deutsche Bergbautradition:
weiße Kalihalden neben schwarzen Kohlebergen
an einem Fluss im Ruhrgebiet (1970). Der Steinkohlebergbau ist dem Strukturwandel nahezu
vollständig zum Opfer gefallen.
Agrarsektor
Die Landwirtschaft hat zwischen 1950 und 1990 stark an Bedeutung
eingebüßt. War 1950 noch rund ein Viertel der Beschäftigten im
Agrarsektor tätig, so lag der Anteil 1968 erstmals unter 10 % und sank
weiter auf 3,5 % (1990). Noch stärker sank der Wert ihres Beitrags zur
Wirtschaftsleistung. Der Anteil an der Bruttowertschöpfung ging von 7,4
% (1950) über 3,3 % (1970) auf nur noch 1,3 % (1990) zurück.
Kennzeichnend für den Strukturwandel im Agrarsektor waren sinkende
Betriebszahlen, steigende Betriebsgrößen, Produktivitätssteigerungen
und Ausweitung der Nahrungsmittelproduktion durch vermehrten Einsatz
landwirtschaftlicher Maschinen, verbesserte Anbaumethoden,
Spezialisierung und Ausweitung der Veredelungswirtschaft durch
Viehhaltung.
Produzierendes Gewerbe
In der industriellen Aufbauphase der 1950er-Jahre wuchs die Bedeutung
des produzierenden Gewerbes zunächst. Der Anteil an den
Erwerbstätigen erhöhte sich von 42,9 % (1950) auf den Höchstwert von
49,2 % (1965) und ging dann kontinuierlich zurück über 46,5 % (1970) und
41,1 % (1980) auf 36,6 % (1990).
Wurde noch 1960 mit 53,2 % über die Hälfte der Wirtschaftsleistung im
sekundären Sektor erwirtschaftet, so sank der Anteil des sekundären
Sektors an der Bruttowertschöpfung 1970 auf 48,3 %, 1982 lag er
erstmals unter 40 % und wurde 1990 mit nur noch 37,6 % ausgewiesen.
Die Bedeutung des traditionellen Bergbaus war stark rückläufig. Dies
betraf sowohl den Abbau von Erzen als auch den Steinkohlebergbau im
Ruhrgebiet und im Saarland aufgrund der schwieriger werdenden
Bedingungen für einen ökonomisch sinnvollen Abbau. Wichtig für die
Energieerzeugung blieb die Braunkohle, bedeutsam auch noch der
Salzbergbau. Beim Primärenergieverbrauch trat ein Wandel vom
Hauptenergieträger Steinkohle (1950: 72,8 %, 1985: 20,4 %) zu Erdöl und
Erdgas statt, seit den 1970er-Jahren verstärkt auch zur Atomenergie.
Verteilung der Erwerbstätigen auf Wirtschaftsbereiche in %
Wirtschaftsbereich
1950
1960
1970
1980
1990
Land-, Forstwirtschaft, Fischerei
24,6
13,7
8,4
5,1
3,5
Produzierendes Gewerbe
42,9
47,9
46,5
41,1
36,6
Dienstleistungen
32,5
38,4
45,1
53,8
59,9
Erwerbstätige (in Mio.)
19,6
26,1
26,6
27,4
30,4
Quelle: Statistisches Bundesamt
Verteilung der Bruttowertschöpfung auf die Wirtschaftsbereiche in %
Wirtschaftsbereich
1970
1980
1990
Land-, Forstwirtschaft, Fischerei
3,3
2,1
1,3
Produzierendes Gewerbe
48,3
41,3
37,6
Dienstleistungen
48,3
56,6
61,0
Bruttowertschöpfung (in Mrd. €)
325,7
715,83
1188,32
Quelle: Statistisches Bundesamt
Der Anteil der Bereiche Bergbau und Energiewirtschaft an der
Bruttowertschöpfung sank zwischen 1960 und 1990 von 5,2 auf 2,8 %.
Leicht rückläufig war auch die Bedeutung des Baugewerbes (1960: 7,7 %,
1980: 7,0 %, 1990: 5,5 %). Lag der Anteil des verarbeitenden Gewerbes
(Industrie) 1960 noch bei knapp über 40 %, so ging er kontinuierlich über
36,5 % (1970) und 31,0 % (1980) auf Werte unter 30 % zurück, erstmals
1988 mit 29,9 % (1990: 29,2 %).
