(NZZ08/OKT.00450 Neue Zürcher Zeitung, 03.10.2008, S. 19; Das Tal, in dem Bauern Bilder kaufen)
Spätabendliches literarisches Tun
Ein Bergbild mit einer Sagenszene inspirierte Tonis Frau zu spätabendlichem literarischem Tun. In den letzten zwei Jahren hat die 33-jährige Bea Bohren - sie hat ihren Grindelwaldner Mädchennamen bei der Heirat behalten - ein zauberhaft poetisches Buch geschrieben, nach dem Verleger sich die Finger lecken müssten. Ein Leitmotiv des Buchs ist das kleine Ölbild, das zwischen den Skizzen Nyfelers hängt. Welch ein Marketing-Gag für einen Verlag: Ein 37-jähriger Bauer kauft Kunst, und seine Frau lässt sich davon zu einem Roman inspirieren.
Ein älterer Nyfeler-Sammler ist der Gemeindearbeiter von Kippel, Kobi Bellwald, freiwilliger Helfer und Donator des Lötschentaler Museums. Im Sommer mäht er noch die Wiesen der Familie. Teilzeitbäuerin ist indes seine 58-jährige Schwester Rita; sie verbringt seit 42 Jahren jeden Sommer auf der Restialp. In der Stube der Alphütte stehen zwei Betten, drei Fensterlein gehen auf Wiler- und Bietschhorn hinaus, textile Behänge schmücken die rötlichen Lärchenholzwände. Der prächtigste ist ein Kopfkissenbezug der Grossmutter Abundantia Rieder von 1900. Gegenüber eine Kommode, deren Fläche als Hausaltar und zum Trocknen von Kräutern dient; da stehen Fotos der verstorbenen Vorfahren und eine Marienstatue aus Lourdes, darüber an der Wand hängt ein grosses Kruzifix. Neben der Tür am Boden die Laterne mit Kerze, die Rita um halb fünf am Morgen den Weg in den Stall leuchtet. (NZZ08/OKT.00450 Neue Zürcher Zeitung, 03.10.2008, S. 19; Das Tal, in dem Bauern Bilder kaufen)
Neben der Tür am Boden die Laterne mit Kerze, die Rita um halb fünf am Morgen den Weg in den Stall leuchtet. Mehr als Kerzenlicht brauche sie nicht, weder zum Melken noch zum Kochen. Herd und Giltsteinofen feuert sie mit selbst gesammeltem Holz. Wasser fliesst am Brunnen zehn Meter ob der Hütte. Weiter entfernt ist ein gemauertes Häuschen für die übrigen Geschäfte - mit Spülung.
Ausser zweien sind alle Hütten auf der Restialp ob Ferden Ferienhäuschen. Sie gehören den ursprünglichen Lötschentaler Besitzerfamilien, die im Sommer mit Kindern oder Enkeln hingehen, um ihnen mindestens die Alpenluft aus dem Leben der Vorfahren nahezubringen. Die zwei letzten Restiälpler sind Albert Werlen aus Ferden und eben Rita Bellwald aus Kippel. Sie sömmern vier Kühe, etwa ein Zwanzigstel der möglichen Gesamtzahl. Die Alp ist am Verganden, die Suone wird verfallen. Heidelbeerstauden nehmen überhand. Ritas Winterstall unten im Dorfkern ist zu niedrig und zu eng, wurde wegen fehlender eigener Mistgrube aberkannt. Nyfelers Dorfszenen sind Vergangenheit.
