So geschehen bei Haferkamp, s.o. !
Das Problem der “Kontextveränderung” durch den Beobachter hält Girtler im Hinblick auf die Methode der teilnehmenden Beobachtung und des narrativen Interviews eher für vernachlässigbar, und er neigt dazu, eventuell auftauchende Probleme auf die Persönlichkeit des jeweiligen Forschers zurückzuführen 285.
Zur Frage des Verhältnisses zwischen Forscher und Forschungsgegenstand zitiert Markard Blumer, der schreibt : “ (....) Der Versuch, den Interpretationsprozess dadurch zu erfassen, dass man als sog. `objektiver´ Beobachter außen vor bleibt bzw. Abstand davon nimmt, die Rolle der handelnden Einheit zu übernehmen, bedeutet, die schlimmste Art von Subjektivismus zu riskieren - die eigene Interpretation nämlich für die der untersuchten handelnden Einheit zu nehmen und so den Forschungsgegenstand unter dem Anspruch höchster Objektivität subjektivistisch radikal zu verfehlen.” (Blumer 1962, S. 86, in Markard 1984, 176) 286
Mit Markard bedarf die Wahrnehmung und Interpretation von Einstellungen wesentlich genauerer Anschauung als es eine einfache Befragung leisten könnte. Der Einstellung - womit der individuelle Bewusstseinsprozess gemeint ist, der reale und mögliche Aktivitäten des Individuums in der sozialen Welt determiniert - kommt eine zentrale Bedeutung bei der Beurteilung sozialer Phänomene zu. Die Notwendigkeit einer über die Rolle aufmerksamer Beobachter hinausführende Vorgehensweise wird schon aus dem von Markard erwähnten Beispiel deutlich, dass die Korrelation von Einstellung und Verhalten bei amerikanischen Restaurantmanagern behandelt. Die Manager reagierten auf die Reservierungswünsche farbiger, asiatischer und gemischtrassiger Personengruppen teils mit Ablehnung, teils tolerant. Das Verhalten des Personals stand jedoch im krassen Gegensatz zu den telefonisch oder brieflich abgefragten Einstellungen dieser Manager zu der Frage nach Vorurteilen gegenüber solchen Gästen oder Personengruppen überhaupt (vergl. ebd., S.104 ff.).
Markard zitiert McGuire : “Die Einstellungsforschung hat lange gezeigt (....), dass die verbale Äußerung einer Person über ihre Einstellung nur ziemlich gering mit ihrem aktuellen Verhalten gegenüber dem Einstellungsobjekt korreliert.” 287
4) Über die “Angemessenheit” von Methoden
Es soll und kann in diesem Zusammenhang nicht der Versuch unternommen werden, mathematisch/statistische Methoden aus dem Arsenal soziologischer Erkenntnisfindungsinstrumente gewissermaßen “hinauszuargumentieren” - ein Bemühen, das z.B. Girtler leicht unterstellt werden könnte.
Dass z.B. die Notwendigkeit besteht, zum Zwecke der Überprüfung sozialwissenschaftlicher Aussagen und/oder Theorien Tests an großen Personen-Samp-les durchzuführen, die per Zufallsauswahl zusammengestellt werden müssen, und dass solche Tests unter Anwendung mathematischer Verfahren auszuwerten sind, soll hier nicht in Frage gestellt werden, ebenso wenig wie das Bemühen von Theoretikern, auf die “Sätze” der Sozialwissenschaften die Mittel der “formalen” bzw. “mathematischen Logik” anzuwenden (z.B. Opp 1976) 288.
Da es als ein Aufgabenbereich der Sozialwissenschaft bezeichnet werden kann, über bestimmte gesellschaftliche Entwicklungen und/oder Vorgänge Prognosen zu erstellen, ist der Stellenwert dabei zur Anwendung kommender mathematischer bzw. statistischer Verfahren kaum in Zweifel zu ziehen. Ob z.B. die Entwicklung auf dem Gebiet mathematischer Theorien in Verbindung mit den Errungenschaften moderner Datenverarbeitungstechnologie eines Tages die Com-putersimulation komplexer gesellschaftlicher Prozesse ermöglichen wird bzw. sogar heute schon möglich macht - wie in Stanislaw Lems Geschichte “Experi-menta Felicitologica”, in der die Konstrukteure Trurl und Klapauzius mit von ihnen in mikroskopischer Größenordnung konstruierten Sozialsystemen herumexperimentieren, die sie mit “Angströmianern” bevölkern (Stanislaw Lem 1983, S. 299 ff.) -, kann an dieser Stelle bestenfalls gemutmaßt werden.
