Raum
und
Wirtschaft
“
(Sitte 2001c, S. 162). Diese Mensch-Umwelt-Beziehungen fordern nicht nur Aktualitätsbezug und
Zukunftsorientierung ein, sondern auch die Analyse von Räumen nach ihren sozialen Strukturen und
Prozessen (Jekel 2008, S. 13; Weichhart 2004, S. 18), wie das in keinem anderen Unterrichtsfach der Fall
ist. Das Unterrichtsfach GW hat insofern eine andere Ausgangssituation als rein naturwissenschaftlich
ausgerichtete Fächer wie Chemie oder Physik.
Die Anforderungen an GW-Lehrer/innen sind demnach sehr hoch, da neben der theoretisch-
didaktischen Begründungsfähigkeit auch fachwissenschaftliches Wissen aus unterschiedlichen
Basiswissenschaften eine zentrale Voraussetzung für diese Profession ist. Die thematische Vielfalt der GW
findet sich im Lehrplan der AHS wieder: Neben dem wirtschaftskundlichen Fokus integriert das Fach die
Themenbereiche Migration, politische Gestaltung von Räumen, Städte oder Landschaftsökologie, bis hin
zu regionalen Schwerpunkten wie Österreich, Europa oder die Welt. Zudem sind auch Themen wie
Berufsorientierung und politische Bildung vertreten.
Für den schulischen Kontext lassen sich aus diesen fachwissenschaftlichen Bereichen vor allem zwei
Diskussionsstränge ableiten. Einerseits bietet das Unterrichtsfach GW durch die aktuellen und
zukunftsfähigen Themen sowie durch den zentralen Fokus auf den Menschen und die räumlichen
Auswirkungen seines Handelns für die Schüler/innen viele Anknüpfungspunkte zu ihrem eigenen Leben.
Andererseits bietet sich aufgrund der Fachinhalte und -methoden die Möglichkeit, den Schüler/innen
die Professionen, die aus dieser Disziplin entstehen, näher zu bringen. Ob dieser Bandbreite an Themen
stellt sich die Frage, was eine/n Expert/in der Geographie ausmacht? Oder gibt es auch Multi-Experten? Die
Berufsbilder diplomierter Geograph/innen zeigen klare Spezialisierungen in einzelnen Domänen, wie
Stadtgeograph/innen, GIS-Expert/innen, Raumplaner/innen, Dorferneuerungsbeauftragte,
Statistiker/innen, Demograph/innen, etc. Dieser zusätzliche Aspekt, Schüler/innen die Arbeitsweisen der
verschiedenen beruflichen Spezialisierungen näher zu bringen, wird in der Schule, aber auch in der
fachdidaktischen Forschung kaum zum Thema gemacht.
Bezeichnet man eine/n Expert/in als eine Person, die im Idealfall alle für die Expertise des Faches
notwendigen Qualifikationen beherrscht, so gilt es zu klären, was Expertentum in GW ausmacht, weil
dadurch mögliche Rückschlüsse auf förderbare Fähigkeiten bei Schüler/innen möglich werden.
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Merkmale, Qualitäten und Vorzüge des Geographie-Studium:
Interdisziplinarität
Viele Spezialisierungsmöglichkeiten
Fundierte Methodenausbildung
Vernetztes Denken
Analyse komplexer räumlicher Phänomene
Moderne, angewandte Ausbildung
Beschäftigungsmöglichkeiten sowohl im Öffentlichen Sektor als auch in der Privatwirtschaft
bzw. als Selbstständiger
Textfeld 28: Merkmale, Qualitäten und Vorzüge des Geographie Studium (Institut für Geographie und Regionalforschung -
Universität Wien 2013)
In Textfeld 28 sind ausgewählte Merkmale und Qualitäten angeführt, die auf mögliche zu erwerbende
Qualifikationen im Zuge eines Geographie-Studiums hinweisen. Von all den genannten Punkten, die eine/n
Geograph/in „ausmachen“, ist neben der bereits erwähnten Integration der Natur- und Sozialwissenschaften
einzig die „Analyse komplexer räumlicher Phänomene“ ein Alleinstellungsmerkmal dieser Disziplin.
„Vernetztes Denken“ oder „Interdisziplinarität“ beanspruchen legitimer Weise auch andere Disziplinen
für sich. Auf inhaltlicher Ebene werden im Geographiestudium „physiogeographische und
landschaftsökologische Probleme, […] Raumwahrnehmung und Raumbewertung, Perspektiven der
Bevölkerungs- und Stadtentwicklung, […] regionalwirtschaftliche Entwicklungsaspekte, Fragen der
"Dritten Welt", Geographische Informationssysteme […] etc.“ (Institut für Geographie und
Regionalforschung - Universität Wien 2013) behandelt. Prädestiniert ist das Unterrichtsfach aufgrund der
Integration unterschiedlicher Wissenschaftsbereiche vor allem für die interdisziplinäre Betrachtung von
räumlichen und ökonomischen Prozessen., womit ein eindeutiger Vorteil für schulisches Lernen identifiziert
wird, da hier in einzigartiger Weise unterschiedliche Expertisen in Form des Bildungskanons an einem Ort
vereint sind.
Das vereinigende Element der parallel existierenden Paradigmen ist - wie bereits genannt - das
menschliche Handeln und die damit verbundenen räumlichen Auswirkungen und Ursachen. Um
fachdidaktische Kriterien für die Gestaltung von Lernumgebungen zu bestimmen, müssen Überlegungen
hinsichtlich der verschiedenen Ebenen räumlicher Wahrnehmungen und unterschiedlicher
Raumdimensionen herangezogen werden. Davon können mögliche Konsequenzen für die Gestaltung von
Lehr- und Lernprozessen abgeleitet werden, wobei allerdings zu Beginn die Frage zu klären ist, wie man in
der Schule die räumliche Wahrnehmung schulen kann.
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EGNER (2010) erläutert, dass die Geographie von vielen ihrer Repräsentant/innen als
„Raumwissenschaft“ definiert wird. Diese Definition dient nicht nur dem Zweck, die inhaltliche
Komplexität zu ordnen und zu reduzieren, sondern auch die Fachidentität zu stärken. Insbesondere mit dem
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