Pendler und Weggezogene
Mag die Alpwirtschaft in modernen Formen, wie Toni Rieder und Bea Bohren sie betreiben, für Umweltpflege und Fremdenverkehr von unschätzbarem Wert sein, als ökonomischer Faktor rangiert sie weit hinten. Dominierender Wirtschaftszweig ist der Export von Arbeitskraft. (NZZ08/OKT.00450 Neue Zürcher Zeitung, 03.10.2008, S. 19; Das Tal, in dem Bauern Bilder kaufen)
Manche Fabrikarbeiter, ein Laborant, ein Architekt pendeln ins Rhonetal und Beamte oder kaufmännische Angestellte bis nach Bern. Viele der in den sechziger bis achtziger Jahren geborenen «Leetscheni» suchen ihr Brot auswärts. Wenn immer möglich behalten sie Wohnsitz im Tal, bauen sich ein komfortables Heim auf der Wiese vor dem Dorf, lassen Heustadel und Ställe verfallen. Enge Familiensitze innerhalb der Dörfer werden nur vereinzelt an renovationswillige «Üsserschwyzer» verschachert. Der Stolz und verzweigte Erbengemeinschaften verhindern Verkäufe zumeist, ausser etwa im Weiler Weissenried, hoch über Blatten traumhaft gelegen, der laut Telefonbuch in Basler und Zürcher Patrizierhand ist. Und die meisten Roggen- und Kartoffeläckerchen ob Kippel wurden mit dem «Holländerviertel» überbaut.
Fast weg aus dem Tal ist der 22-jährige Wirtschaftsstudent Christoph Jaggy. Er ist Wochenaufenthalter in Lausanne, wo er sich in den Vorlesungen mit 500 anderen frage, wo sie beruflich einmal landen würden, sie suchten doch alle einen Top-Job! An sich würde er ja gern im Tal bleiben. Die aus seiner Sicht interessante Stelle in Lötschen jedoch ist in fester Hand, jene kombinierte des Lauchernalpbahn- und Kurdirektors. Ein Alpen-Disneyland wäre ihm ein Greuel, obwohl er anerkennt, dass im Tal nur im Tourismus Arbeitsplätze zu schaffen sind. Das betont der einstige Nationalmannschafts-Langläufer Lukas Kalbermatten, Hotelier in Blatten. Auch er will «nicht grösser, geschwinder, höher hinaus», sondern «Kreisläufe schliessen, damit nicht jeder für sich macht, was er will». (NZZ08/OKT.00450 Neue Zürcher Zeitung, 03.10.2008, S. 19; Das Tal, in dem Bauern Bilder kaufen)
Sein Palmarès, wenigstens was die ganz hohen Gipfel betrifft, wird allerdings von einem Landsmann übertroffen, der am 13. August 1859 seine erste Erstbesteigung machte, und das erst noch am grossen «Rivalen» des Aletschhorns, am Bietschhorn. Dem König des Lötschen- und des Rhonetals fehlen 66 Meter zum Viertausender, er strebt aber rundum so stotzig in die Höhe, dass er eigentlich nur einen Vergleich mit dem Matterhorn scheuen muss. Und genau diese wuchtige Pyramide nahm sich Leslie Stephen (1832-1904) vor.
Wie Tuckett am Aletschhorn gelang Stephen am Bietschhorn auf Anhieb «die Eroberung eines stolzen Alpengipfels», wie damals geschwärmt wurde. Stephen und sein Führer Johann Siegen sowie die Träger Joseph Siegen (Bruder von Johann) und Joseph Ebener - alle aus dem Lötschental - stiegen in einem Rush von Kippel (1376 m) über das Bietschjoch und den Nordgrat auf die 3934 m hohe Zinne. Im «Alpine Journal» notierte der Gast: «Vor und nach dieser Fahrt bin ich auf mancher wilden Bergspitze gestanden, aber ich bezweifle, dass eine von ihnen es an Wildheit mit dem Gipfelgrate des Bietschhornes aufnehmen kann.» 1871 publizierte Stephen, dem noch die Erstbesteigungen von Blüemlisalphorn, Schreckhorn, Monte Disgrazia, Zinalrothorn und Lyskamm gelangen und der bei Literaturliebhaberinnen eher als Vater von Virginia Woolf bekannt sein dürfte, ein Bergbuch, dessen Titel sozusagen Programm für die bergsteigenden Engländer mit Zeit und Zaster war: «The Playground of Europe». Dieser Spielplatz wird im Sommer 2009 mit Jubiläumsveranstaltungen fürs Aletsch- und fürs Bietschhorn, die Walliser Repräsentanten des Unesco-Weltnaturerbes «Jungfrau-Aletsch-Bietschhorn», reaktiviert. (NZZ09/JUN.02503 Neue Zürcher Zeitung, 19.06.2009, S. 57; «Den Himmel über uns, die ganze Welt zu unseren Füssen»)
So fällt bei Toni ein Kuh-Ferienlager-Tourismus an, weil manche Eigentümer - Nebenerwerbler aus dem Wallis - am Sonntag ihre Tiere auf der Alp besuchen. Sie erwarten von Toni, dass er weiss, wo sich die Angus-, Galloway-, Dexter-, Limousin-Tiere und die Eringer-Kampfkühe aufhalten. In den Felsen des Hockenhorns weiden Yaks. Denn zum Sommerende suchen die Tiere das Gras in den höchsten Lagen.
