Taunusstein



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#15798
TAUNUSSTEIN 

Streitschlichter an der Gesamtschule Obere Aar in Hahn

19.11.2013 - HAHN



Von Hendrik Jung

Die 13-jährige Christina ist ganz auf das Blatt Papier konzentriert, das sie zum Lehrerpult trägt. Da gerät sie ins Stolpern. Auslöser sind die Beine der 14-jährigen Antonia, die diese in den Gang streckt, weil der Tisch so niedrig ist. Als das Gleiche auf dem Rückweg noch einmal passiert, kommt es zum Streit. Daraufhin werden die beiden Schülerinnen von ihrem Lehrer in der nächsten Pause ins Büro der Streitschlichter geschickt. Dort sitzen sie nun wütend und mit verschränkten Armen, ganz wie im richtigen Leben. Doch zum Glück werden hier nur Streitschlichter ausgebildet. 

Jeder darf ausreden

„Was ist denn eigentlich passiert?“, beginnt der 14-jährige Robin das Gespräch und die 13-jährige Pia erklärt die Regeln: „Jeder darf ausreden, es gibt keine Handgreiflichkeiten und wir müssen wissen, ob Ihr wirklich wollt, dass der Streit geschlichtet wird.“ Obwohl beide, wenn auch widerwillig, zustimmen, geht es danach noch einmal richtig rund. „Wenn Du nicht aufpassen kannst!“, weist Antonia jede Schuld von sich. „Ich hätte mir was brechen können“, ereifert sich Christina. Als Pia die beiden auffordert Lösungsvorschläge zu machen, gerät der Prozess ins Stocken und Ausbilder Hubert Bendiek unterbricht. Denn obwohl die Szene sehr authentisch nachgestellt wird, handelt es sich hier nicht um eine echte Streitschlichtung. 

Diese würde nicht unter Gleichaltrigen ausgetragen, sondern ältere Schüler übernehmen bei Konflikten der jüngeren die Rolle von Mediatoren. Ein Projekt, das an der Gesamtschule Obere Aar wieder zum Leben erweckt werden soll. Deshalb nehmen insgesamt zehn Jugendliche der achten Jahrgangsstufe an einer dreitägigen Ausbildung teil, die von der Taunussteiner Bürgerstiftung und dem Förderverein der Schule finanziert wird. „Wir haben festgestellt, dass es viele kleine Konflikte gibt, die an den Lehrer und an die Schulsozialarbeit herangetragen werden. Wir sind überzeugt, dass die Schüler diese mit der entsprechenden Ausbildung selbst lösen können“, erläutert Bärbel Buchwald von der Schulsozialarbeit an der IGS. „Da geht es um kleine Beleidigungen oder dass jemand dem anderen etwas aus der Hand geschlagen hat“, fügt Englisch-Lehrer Achim Schneckenbühl hinzu. Oder vielleicht darum, dass eine Schülerin über die Beine einer anderen stolpert, wie beim ersten praktischen Übungsfall der zukünftigen Streitschlichter.

Hubert Bendiek von der Schulsozialarbeit der Gutenbergschule in Eltville bittet nun die Beobachterin, die 13-jährige Sahrah, anhand einer Merkliste zu prüfen, ob in der Schlichtung alle wichtigen Aspekte behandelt worden sind. Dabei stellt sich heraus, dass das Ziel der Streitschlichtung nicht deutlich gemacht worden ist und die Schlichter auch vergessen haben, den Streitenden ihr Verhalten zu spiegeln. 

Ergebnis wird festgehalten

Also wird das Gespräch noch einmal aufgenommen. Geschickt leitet Robin dann die Phase ein, in der die Streitenden selbst Lösungsvorschläge erarbeiten sollen. „Gehen wir mal davon aus, dass es keine Absicht war. Was würdest Du dann vorschlagen?“, fragt der 13-Jährige. Schließlich einigen sich beide darauf, dass die andere sich entschuldigen müsse. Ein Ergebnis, das schriftlich festgehalten wird, um es bei einem erneuten Treffen einige Wochen später vorliegen zu haben. 

Diesmal sind alle mit dem Resultat der Schlichtung zufrieden. „Als Pia das noch einmal wiederholt hat, was ich gesagt habe, habe ich mich richtig verstanden gefühlt“, lobt Christina. In der Ausbildung möchte sie nun lernen, wie man richtig schlichtet. „Ich würde gerne dabei helfen, dass es nicht mehr so viel Streit an der Schule gibt“, erläutert Robin. Nach zahlreichen praktischen Übungen, werden am Ende Schlichterpärchen gebildet, die besonders gut zusammenarbeiten. Gemeinsam werden sie in Zukunft in einem Streitschlichter-Büro sitzen und versuchen, echte Streitfälle gütlich beizulegen.

Ein Fall für die Streitschlichter: Hat Antonia Christina absichtlich ein Bein gestellt? 
Foto: RMB/Wolfgang Kühner
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