Tagebuch Frühjahrsbeginn 435 Tag 1
Auf der Passhöhe
Als der Krieger der Solonavi die Passhöhe erreicht, dämmert es bereits. Ich vermute, dass das Gefecht längst beendet ist, allerdings kann ich nur Vermutungen anstellen, welche der drei Parteien die verzweifelte Schlacht um Herrschaft und Macht für sich entscheiden konnte.
Ich hatte die Probleme bereits erwartet, die auftreten, wenn ich meine Gabe in die Nähe starker Ablagerungen von Magestone richte. Doch die machtvolle Strahlung, die aus dem Inneren des runden Tales ausdringt, ruiniert meine Sicht schneller als erwartet. Was ich nicht erwartet hatte, war der überwältigende Ausblick, der sich mir von der Passhöhe her bot: eine schillernde Seefläche, gewaltige steinerne Auswüchse und haushohe Blöcke aus funkelndem Magestone, die wie Diamanten in der Wintersonne glitzerten.
Mir blieben nur wenige Sekunden, bevor die Verbindung von einer Energiewoge unterbrochen wurde, der Energie des Magestones – eine Energie, die Ross und Reiter, denen mein Blick gefolgt war, sofort zu Staub und Asche verbrannte. Ich erhaschte einen kurzen Blick auf einen schmalen Turm. Seine drakonische Architektur erhob sich aus der Mitte des Sees. Um ihn herum sah ich Schemen von Drakonieren und eine Vielzahl kleinwüchsiger Kreaturen – Zwerge vielleicht – wie sie hart arbeiteten, um Brocken des Magestones von den juwelversprengten Inselchen zu schaffen, die den Turm umgaben.
Ich kann nicht mehr sagen, denn dann wurde es schwarz um mich herum. Ob es sich bei den Gestalten um Drakonier und Bergzwerge oder um Drakona und die sie verehrenden Tiefenzwerge handelte, konnte ich nicht erkennen. Allerdings weiß ich nun, warum Tezla nie versuchte, diese unvorstellbare Quelle zu erobern. Kein Golem, keine Mensch, kein Magier kann im Hochofen dieser verfluchten Strahlung bestehen. Nur Zwerge und die Drakonier, die nach der rohen Energie für ihre Chyrsalis verlangen, können an einem Ort leben, an dem jeder anderer zerstört oder als furchterregendes Magespawn, ohne Sinn und Schicksal in diesem Land, wiedergeboren würde.
Meine Meister zeigen sich zufrieden mit dem was ich wählte und sah. Sie verkünden schlicht, dass sie meine Kräfte zur Vorsehung stärken werden, nun wo ich mich als zuverlässige Hilfe für sie erwiesen habe.
Tagebuch Frühjahrsbeginn 435 Tag 2
Eine Gegenoffensive
Am heutigen Tage unternimmt Lord Maakha, der Herr über die atlantische Hafenstadt Darthion, einen ersten Schritt gegen die Streitkräfte des Dunklen Kreuzzuges. Soldaten und Golems, Magier und Kriegsmaschinen werden einige Meilen westlich des Roa Kaiten in Position gebracht. Die Vorbereitung zur langen und blutigen Rückeroberung der atlantischen Provinz von Fairhaven hat begonnen.
Als der Imperator Nujarek im Jahre 432 die Macht übernahm, rief er zuerst eine beachtliche Anzahl von Truppen aus den Grenzgebieten nach Atlantis zurück. Nujarek fürchtete einen politischen Streich von Raydan Marz, daher rief er eine Reihe von alten Waffengefährten und Verbündeten ins atlantische Herzland, um einer Gefährdung seiner Herrschaft entgegenzuwirken. Diese Wahl verärgerte viele Einwohner des östlichen Imperiums, die nun Angriffe der Elfen, sowohl von der Sekte als auch aus dem Wylden und deren Verbündeten, befürchten.
