(11) Gedächtnisprotokoll eines Interviews mit Beat, durchgeführt von Andreas Wilczek am 18.6.1995
Beat ist etwa Jahrgang 1945. Nachdem er in den 70er Jahren in Osnabrück ein Ingenieur-Studium absolviert hat, betreibt Beat mittlerweile ein Konstruktionsbüro und arbeitet als Selbständiger z.T. für größere Unternehmen u.a. aus der Automobilbranche.
Hinsichtlich seiner musikalischen Tätigkeit im Bereich der Popularmusik gibt Beat an, in der Vergangenheit ”professioneller Musiker” gewesen zu sein, etwa im Zeitraum der zweiten Hälfte der 1960-er bis zu Beginn der 1970-er Jahre. Beat ist in diesem Zusammenhang als Mitglied einer Beat-Band lange Jahre im benachbarten Ausland unterwegs gewesen und hatte wegen seiner Engagements zeitweilig seinen Wohnsitz in die Schweiz (Zürich) verlegt.
Eine Neigung zu zeitgemäßen Formen der Popularmusik hat sich bei Beat etwa im Alter von 12 Jahren herausgebildet. Dabei handelt es sich zunächst um ”Country & Western”-Musik, die Beat bei einem Onkel hört. Mit dem Aufkommen der englischen Beat-Musik erfährt Beats Interesse an Popularmusik eine neue Fokussierung : Gruppen wie die ”Beatles” und/oder die ”Rolling Stones” werden seine neuen musikalischen Protagonisten, ebenso entwickelt er eine starke Affinität zu Blues-Musik, zu ”Rhythm & Blues” bzw. einigen ”Soul”-Spielarten, durchweg Popularmusikstile anglo-amerikanischer bzw. britischer Provenienz.
Beat sagt, dass ihn diese Musik-Genres gefühlsmäßig sehr stark angesprochen hätten. Zeitgemäße, deutsche Schlager bzw. ”seichtere” englische/amerikanische Unterhaltungsmusik hätten ihn eher kalt gelassen.
Im Zusammenhang seiner musikalischen Geschmacksbildung bemerkt Beat auch eine gewisse soziale ”Polarisierung” : Während die ”seichtere” Musik und auch der deutsche Schlager eher von Jugendlichen aus ”besseren Kreisen”, z.B. von Gymnasiasten, bevorzugt wird, entwickeln sich die Beat-Musik sowie ”härtere” Formen anglo-amerikanischer/englischer Popularmusik mehr zum ”musikali-schen Medium” von Jugendlichen der unteren bis mittleren Schichten, z.B. zu dem von Lehrlingen und sog. ”Halbstarken”. Auch suchen die entsprechenden Zielgruppen für ihren jeweiligen Musikkonsum unterschiedliche Örtlichkeiten auf : So ist z.B. das ”Waldschlößchen” am Schölerberg der von den Gymnasia-sten bevorzugte Treffpunkt. Orte wie das Gewerkschaftshaus und das ”Haus der Jugend” werden mehr von Lehrlingen, jungen Arbeitern/Angestellten und nicht so ”gehobenen Schichten” angehörenden Schülern aufgesucht, wie auch bestimmte Treffs auf den Jahrmärkten, z.B. die ”Raupe”. Grundsätzlich wird in den Saalbetrieben die Musik live und zum Tanzen gespielt.
Da Beat und einige seiner Freunde mit der Zeit auch das Aussehen ihrer musikalischen ”Leitbilder” übernehmen (z.B. die langen Haare), sieht Beat sich in eine Art ”Außenseiterrolle” gedrängt, zumal es gelegentlich nicht gerade freundliche ”Feedbacks” seitens der ”normalen” Mitmenschen gibt : Hinterherpfeifen, Anpöbeleien u.ä. .
Beats Eltern stehen den musikalischen Vorlieben ihres Sohnes eher ablehnend gegenüber. Weder ist es für Beat ohne gewisse ”Kämpfe” möglich, im Radio seine Musik zu hören, solange er noch kein eigenes Rundfunkgerät besitzt, noch stößt seine Absicht, sich eine Gitarre zu kaufen, auf positive Resonanz bei den Eltern : Sie sähen es lieber, wenn ihr Sohn ein ”traditionelles” Instrument erlernte, z. B. Akkordeon. Beat führt es auf sein ausgeprägtes Selbstbewusstsein zurück, dass er sich hinsichtlich seiner musikalischen Ambitionen den Eltern gegenüber habe durchsetzen können.
Das ”Lernen” auf der Gitarre findet für Beat dann im wesentlichen autodidaktisch statt : Er versucht, nach Gehör bestimmte Beatstücke, die ihm gefallen, nachzuspielen. Ein mittlerweile erworbenes Tonbandgerät liefert dabei eine Hilfestellung, auch gibt es einen Freund, von dem Beat sich hin und wieder einige Akkorde und/oder Liedbegleitungen zeigen lässt. Schnell finden sich andere Interessierte, mit denen zusammen dann eine erste Band formiert wird. Als Hilfe erweist sich in diesem Zusammenhang das Angebot eines hiesigen Musikhändlers, während der Öffnungszeiten die Verkaufsräumlichkeiten zum Üben nutzen zu können.
