Die wirkliche und große Dramatik des Krieges erreichte Melsungen erst im Oktober 1943



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Sana06.05.2017
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Die wirkliche und große Dramatik des Krieges erreichte Melsungen erst im Oktober 1943. Vorher gab es in den Familien natürlich Trauer um die gefallenen Familienväter und Söhne, doch für andere war der Krieg noch recht weit weg.
In der Nacht vom 22. auf den 23. Oktober 1943 flogen 500 alliierten Bomber den großen Luftangriff auf Kassel. Im Bombenhagel und dem anschließenden Feuersturm kamen etwa 10 000 Menschen um. Die genaue Zahl der Toten wird man nie feststellen können. Eine große Zahl von Menschen wurde verwundet.
Feuerwehrleute und Hitlerjungen wurden nach Kassel befohlen um dort zu helfen und aufzuräumen. Sie erzählten natürlich zu Hause von den schrecklichen Bildern und Zuständen, die sie dort gesehen haben. Das mit Kassel etwas furchtbares passierte, hatte man natürlich während dieser Nacht schon gehört und gesehen. Das Dröhnen der Bombermotoren ließ keinen schlafen. Die sog. Christbäume, welche den Bomberpiloten den Weg zeigten, erhellten die nächtliche Landschaft. Der Feuerschein der brennenden Stadt ließ den Himmel im Norden hell erglühen. So etwas hatte man noch nie gehört und gesehen.
In den nächsten Tagen wurden wie Mumien verbundene Brandopfer und andere Verletzte nach Melsungen gebracht und im "Alten Kasino", der heutigen Stadthalle, versorgt. 1200 obdachlose Kasseler mussten in der Stadt untergebracht werden.
Unter dem Eindruck der Ereignisse kam die Angst vor den Luftangriffen, die man vorher nicht ganz so ernst genommen hatte, auch nach Melsungen.
Luftschutzkeller befanden sich in der "Hunkenburg" - Schlothweg 1. Im Eiskeller, der sich in der hohen Böschung in der Nähe Ampelkreuzung befand und im Ratskeller. Die Hunkenburg ist das große Haus am Anfang des Schlothweges. Unter dem Haus befinden sich große Keller. Unterstände waren zum Schutz vor Fliegerangriffen im Fliedergraben für die Mitarbeiter der Fa. Braun angelegt worden. Die Weberei Salzmann hatte einen Bunker im Buschwerk des Flutgrabens, der von der Ostdeutschen Siedlung herunterkommt. Weitere Unterstände waren von den Bürgern in Sonn- und Feiertagsarbeit am Galgenberg und an der Pauluskanzel angelegt worden. Die Luftangriffe sollten die Bevölkerung zermürben und gegen das Regime aufbringen. Dieses Ziel wurde jedoch nicht erreicht. Die Leute rückten in der Not näher zusammen und der Hass auf die britischen und amerikanischen Bomberbesatzungen wuchs. Wenn Besatzungen von abgeschossenen alliierten Flugzeugen durch die Stadt geführt wurden, mussten sie durch Polizei vor Übergriffen der Leute geschützt werden.
Ab Anfang 1945 wurden die Tieffliegerangriffe immer schlimmer. Die Arbeit in den Fabriken wurde immer wieder gestört. Die Bauern konnten kaum noch ihre Felder bestellen. Schulunterricht war nicht mehr möglich, zumal die meisten Lehrer an der Front waren.
In vielen Familien herrschte Trauer um die Gefallenen. 1951 veröffentlichte das Melsunger Tageblatt 180 Namen von Gefallenen. Das waren die Namen derer, von deren Tot man zu diesem Zeitpunkte wusste und von denen, die bis dahin für tot erklärt worden waren, später kamen noch weitere Namen hinzu.
An Ostern 1945 ging der Krieg für Melsungen zu Ende.
Am Ostersamstag hörte man gegen Mittag die Motoren- und Kettengeräusche der ersten amerikanischen Panzer. Die Panzer kamen vom Kesselberg und gingen bei Reinbolds Garten in Stellung. Das war dort, wo heute die großen Häuser am Hopfenort stehen. Von dort wurde die Stadt mit schweren MG unter Feuer genommen. Als erstes Gebäude ging die "Riedeselsche Vogtei" am heutigen Vogteiplatz, Haus Fiedler - Trapp, in Flammen auf. Die jungen Feuerwehrleute konnten das Gebäude, ebenso wie angrenzende Häuser nicht retten. Dann kamen die Panzer in die Stadt um die Lage zu erkunden. Es kam zu einigen kleineren Kampfhandlungen. Dabei ging ein Nebengebäude der Fa. Strecker, gegenüber der Bartenwetzerbrücke, in der Vorstadt in Flammen auf. Die Gebäude der Firma wurden beim Bau der neuen Straße in der Vorstadt vor einigen Jahren abgerissen. Ein 17jähriger Hitlerjunge feuerte eine Panzerfaust auf einen Panzer ab. Als dieser das Feuer erwiderte, wurde die Kühlanlage des Schlachthofes zerstört und die in der Nähe stehende Scheune der Familie Collmann ging in Flammen auf. Gegen 15 Uhr verließen die Panzer der Vorausabteilung die Stadt wieder.
1 Stunde später jagte ein Sprengkommando die beiden mittleren Bögen der Bartenwetzerbrücke in die Luft, ebenso wurde der Mittelteil der Drahtbrücke zerstört. Die sog. Pionierbrücke - ein hölzerner Steg, der heute durch die Fußgängerbrücke über die Fulda zur Freundschaftsinsel ersetzt ist - war bereits am Karfreitag zerstört worden. Die Bitten der Bevölkerung, diese sinnlosen Zerstörungen zu unterlassenlassen, waren wirkungslos geblieben.
In dieser kritischen Situation versammelten sich die Frauen der Stadt um den Marktplatz und fordern die Übergabe der Stadt an die Amerikaner. Es ging das Gerücht um, die Panzerbesatzungen hätten gesagt: "Wenn die Stadt nicht bis 17 Uhr übergeben worden wäre, würde sie durch Beschuss zerstört."
Doch wer sollte die Stadt übergeben. Der NSDAP-Kreisleiter und der Landrat waren geflüchtet. Der Bürgermeister war nicht zu sprechen - er war zu Tische, wie Jürgen Schmidt berichtet. Höhere Wehrmachtsoffiziere gab es in der Stadt auch nicht mehr, die hatten sich auf das andere Fuldaufer abgesetzt. In dieser Situation stellt sich der Kaufmann Hermann Schaefer als Unterhändler zur Verfügung und nahm Verbindung zum einzigen höheren Offizier in der Stadt auf. Dieser Offizier war der Chefarzt des Melsunger Reservelazarettes Dr. Heinrich Sostmann. Er gründete nach dem Krieg eine allgemeinärztliche Praxis, die heute noch besteht und in der sein Enkel praktiziert.
Näheres über Dr. Heinrich Sostmann und das Kriegsende finden Sie in dem Artikel "Der mit der weißen Fahne" von Dr. Erhard Appel in der HNA vom 30.03.2010. Im Internet unter: http://www.hna.de/nachrichten/schwalm-eder-kreis/melsungen/weissen-fahne-697204.html zu finden.