Im Frühjahr 433 Tz richtete Nujarek die ersten großen und blutigen Zirkusspiele mit Gladiatoren aus. Diese entschieden Soldaten von Lord Maakha aus Darthion in einem offenen Gefecht für sich. Die geschäftige Hafenstadt ist eine der wichtigsten Provinzen des Imperiums, doch hatte der Ruf Nujareks nach Truppen Lord Maakhas Möglichkeiten, die Grenzen zu verteidigen, deutlich beeinträchtigt. Durch den Sieg des Torwächters Bassan in den Spielen, konnte dieser Maakhas Wunsch zur Rede bringen und um die Rückkehr der Truppen in die Grenzregionen bitten. So haben die Verteidiger in den Grenzregionen nun wieder ihre volle Sollstärke erreicht.
Zur gleichen Zeit wütet und brandschatzt sich der Dunkle Kreuzzug seinen Weg durch den Wylden und ist in Fairhaven eingeschlagen. Im Norden werden die Amazonen hingeschlachtet und ein bedrohlicher Schatten legt sich über Duncastor und die Inneren Provinzen von Atlantis. Daher hat Lord Maakha Bassan beauftragt, eine Armee auszuheben, die Fairhaven zurückerobern kann. Das Imperium muss nun beweisen, dass es die Präsenz der Untoten auf seinem Grund nicht dulden wird.
Tagebuch Frühjahrsbeginn 435 Tag 3
Die Überquerung des Kaiten
Die Region westlich des Roa Kaiten gehört ursprünglich zu Fairhaven und nicht zu deren alteingesessenen Rivalen aus Duncastor. Was diesen kriegsüberzogenen Landstrich allerdings in den letzten fünf Jahren an Überschwemmungen, Gefechten und Feuersbrünsten über Fairhaven hinweg erreicht hat, hat ihn zum Niemandsland werden lassen. Die Hauptfestung steht zwar noch in Fairhaven, allerdings befindet sie sich nun in den Händen der Kreuzritter, aber eine beachtliche Anzahl von Gebäuden, Wohnhäusern und Geschäften, Scheunen und Kornkammern und ein großes Mönchskloster sind verwüstet und zerstört. Ich habe in den Tavernen gehört, dass die Region in den vergangenen zwei Jahren die Hälfte ihrer Bevölkerung verlor. Die Familien sitzen nun hier fest und können nur darauf warten, dass der Krieg an ihnen vorüberzieht. Aus meiner Sicht können die Atlanter in diesem Landstrich nicht viel gewinnen. Es geht nur darum, das Gesicht zu wahren und natürlich um die Magestone-Vorräte der Region.
Zwar hatten die Einwohner auch Glück im Kampf gegen die Invasoren, darunter zum Beispiel eine erstaunlich gezielt ausgeführte Attacke gegen Führer des Kreuszuges in der Versammlungshalle, doch die schiere Anzahl an Pitfightern, Untoten und Nekromanten hat den Landstrich in eine Gegend verwandelt, die nun von der Nekromantie dominiert wird.
Dies ist die Lage, die sich den ersten imperialen Truppen bietet, die das Ufer des schnell dahin fließenden Koiten erreichen. Bald werden die atlantischen Himmelsfesten eintreffen und damit beginnen, Krieger und Golems über das Wasser hinweg in den wartenden Rachen des Kreuzzuges zu transportieren. Die Dynamik der ganzen Region hatte sich verändert, nachdem die Steinbrücke im letzten Jahr von den Revolutionären zerstört wurde. Nun wird ebendiese vom unermüdlichen Einsatz hunderter wohl kontrollierter Zombies wiedererrichtet. Im Mitsommer sollte sie fertig sein, bereit, um von Armeen des Dunklen Kreuzzuges benutzt zu werden.