Der Expansion des industriellen Sektors wurde in der Phase des
Wiederaufbaus zunächst Priorität eingeräumt. Es entstanden besonders
auch für den Export wichtige Industriezweige mit hoher internationaler
Wettbewerbsfähigkeit. In den 1970er- und 1980er-Jahren kämpften
allerdings einige Industriezweige wie die Montanindustrie und der
Schiffbau mit Schwierigkeiten, während andere Branchen und
Unternehmen mit technologisch hochwertigen Produkten wie der
Straßenfahrzeugbau, der Maschinenbau, die Elektrotechnik und EDV
sowie die chemische und pharmazeutische Industrie an Bedeutung
gewannen. Es verstärkte sich dadurch ein Süd-Nord-Gefälle, da die
aufstrebenden Branchen eher im Süden, etwa in den Metropolen
Stuttgart, München, Nürnberg, und die Krisenbranchen eher im Norden
und Westen (z. B. Ruhrgebiet) zu finden waren.
Dienstleistungen
Erstmals 1970 wurde im tertiären Sektor mit 48,3 % ein genauso großer
Beitrag zur Bruttowertschöpfung erzielt wie im produzierenden Gewerbe.
Zwischen 1970 und 1990 stieg dieser Anteil auf 61,0 %. Während sich in
diesem Zeitraum der Anteil des Bereichs Handel, Verkehr und
Gastgewerbe leicht von 19,0 % über 18,2 % (1980) auf 17,3 % (1990)
verringerte, stiegen die Anteile des Dienstleistungsbereichs Finanzierung,
Vermietung, Information und Unternehmensdienstleister von 13,9 % über
18,4 % (1980) auf 23,9 % (1990) stark an. Auch der Anteil der öffentlichen
und sonstigen Dienstleister erhöhte sich zwischen 1970 und 1980 von 15,4
auf 20,0 %, blieb aber dann bis 1990 konstant.
Seit 1952 weist die Außenhandelsbilanz ständig steigende Überschüsse
auf. Deutschland entwickelte sich schnell zu einer der wichtigsten
Exportnationen. Ein leistungsfähiges und gut ausgebautes Verkehrsnetz
steht zur Verfügung, das auch zur Bewältigung des Transitverkehrs dient.
Im Güterverkehr entfällt mit 51,9 % (1985) über die Hälfte der
Verkehrsleistung auf den Straßengüterverkehr. Diese Entwicklung ging
zu Lasten der Eisenbahn und der Binnenschifffahrt, deren Anteile von
37,4 bzw. 28,5 % (1960) auf jeweils 18,9 % (1985) sanken. Im
Personenverkehr stieg der Anteil des Individualverkehrs (Pkw) zwischen
1960 und 1985 von 64 auf 80 % weiter an, die Anteile der Eisenbahn
halbierten sich von 16,1 auf 7,2 %.
Wirtschaft ab 1990
Deutschland – ein Wirtschaftsriese
Nach der Wirtschaftsleistung – gemessen am nominalen
Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 2013 – ist Deutschland die größte
Volkswirtschaft Europas und nach den USA, China und Japan die
viertgrößte Wirtschaftsmacht der Erde.
Wirtschaftliche Entwicklung
Auf Deutschland entfallen 20,9 % (2013) der Wirtschaftsleistung aller 28
EU- Staaten und 28,5 % der Wirtschaftsleistung der 18 Staaten der
Eurozone. Gemessen am Pro-Kopf-Einkommen
(Bruttonationaleinkommen je Einwohner) von 34 271 € (2013) liegt
Deutschland weltweit an 18. Stelle. Der Lebensqualität abbildende
Human Development Index (Index der menschlichen Entwicklung) sieht
Deutschland als hochmodernen Industriestaat weltweit auf Rang 6.
Nach der Wende 1989 und der Schaffung der Währungs-, Wirtschafts-
und Sozialunion zum 1.7.1990, die noch vor der deutschen Einheit am
3.10.1990 erfolgte, war es die größte wirtschaftliche und
wirtschaftspolitische Herausforderung, die nach planwirtschaftlichen
Grundsätzen organisierte DDR in das System der sozialen
Marktwirtschaft der Bundesrepublik Deutschland zu integrieren. Dies
führte zu erheblichen Problemen und Verwerfungen, da die DDR Teil des
Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RgW) war, dem
planwirtschaftlichen Pendant zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft.
Die DDR-Wirtschaft brach förmlich zusammen, die Privatisierung der
staatlichen Unternehmen wurde von der Treuhandanstalt übernommen.
Durch den Aufbau Ost sollten staatliche und öffentliche Investitionen in
den neuen Bundesländern auch eine sich selbst tragende Wirtschaft
schaffen. Hinzu kamen u. a. der Neuaufbau einer öffentlichen Verwaltung
und die Übertragung des sozialen Sicherungssystems auf
Ostdeutschland. Die Gesamtkosten der deutschen Einheit werden für den
Zeitraum 1990 bis 2014 auf bis zu 2 Billionen € geschätzt.
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