Hinsichtlich der gemeinsamen musikalischen Tätigkeit kristallisieren sich für Beat schnell zwei Sachverhalte heraus : 1) Die in der gemeinsamen Combo mitwirkenden Musiker haben in der Regel unterschiedliche musikalische Geschmäcker und Vorlieben, so dass bezüglich der zu spielenden Stücke und Arrangements Kompromisslösungen gefunden werden müssen, die alle Beteiligten zufrieden stellen. 2) Man entdeckt schnell eine gewisse Vorliebe für das gemeinsame Singen, so dass sich mittels der Gesangssätze so etwas wie ein eigener Stil ergibt. Nicht zuletzt scheint Beat auch ein gewisses Faible für komplexen, mehrstimmigen Satzgesang zu entwickeln, wodurch, nach Beats Meinung, nicht selten originelle Versionen bekannter Fremdkompositionen entstehen.
Die gemeinsame musikalische Tätigkeit in der Combo liefert für Beat zunächst in erster Linie einen Rahmen, die Musik, die er mag und die ihn gefühlsmäßig anspricht, gemeinsam mit anderen überhaupt machen zu können.
Während Beats anfänglicher Combo-Aktivitäten ist es unüblich, selbst Stücke zu komponieren : 1) fehlt es nach Beats Meinung den Akteuren an dem dafür nötigen Know How, 2) dürfte das Komponieren und Aufführen eigener Beat-Stücke zumindest nicht der lokal gängigen ”Mode” unter den hiesigen Beat-Gruppen entsprochen haben.
Da eine gewisse ”Knappheit” an live gespielter Beat-Musik herrscht, andererseits aber auch eine große Nachfrage durch lokale Veranstalter, führen Beats Combo-Aktivitäten recht schnell zu ersten Auftritten im Rahmen einschlägiger Tanz-Veranstaltungen, die in der Regel in größeren Räumlichkeiten durchgeführt werden. Nicht zuletzt findet sich jemand, der das Management für die Band übernimmt und Auftritte akquiriert.
Der Sprung ins ”Profi-Lager” ergibt sich für Beat eher zufällig : Seine Combo geht als Sieger aus einem Beat-Band-Wettbewerb hervor, eine derzeit namhafte Düsseldorfer Künstler-Agentur, die ”Inter-Art”, tritt an die Musiker heran. Außerdem haben Beat und seine Mitstreiter gerade ihre Lehrlingszeit beendet. Die ihnen gebotene Chance, mit der musikalischen Tätigkeit, die ja bislang bereits viel Spaß und auch nicht geringe Publikumsresonanz gebracht hat, den Lebensunterhalt bestreiten zu können, wird als durchaus willkommene Gelegenheit betrachtet. Immerhin werden durch die ”Inter-Art” Tourneen mit berühmten Kollegen arrangiert, z. B. zusammen mit den ”Lords” und mit ”Casey Jones & The Governors” sowie darüber hinaus auch eine Schallplattenproduktion in Aussicht gestellt. Beat bemerkt, dass es sich, zumindest bei Letzterem um eine seiner Meinung nach leere Versprechung gehandelt habe, da es nie zu einer Veröffentlichung gekommen sei. Auch wirft Beat der Agentur betrügerische Manipulation mit ”Sozialversicherungsbeiträgen” vor, die der Band von der Gage abgezogen wurden, aber letztendlich bei der ”Inter-Art” geblieben seien. Dass die Musiker solchen Machenschaften gegenüber nicht Vorsorge getroffen bzw. bei Bekannt werden keine entsprechenden Schritte unternommen hätten, schreibt Beat einmal dem Umstand seiner eigenen Unerfahrenheit und der seiner Kollegen zu, zum anderen der Tatsache, dass die ”Inter-Art” irgendwann ganz einfach pleite war und man schlicht vor vollendeten Tatsachen gestanden habe.
Bedingt durch ”stationäre” Engagements in der Schweiz, z.T. in ”Diplomaten-Schuppen”, wie Beat sie nennt, siedelt die Combo etwa Mitte der 1960-er Jahre nach Zürich über.
Der sich hier bald einstellende Kontakt zur Prostituierten- und Zuhälter- ”Szene” ergibt sich für die Musiker aus Beats Sicht zwar bedingt durch die berufliche musikalische Tätigkeit, andererseits aber nicht weniger zufällig : Die Arbeit dauert in der Regel bis in die frühen Morgenstunden. Wollte man danach noch in irgendein Lokal gehen, das noch geöffnet hat, traf man dort in der Regel Angehörige des sog. ”Milieus” an. Die Prostituierten und Zuhälter ihrerseits mochten die Musiker, kannten sie nicht selten von den Konzerten in den ”Nobel-Clubs”, in denen sie ebenfalls verkehrten. Während der Zeit der Engagements in den ”Nobel-Clubs” kommt es in Beats Combo zu starken internen Spannungen zwischen Beat und einem Kollegen, der lieber mehr ”seichtere” Stücke im Repertoire hätte, der größeren Publikumsresonanz wegen. Dieser Kollege habe dann - so Beat - auch Karriere als ”Show-Band”-Leiter mit Engagements auf Mallorca, mit Schallplattenproduktionen u.ä. gemacht.
