information besser funktionieren?


Sprechen Sie darüber! Besuchen Sie die Website, posten Sie in den Social Media, erzählen Sie Ihrem Umfeld von dieser Idee. Das vorliegende Handbuch ist ein erster Schritt in diese Richtung.

9)Wohnen und Wohnumfeld

ExpertInnen: Konrad Duelli & Andreas Postner (transfer.wohnraum.vorarlberg); Markus Fischer (F2-Architekten) & Hans-Christian Obermayr (Obermayr Holzkonstruktionen); Sabine Kornberger-Scheuch & Anton Holzer (Rotes Kreuz Salzburg); Barbara Ruhsmann & Jörg Wippel (Forum Wohn-Bau-Politik)

Generelles


Bei den Vernetzungstreffen im Jänner wurde ein besonderer Schwerpunkt auf den Wohnungs-Neubau gelegt. Angesichts Tausender derzeit obdachloser oder nach wie vor in Notunterkünften untergebrachter Flüchtlinge gibt es berechtigten Grund zur Annahme, dass die Aktivierung von Leerstand und die Vermittlung von Privatquartieren verschiedenster Art nicht ausreicht, um alle Menschen würdig unterzubringen. Es geht daher auch um die Frage, auf welche Weise sehr rasch und kostengünstig neuer Wohnraum errichtet werden kann.

Best Practice-Beispiele


Wie das funktionieren könnte, wurde anhand folgender Best-Practice-Beispiele gezeigt:

  • Ein Bürgermeister hat in Gemeinderäumlichkeiten eine Familie untergebracht und war persönlich an der erfolgreichen Integration dieser in seiner Gemeinde beteiligt.

„transfer.wohnraum.vorarlberg“


Für Kostengünstigen Wohnbau in Holztafelbauweise für Flüchtende und Ortsansässige stellt die Diözese Bauplätze zur Verfügung (Baurechtsverträge). Es entstehen klein strukturierte Einheiten für maximal 25–30 Menschen. Die neuen Holzbauten sind integraler Bestandteil und Impuls der Gemeindeentwicklung. Als Bauträger für die ersten Projekte, die ab dem Frühjahr 2016 realisiert wurden, fungiert die gemeinnützige „Wohnbau Selbsthilfe Vorarlberger Genossenschaft“. Es wird gleichzeitig im gleichen Programm für Flüchtende und Ortsansässige gebaut.

„Wohnraum für Flüchtlinge“


Das Büro Wohnraum für Flüchtlinge der Diakonie Wien, ist bemüht, geflüchteten Personen bei der Wohnungsfindung zu Helfen. Elisabeth Jama, Wohnberaterin für Wien, berät und koordiniert Wohnangebote von Privatpersonen, die an Flüchtlinge vermieten.

„Pop-up-Häuser“


Das oberösterreichische Architekturbüro F2 hat gemeinsam mit der Firma „Obermayr Holzkonstruktionen“ transportable Holzboxen entwickelt, die jederzeit wieder abgebaut und an einem anderen Ort aufgestellt werden können. Präsentiert wurde das Modell am Beispiel eines StudentInnenwohnheims in der Seestadt Aspern in Wien, das innerhalb einer Woche errichtet wurde. Kosten konnten nicht nur durch die Fertigteil-Bauweise reduziert werden, sondern vor allem durch die Umgehung des Grundstückskaufs. Errichtet wurde das temporäre Wohnheim auf einem Grundstück im Nahbereich der öffentlichen Hand, das erst in frühestens fünf Jahren regulär bebaut werden soll.

Holzhäuser – Rotes Kreuz Salzburg


In Seekirchen und Tamsweg hat das Rote Kreuz dreigeschossige Holzhäuser errichtet, die insgesamt Wohnraum für rund 150 AsylwerberInnen bieten. Die Planung, Produktion und Errichtung wurde von lokalen Unternehmen durchgeführt. Innerhalb von drei Monaten – gerechnet vom Produktionsbeginn der Fertigteile – waren die Häuser bezugsfertig. Die Errichtungskosten werden durch den Tagsatz für AsylwerberInnen aus der Grundversorgung refinanziert. Die Häuser sind abbaubar und können vom Roten Kreuz für zukünftige Einsätze wiederverwendet werden.