Tagebuch Frühjahrsbeginn 435 Tag 4
Das zerschmetterte Tor
Als es dämmerte zog eine leichte Brise über dem See auf. Die Wasseroberfläche kräuselte sich, als Dunst und Nebel auf ihrer Oberfläche zu tanzen begannen. Rhiamon schritt neben ihrem Greif Soulmare auf und ab. Sie suchte den Himmel nach Anzeichen der Angreifer ab. Die beiden Hexen Hebrodia und Daemona hatten ihr vorhergesagt, dass heute Nacht eine größere Attacke bevorstand, nachdem sie in den noch pulsierenden Eingeweiden eines frisch geopferten Trogs gelesen hatten. Rhiamon hatte ihnen die Anweisung gegeben, zum Schutze der mächtigen Schleusentore Verstärkung herbeizurufen. So waren weitere Hexen, verschiedene Bloodsucker und Untote herbeigeeilt, um den uralten Durchgang zu verteidigen, der den Ausfluss in östlicher Richtung blockierte. Der V-förmige Keil, der an die dreißig Fuß in den Grund hineinragte und massive vier Fuß dick war, konnte weder durch Feuer noch durch Magie beschädigt werden. Rhiamon musste die Tore heute gegen die Hochelfen verteidigen, um das Vertrauen von Kossak Darkbringer und somit das Wohlwollen der Führer des Kreuzzuges zu erringen.
Dann tauchte die erste Angriffswelle der Hochelfen aus der sternklaren Nacht auf. Ihre Klinge, die magisch im Sternenlicht schimmerte, sehnte sich tapfer nach dem Feinde. Innerhalb von Sekunden erhob sich der Teil von Rhiamons Streitkräften, der fliegen konnte, in die Lüfte. Die Erzfeinde trafen in der Luft, hunderte Fuß über dem See, aufeinander. Die dämonischen Kräfte in ihrem Inneren ergriffen von Rhiamon Besitz und führten ihren Schwertarm. Die Häme stand ihr ins Gesicht geschrieben, als sie jeden der Elfen erschlug, der sich in ihre Reichweite begab.
Sofort tauchte eine zweite Welle aus dem Nichts auf. Sie umging den Schwarm der Kämpfer und stürzte sich direkt in Richtung Schleusentor, um die dort versammelten Bodentruppen zu vernichten. Rhiamons Befehle lauteten, dort den Grund zu halten und wurden bedingungslos befolgt. Zwar konnten die Zombies, Bloodsuckers und anderen niederen Untoten dem Geschick und der Entschlossenheit der Elfen nichts entgegensetzten. Allerdings hielten sie diese doch genug auf, um es den Hexen zu ermöglichen, mit gleicher Kraft zurückzuschlagen.
Die dritte Welle näherte sich schnell aus westlicher Richtung. Sie bestand aus den Anführern der Elfen und deren Garde. Sie stürzten sich direkt auf Rhiamon und die Überlebenden des Luftgefechts. Rhiamon rief erneut die dunklen Mächte an und sendete einen Strahl kobaltfarbener Flammen in die Formation der Angreifer, der diese in alle Richtungen zerstreute. Der Anführer der Hochelfen rief seine Krieger zum Rückzug und zur Neuformierung auf, und Rhiamon wägte sich schon nach Minuten als Sieger in den Lüften. Doch dann erblickte sie hinter den Elfenlords etwas, das ihr die Sprache verschlug. Ein Wesen aus den alten Legenden schoss durch die Luft auf sie zu, es übertraf alles an Größe und Wildheit, was sie kannte. Der Riesengreif stieß durch die Nacht auf sie herab. Er hatte die Ausmaße eines ausgewachsenen Drachens – der Skyguard Griffon.
Im letzten Augenblick riss Rhiamon Soulmare herum und aus der Bahn des Ungetüms. Sie konnte nur zusehen, als der Reiter des Greifs diesen geschickt in das Gefecht um das Tor hinabsteuerte. Das Gewicht des Greifs erdrückte eine handvoll Zombies, als er direkt vor der Schleuse landete und Rhiamon wusste, dass ihre verzweifelten nekromantischen Kräfte nicht reichen würden, um sich mit diesem Ungetüm aus der Vorzeit zu messen. Der Greif gehorchte den Befehlen seines Reiters und seine gewaltige Pranke griff nach dem oberen Rand der Schleuse. Mit spielerischer Leichtigkeit riss, wendete und zog der Skyguard Griffon die ganze Struktur aus der Verankerung.
Mit Bestürzung sah Rhiamon wie sich eine massive Flutwelle in die Höhle hinein bewegte. Sie hörte das Donnern des Wassers, als es sich in die Passage ergoss, die in die oberen Bereiche der Vurgra Divide führte. Bis zum nächsten Morgen würde sich nahezu der ganze See in die Passage ergossen haben und die Wasser des Roa Sanguine verderben. Morgen Nacht werden die Dörfer der Menschen im Weg der Flutwelle ohne Trinkwasser und ihre fruchtbarsten Felder vergiftet sein. Damit verlieren die lebenden Krieger des Kreuzzuges ihre wichtigste Vorratsquelle.