Der sich entwickelnde Machtkampf endet für Beat damit, dass er mehr oder weniger hinterrücks aus der Combo hinauslaviert wird. Sowohl die Agentur, die, gemäß Beats Ausführungen, gegenüber den ”kommerzielleren” Vorstellungen von Beats Kollegen durchaus wohlwollend eingestellt gewesen sei, als auch die anderen Mitglieder der Combo halten sich aus den Band-internen Machtquerelen weitgehend heraus.
Da Beats Combo nicht gerade erfolglos war, stellten sich mit der Zeit auch Konsequenzen aus den ”Neidhammeleien” anderer Kollegen ein : Der Combo eilt gelegentlich ein so schlechter Ruf voraus, bedingt durch das ”Brodeln der Gerüchteküche”, was Beat mit einigen Beispielen illustriert, dass dieses nicht ohne Auswirkungen auf die Publikumsresonanz bleibt. Dass sich dieser Umstand mit der Zeit wieder zum Positiven bereinigt, rechnet Beat im wesentlichen den musikalischen Qualitäten der Combo zu.
Ganz im Gegensatz dazu, so führt Beat aus, seien durch die ”Inter-Art” veranstaltete Tourneen mit berühmten englischen oder deutschen Kollegen vollkommen frei von Neid und derartigen Reibereien verlaufen.
Nach dem Ausstieg aus der gemeinsamen Combo bleibt Beat zunächst in Zürich. Wenige Monate später findet er jedoch andere Musiker und gründet eine neue Combo.
Der Kontakt zu diesen Musikern war durch einen Manager zustande gekommen, mit dem Beats alte Combo zu tun hatte. Dieser kümmert sich auch zunächst um die kommerziellen Belange von Beats neuer Band. Beat selber hat in der Zwischenzeit autodidaktisch etwas Keyboard-spielen gelernt.
In der neuen Combo hat Beat, der musikalische Autodidakt, es mit ausgebildeten Musikern zu tun. Er meint jedoch, er habe dieses Manko durch eine gewisse Power und auch durch sein Insider-Wissen hinsichtlich des Business ausgleichen können. Durch den Manager kommt es auch zu größeren Auftritten.
Dennoch sei die neue Band, laut Beat, doch mehr eine ”Amateur-Band” gewesen, da den einzelnen Mitgliedern schon allein durch ihre Hauptjobs und ihr Privatleben Grenzen gesetzt waren. Auch den Kontakt zum ”Milieu” habe es mit der neuen Band nicht mehr gegeben. Obwohl die Combo vom Charakter her eher einer ”Show-Band” geähnelt haben dürfte und auch in entsprechenden Zusammenhängen auftrat, war, so Beat, dennoch mehr Bereitschaft zum musikalischen Experiment, zu Anleihen an aktuelle Popularmusikströmungen vorhanden. Beat nennt hier Einflüsse aus dem Blues und aus der Musik von ”Jimi Hendrix”. Auch sieht Beat weniger Schwierigkeiten dabei, die unterschiedlichen musikalischen Vorlieben der Bandmitglieder auf einen Nenner zu bringen, wobei seinem Faible für Satzgesang entsprochen wird. Etwa ein Drittel des Band-Repertoires besteht jetzt sogar aus Eigenkompositionen. Obwohl die Situation sich für Beat, zumindest in musikalischer Hinsicht, durchaus zufriedenstellend entwickelt, geht die Combo schließlich doch auseinander, wenn auch im Guten.
Vom professionellen Musik machen habe er allmählich auch die Nase voll gehabt, sagt Beat, und ein Studium hätte er in der Schweiz nicht absolvieren können, so dass er zu Beginn der 1970-er Jahre nach Osnabrück zurückgegangen sei, wo er dann auch geheiratet und eine Familie gegründet habe.
”Einmal Musiker, immer Musiker” - zurück in Osnabrück knüpft Beat schnell Kontakte zur lokalen ”Szene”, z.T. über Musiker, mit denen er noch von früher her bekannt ist, z.T. suchen solche Musiker auch Kontakt zu Beat, da es sich herumgesprochen hat, dass er wieder in der Stadt ist. Die Kontakte führen im wesentlichen in das Lager der Tanzmusiker bzw. der sog. ”Top-40”-Kapellen.
Für Beat stellt sich in diesem Zusammenhang eine gewisse Ernüchterung ein :
1) Durch die Diskotheken hat sich die Live-Musik-Landschaft stark verändert. Als Tanzmusik wird ”Konserven-Musik” immer beliebter. An Tanzmusik-Kapellen werden mittlerweile andere Anforderungen gestellt als in den frühen 1960-er Jahren, als Beat, Beats Musik, beliebte Tanzmusik war. 2) Musiker aus dem Lager der sog. ”progressiven Rockmusik”, die zu Beginn der 1970-er Jahre für Furore sorgte und in deren Zusammenhang sich unter Musikern und Publikum auch eine Art Ideologie zumindest bezüglich des Gebrauchs von Drogen verbreitete, sind z.T. ins Tanzmusiklager übergewechselt, des Geldes wegen, aber auch, weil ”progressive” Rockmusikstücke inzwischen selbst beim Tanz-Publikum ankommen und haben deswegen ihr Verhältnis zu den Drogen nicht geändert, sehr zum Unbehagen von Beat. 3) Die mit Beginn der 1970-er Jahre zu Popularität gelangte ”progressive Rockmusik” hat, gewissermaßen als notwendige Voraussetzung für Punkt 2), auch in Osnabrück passive und natürlich aktive Anhänger gefunden.