Bei den Rieders zu Hause fällt der Wandschmuck über dem Esstisch auf. Da hängen Zeichnungen und Aquarelle von Albert Nyfeler. Der Berner Kunstmaler hat in den 1920er bis 1950er Jahren das damals rein traditionelle Leben im Lötschental fotografisch und malend dokumentiert. Von seinen angeblich 10 000 künstlerischen Werken stehen nach wie vor 4000 in seinem Atelierhaus in Kippel zum Verkauf. Viele andere sind gehütete Schätze in Lötscher Stuben, denn sie zeigen die eigene Grossmutter beim Spinnen oder den Grossvater beim Mähen.
Eine ältere Form von Landwirtschaft überlebt bei der 58-jährigen Rita Bellwald auf der Restialp. Ein Giltsteinofen wärmt die Hütte. In der Stube stehen zwei Betten, drei Fensterlein gehen auf Wiler- und Bietschhorn hinaus. Die rötlichen Lärchenholzwände schmücken textile Behänge. Der prächtigste ist ein Kopfkissenbezug der Grossmutter Abundantia Rieder von 1900. Gegenüber eine Kommode, deren Fläche als Hausaltar und zum Trocknen von Kräutern dient; da stehen kleine Fotos der verstorbenen Vorfahren und eine Marienstatue aus Lourdes, darüber hängt ein grosses Kruzifix. (NZZ09/AUG.03416 Neue Zürcher Zeitung, 28.08.2009, S. 59; Das Tal, wo Bauern Bilder kaufen)
Für das jüngste Stück hat Schlingensief neun Menschen aus Burkina Faso darunter professionelle Künstler, aber auch Laien mit einer Handvoll europäischer Darsteller zusammengewürfelt. Mit diesem Ensemble und einer kleinen Band inszeniert (und improvisiert?) er eine neunzigminütige Collage aus Spiel- und Tanzszenen, Videosequenzen und Textprojektionen, die den Zuschauer durch ein Bombardement an Eindrücken, verschiedenen Sprachen und Musikstilen zwischen «Tristan» und Trivialgedudel überwältigt und letztlich auch überfordert.
Schlingensief nutzt den multimedialen Dauerbeschuss, um einen Ausschnitt des kraftvollen Kulturlebens in Burkina Faso zu dokumentieren und gleichzeitig die Unmöglichkeit eines «authentischen» Afrikabildes vor Augen und Ohren zu führen. Ob Voodoo-Kult, religiöse Ekstase oder vertanzter Hunger: Jede der prägnant choreografierten Assoziationen kippelt an der Grenze zwischen realem Anspruch und klischeehafter Überspitzung. Zwei in hektischem Rhythmus hin und her bewegte Gardinen behindern, verschleiern und unterteilen dabei den Blick auf die nur spärlich erleuchtete Bühne mit Stühlen, Tischen, Rednerpult und Glasvitrine. Hier sieht niemand ganz klar.
