Duden Allgemeinbildung: Deutschland Alles, was man wissen muss


Proklamation des deutschen Kaiserreichs



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Proklamation des deutschen Kaiserreichs
im
Spiegelsaal von Schloss Versailles am 18.1.1871 in mehreren Gemälden. Im Bild eine spätere
Wiedergabe eines der Werke
Kaiserkrönung in Versailles
Die Proklamation Wilhelms zum Deutschen Kaiser fand am 18.1.1871 im
Spiegelsaal des Schlosses von Versailles statt. Das Datum war nicht
zufällig gewählt. Genau 170 Jahre zuvor war Friedrich III., der Kurfürst
von Brandenburg und Sohn des „Großen Kurfürsten”, in Königsberg zum
„König in Preußen“ gekrönt worden. Die Wahl von Versailles als
Krönungsort, wo einst der Sonnenkönig Ludwig XIV. mit höfischem Prunk
geherrscht hatte, war dagegen nicht als eine bewusste Demütigung der
Franzosen inszeniert. Vielmehr befand sich Preußen zu dieser Zeit noch
im Krieg mit Frankreich und Versailles war ein militärisches
Hauptquartier der deutschen Armeen.
Verfassung des Kaiserreichs
Die Verfassung des neuen Deutschen Reiches war das Werk Bismarcks.


Sie hatte die Form einer konstitutionellen Monarchie. Die Spitze des
Reiches bildete der preußische König, der den Titel „Deutscher Kaiser”
führte. Der Kaiser ernannte den Reichskanzler. Erster Inhaber dieses
Amtes war Otto von Bismarck. Der Kanzler war ausschließlich dem
Kaiser und nicht dem Parlament verantwortlich. Der Reichstag wurde in
allgemeiner, gleicher, direkter und geheimer Wahl gewählt. Sein
wichtigstes Recht war die Beratung und Verabschiedung des Haushalts.
Daneben gab es den Bundesrat als die Vertretung der 25 Bundesstaaten.
Preußens Führungsstellung im neuen Deutschen Reich zeigte sich nicht
nur in der Besetzung der höchsten Positionen im Staat. 62 % der
Bevölkerung und 65 % des Territoriums waren preußisch. Von daher war
es nicht überraschend, dass als Hauptstadt und Sitz der Regierung die
preußische Metropole Berlin gewählt wurde.
Erste Wahlen
Am 3.3.1871 wurde die Bevölkerung des Deutschen Reiches zum ersten
Mal zu den Wahlurnen gerufen, um den Reichstag zu wählen. Nur 52 %
der Wahlberechtigten (Männer über 25 Jahre, das waren knapp 20 % der
Bevölkerung) machten von ihrem Recht Gebrauch. Sieger wurden die
Nationalliberalen, die 125 der 382 Sitze im Parlament gewannen. Die
Konservative Partei bekam 57 Sitze. 63 Sitze erhielt die katholische
Zentrumspartei. Die zwei Jahre zuvor gegründete Sozialdemokratische
Arbeiterpartei, der Vorläufer der Sozialdemokratischen Partei, konnte
gerade einmal zwei Sitze verbuchen.
Die wichtigsten Parteien im Kaiserreich
Name
Gründung
Deutsche Fortschrittspartei
1861
Allgemeiner Deutscher Arbeiterverein
1863
Nationalliberale Partei
1866/67
Freikonservative Partei
1867
Sozialdemokratische Arbeiterpartei
1870


Zentrum
1870
Deutschkonservative Partei
1876
Das Deutsche Kaiserreich unter Wilhelm I.
Bis 1871 war die deutsche Geschichte von politischer Zersplitterung
geprägt gewesen. Zwar waren mit dem Deutschen Bund (1815) und dem
Norddeutschen Bund (1867) bundesstaatliche Strukturen entwickelt
worden. Doch hatten die einzelnen Staaten weiterhin die wichtigsten
Hoheitsrechte.
Zusammenwachsendes Reich
Gleich nach der Reichsgründung wurden vereinheitlichende Maßnahmen
ergriffen. Noch 1871 setzte Bismarck eine Währungsreform durch. Die
Zeit der Taler und Gulden war vorbei, ab jetzt galten im ganzen Reich
Mark und Pfennig. Die Reichsbank in Berlin (gegründet 1875) wurde zur
allein berechtigten Institution zur Ausgabe von Münzen und Banknoten.
Das im Mai 1871 veröffentlichte „Strafgesetzbuch für das Deutsche
Reich” sorgte für Rechtsgleichheit. 1873 folgten Gesetze zur
Vereinheitlichung von Maßen und Gewichten.
Gründerjahre
Der Zusammenhalt des Reiches und die Zustimmung der Bevölkerung zu
den neuen Verhältnissen wuchs in dem Maße, wie die wirtschaftlichen
Verhältnisse sich verbesserten. Die ersten Jahre des Kaiserreiches waren
geprägt von Neugründungen von Unternehmen, einer hohen
Produktivität, einem Boom auf dem Bausektor, aber auch von überhitzten
Aktienkursen. Innenpolitisch waren die Zustände stabil. Bismarck,
politisch traditionell konservativ eingestellt, verstand es, die
verschiedenen Parteien im Parlament für seine Zwecke einzuspannen
oder gegeneinander auszuspielen.
Außenpolitik


Auf dem Gebiet der Außenpolitik ging Bismarck behutsam vor. Sie war
von zwei Prinzipien geleitet. Erstens ging es darum, die „Saturiertheit”
des Deutschen Reiches zu betonen. Das heißt: Dem Ausland sollte der
Eindruck vermittelt werden, dass Deutschland nach dem Krieg gegen
Frankreich kein Interesse an weiteren Gebietsgewinnen hatte. Zweitens
wollte Bismarck europäische Mächtekonstellationen verhindern, die
geeignet waren, das Deutsche Reich in politische oder militärische
Bedrängnis zu bringen. Damit verbunden war die Furcht vor möglichen
französischen Revancheplänen für den Krieg von 1870/71.
SCHLAGZEILE
Attentat auf den Kaiser
Vier Mal war Kaiser Wilhelm I. Ziel von Attentätern. Ernsthaft verwundet wurde
er nur ein Mal. Während einer Kutschfahrt auf der Straße Unter den Linden in
Berlin trafen ihn zwei Kugeln, die aus einem Haus abgefeuert wurden. Der 81-
Jährige überlebte den Anschlag. Der Attentäter verletzte sich bei einem
Selbstmordversuch schwer und starb einige Zeit später. Seine Motive blieben im
Unklaren.


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