Inwieweit Beat mit dem für dieses Musik-Genre erforderlichen handwerklichen und kreativen Niveaus zurechtkommt oder ob er zu der ”neuen” Musik nicht die passende Einstellung entwickeln kann, nicht zuletzt bedingt durch seine Erfahrungen als Pop-Musik-Profi, geht aus dem Interview nicht eindeutig hervor, obschon er sinngemäß äußert, er hätte dafür eigentlich mehr üben müssen. Zumindest scheint es sich bei dieser Musik nicht unbedingt um Beats ”Ding” zu handeln.
Die Feststellung, irgendwie den ”Draht” verloren zu haben, sei es zu den einschlägigen lokalen ”Machern” oder zu den Entwicklungen im Bereich aktueller Popularmusik-Genres, dürften Beats Entscheidung für einen ”bürgerlichen” Beruf in gewisser Weise begünstigt haben. Andererseits steht er jetzt aber auch wieder erneut vor der Situation, mit viel Mühe und ohne die Unterstützung von Managern und/oder Agenturen, selbst etwas aufbauen zu müssen, wollte er weiterhin professionell oder auf einem vergleichbaren Niveau als Musiker tätig sein. Beat ist mittlerweile auch Vater geworden, was seine Möglichkeiten bezüglich des Musikmachens zumindest in zeitlicher Hinsicht zusätzlich einschränkt - abgesehen von der neuen, sich für Beat aus diesem Umstand ergebenden Verantwortung -, so dass ihm der Weg über das Ingenieur-Studium in eine ”bürgerliche Existenz” als nur konsequent erschienen sein dürfte.
Natürlich macht Beat auch heute noch gelegentlich Musik : Er spielt Gitarre zu Beat-, R & B- und Blues-Klassikern und singt. Auch sein Faible für mehrstimmigen Satzgesang hat Beat bis dato nicht aufgegeben.
(12) Gedächtnisprotokoll des Interviews mit Gala, durchgeführt von Ulf Baltrusch und Matthias Richter am 15.1.1988 im ”Musikbüro im Ledenhof”, Osnabrück
Die beiden Gesprächsführer wechseln sich während des Interviews mit Gala ab. Wegen der schlechten Aufnahmequalität und wohl auch wegen der Ähnlichkeit der Stimmen war es bei der Transkription schwierig, Galas jeweiligen Interviewpartner zu identifizieren.
Die Kassette mit dem Interview wurde freundlicherweise vom ”Musikbüro” für diese Arbeit zur Verfügung gestellt.
Obschon in dem Interview keine Altersangaben gemacht werden, scheint Gala in etwa zur Generation von Beat und Spaß zu gehören. Immerhin nennt er einige Namen von Tanzcombos, die auch zum zeitweiligen Umkreis bzw. ”Aktionsfeld” der beiden Letztgenannten gehörten und/oder von diesen ebenfalls genannt werden.
Gala gehört grundsätzlich nicht zu der in dieser Arbeit interessierenden ”Szene”. Er ist zum Zeitpunkt des Interviews hauptberuflich Grundschullehrer - inzwischen Schulleiter - und übt nebenberuflich Popularmusik-bezogene Tätigkeiten als Saxophonist/Klarinettist und Bandleader von solchen Tanzkapellen aus, die z.T. auch im Bereich sog. ”Gala-Bands” agieren, d.h. die bei bestimmten offiziellen Anlässen für das Unterhaltungsprogramm zu sorgen haben.
Dass Gala gewissermaßen Tanzmusiker mit ”Leib und Seele” zu sein scheint, geht aus mehreren seiner Statements hervor : So betrachtet er es als eine seiner wesentlichen Funktionen als Musiker, das Publikum zu unterhalten. Dabei Erfolg zu haben, auf der Bühne zu stehen, bietet Gala eine Quelle persönlicher Befriedigung.
Ob Gala die Musik, die er in diesem Zusammenhang darzubieten hat, auch selbst gefällt, geht aus seinen Ausführungen nicht eindeutig hervor, wie etwa bei Spaß, dem viele Repertoireteile seiner jeweiligen Tanzcombos persönlich eher weniger zusagten. Ob es für Gala eine ”Understatement-Frage ist, sich über seine persönliche Einstellung zu der von ihm gespielten Musik nicht zu äußern, oder ob er in seiner Tanzmusikereigenschaft tatsächlich ”seine” Musik zu Gehör bringt, kann Galas Statements nicht mit letzter Sicherheit entnommen werden. Dass er sich äußert, am Tanzmusikmachen Spaß zu haben, muss auf die gesamte Tätigkeit bezogen werden. Der musikalische Aspekt kann jedoch als darin implizit betrachtet werden.
Obschon Gala als Lehrer über ein festes Einkommen verfügt, scheint das Geldverdienen durch die Tanzmusik für ihn ein selbstverständlicher, quasi genuiner Bestandteil der musikalischen Tätigkeit zu sein.