Rhiamon schüttelte den Kopf, wendete ihr Reittier herum und flog schnell in Richtung Necropolis davon. Sie musste ihren neuen Herren vom Sieg der Hochelfen und ihrer Niederlage berichten. Noch wichtiger aber war die Tatsache, dass ihre Gegner ein Wesen der Legenden losgelassen hatten – sie mussten einen Weg finden, um damit fertig zu werden.
Tagebuch Frühjahrsbeginn 435 Tag 5
Erweiterungen und Abänderungen
Ich habe es einer durcharbeiteten Nacht zu verdanken, dass die Solonavi die Kammer, die mir meine Sehergabe verleiht, nun mit einer größeren Macht versehen haben. Nun kann ich meine Sicht über das Land erweitern und die Gefahr, von feindlichen Magiern entdeckt zu werden, ist deutlich reduziert. Allerdings erfordert eine größere Macht immer auch einen größeren Preis – ich werde nun anfälliger für Zauber und Hexereien eines Magiers, der die Existenz meines Phantoms entdecken sollte. Ich werde mit diesem Geschenk vorsichtig umgehen, bin aber schon begierig darauf neue, mir bisher verborgene Landstriche zu entdecken.
Die spiegelnde Wasserfläche zeigt mir, dass die Streitkräfte der Atlanter die Grenze zu Fairhaven überschreiten. Sie verwickeln verschiedene Truppenteile der Kreuzritter in Gefechte. Seit zwei Tagen wird dieser Landstrich nun von offenem Krieg überzogen. Die ausgebrannten Überreste von Farmen und verlassenen Dörfern müssen das grausige Lied des Krieges erneut hören.
Die Atlanter haben die Festung Fairhaven noch nicht erreicht. Sie sammeln ihre Truppen jedoch für eine Offensive am morgigen Tag. Zwar können ihre Himmelsfesten nicht weiter vorrücken, doch die Fußtruppen und die Luftwaffe der Golem wird versuchen, die eingeschlossenen Truppen des Kreuzzuges zu zermalmen. Mein eigenes Volk, erwartet den Sturm kampfbereit im Inneren der Wälle des zerstörten Fairhaven. Ich hege den Wunsch auch dort zu sein, um das Blut der Atlanter im Kampf vergießen zu können. So bleibt mir nur wieder der Posten des stummen Beobachters.
Tagebuch Frühjahrsbeginn 435 Tag 6
Die Schlacht um Burg Fairhaven
Als Kossak Mageslayer und Darq der Korrupte vor Jahren in Fairhaven kämpften, hatten sie nur einige Hundert Soldaten und Söldner bei sich. Heute Morgen schickten die Atlanter zehntausend Männer, Frauen und Golems gegen die Mauern von Burg Fairhaven, doch die tapferen Verteidiger der Kreuzritter hielten dem Angriff stand und traten den Technomagiern mit eigenen Schwerten und Zaubersprüchen gegenüber.
Die Effektivität der Atlantischen Zauberei, kombiniert mit der technomagischen Macht, die Tezla vor seinem Tod erschuf, leistete dem Imperium heute sehr gut Dienste. Während die mächtigen Nekromanten des Kreuzzuges jeden gefallenen Krieger wieder erweckten und so einen nie nahezu versiegenden Strom an Truppen schufen, die für die Verteidigung der Stadt sorgten, so lies doch die Fähigkeit der Atlanter, aus der Ferne zu töten und zu pulverisieren, sie gut gegen einen Feind bestehen, der ständig in der Überzahl war.
