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23 SYLVIA WINKELMANN Ein baktrischer Ede










196 
Abb. 11: Mögliche Entwicklung des Vogelmenschen aus urukzeitlichen und proto-elamitischen Vorläufern über die FD-zeitliche Kunst des Iran bis 
zum baktrischen Vogelmenschen. A) Urukzeitliche Rollsiegedarstellung, Susa (Amiet 1961: Tf. 14bis I); B) Proto-elamitische Siegelabrolllung Tall-i 
Malyan, Fars und zeitgleiche Keramikbemahlung, Miri Qalat, Makran, Pakistan (Sumner 1976: Abb. 5c; Besenval & Marquis 1993: Abb. 9); C) Vogel-
menschdarstellungen aus Susa, Shahdad und Tepe Yahya (FD III- bis akkadzeitlich) (Amiet 1986: Abb. 71; Hakemi 1997: 675, Nr. 127; Lamberg-
Karlovsky 1973: Tf. XXXb; Orthmann 1985: Tf. 279c); D und E) Baktrische Varianten des Vogelmenschen (Mode 1995: Abb. 1; Sarianidi 1986b: Abb. 
2.24, 2.21, 1.1, 2.23, 1.5, 1.8). 







197 
sich einbinden in eine größere Gruppe von baktrischen 
Darstellungen aus dem mythologischen Bereich, die, 
seien es nun Götter, seien es Mischwesen, deutliche Vor-
läufer im iranischen Bereich besitzen, hier aber nur kurz 
angeschnitten werden können.
12
Dies betrifft zum einen die bereits oben schon einmal 
besprochene thronende Gottheit mit Friedvogel, die auf 
transelamischen Siegeln als Gottheit mit Schlangenschul-
ter bekannt ist, in der baktrischen Glyptik in zahlreichen 
Abwandlungen als Frau, Mann oder Adlermensch, mit 
und ohne Vogel, mit oder ohne Schlangen bzw. Flügel 
erscheint (vergl. Amiet 1986: Abb. 132.12, 137; Porada 
1962: Abb. 13; mit Sarianidi 1986b: Abb. 1.1-3, 1.5), zum 
anderen den Mann oder das Mischwesen als Schlangen-
halter, ein Motiv, das spätestens seit der Urukzeit im Iran 
präsent ist und gerade in der Kunst des ‘intercultural 
styles’ zu den typischen Motiven gehört, aber auch die 
tierköpfigen Mischwesen, die in der baktrischen Glyptik 
als Vogelmensch oder Stiermensch in vielen Variationen 
erscheinen. 
Gerade die tierköpfigen Mischwesen prägen die irani-
sche Kunst spätestens seit der Urukzeit, beginnend mit 
dem ziegenköpfigen ‘
dieux ibex
’, über die als Menschen 
agierenden Tiere oder Dämonen der proto-elamischen 
Kunst bis hin zu der ziegenköpfigen transelamischen 
Göttin (Winkelmann 1997a). 
Der Stiermensch [Abb.10] 
Das stierköpfige Mischwesen z.B. dürfte in seinen Ur-
sprüngen mindestens bis in die protoelamische Kunst 
zurückzuführen sein, tritt aber in derselben Form wie 
später in Baktrien bereits in der FD-II und III-zeitlichen 
Kunst des Südostiran wie des Seistans auf, vertreten 
durch Stiermenschdarstellungen auf einem FD-II-zeitli-
chen ‘Intercultural Style’-Gefäß aus Chafadji, auf dem o.g. 
FD-III-zeitlichen Rollsiegel aus Susa und durch das frühe 
Compartimentsiegel aus Shahr-i Sokhta II,7, datiert um 
2700 v.Chr. (Delougaz & Lloyd 1942: Abb. 63; Amiet 1986: 
Abb. 71; Winkelmann 1996). 
Vogelmensch [Abb.11] 
Ebenso alt dürfte das Vogel-Mensch-Mischwesen sein. 
War bisher vor allem der Adlermensch mit Adlerkopf, 
Flügeln und Armen und mit Raubvogelklauen auf dem FD-
III-zeitlichen Rollsiegel aus Susa zum Vergleich mit einem 
nahezu identischen Mischwesen auf einer baktrischen 
Axt herangezogen worden,
13
so gibt es für die zahlreichen 
verschiedenen Varianten des Vogelmenschen in der 
baktrischen Glyptik, weiblich, männlich, mit oder ohne 
Arme, aber ansonsten immer mit vollständig menschli-
chem Körper und verschiedenen Vogelköpfen noch weit-
aus mehr Vorläuferformen, zum einen in der frühdynas-
tischen bis akkadzeitlichen Glyptik und Kleinkunst des 
Kerman, zum anderen auf noch älteren Keramikver-
zierungen aus dem Makrangebiet und schließlich in der 
protoelamischen und urukzeitlichen Glyptik und Keramik 
der Susiana und der Fars.
14
Alle diese potentiellen Vorläuferformen bzw. Grundmoti-
ve erfuhren in der baktrischen Glyptik zahlreiche Varia-
tionen der Form, des Geschlechtes, der Attribute, die 
möglicherweise vom Verlust des alten Inhalts künden, 
aber auch von einer ungeheuren Kreativität bei der 
Schaffung neuer Ausdrucksformen. 
Diese wenigen Betrachtungen am Beispiel dieser drei 
Siegel zeigen noch einmal deutlich, da
β
nicht nur diese 
spezifische Form der Glyptik, das Compartimentsiegel 
selbst, auf Ursprünge im Bereich des iranischen Plateaus 
zurückgeht, sondern da
β
auch beträchtliche Teile des 
Motivkanons selbst, wie auch eine Reihe spezifischer 
stilistischer Eigenheiten ihren Ursprung in der iranischen 
Kunst besitzen. Das betrifft besonders die mythologi-
schen Darstellungen, seien es die Menschen oder Misch-
wesen oder seien es stilistische Eigenarten wie ihre Hal-
tung, Körpergestaltung oder ihre Attribute, die ihre deut-
lichsten Vergleiche vor allem in der frühdynastischen bis 
akkadzeitlichen Kunst des Kerman besitzen, in den ge-
schnittenen Steinobjekten des ‘Intercultural Style’ und in 
der transelamischen Glyptik des Kerman.
Anmerkungen 
1.
Publikation mit Genehmigung des Besitzers. 
2.
Als eines der schönsten Beispiele dafür steht wohl die 
‘Silbervase von Persepolis’ um 2200 v.Chr. (vergl. 
Amiet 1986: Abb. 110). 
3.
Zusammenfassende Publikation zum Thema zuletzt 
Baghestani 1997. 
4.
Einige baktrische Edelmetallgefäße, z.B. aus dem 
Fullolhort, weisen ebenfalls Stufenkreuzmotive der 
Namazga-tradition auf (vergl. Amiet 1986: Abb. 193, 
200; Tosi & Wardak 1972: Abb. 4a-b). 
5.
Die Datierung dieser Siegel ist jedoch umstritten. Sie 
reicht vom 15. Jahrhundert v.Chr. bis in die Zeit der 
Ordosbronzen, der hunnischen Periode. 
6.

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