Zeitweilig bemühte er sich sogar persönlich um die Schaffung einer Art ”Tanzmusiker-Initiative”, die interessierten Musikern dieses Bereiches u.a. in Rechts-, Versicherungs-, Steuer- und Vertragsangelegenheiten Hilfestellung bieten sollte. Wegen Desinteresse seitens der betreffenden ”Szene” beendete Gala jedoch sein Engagement recht bald wieder.
Dass Gala bestimmten ”arbeitsteiligen Ausdifferenzierungen” des Tanzmusikgeschäftes - konkret ist damit der Umstand gemeint, dass manche Tanzcombos sich von Managern bzw. Agenten vermitteln lassen - gegenüber eher skeptisch eingestellt ist, beruht mehr auf schlechten persönlichen Erfahrungen mit der Unzuverlässigkeit solcher ”Vermittler” als auf einer ”archaisch” bzw. ”anachroni-stisch” zu nennenden Einstellung : Einerseits sieht Gala sich sehr wohl in der Lage, seine jeweiligen Tanzkapellen auch selber managen zu können, was ihm in der einschlägigen ”Szene” inzwischen einen entsprechenden Ruf eingebracht hat, andererseits möchte er sich nicht durch falsches Management seine tanzmusikalischen Möglichkeiten verbauen und/oder sich durch zu hoch gegriffene Versprechungen seitens irgendwelcher Agenten in unliebsame Abhängigkeiten lavieren lassen.
Trotz seines recht professionellen Umganges mit der musikalischen Tätigkeit hat Gala sich beizeiten gegen eine Laufbahn als Berufsmusiker entschieden. Dabei geht aus seinen Ausführungen nicht eindeutig hervor, ob es sich dabei um eine Orchestermusikerkarriere oder um eine Karriere im Popularmusikbereich, speziell in der Tanzmusik, gehandelt haben sollte. Zur Illustration führt Gala das Beispiel seines ehemaligen Klarinettenlehrers an, dessen berufliche Situation trotz Mitgliedschaft im Osnabrücker Symphonieorchester sich für Gala u.a. wegen der i.d.R. nur kurz befristeten Anstellungsverträge und des hohen Konkurrenzdrucks, den Gala auf die große Zahl der für vakante Stellen zur Verfügung stehenden Bewerber zurückführt, als wenig erstrebenswert darstellte.
In dieser Hinsicht ergeben sich gewisse Ähnlichkeiten zwischen der Einstellung Galas und der von Spaß : Beide möchten an ihrer popularmusikalischen Tätigkeit Spaß haben und möchten sich diesen Spaß nicht unbedingt dadurch beeinträchtigen lassen, dass sie wegen der Lebensunterhaltsbestreitung in ihrer jeweiligen musikalischen Tätigkeit bestimmte Konzessionen machen müssen (etwa gegenüber Agenten oder einem bestimmten Publikum - so bei Spaß, wobei in Galas Fall dem Aspekt der sozialen und finanziellen Unsicherheit einer Berufsmusikerexistenz hinsichtlich der Beeinträchtigung des ”Spaßgewinns” durch die musikalische Tätigkeit anscheinend ein besonderes Gewicht verliehen wird).
Die aus dem Umstand resultierende spezielle Problematik, dass zumindest die in der ”Vorstudie 81/82” vorkommenden MusikerInnen im Rahmen ihrer popularmusikalischen Tätigkeit gewissermaßen ”originäre” künstlerische Ziele verfolgten, scheint Gala weitestgehend fremd zu sein. Für ihn besteht die Aufgabe des Popularmusikers im wesentlichen darin, das Publikum zu unterhalten, ob mit eigenem oder fremden Material (vergl. hierzu auch Frith´s Ausführungen zum ”Selbstverständnis” von Popularmusik-Entertainern).
Dass Gala in seinen Ausführungen nur sehr wenig auf die Bedeutung moderner Massenmedien im Zusammenhang der Vermittlung und/oder Verbreitung von Popularmusik eingeht, ein Umstand, von dem er in seiner Eigenschaft als Tanzmusiker direkt betroffen wäre, mag darauf zurückgeführt werden können, dass er schließlich nicht explizit danach gefragt wurde.
Da Gala seine popularmusikalische Tätigkeit selbst dem ”Unterhaltungs-Verdikt” unterordnet, kann es einerseits als selbstverständlich angenommen werden, dass er das aktuelle, von den Massenmedien verbreitete Popularmusikangebot, zumindest was die ganz besonders gut beim Publikum ankommenden Stücke darunter anbelangt, sehr wohl beobachtet und auch berücksichtigt haben dürfte.
Andererseits sollte davon ausgegangen werden, dass bestimmte Repertoireteile, z.B. sog. ”Stimmungsserien”, der ”Schneewalzer”, Polonaisen u.a., im Programm der meisten, zumindest in der nordwestdeutschen Region agierenden Tanzkapellen seit Jahrzehnten einen dermaßen ”angestammtem Platz” haben, dass in diesem Zusammenhang fast schon von einer Art ”musikalischen Aufführungs-Tradition” gesprochen werden kann.
(13) Gedächtnisprotokoll des Interviews mit Side-man, durchgeführt von Andreas Wilczek am 9.12.1980 in Side-man´s Wohnung
Side-man war damals Keyboarder im Ensemble eines bekannten deutschen Jazz-Saxophonisten (D.K.) und wechselte danach zur Gruppe eines ebenfalls berühmten deutschen Rock-Schlagersängers über, wo er angeblich auch zum gegebenen Zeitpunkt noch Mitglied ist.