Mit der Vorlage, der Oper «Intolleranza 1960» von Luigi Nono, teilt Schlingensiefs Szenengewitter vor allem einige strukturelle Berührungspunkte. In beiden Stücken geht es um den Versuch, die vermeintliche Hochkultur aus dem selbst gewählten Elfenbeinturmgefängnis zu befreien und wieder auf den Boden der Lebenswirklichkeit herunterzureissen. Nonos Musik wird allerdings nur kurz, per Handyaufnahme, angespielt und ebenso als unzeitgemäss abgelehnt wie seine Texte. (NZZ10/MAI.03136 Neue Zürcher Zeitung, 26.05.2010, S. 53; Post-postmoderne Revue über die Vergeblichkeit)
Zudem wird Peter Sloterdijk aus Karlsruhe eingeflogen und mit dem Familienvater im Taxi durch die Stadt gefahren.
So intellektuell adrett Garcías Text ist, Grösse gewinnt er durch Garcías Regie und Lars Eidingers Spiel. Ein Glitzertaxi steht auf einem runden Rasenteller. Im Kofferraum liegt ein Sack mit Mensch drin; das ist der schweigende Bühnen-Sloterdijk. Der echte Philosoph doziert per Kassettenrekorder von Rousseau und dem Menschen der Moderne. Und Eidinger spricht, gestikuliert, mimt die Sloterdijk-Sätze mit, schiebt ihnen also einen ironisch-komischen Theatereigensinn unter. Er legt zudem am DJ-Pult lauten, eigens gemixten Techno auf, stapft im Braunbärkostüm umher, sitzt auf dem Taxirücksitz, balanciert auf Bücherstapeln, bläst sich Nebel ins Gesicht und bringt jede Silbe ins Kippeln. Ob's glatte Ironieseife, ob's bitterernste Lebensbeichte ist, was uns hier gereicht wird es lässt sich erfreulicherweise nicht entscheiden. Am Ende begiesst Eidinger kleine Büchergräber: ein schöner, in einfache Bedeutungen nicht auflösbarer bildhafter Ab- und Hochgesang auf uns Menschen der Moderne.
Die treten auch in «Regen in Neukölln» auf, dem von Friederike Heller uraufgeführten Stück Paul Brodowskys. Das mit Preisen bedachte Drama versammelt Szenen- und Figurenschnipsel zum Zweck der panoramatischen Gegenwartsbeschriftung. Hier sind es ein Taxifahrer, ein deutsch-türkisches Model, ein Berliner Stadtfuchs, die sich in einer Neuköllner Sommernacht über die Wege laufen. Ihre Begegnungen sind ein bisschen traurig, ein bisschen lustig, ein bisschen weltschmerzvoll. (NZZ11/MAR.02542 Neue Zürcher Zeitung, 17.03.2011, S. 57; Die Welt einsammeln)
Die ungewöhnlich intensiven Niederschläge fanden buchstäblich im Radarschatten statt: Das Niederschlagsradar zeigte zu diesem Zeitpunkt für das Lötschental keine aussergewöhnlichen Regenmengen an. An diesem Punkt drängt sich aus Sicht der örtlichen Behörden ein erstes Fazit auf: «Dezentrale Unwetterwarndienste genügen nicht. Es braucht regionale, gar lokale Alarmeinrichtungen. Wenn die Wetterentwicklung vor Ort richtig eingeschätzt wird, bleibt rund eine halbe bis eine Stunde Zeit, um Massnahmen wie Evakuierungen einzuleiten, die unter Umständen Menschenleben retten.» Raumplanerische Korrekturen seien hingegen nicht nötig: «Die Gefahrenzonen, wie sie im Tal ausgeschieden wurden, haben sich bewährt und als richtig erwiesen, selbst bei einem Extremereignis», stellen die Verantwortlichen in den betroffenen Gemeinden Wiler und Kippel fest. Die Raumplanung im Lötschental wird von Lawinenzügen diktiert, allfällige Bedürfnisse nach einer Ausweitung der Bauzonen finden sozusagen natürliche Grenzen; die Siedlungsfläche wird strikt begrenzt.