Diskussion


  • Das Thema Neubau wurde von vielen der bei den Vernetzungstreffen anwesenden BürgermeisterInnen nicht als prioritär empfunden – schon allein deshalb, da sie großteils bereits AsylwerberInnen in bestehenden Gebäuden untergebracht haben und zuvorderst mit Betreuungs- und Integrationsfragen beschäftigt sind. Ein weiterer Grund mag darin liegen, dass großvolumige Bauten mit vorgefertigten Holzelementen in Österreich bis vor kurzem nicht üblich waren und es für eine Gemeinde keine kleine Herausforderung darstellt, sich über so ein Projekt zu wagen.

  • Daher wurde in Wieselburg und Hartmannsdorf ein Arbeitskreis zum Thema Neubau angeboten. Der gemeinnützige Verein „Forum Wohn-Bau-Politik“ bot dabei Gemeinden Beratung bei der Umsetzung von sozial integrativem Wohnraum für AsylwerberInnen und einkommensschwache Bevölkerungsgruppen an. Der Verein verfügt über ein breites Netzwerk an ExpertInnen aus den Bereichen Bauträgertum, Raumplanung, Architektur, Banken, Verkehrsplanung und Bauindustrie, die alle für kostenlose Erstberatungen der Gemeinden zur Verfügung stehen würden.

  • Im Arbeitskreis ging es um die zentrale Frage der Suche nach und Bereitstellung von geeigneten Grundstücken, das Thema Baurecht und um Finanzierungsmöglichkeiten. In der Diskussion wurden dabei vor allem Zweifel laut, wie qualitätsvoll und nachhaltig Fertigteil-Bauweisen sein können. Von Gemeinden, die über geeignetes Bauland verfügen und auch Neubau-Projekte in nächster Zukunft vorhaben, wurde klar kommuniziert, dass sie diese Vorhaben gerne mit den vertrauten Wohnbau-Unternehmen ihres Bundeslandes abwickeln möchten und es eher ablehnen, selbst zum Bauherr zu werden oder neue Partner ins Boot zu holen. Ein oft gehörter Einwand war, dass es vor der eigenen Bevölkerung, die oft in durchaus prekären Wohnverhältnissen lebt, nicht vertretbar sei, wenn nun für AsylwerberInnen ein neues Haus gebaut werde. Auch der Idee, dass man diese Häuser gemischt nutzen könne und solle (also Wohnungen für AsylwerberInnen und Einheimische oder Platz für Einrichtungen der Gemeinde dort -> Kindergarten, Vereinslokale etc.), wurde nicht viel abgewonnen.

  • Ein Fazit dieses Arbeitskreises war, dass es Pioniergemeinden braucht, die zeigen, wie solche neuen Bauprojekte erfolgreich verwirklicht werden können. Das Modell „transfer.wohnraum.vorarlberg“ geht ja demnächst in die Realisierung. Wenn dort sichtbar wird, dass kostengünstiger Wohnbau für Flüchtende und Ortsansässige tatsächlich einen essenziellen Beitrag für langfristige Gemeindeentwicklung und soziale Integration leistet, könnte das auch BürgermeisterInnen in anderen Bundesländern ermutigen.

Weiterführendes


  • Kostenlose Erstberatung im Bereich Raumplanung, Immobilienentwicklung, Projekt- und Prozessbegleitung etc. http://forumwohnbaupolitik.at/; http://raum4refugees.at/

  • Informationen zu den Holzhäusern des Roten Kreuzes Salzburg http://www.roteskreuz.at/nocache/sbg/migration-suchdienst/fluechtlingshilfe/

  • Information zu „transfer.wohnraum.vorarlberg“ http://www.kath-kirche-vorarlberg.at/organisation/kirchenblatt/artikel/gute-loesung-in-sicht

  • Information zu „Pop-up-Häuser“ (F2-Architekten + Obermayr Holzkonstruktionen): https://www.home4students.at/de/wohnen/studentenheime-wien/popup-dorms-seestadt-aspern/



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