Eben sowenig kann hier über Probleme spekuliert werden, die sich für das reale Zusammenleben der Menschen eventuell aus solchen elektronischen “Virtualitä-ten” ergeben können.
Andererseits gilt sozialwissenschaftliches Erkenntnisinteresse auch den sog. “weißen Flecken” auf der “gesellschaftlichen Landkarte”, z.B. eher ephemeren Ausbildungen im Bereich der Rand- bzw. Subkulturen oder anderen gesellschaftlichen Gruppen, die sich bislang nicht im Fokus des wissenschaftlichen Interesses oder überhaupt eines Interesses befunden hatten - Kriminelle, alte Menschen, Jugendliche, Ausländer, Behinderte, Drogensüchtige u.v.a.m. -, und es ist zu vermuten, dass die Sozialwissenschaften derartigen Phänomenen gelegentlich wie einer “terra incognita” gegenüberstehen dürften 289.
Dass an derartigen Gegenstandsbereichen interessierte Soziologen mit mathematisch/statistischen Methoden zunächst wenig ausrichten dürften, kann angenommen werden - es sei hier nur an Haferkamps Bemerkung zur gelegentlichen Unmöglichkeit von Zufallsauswahlen erinnert, s.o. 290.
Berger, der die Anwendung von Skalierungsverfahren und quantitativen Methoden in der Soziologie deswegen ablehnt, weil dadurch zur Affirmation bestehender gesellschaftlicher Verhältnisse beigetragen wird - “Indem ihr quantitativer Ansatz soziales Bewusstsein auf Grade affektiver Zu- und Abneigung verkürzt, engagiert sich die Sozialforschung, die gerade so wertneutral zu verfahren meint, politisch eindeutig integrativ.” (Berger 1980, S. 120) 291 -, macht für die ihm erstrebenswert erscheinende “emanzipatorische Sozialforschung” auch die Notwendigkeit neuer/“alternativer” Methoden geltend.
Die Anwendung solcher Forschungsmethoden, wie z.B. Girtler sie praktiziert, folgt als Konsequenz aus Bergers Betrachtungen : “Der einfachste und wohl überzeugendste Weg, die Situation und das Denken sozialer Gruppen kennenzulernen ist, unter ihnen wenigstens vorübergehend zu leben. Die Soziologie nennt dieses Vorgehen `teilnehmende Beobachtung´, die Ethnologie `Feldforschung´. Der Unterschied ist, dass Feldforscher sich in der Regel umfassender und länger darauf einlassen, unter den Menschen zu leben und ihre Tätigkeiten mitzumachen. Beide Vorgehen können sehr verschieden ausgestaltet sein. So kann das Schwergewicht der Forschertätigkeit entweder auf distanzierter Beobachtung liegen oder auf engagierter Teilnahme. In alternativen Sozialuntersuchungen sollte man den Schwerpunkt sicherlich auf stärkere Teilnahme legen.” (ebd., S. 205)
Bergers Auffassung, “dass teilnehmende Sozialforschung eher zu wirklichkeits-treuen und reichhaltigen Einsichten in soziale Verhältnisse führt als die quantifizierende Sozialerhebung” (ebd., S. 209) sei jedoch die Kritik von Witzel gegenübergestellt, der unter der Bezeichnung “problemzentriertes Interview” eine von ihm selbst entwickelte qualitative Datenerhebungsmethode vorschlägt, da s.M.n. auch bei der Teilnehmenden Beobachtung “Nachfragemöglichkeiten des Beobachters und Korrekturmöglichkeiten durch den Untersuchten” fehlen. “Diese, zur Klärung von Zusammenhängen und Details wichtigen sprachlichen Mittel, werden allerdings auch bei den sogenannten `unstrukturierten´ Interviews nicht systematisch genug zur Anwendung gebracht. Deren Struktur besteht im wesentlichen darin, den Befragten zum Erzählen zu bringen. Statt die Untersuchten an einem konkreten Problem arbeiten zu lassen, werden bei ihnen Assoziationen geweckt, deren Umfang und Richtung einen willkürlichen Charakter bekommen. Dies führt weder zu einer problembezogenen Situationsdefinition durch den Befragten noch erlaubt dieses Vorgehen dem Interviewer eine Vorklärung der Sichtweise seiner Gesprächspartner. Entsprechende Probleme existieren dann bei der Auswertung : Notgedrungen führt dieser Mangel an Nachfragen zu vielfältigen Interpretationsmöglichkeiten oder implizit und auch explizit theoretisch vorformulierten Theorien bzw. Kategorien, die dem Interviewmaterial übergestülpt werden.” (Witzel 1982, S. 116) 292