Lawinendämme halten nicht
Lawinendämme bewähren sich durchaus, sogar gegen die «schwarzen Lawinen». Doch sind diese Schutzwälle auf Staub- und Nassschneelawinen ausgerichtet und nicht für den sehr viel höheren und vor allem länger anhaltenden Druck von Murgängen. Der Lawinenleitdamm von Wiler hielt zwar einen ersten Aufprall der Wasser- und Geröllmassen aus, dann wurde der Murgang gegen Osten hin und damit gegen unbewohntes Gebiet abgeleitet. Doch schon diese kurze Einwirkung genügte, um den Damm zu beschädigen. «Die für den Flussbau zuständigen Instanzen müssen im Lichte der jüngsten Erfahrungen und Erkenntnisse im Tal über die Bücher», fordert Beat Rieder. (NZZ11/NOV.02554 Neue Zürcher Zeitung, 17.11.2011, S. 14; Die Furcht vor schwarzen Lawinen)
Und für die Autorin ist Ülkü ein Alter Ego, durch das der Leser wiederum ein viertes Istanbul-Bild erhält.
Psychologie, kluge Dramaturgie und das Wissen einer erfahrenen Autorin erwecken diese Figuren zu echtem Leben, aber zugleich hat der Roman einen historischen Kulminationspunkt. Das ist die Niederschlagung der landesweiten Hungerstreiks in den Gefängnissen der Türkei, mit dem die flächendeckende Einführung der Isolationshaft verhindert werden sollte. Die türkischen Machthaber schlugen am Morgen des 19. Dezember 2000 mit brutaler Gewalt zu und verwandelten die türkischen Gefängnisse in Schlachthäuser. Die Ereignisse und ihre Zuspitzungen werden im Roman in dokumentarischer Qualität ausgeführt, und so brennt sich jenes fatale Datum als Mahnmal der politischen Geschichte in die zeitgenössische Literatur ein. Der Roman kippelt zwar ein wenig zwischen Fiktion und dokumentarischem Fokus, aber das nimmt ihm nicht viel, denn seine Wahrheit ist zwischen den Kategorien zu finden.
Ein Staat, der seine Kinder frisst
Derins Vermittlung hat nichts gefruchtet, so wenig wie die politischen Kolumnen ihres Freundes Turgut Ersin: «Was nützt das Fortbestehen eines Staates, der seine Bürger tötet? Die Einheit eines Staates, der seine Kinder frisst, ist doch nichts anderes als die Einheit seiner Friedhöfe.» Am Ende verlässt Derin ihren Prinzen und geht mit dem dreissig Jahre älteren Turgut Ersin. Sie kennt nun die Sprache des politischen Radikalismus und die des liberalen Bildungsbürgers und sucht weiter, um «anstelle der blinden Wut und des verheerenden Aufschreis der Rebellion ein Lied menschlicher Hoffnung zu finden». (NZZ12/FEB.04119 Neue Zürcher Zeitung, 28.02.2012, S. 47; Zum Sterben nicht die rechte Zeit)
Anlass zu dieser Hoffnung gibt eine neuartige Elektrode, die Forscher vom Georgia Institute of Technology in Atlanta entwickelt haben. Eine dünne Ummantelung aus Kunststoff schützt die Metallelektrode vor Oxidation, so dass sie unter Normalbedingungen prozessiert werden kann.¹GDie Elektroden einer Solarzelle haben die Funktion, die in der lichtaktiven Schicht erzeugten Ladungsträger möglichst reibungslos abzutransportieren. Meist kommen dafür Metalle wie Aluminium, Kalzium oder Magnesium zum Einsatz. Diese Materialien verringern die Energie, die zum Austritt aus der Elektrodenoberfläche nötig ist; sie werden aber leicht zerstört, wenn sie mit Sauerstoff und Wasser in Berührung kommen. Deshalb müssen organische Solarzellen unter Vakuum produziert und anschliessend in zusätzliche Schichten gehüllt werden. Das ist energieintensiv und verkompliziert den Aufbau.
Das Team von Bernard Kippelen hat nun einen Weg gefunden, das teure Vakuum zu umgehen. Die Forscher gossen eine Lösung des Polymers Polyethylenimin auf unterschiedliche Elektroden-Werkstoffe. Dabei nutzten sie das Phänomen der Chemisorption, bei der sich das Polymer als zehn Nanometer starke Schicht fest an die Werkstoffe bindet. Dadurch verringerte sich die chemische Reaktivität der Elektroden die Grundvoraussetzung, um sie unter Normalbedingungen an der Luft fertigen zu können.