Im Himmel über Fairhaven tanzten Luftkämpfer in einem tödlichen Kampf zwischen einem Regen aus magischen Blitzen und explodierenden Feuerbällen. Prinz Aaron startete einen zum Scheitern verurteilten Versuch, die Dunklen Kreuzritter auf der Höhe der Schlacht zu sabotieren, doch bald schon fand sich der verräterische Sohn von König Johannes – und nach dem Tod seines Vaters der einzige Erbe von Fairhaven – von einem wütenden Mob Vampire umzingelt. Während sein Trupp bis auf den letzten Mann getötet wurde, konnte er nur knapp mit Hilfe eines magischen Ringes entkommen, den er um seinen Finger drehte und dann verschwand. Die Hexen und Untoten suchten die Stelle ab, von der verschwand, um sicher zu gehen das es sich nicht um eine Art Trick handelte, doch auch sie kamen zum selben Schluss wie ich: Prinz Aaron war nicht unsichtbar, sondern er war wirklich zu einem anderen Ort transportiert worden, ob dieser nun innerhalb oder außerhalb der Mauern von Burg Fairhaven lag, vermochte ich jedoch nicht zu sagen. Mit den Verbesserungen, die mein magisches Becken erfahren hat, konnte ich die Aura des Ringes erkennen und werde auch in Zukunft die Benutzung solch mächtiger Artefakte bemerken.
Die wahre Schlacht begann aber erst, nachdem es zur Mittagsstunde geläutet hatte. Die Dunklen Kreuzritter öffneten die Tore von Burg Fairhaven und sandten einen Strom hungriger Vampire, mächtiger Untoter und zorniger Grubenkämpfer in den direkten Kampf mit den atlantischen Kriegern und Golems. Da sie befürchteten durch die große Reichweite des Imperiums vernichtet zu werden, brachten sie den Kampf direkt zu den Kriegern und der Rest des Tages erstickte am blutigen Gemetzel der Feinde. Als die Nacht herein brach und beide Seiten sich zurückzogen um sich auf den nächsten Tag vorzubereiten, schienen beide in etwa die gleichen Verluste erlitten zu haben. Und genau so wie die Atlanter das Schlachtfeld nach brauchbaren Teilen absuchten oder nach Körpern, die sie verbrennen wollten, suchten die Nekromaten nach Körpern, die es noch lohnte, für den kommenden Kampf zu reanimieren.
Tagebuch Frühjahrsbeginn 435 Tag 7
Ordnung und Autorität
Heute suchte ich, auf Verlangen meiner solonavischen Meister, in der geschäftigen Stadt Xandressa nach einem der Anführer des neuen atlantischen Imperiums. Obwohl es mich betrübt, den Ausgang der Schlacht in Fairhaven nicht sehen zu können, denke ich, dass der Krieg dort sich auch ohne meine Beobachtung weiter entwickeln wird und dass der Konflikt das Imperium auf alle Fälle schwächen wird, egal ob sie das Gebiet erobern oder nicht. Dies ist eine der wichtigsten Regeln, wenn man als Kreuzritter kämpft – man kann sich immer darauf verlassen, dass es mehr von uns als von den anderen geben wird, gleich wie schlecht die Schlacht auch ausgehen sollte.
Xandressa ist einer der glorreichsten Städte im Imperium und gehört zu den großen Hafenstädten in der westlichen Hälfte des Landes. Jemandem, der dieses mächtige Handelszentrum nicht kennt, beschreibt man es am Besten als Zone absoluter Ordnung und Autorität, umgeben von Chaos, Habgier und Mord. Das Herz von Xandressa ist ein Bereich wo Gesetz und Frieden herrscht und Xandressanische Krieger die Docks und Warenhäuser bewachen, die entlang der Delphana Passage gebaut wurden. Um diesen Hafendistrikt, von ihm nur durch eine hohe Mauer getrennt, befinden sich dutzende Blocks, wo Händler ihren Reichtum durch den Xandressanischen Handel vermehren. Während die Xandressanischen Schiffe durch das ganze Land reisen, um mit kleineren Händlern aller Fraktionen zu handeln, zu kaufen und zu verkaufen, so kehren sie nach einer langen Fahrt doch immer wieder in ihre Heimatstadt zurück, um Steuern zu bezahlen und ihren Bestand zu kontrollieren. Hier ist es, wo sie an Land gehen, ihren Bestand aufnehmen, und die Reichtümer an den Höchstbietenden verkaufen, die sie auf ihren Fahrten gesammelt haben.
