Im Westen nichts Neues / На Западном фронте без перемен. Книга для чтения на немецком языке



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Im Westen nichts Neues На Западном фронте без перемен Книга для

* * *
Abends werden wir zur Schlachtbank geholt. Ich erschrecke und überlege
rasch, was ich tun soll; denn es ist bekannt, dass die Ärzte in den Feldlazaretten
leicht amputieren. Bei dem großen Andrang ist das einfacher als komplizierte
Flickereien. Kemmerich fällt mir ein. Auf keinen Fall werde ich mich


chloroformieren lassen, selbst wenn ich ein paar Leuten den Schädel einschlagen
muss.
Es geht gut. Der Arzt stochert in der Wunde herum, dass mir schwarz vor
Augen wird. »Stellen Sie sich nicht so an«, schimpft er und säbelt weiter. Die
Instrumente blitzen in dem hellen Licht wie bösartige Tiere. Die Schmerzen sind
unerträglich. Zwei Krankenwärter halten meine Arme fest, aber ich kriege einen
los und will ihn gerade dem Arzt in die Brille knallen, als er es merkt und
wegspringt. »Chloroformiert den Kerl!« schreit er wütend.
Da werde ich ruhig. »Entschuldigen Herr Doktor, ich werde stillhalten, aber
chloroformieren Sie mich nicht.«
»Na ja«, kakelt er und nimmt seine Instrumente wiedervor. Er ist ein
blonder Bursche, höchstens dreißig Jahre alt, mit Schmissen und einer
widerlichen goldenen Brille. Ich merke, dass er mich jetzt schikaniert, er wühlt
nur so in der Wunde und schielt ab und zu über seine Gläser zu mir hin. Meine
Hände quetschen sich um die Griffe, eher verrecke ich, als dass er einen Mucks*
von mir hört.
Er hat einen Splitter herausgeangelt und wirft ihn mir zu. Scheinbar ist er
befriedigt von meinem Verhalten, denn er schient mich jetzt sorgfältig und sagt:
»Morgen geht’s ab nach Hause.« Dann werde ich eingegipst. Als ich wieder mit
Kropp zusammen bin, erzähle ich ihm, dass also wahrscheinlich morgen schon
ein Lazarettzug eintreffen wird.
»Wir müssen mit dem Sanitätsfeldwebel sprechen, damit wir beieinander
bleiben, Albert.«
Es gelingt mir, dem Feldwebel mit ein paar passenden Worten zwei meiner
Zigarren mit Bauchbinden zu überreichen. Er schnuppert daran und fragt: »Hast
du noch mehr davon?«
»Noch eine gute Handvoll*«, sage ich, »und mein Kamerad«, ich zeige auf
Kropp, »ebenfalls. Die möchten wir Ihnen gern morgen zusammen aus dem
Fenster des Lazarettzuges überreichen.«
Er kapiert natürlich, schnuppert noch einmal und sagt: »Gemacht.«
Wir können keine Minute nachts schlafen. In unserm Saal sterben sieben
Leute. Einer singt eine Stunde lang in einem hohen Quetschtenor Choräle, ehe er
zu röcheln beginnt. Ein anderer ist vorher aus dem Bett ans Fenster gekrochen.
Er liegt davor, als hätte er zum letztenmal hinaussehen wollen.
* * *
Unsere Bahren stehen auf dem Bahnhof. Wir warten auf den Zug. Es


regnet, und der Bahnhof hat kein Dach. Die Decken sind dünn. Wir warten
schon zwei Stunden.
Der Feldwebel betreut uns wie eine Mutter. Obschon mir sehr schlecht ist,
verliere ich unsern Plan nicht aus den Gedanken. So nebenbei lasse ich die
Päckchen sehen und gebe eine Zigarre als Vorschuss ab. Dafür deckt der
Feldwebel uns eine Zeltbahn über.
»Mensch, Albert«, erinnere ich mich, »unser Himmelbett und die Katze – «
»Und die Klubsessel«, fügt er hinzu.
Ja, die Klubsessel aus rotem Plüsch. Wir hatten wie Fürsten abends darauf
gesessen und uns vorgenommen, sie später stundenweise abzuvermieten. Pro
Stunde eine Zigarette. Es wäre ein sorgenloses Leben und ein Geschäft
geworden.
»Albert«, fällt mir ein, »und unsere Fresssäcke.«
Wir werden schwermütig. Die Sachen hätten wir gebrauchen können. Wenn
der Zug einen Tag später führe, hätte Kat uns sicher gefunden und uns den Kram
gebracht.
Ein verfluchtes Schicksal. Wir haben Mehlsuppe im Magen, dünnes
Lazarettfutter, und in unseren Säcken ist Schweinebraten als Konserve. Aber wir
sind so schwach, dass wir uns nicht weiter darüber aufregen können.
Die Bahren sind klatschnass, als der Zug morgens einläuft. Der Feldwebel
sorgt dafür, dass wir in denselben Wagen kommen. Eine Menge Rote-Kreuz-
Schwestern sind da. Kropp wird nach unten gepackt. Ich werde angehoben und
soll in das Bett über ihm.
»Um Gottes willen«, entfährt es mir plötzlich.
»Was ist denn?« fragt die Schwester.
Ich werfe noch einen Blick auf das Bett. Es ist mit schneeweißem Leinen
bezogen, unvorstellbar sauberem Leinen, das sogar noch die Plättkniffe hat.
Mein Hemd dagegen ist sechs Wochen lang nicht gewaschen worden und sehr
dreckig.
»Können Sie nicht allein hineinkriechen?« fragt die Schwester besorgt.
»Das schon«, sagte ich schwitzend, »aber tun Sie doch erst das Bettzeug
weg.«
»Warum denn?«
Ich komme mir wie ein Schwein vor. Da soll ich mich hineinlegen? – »Es
wird ja – « Ich zögere.
»Ein bisschen schmutzig?« fragt sie ermunternd. »Das schadet nichts, dann
waschen wir es eben nachher wieder.«
»Nee, das nicht – «, sage ich aufgeregt. Diesem
Ansturm der Kultur bin ich nicht gewachsen.


»Dafür, dass Sie draußen im Graben gelegen haben, werden wir wohl noch
ein Bettlaken waschen können«, fährt sie fort.
Ich sehe sie an, sie sieht knusprig und jung aus, blank gewaschen und fein,
wie alles hier, man begreift nicht, dass es nicht nur für Offiziere ist, und fühlt
sich unheimlich und sogar irgendwie bedroht.
Das Weib ist trotzdem ein Folterknecht*, es zwingt mich, alles zu sagen.
»Es ist nur – «, ich halte ein, sie muss doch verstehen, was ich meine.
»Was denn noch?«
»Wegen der Läuse«, brülle ich schließlich heraus.
Sie lacht. »Die müssen auch mal gute Tage haben.«
Nun kann es mir ja gleich sein. Ich krabbele ins Bett und decke mich zu.
Eine Hand fingert über die Decke. Der Feldwebel. Er zieht mit den Zigarren
ab.
Nach einer Stunde merken wir, dass wir fahren.

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