Erste Versuche zeigen, dass die neuen Polymer-Elektroden in organischen Solarzellen fast genauso effizient arbeiten wie die bisher verwendeten Metallelektroden. So erreichte eine Solarzelle, deren Indiumzinnoxid-Elektrode mit dem neuen Kunststoff überzogen wurde, im Labor einen Wirkungsgrad von sechs Prozent. Zum Vergleich: Organische Solarzellen aus der Massenproduktion wandeln derzeit rund fünf Prozent des einfallenden Lichts in Strom um. (NZZ12/MAI.02210 Neue Zürcher Zeitung, 16.05.2012, S. 61; Elektroden aus Plastic für organische Solarzellen)
Dabei nutzten sie das Phänomen der Chemisorption, bei der sich das Polymer als zehn Nanometer starke Schicht fest an die Werkstoffe bindet. Dadurch verringerte sich die chemische Reaktivität der Elektroden die Grundvoraussetzung, um sie unter Normalbedingungen an der Luft fertigen zu können.
Erste Versuche zeigen, dass die neuen Polymer-Elektroden in organischen Solarzellen fast genauso effizient arbeiten wie die bisher verwendeten Metallelektroden. So erreichte eine Solarzelle, deren Indiumzinnoxid-Elektrode mit dem neuen Kunststoff überzogen wurde, im Labor einen Wirkungsgrad von sechs Prozent. Zum Vergleich: Organische Solarzellen aus der Massenproduktion wandeln derzeit rund fünf Prozent des einfallenden Lichts in Strom um.
Die Innovation eröffne der Photovoltaik neue Marktchancen, da sie die Kosten für Solarstrom deutlich senken könne, sagt Kippelen. Auch externe Wissenschafter halten den Ansatz für vielversprechend. Mit neuen Verfahren wie diesem liessen sich die Hürden hin zu günstigen Modulen in naher Zukunft überwinden, sagt Olaf Rüdiger Hild vom Fraunhofer-Institut für photonische Mikrosysteme in Dresden.
Noch wartet auf die Forscher aber viel Arbeit. Das Hauptproblem organischer Solarzellen ist ihre niedrige Lebensdauer. Während Silizium-Solarzellen mindestens 20 Jahre lang Strom produzieren, halten die organischen Lichtsammler maximal 5 Jahre. Das Problem zeigte sich auch bei dem Versuch von Kippelens Team: Nach 30 Tagen produzierte die Solarzelle nur noch 70 Prozent der Ausgangsleistung. Für eine längere Lebensdauer müsse vor allem das photoaktive Polymer weiter optimiert werden, so Kippelen. (NZZ12/MAI.02210 Neue Zürcher Zeitung, 16.05.2012, S. 61; Elektroden aus Plastic für organische Solarzellen)
Auch externe Wissenschafter halten den Ansatz für vielversprechend. Mit neuen Verfahren wie diesem liessen sich die Hürden hin zu günstigen Modulen in naher Zukunft überwinden, sagt Olaf Rüdiger Hild vom Fraunhofer-Institut für photonische Mikrosysteme in Dresden.
Noch wartet auf die Forscher aber viel Arbeit. Das Hauptproblem organischer Solarzellen ist ihre niedrige Lebensdauer. Während Silizium-Solarzellen mindestens 20 Jahre lang Strom produzieren, halten die organischen Lichtsammler maximal 5 Jahre. Das Problem zeigte sich auch bei dem Versuch von Kippelens Team: Nach 30 Tagen produzierte die Solarzelle nur noch 70 Prozent der Ausgangsleistung. Für eine längere Lebensdauer müsse vor allem das photoaktive Polymer weiter optimiert werden, so Kippelen.