Bei Side-man handelt es sich um den ”ambitionierten” Musiker aus den Erzählungen von Spaß. Nach Beendigung des ”progressiven” Orgeltrios (”Trikolon”), bei dem auch Spaß mitwirkte, gründete Side-man zusammen mit Mitgliedern einer anderen ”Lokalmatadoren-Combo” eine neue Gruppe, ein Quartett, die Anfang der 1970-er Jahre ebenfalls zu einer gewissen Bedeutung im örtlichen Popularmusikgeschehen gelangte. Auch mit dieser Formation veröffentlichte Side-man in Eigenregie eine LP. Das Werk wurde 1995 von einer französischen Firma, die sich auf die Neuveröffentlichung von Raritäten aus den 1970-er Jahren spezialisiert hatte, als CD neu herausgebracht. Vor seinem Einstieg in die Gruppe von D.K. betrieb Side-man, zusammen mit zwei Musikern aus Aachen ein recht ambitioniertes Jazz-Rock-Trio. Wie er zu seiner Mitwirkung in D.K.´s Gruppe gelangt war, ist etwas unklar. Er selber berichtete darüber, dass man irgendwie erfahren habe, D.K. suche eine neue Rhythmusgruppe, worauf man mit seinem kompletten Jazz-Rock-Trio zu einem Vorspieltermin zu D.K. gefahren sei. D.K. habe an den anderen beiden Musikern kein besonderes Interesse gezeigt, Side-man nach dem genannten Termin noch einmal allein zu einem Vorspiel eingeladen und ihn daraufhin für seine Gruppe engagiert.
Dass D.K. in gewisser Weise als Mitglied der ”Welt der professionellen Popularmusik” betrachtet werden kann, ist zumindest einem Statement Side-man´s zu entnehmen, in dem er sagt, der derzeitige Chef von D.K.´s deutscher Schallplattenfirma sei ein ”guter Bekannter” (von D.K.) und mache hin und wieder die ”Vermarktung” von D.K.´s Gruppe betreffende und auch auf D.K.´s Person bezogene ”Vorschläge”. Auch kann als bekannt vorausgesetzt werden, dass D.K. seine bisherige Karriere nicht nur als Jazz-Saxophonist (als solcher ist er einschlägig etwa seit den 1950-er Jahren bekannt), sondern auch als Interpret/ Komponist sogenannter ”Easy-Listening”-Musik sowie als Komponist von Werbemusik gestaltet hatte (in den 1970-er und 1980-er Jahren konnte er sich auch als Komponist diverser Film- und Fernsehspielmusiken einen Namen machen, u.a. für eine bekannte ARD-Krimi-Serie). Insofern kann auch nicht ganz ausgeschlossen werden, dass für D.K. seine Gruppe eher eine Art ”Spaß”-Projekt darstellt. Zumindest gibt es diesbezügliche Anklänge in den Äußerungen von Side-man, wenn er bemerkt, dass D.K. selber auf die Musik derzeit aktueller Jazz-Rock-Größen ”steht” und demzufolge in D.K.´s Kompositionen für seine Gruppe Einflüsse aus deren Musik aufscheinen könnten.
Dass es sich bei D.K.´s Gruppen-Projekt nicht nur um Spaß, sondern auch ums Geschäft handelt, geht aus Side-man´s Ausführungen zu D.K.´s ”Repertoire-Politik” bezüglich der Band hervor sowie aus seinen Statements zu dem Image (als ”Jazz-Volksmusiker”), mit dem die Schallplattenfirma D.K. zu vermarkten versucht. Außerdem sollte der Umstand nicht unberücksichtigt bleiben, dass Jazz-Rock in den späten 1970-er/frühen 1980-er Jahren ein noch recht beliebtes Popularmusik-Genre war, woraus sich auch für Musiker wie D.K., die bereits über einen gewissen ”Bekanntheits-Bonus” sowie über Verbindungen zur ”Welt der professionellen Popularmusik” verfügten, ein Anreiz zu entsprechenden Aktivitäten ergeben haben dürfte. Auf die Image-Gestaltung ihres Bandchefs haben die in D.K.´s Gruppe mitwirkenden Musiker keinen Einfluss, denn dieses scheint ausschließlich eine Angelegenheit von D.K. und dem Chef seiner Schallplattenfirma, dem ”guten Bekannten”, zu sein. Die ”Repertoire-Politik/Gestaltung” unterliegt insofern dem Einfluss von D.K.´s Mit-Musikern, als dass es ihnen erlaubt ist, Verbesserungsvorschläge bis hin zum Ausmaß von Kompositionsteilen einzubringen, was ihnen allerdings nicht über Urheberrechtsanteile (GEMA) honoriert wird. Eigene Kompositionen in das Repertoire von D.K.´s Gruppe einzubringen, wird, so Side-man, den Gruppenmitgliedern von D.K. verwehrt.