Da er selbst wegen der vielen Verwundeten das Lazarett nicht verlassen konnte, schickte er seinen Assistenzarzt Noll und den Sanitätsunteroffizier Mathei als Unterhändler zu den Amerikanern. Als Dolmetscher ging Hermann Schäfer mit.
Die drei fuhren mit Dr. Sostmanns Opel P4 - das war so etwas wie der "Volkswagen" der Vorkriegszeit - über den Kesselberg in Richtung Melgershausen. Erst kurz vor dem Dorf wurden sie angehalten und von Soldaten ins Dorf gebracht und verhört. Am nächsten Tag, dem Ostersonntag, wurden die Unterhändler wieder frei gelassen und kamen gegen Mittag wieder in der Stadt an.

Bereits am Abend vorher war die Stadt von den Amerikanern besetzt worden. Die Bürger hatten weiße Tücher aus den Fenstern herausgehängt. Das war ein Zeichen, dass man sich ergeben hatte und keinen Widerstand leisten wollte. Trotzdem wurden 3 Einwohner in den ersten Stunden der Besetzung erschossen, weil sie bei Anruf durch GI's nicht sofort stehen geblieben waren. Einer dieser 3 war der Eigentümer des heutigen Hauses Burgstraße 14 - mit Namen Hahn. Er war mit seinem schweren englischen Motorrad unterwegs, was als Fluchtversuch gedeutet wurde.

Am Ostersonntag war die Stadt dann vollständig besetzt. Die Stunde Null war für die Stadt angebrochen. Das bedeutete aber nicht, dass nun Ruhe war. Freigelassene Zwangsarbeiter zogen, des Alkohols entwöhnt, betrunken und plündernd durch die Stadt. Da die Männer als Soldaten an der Front waren, wurden überall wo Arbeitskräfte gebraucht wurden, Zwangarbeiter aus den besetzten Gebieten eingesetzt - in den Fabriken, auf Bauernhöfen. Eine größere Zahl von Zwangsarbeitern war unter anderem bei der Weberei Salzmann - heute Kulturfabrik - eingesetzt. Die Unterkünfte der Zwangsarbeiter sind noch heute im Keller vorhanden.

Soweit eine kurze Darstellung der Ereignisse. Wenn Sie sich näher informieren wollen, können Sie dies in Jürgen Schmidts Stadtgeschichte tun. Er hat sich sehr ausführlich mit dieser Zeit beschäftigt.

Trotz des ernsten Themas möchte ich noch eine kleine Anekdote erzählen. Da ich in Röhrenfurth aufgewachsen bin, erzähle ich eine Geschichte, die sich auch in Röhrenfurth ereignete: Eines Abends, als die Bomber über das Dorf donnerten, hatte sich eine Hausgemeinschaft Schutz suchend im Keller versammelt. Es wurde kein Wort gesprochen, alle schwiegen aus Angst. Bis ein Kasseler, der aus seiner zerbombten Heimatstadt ins Dorf gekommen war, immer lauter rief:
"Wo wären wir, hätten wir nicht unseren Führer"
Dem antwortete Lotzen Henner, ein alter Bauer:
"Schoofskopp, wo wehr'n me, ech wette,
mäh lehchen derre Nohcht met dem Ohrsche im Bette"

Nacherzählt von Kurt Maurer auf Basis von "Jürgen Schmidt: Melsungen..." sowie anderer Quellen und Erzählungen
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