Für die Xandressaner, die nur wenig mit Reichtum anfangen können, außer sich das zu kaufen was sie brauchen, ist dieses Arrangement sehr von Vorteil. Durch ihren Handel dienen sie dem Imperium und das Imperium sorgt im Gegenzug für Schutz und erkennt ihre Neutralität an. Zudem halten die Händler von Xandressa die Situation fest unter Kontrolle. Nach Herzog Skalas unbedachten Angriff auf die Schiffsfamilie Malia in 433 Tz. hat die Revolution sehr unter der Wandlung der einträchtigen Handelsbeziehungen mit den Xandressanern in eine offene Kriegserklärung leiden müssen.
Doch ich schweife ab. Bis jetzt habe ich die reicheren Häuser und atlantischen Zitadellen, die die äußere Stadt umringen, durchsucht, doch dort gibt es kein Zeichen von Magus Anunub. Er ist derjenige den ich suche, und meine Meister haben bestimmt, dass er dem Tode überantwortet werden soll. Ich werde die Agenten der Solonavi führen, um einen der gefährlichsten Magier im Imperium zu jagen.
Tagebuch Frühjahrsbeginn 435 Tag 8
Das Rote Haus
Die äußere Stadt von Xandresse ist ein eindrucksvoller Ort. Während ich schon einige geschäftige Märkte und überfüllte Marktplätze gesehen habe, ist die nahezu unendliche Aneinanderreihung von Marktplätzen in der äußeren Stadt – besser bekannt als die „Perlen des Imperiums“ – unbegreiflich. Als ich meine magische Sicht von einem Würdenträger auf den nächsten schweifen lies, von Magier zu Wache, von Bürger zu Dieb und sogar von Golem zu Golem, konnte ich einige beeindruckende Dinge sehen – einschließlich eines der größten Roten Häuser im Imperium, bestehend aus mehr als zweihundert Räumen, die angefüllt waren mit jedem erdenklichen Luxus, Laster und Vergnügen, das man sich nur vorstellen kann. Während das erste und beste Rote Haus im fernen Venetia steht, so bietet dieses – ebenso geführt von Venetianern, die als Meister der Lust und des Schmerzes im ganzen Land bekannt sind – ein Labyrinth an Sehenswürdigkeiten, die selbst für einen eingefleischten Krieger der Kreuzritter, zu denen ich mich zähle, schockierend und originell zu gleich sind.
In diesem Roten Haus, nach mehr als zwei Tagen der ergebnislosen Suche durch diesen Komplex, der die Größe eines Palastes hat, entdecke ich endlich eine unglaublich schöne, junge Magierin, die Anunubs Golemkern Siegel um ihren Hals trägt, selbst als sie sich der Lust mit einem gut aussehenden, jungen Sklaven aus den Gebieten der Galeshi hingibt. Als sie diese Erfahrung beendet hatte, wurde ihr ein Bad bereitet und ein Mahl, aus Fleisch, Brot und Käse, zubereitet nach Art der Delphaner. Danach eskortierte man sie zu einem Tor im hinteren Teil des Roten Hauses, von wo aus sie diskret zu ihren eigenen Quartieren in der äußeren Stadt zurückkehren konnte.
Ich hoffte, dass diese wunderschöne junge Magierin mich zu Anunub führen würde und ich genügend Informationen für den Hinterhalt durch die Solonavi erlangen könnte, doch ich wurde enttäuscht als ein Schwert schwingender Drakonier die junge Atlantanerin, nur wenige Blocks vom Roten Haus entfernt, angriff. Die Technomagierin konnte den ersten Schlägen des Angreifers mit akrobatischem Geschick ausweichen und ihn sogar mit einigen, gut gezielten Blitzen aus ihren Fingern verwunden, doch letztendlich vergaß sie etwas,
was jedem Rekruten der Kreuzritter schon früh beigebracht wurde – Menschen können keinem Drakonier davon laufen. Als ihr kopfloser Körper auf dem Pflaster aufschlug, war der Drakonum bereits auf dem Weg zu seinem Bestimmungsort, mit ihrem Kopf unter dem Arm. Beruhigt, dass der Attentäter mich an einen interessanten Ort leiten würde, verband ich meine magische Sicht mit ihm und folgte dem Krieger, als er sich seinen Weg durch das verwobene Labyrinth zu seinem dunklen Bestimmungsort bahnte.