Zwar gibt D.K. sich gemäß Side-man´s Ausführungen hinsichtlich der Interpretation der jeweiligen Kompositionen, die im Repertoire einer Tournee oder einer Schallplattenproduktion enthalten sein sollen, ”Jazzer”-mäßig, d.h. den Gruppenmitgliedern werden zur Gestaltung ihrer solistischen Beiträge weitestgehende Freiheiten gelassen. Andererseits wird bei der Zusammenstellung von Tournee-Repertoires darauf Wert gelegt, dass bekanntes, bereits veröffentlichtes Material zu Gehör gebracht wird und dass sich hierbei auch die Solisten in ihren jeweiligen Beiträgen einer Art ”Wiedererkennungs-Verdikt” unterordnen.
Bezüglich der ”Besetzungspolitik” von D.K.´s jeweiligen Begleitgruppen ergeben sich gewisse Parallelen zum von S.B. beschriebenen Prozedere des im Bereich der volkstümlichen Unterhaltung agierenden ”Medium-Terzetts” : Welche Musiker sind gerade für eine Tournee oder Plattenproduktion verfügbar, und wie können ihre jeweiligen Fähigkeiten am besten für das Konzept der Gruppe nutzbar gemacht werden ? (Oder anders gefragt : Welche Fähigkeiten werden für eine bestimmte Formation vorgestellt bzw. wären dafür wünschenswert und welcher Musiker hat diese Fähigkeiten ?)
Dass Side-man, der in der lokalen ”Szene” bereits sehr früh seine professionellen popularmusikalischen Ambitionen zu erkennen gab, durch seine Mitwirkung in D.K.´s Gruppe hinsichtlich seiner ursprünglichen Vorstellungen von einer professionellen Karriere im Popularmusikbereich eher desillusioniert worden ist (welche das wären, geht aus dem Interview nicht hervor, zumal auch nicht dezidiert danach gefragt worden ist), kann hier nur vermutet werden. Zumindest äußert er sich implizit nicht unbedingt anerkennend über die Kompositionen seines Bandleaders und dessen Gebaren gegenüber Verbesserungsvorschlägen seitens der Combomitglieder.
Es scheint auf, als setze Side-man dieses Gebaren in Beziehung zur eher zweitrangigen Position D.K.´s in der internationalen Riege der Jazzgrößen bzw. der Protagonisten des Jazz-Rock. Immerhin lassen einige der oben referierten Statements die Interpretationsmöglichkeit zu, dass Side-man als Verfechter einer Art ”Idee der guten Musik” - zumindest ”gut gemachter” Musik - sich im Zusammenhang seiner Mitgliedschaft in D.K.´s Gruppe in einen unter Mithilfe von Musikindustrie und Massenmedien inszenierten ”Qualitäts-Schwindel” involviert gesehen hatte.
(14) Gedächtnisprotokoll des Interviews mit Profi, durchgeführt von Ulf Baltrusch und Matthias Richter am 3.3.1988 im ”Musikbüro im Ledenhof”, Osnabrück
Die beiden Gesprächsführer wechseln sich während des Interviews mit Profi ab. Wegen der schlechten Aufnahmequalität und wegen der Ähnlichkeit der Stimmen war es schwierig, bei der Transkription Profis jeweiligen Interviewpartner eindeutig zu identifizieren.
Profi ist Chef einer lokalen Blues-Combo, die seit längerer Zeit überregional nicht nur im Bundesgebiet agiert und bereits mehrere Schallplattenproduktionen veröffentlicht hat. Darüber hinaus ist Profi als Gitarrenlehrer in der Jazz-/Rock-/ Pop-Abteilung des Konservatoriums der Stadt Osnabrück tätig. Es kann mit Recht behauptet werden, dass Profi Ende der 1970-er Jahre zu den Initiatoren dieser Abteilung gehörte.
Da Profi angibt, dass er - schon allein über die Einkünfte aus seiner Combotätigkeit - von professioneller Popularmusikausübung gut seinen Lebensunterhalt bestreiten könne, dürfte er eigentlich nicht zu der in dieser Arbeit interessierenden ”Szene” gerechnet werden. Jedoch rekrutiert er gelegentlich Mitmusiker aus der o.g. lokalen ”Szene” für seine Blues-Combo, in der mittlerweile nur noch er selbst von der Urbesetzung übriggeblieben ist. Ferner ist Profi bei einigen Angehörigen der interessierenden ”Szene” dafür bekannt, dass er gerade über den jeweiligen Zustand seiner Combo-Aktivitäten, vor allem, was deren Erfolg sowie den ”finanziellen Output” aus denselben anbelangt, gerne auch ungefragt Auskünfte von bisweilen etwas fragwürdigem Wahrheitsgehalt abgibt (siehe Stichwort/Auswertung/”Bedeutung des Aufschneidens”).
So stimmt z.B. die von Profi im Interview gemachte Angabe, er habe etwa Mitte der 1970-er Jahre, ungefähr mit Gründung seiner Blues-Combo, aufgehört, sich als Tanzmusiker zu betätigen, nicht mit einem Statement aus dem Interview mit S.B. zusammen, wonach Profi sich bis Anfang/ Mitte der 1980-er Jahre noch als Begleitmusiker des Osnabrücker ”Medium Terzetts” betätigt habe, welches sich dem popularmusikalischen Genre der sog. ”volkstümlichen Unterhaltung” verschrieben hat. Diesem Detail - Profi könnte sich ja hinsichtlich des genannten Zeitpunktes geirrt oder seine Aktivitäten beim ”Medium Terzett” nicht unter ”Tanzmusik” subsummiert haben - würde nicht so große Beachtung geschenkt werden, wäre in der interessierenden ”Szene” nicht seit Jahren bekannt, dass Profi sehr penibel auf sein Image als ”Profi-Blueser” bedacht ist.