5) Verkafferung
Weitaus häufiger wird zur Kritik der Methode der teilnehmenden Beobachtung und des narrativen Interviews jedoch eine Argumentation vorgetragen, welche Berger wie folgt zusammenfasst : “Manche Soziologen haben die Gefahr beschworen, dass bestimmte Untersucher, die intensiv in das Alltagsleben eintauchen, `verkaffern´. Sie identifizieren sich so sehr mit dem Leben und den Problemen der Menschen, dass sie das Forschen völlig aufgeben. Oder sie beginnen, die Sichtweise der untersuchten Gemeinschaft ungeprüft zu übernehmen.” (Berger 1980, S. 205)
Als Synonyme für “Verkafferung” tauchen gelegentlich auch die Begriffe “going native”, “over-identification” sowie “over-rapport” auf 293.
Girtler vertritt die Auffassung, dass “Going native” vermeidende Beobachtung aus der “Distanz” heraus, die gemäß welchen wissenschaftlichen Selbstverständnisses auch immer Vergleichbarkeit der von unterschiedlichen Beobachtern hinsichtlich desselben “Objektbereiches” erhobenen Daten gewährleisten soll, jedoch nicht notwendigerweise zu “objektiveren” Ergebnissen führen muss 294.
Für H.S. Becker ergibt sich - interessanterweise - das “Verkafferungsproblem” gar nicht, wohl aber ein Problem, welches sich mit der “moralischen Bewertung” beobachteten abweichenden Verhaltens durch den Forscher einstellen könnte (Becker 1981, S. 154 ff.)
Ebenso sind auch für Berger Befürchtungen hinsichtlich der “Verkafferung” im Zusammenhang von teilnehmender Beobachtung ungerechtfertigt : “Sie (die be-treffenden Befürchtungen, A.d.A.) entspringen eher der sozialen Berührungsangst und den Hemmungen von Intellektuellen, die nicht mehr einfach und selbstverständlich mit Menschen verkehren können, über die sie etwas wissen wollen. Unsere Erfahrung ist, dass umgekehrt der Zwang zu forschen leicht eine unbefangene Teilnahme am Alltagsleben blockiert, wodurch wichtige Einsichten in das Leben und Denken der Menschen versperrt bleiben. Die Untersucher sollten möglichst intensiv in den Alltag der Gesellschaft, mit der sie zu tun haben, `eintauchen´. Das ist schwierig, da fast immer die kommunikativen Fähigkeiten der Menschen im `Feld´ viel größer sind als die von Leuten, die auf Universitäten ausgebildet wurden.” (Berger 1980, S. 205/206) 295
6) Begründung der Anwendung der “qualitativen Methode”
Diese Untersuchung befasst sich mit Osnabrücker Musikern, die in dem in den vorangegangenen Kapiteln umrissenen Popularmusikbereich tätig sind und hat als Ziel die Beantwortung der Frage, ob Akteure dieses Bereiches - bedingt durch ihre musikalische Tätigkeit - eine “Außenseitergruppe” im Sinne H.S. Beckers bilden.
Da die in Frage kommenden Individuen in einem bestimmten Abschnitt ihres Lebens beobachtet bzw. von ihnen dazu Informationen eingeholt werden mussten, war eine quantitative Methode der Informationsgewinnung nicht angebracht. Diese hätte zwar Auskunft über Ereigniswahrscheinlichkeiten zu einem festgesetzten Zeitpunkten geben und auch helfen können, Veränderungen über die Zeit quantitativ zu erfassen. Die im Untersuchungsfall vorhandenen Zusammenhänge wären ferner im Hinblick auf “Labortauglichkeiten” bzw. die Anwendbarkeit von quantitativen Verfahren entsprechend zu reduzieren gewesen, was nicht den Bedingungen entsprochen hätte, denen die betreffenden Individuen in ihrem Alltag ausgesetzt waren 296.