Tagebuch Frühjahrsbeginn 435 Tag 9
Schloss und Schlüssel
Ohne den Spiegel meines magischen Beckens hätte selbst der beste Spurenleser und Jäger den Drakonum im Labyrinth der Strassen von Xandressa verloren – besonders als er in die Abwasserkanäle verschwand, nachdem er durch eine verlassene Färberei geschlichen war. Nachdem er sich durch einige enge unterirdische Abwasserrohre gezwängt hatte, kletterte er eine Leiter empor in den Keller eines der größeren Xandressanischen Warenhäuser, das sich im gut bewachten inneren Teil der Stadt befand.
Er bewegte sich vorsichtig durch den Keller, der angefüllt war mit Kisten und Fässern voller unbekannter Güter, das Schwert bereithaltend. Eigentlich sollte er sich so tief in der Stadt sicher fühlen, doch er machte den Eindruck als würde er eine Bedrohung fürchten, der selbst er nicht alleine gewachsen wäre. Er stieg eine steinerne Treppe hoch und man konnte von draußen das Branden der Wellen und das Knarren der Planken und Maste der Schiffe hören. Er verließ das Haus durch ein großes Portal und fand sich auf einem Steinkai im Hafen von Xanderessa.
Auf ihn wartete ein Paar vermummter menschlicher Gestalten. Eine war von kleinem Wuchs, die andere hatte normale menschliche Größe. Der Drakonum warf den abgetrennten Kopf vor ihre Füße. Die kleinere Gestalt hob den Kopf hoch, betrachtete ihn einen Moment und erklärte dann, dass der Drakonum die Prüfung bestanden hätte. Der größere Mann stimmte zus da,s der Krieger seinen Preis verdient hatte, griff in seine Tasche und warf dem Drakonum einen großen, reich verzierten Schlüssel zu.
Der Drakonum verbeugte sich und verschwand dann hastig wieder in den Schatten des Warenhauses. Er schlich sich auf die Rückseite des Gebäudes und stieg die Treppe hinauf, drei Stufen auf einmal nehmend. Dann betrat er einen großen Lagerraum, der sich auf dem obersten Stockwerk befand, lief durch ein Labyrinth an Kisten und kam schließlich zu einer schweren Eisentür auf der anderen Seite des Raumes. Mit fast schon sichtbarer Frustration schob der Drakonum den Schlüssel in das Schloss, drehte ihn herum und öffnete die Kammer. Der plötzliche Schwall an magischer Energie, die aus der Kammer strömte, unterbrach fast meine magische Sicht, da das Innere des Lagerraums angefüllt war mit einer erstaunlichen Menge an rohem Magestone. Der Drakonum sprang verzweifelt in dessen Mitte, eindeutig begierig auf die längst überfällige Chrysalis Transformation.
Ich hielt mich vorsorglich zurück und sah zu wie die Tür langsam begann sich zu schließen, um schließlich mit einem hörbaren Klicken, ins Schloss zu fallen. Sekunden später schob sich ein schweres Eisengitter vor die Tür und der Drakonum war für die Dauer seiner Chrysalis gefangen – was immer auch in dieser Hölle aus brennendem Mutierendem passierte. Hinter einigen Kisten traten die beiden vermummten Gestalten aus den Schatten. Beide zogen ihre Kapuzen aus dem Gesicht und die kleinere von beiden war eine Magierin aus Xandressa, mit drei Steinen in ihrer Stirn. Sie hielt noch immer den Kopf der getöteten Kriegerin in ihrer Hand. Auch die andere Gestalt zeigte ihr Gesicht. Es war das entschlossene Gesicht von Prophet-Magus Osiras, der vier Magestone Splitter in seiner kahl geschorenen Stirn trug.
Osiras nickte grimmig, gerade als der Drakonum im Magestone Raum begann zu schreien. Nicht sicher, was noch alles passieren würde, wartete ich geduldig auf da,s was da kommen würde.
Do'stlaringiz bilan baham: |