Daraus, dass Profi seine popularmusikalische ”Profikarriere” im Lager der lokalen Tanzmusik begonnen hat, macht er keinen Hehl. Andererseits hat er ein Studium der klassischen Gitarre mit SMP-Abschluß am Städt. Konservatorium absolviert (SMP = Staatliche Musiklehrerprüfung).
In dem Interview wird Profi dann auch weniger zu Stationen seines persönlichen popularmusikalischen Werdegangs befragt als vielmehr zu seinen Ansichten - natürlich in quasi impliziter Anerkennung seines Status als ”Popularmusik-Profi” - zu Themen von eher allgemeiner Bedeutung für Akteure, die sich in und um Osnabrück mit möglicherweise ”professionellen Ambitionen” im Popularbereich als Musiker betätigen wollen, als da wären : Zweck und Nutzen einer Ausbildung im Zusammenhang angehender professioneller popularmusikalischer Tätigkeit, Sinn und Effekt von in Eigenregie durchgeführten Tonträgerproduktionen, Bedeutung und Rolle bestimmter Interessenvertretungen (GEMA, GVL), die hinsichtlich bestimmter Aspekte der betreffenden musikalischen Tätigkeit eine gewisse Relevanz besitzen, Möglichkeiten für örtliche Popular-musiker, ihre Musik dem Publikum präsentieren zu können.
Es bietet sich an dieser Stelle die Möglichkeit an, die große Bedeutung und unbedingte Wichtigkeit des Live-Spielens, die Profi für Akteure des Popularmusikbereiches betont, etwa im Hinblick auf das Aufscheinen einer eventuell nach wie vor bestehenden, zumindest die Einstellung betreffende Verwurzelung Profis im Tanzmusikbereich zu interpretieren. Immerhin zeigt sich bei ihm eine gewisse Affinität zum Agieren von Tanzmusikern. Wenn auch der ”pädagogische Wert” des Live-Spielens, auf den Profi insistiert, nicht bestritten werden soll sowie dadurch mit großer Wahrscheinlichkeit bewirkte positive Effekte in bezug auf Aufführungsroutine und sog. ”Bühnenpräsenz” hier nicht in Abrede gestellt werden sollen, so bleibt doch der Hinweis darauf, dass Tanzmusiker in der Regel gar keine andere Möglichkeit haben/kennen (vergl. Interview Gala), als durch Live-Auftritte ihre Musik dem Publikum präsentieren zu können bzw. mit ihrer musikalischen Tätigkeit Geld zu verdienen. Demgegenüber kommen bestimmte Popularmusikgenres in ihrer Eigenschaft als Bestandteil massenmedialen Unterhaltungsangebotes sowie auch des durch Funktion und Wirkungsweise moderner Massenmedien bedingten Phänomens ”Popularmusik” (im Sinne von Frith) mehr oder weniger ohne Live-Darbietung aus und verhelfen ihren Schöpfern dennoch zu Einkommen.
Dass Profi jedoch trotzdem seine eigene Form der ”professionellen popularmusikalischen Tätigkeit” als eine neben vielen möglichen anderen zu betrachten scheint, ist seinen Ausführungen insofern implizit, wenn er seine Blues-Combo im sog. ”Club-Bereich” agierend einordnet, als eine von ca. 50 auf ähnliche Weise in der BRD verfahrenden professionellen Popularmusikgruppen. Damit ist gemeint, dass ein nicht unwesentlicher Teil der Einkünfte aus der musikalischen Tätigkeit über Gagen aus Auftritten in Veranstaltungslokalen mit Live-Popularmusikangebot erwirtschaftet wird.
Was dieses Prozedere zu einer Art ”Königsweg” zum Profistatus im Popularmusikbereich machen sollte - außer dem Umstand, dass Profi seine eigene popularmusikalische Karriere auf diese Weise gestaltet -, geht aus Profis Ausführungen im Interview nicht hervor.
Darüber, in welcher Weise Profi die Relevanz massenmedialer Präsenz von Popularmusik generell und/oder auch hinsichtlich seiner eigenen Musik bzw. des weiteren Verlaufs seiner Profi-Karriere einschätzt, soll an dieser Stelle nicht spekuliert werden, zumal einschlägige diesbezügliche Statements in dem vorliegenden Interview nicht gemacht wurden. Letztendlich wurde Profi auch gar nicht danach gefragt. Zumindest lässt oder ließ er seine Blues-Combo seit einigen Jahren von einem Redakteur der örtlichen Tageszeitung ”promoten” bzw. managen, fungierte in jüngerer Vergangenheit in lokalen Printmedien gelegentlich als Fotomodell für ein ortsansässiges Herrenbekleidungsgeschäft und ließ eine seinen Tonträger von einem Begleitmusiker eines bekannten deutschen Rockschlagerstars in dessen Tonstudio produzieren.
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