Ferner soll die Ermittlung entsprechender “exemplarischer musikalischer Biographien” zur Erhellung darüber beitragen helfen, wie ggf. jemand zum Mitglied solch einer Außenseitergruppe werden kann.
Zimmermann führt in seinem Text über Rockgeschichte und Sozialisation von Jugendlichen, in dem er den Einfluss von Popularmusik auf das Gruppenleben Einzelner untersucht, die Arbeitsthese an, dass Rockmusik durch ihre “Zeichen” wie Kleidung und Körpersprache, einen bedeutenden Anteil an den Orientierungen des Gruppenlebens Jugendlicher hat. Er schreibt : “Der Hinweis auf eine notwendige Ergänzung meiner Studie soll gleichzeitig als Hinweis für eine neue Forschungsperspektive gelten, denn die subjektive, von der Biographie ausgehende Komponente von Sozialisation ist bisher nur unzureichend erklärt worden.” (Zimmermann 1984, S. 131) Wenngleich nicht die Beschreibung der Sozialisationsstruktur der betrachteten Personengruppe vorrangiges Ziel dieser Untersuchung ist, sondern die “Verortung” des interessierenden Personenkreises bzw. der dazu gehörenden Individuen gegenüber der Restgesellschaft, so macht Zimmermanns Statement doch einen gewissen Forschungsbedarf deutlich 297.
Im Zusammenhang ihrer Untersuchung an Jugend-Cliquen (Bohnsack/Loos/ Schäffer/Städtler/Wild 1995, S. 425 ff.) schlagen Bohnsack et al. eine “Metho-dentriangulation” vor, die sich in folgender Weise zusammensetzt :
1) Teilnehmende Beobachtung
2) Biographisches Interview
3) Analyse von “Gruppendiskussionen” nach Ansätzen der “Sprechakt-Ana-lyse”
Dabei soll Methode (1) den Beobachtern zur Darstellung der Gruppenaktivitäten der jeweiligen zu erforschenden Jugendgruppen dienen, Methode (2) soll den “biographische Hintergründe” aus der Sicht der betreffenden Individuen erhellen helfen - wie die beobachteten Jugendlichen zu den jeweiligen Gruppenaktivitäten gekommen sind, wie ihre “Einstellung” dazu aussieht, welche diesbezüglichen Hintergründe die “persönliche Geschichte” der Jugendlichen liefert -, und Methode (3) soll den “Habitus” der beobachteten Individuen beleuchten helfen, welchen sie als Angehörige einer bestimmten Gruppe bzw. als Teilnehmer eines speziellen Gruppenstiles hervorkehren.
Im Rahmen der hier erstellten Studie wurde im Wesentlichen gemäß der Punkte (1) und (2) vorgegangen.
Hinsichtlich des Punktes (3) ist zu sagen : Bereits zu den Ergebnissen der seinerzeit an der Universität Osnabrück durchgeführten “Vorstudie 81/82” gehörte es, dass bei den Beobachteten hinsichtlich der Zugehörigkeit etwa zu einer bestimmten Jugend-Subkultur oder zu einem entsprechenden Stil keine eindeutigen Merkmale festgestellt werden konnten. Eher gab es seitens einzelner Beobachteter “Anleihen” an einen bzw. an unterschiedliche Stil(e) zu verzeichnen.
Das für diese Arbeit herangezogene Material zeigt über gerade Gesagtes hinaus bei einzelnen Beobachteten/Interviewten hinsichtlich der von ihnen bei bestimmten subkulturellen Stilen gemachten Anleihen Präferenzenwandel im Verlauf der persönlichen Geschichte auf 298. Aus der Annahme, dass die Eingliederung bestimmter subkultureller Stilelemente (z.B. im Bereich der Kleider- und/oder Haarmode o.ä.) in den jeweiligen Musikgruppenkontext zunächst nicht unbedingt die Zugehörigkeit zu einer entsprechenden Subkulturgruppe zum Ausdruck bringen soll, wird hier ferner eine analoge Vermutung hinsichtlich des “Habitus” der einzelnen Musiker/Mitglieder der Musikgruppen abgeleitet 299.
Eine gemäß “Sprechakt-Theorie” konstituierte Analyseebene, die der Sprachverwendung der Beobachteten gewidmet wäre, könnte sich z.B. dabei als hilfreich erweisen, bestimmte sich aus teilnehmender Beobachtung ergebende Befunde dahingehend zu interpretieren, ob es sich bei dem interessierenden Personenkreis um eine “Außenseitergruppe” im Sinne H.S. Beckers oder auch Girtlers handelt.
Girtler z.B. verwandte sehr große Mühe darauf, die Vokabulars der von ihm untersuchten subkulturellen “Milieus” der Prostituierten 300 sowie der Wiener Kriminellen zu beschreiben 301.
Hinsichtlich einer von Bohnsack/Loos/Schäffer/Städtler/Wild vorgeschlagenen “sprechaktanalytischen” Behandlung der von ihnen durchgeführten “Gruppen-diskussionen”, welche als Situationen mehr oder weniger “freier Konversation” zu betrachten sind, ergibt sich mit Goffman jedoch folgender Einwand : “Wir meinen also, dass das informelle Sprechen - die Unterhaltung oder Konversation - lockerer mit der Welt verknüpft ist, als andere sprachliche Betätigungen. Man könnte behaupten, alles Sprechen sei der Tendenz nach locker mit der Welt verknüpft, die Unterhaltung nur in stärkerem Maße. Betrachten wir nun in diesem Zusammenhang den Glauben des Sprechers an das, was er sagt. Wenn er spricht - sei es formell oder informell -, so scheint er manchmal eine Meinung auszudrücken, einen Wunsch, eine Neigung, seine Haltung und ähnliches. Diese Ausflüsse der Existenz vorgestellter innerer Zustände haben eine wesentliche Eigenschaft : sie können ebenso wenig bestätigt wie widerlegt werden. Denn hier kann man sich schlüssige Beweise nur schwer vorstellen, geschweige denn erlangen. Und selbst in solchen Fällen, in denen das spätere Verhalten eines Menschen seine jetzigen Behauptungen über innere Zustände zu bestätigen oder zu widerlegen scheint, macht sich im allgemeinen niemand die Mühe, dies festzuhalten und den Betreffenden damit zu konfrontieren. Anders gesagt, die Verbundenheit der Welt hilft hier nicht viel, denn vieles, was jemand über seine Empfindungen zu einer Sache sagt, ändert wenig (vielleicht mit Ausnahme des Zu-Wort-Kommens und anderer Faktoren bei der Organisation der Unterhaltung). Es herrscht also große Freizügigkeit. Man braucht beim `Ausdrücken´ seiner Vorstellungen, Haltungen, Absichten usw. nicht besonders konsequent zu sein.” (Goffman 1980, S. 538)
Es wird ferner davon ausgegangen, dass die im Rahmen dieser Arbeit ermittelten “musikalischen Biographien” gerade für solche Rock/Pop/Jazz-Musiker “exemplarisch” sind, die in den einschlägigen Musikszenen der meisten größeren bundesdeutschen Städte - mit Frith - zu denjenigen 98,8 % gehören, die in der Popularmusik nicht erfolgreich sind 302. Insofern würde der “exemplarische Charakter” der Untersuchung nicht dadurch beeinträchtigt werden, wenn die hier vorgestellte Beweisführung erbringen sollte, dass solche “Szenen” wie die hier interessierende nicht “Außenseitergruppen” ausbilden bzw. ihren Angehörigen nicht der Status von “sozialen Außenseitern” im Beckerschen bzw. Girtlerschen Sinne zugeschrieben werden kann 303.
Darlegung des empirischen Materials
Für den “empirischen Teil” der hier erstellten Untersuchung steht Material zur Verfügung, welches vermittels unstrukturierten (narrativen) Interviews und/oder teilnehmender Beobachtungen über eine Zeitspanne von ca. 10 bis 15 Jahren gesammelt wurde und das einen Zeitraum lokaler Musikpraxis im Popularbereich von etwa 30 Jahren referiert.
Das Interviewmaterial entstammt folgenden Zusammenhängen :
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