¹ Science 336, 327332 (2012). (NZZ12/MAI.02210 Neue Zürcher Zeitung, 16.05.2012, S. 61; Elektroden aus Plastic für organische Solarzellen)
Auf einer relativ kleinen Fläche fanden sich neben den menschlichen Knochen Kleiderreste, ein Fernglas, eine Sackuhr, eine Tabakpfeife, Schneeschuhe, Bergstöcke und ein lederner Geldbeutel, in dem sich mehrere Münzen befanden die jüngste mit Jahrgang 1921. Nachdem die Touristen den makabren Fund gemeldet hatten, wurden die Skelette und die Gegenstände geborgen und ins gerichtsmedizinische Institut der kriminaltechnischen Abteilung der Walliser Kantonspolizei übergeführt. Man geht davon aus, dass es sich bei den Toten um drei von vier verschollenen Bergsteigern handelt, die im März 1926 über den Langgletscher im Lötschental zur Hollandia-Hütte aufgestiegen waren und nie wiederkehrten. Im Zuge von mehreren Suchaktionen wurden zwar ihre Rucksäcke gefunden, aber von den Verschollenen drei Brüder und ein weiterer Alpinist aus dem Dorf Kippel fehlte seither jede Spur. Das ungelöste Rätsel um den wahrscheinlichen Tod der vier Männer zwischen 22 und 31 Jahren hatte damals weitherum Bestürzung ausgelöst. Die engeren Angehörigen litten noch Jahrzehnte später unter der Ungewissheit des Schicksals der Verschollenen. Sollte es sich bei den sterblichen Überresten, die der Gletscher nun freigegeben hat, tatsächlich um jene von dreien der vier Verunglückten handeln, dann könnte es sein, dass die Berggänger für eine kurze Erkundungstour von der Hollandia-Hütte auf den Konkordiaplatz abgestiegen waren. Diese These wird durch die Tatsache gestützt, dass sie ihre Rucksäcke in der Schutzhütte zurückgelassen hatten. Im Kerngebiet des Grossen Aletschgletschers wurden sie wahrscheinlich von einem Unwetter überrascht, stürzten in eine Gletscherspalte oder wurden von einer Lawinen in einen Spalt gerissen. (NZZ12/JUL.00472 Neue Zürcher Zeitung, 04.07.2012, S. 24; Skelettfund)
Die engeren Angehörigen litten noch Jahrzehnte später unter der Ungewissheit des Schicksals der Verschollenen. Sollte es sich bei den sterblichen Überresten, die der Gletscher nun freigegeben hat, tatsächlich um jene von dreien der vier Verunglückten handeln, dann könnte es sein, dass die Berggänger für eine kurze Erkundungstour von der Hollandia-Hütte auf den Konkordiaplatz abgestiegen waren. Diese These wird durch die Tatsache gestützt, dass sie ihre Rucksäcke in der Schutzhütte zurückgelassen hatten. Im Kerngebiet des Grossen Aletschgletschers wurden sie wahrscheinlich von einem Unwetter überrascht, stürzten in eine Gletscherspalte oder wurden von einer Lawinen in einen Spalt gerissen.
DNA-Identifikation
Wie der «Walliser Bote» berichtete, hatten die drei Verschollenen keine direkten Nachfahren. Doch leben in Kippel zahlreiche Nichten und Neffen der Grossfamilie, so dass sich die Knochenfunde wohl über eine DNA-Analyse zuordnen lassen sollten. (NZZ12/JUL.00472 Neue Zürcher Zeitung, 04.07.2012, S. 24; Skelettfund)
Kanton unterstützt 16 Projekte im Berggebiet
flo. Der Kanton Zürich entrichtet Beiträge an 16 Projekte in Bergregionen. Die insgesamt 4,2 Millionen Franken aus dem Lotteriefonds fliessen zu je rund einem Drittel in die Kantone Graubünden, Tessin und Wallis. Projektpartner sind die Patenschaft für Berggemeinden, die Berghilfe und die Stiftung Landschaftsschutz. Die grössten Summen (jeweils über 400 000 Franken) gehen an ein Aufwertungs-Projekt im Valle Bavona, eine lawinensichere Zufahrt zur Gemeinde Embd, die Erhaltung der bäuerlichen Kulturlandschaft beim Pfynwald, eine Bachsanierung oberhalb des Dorfes Kippel und eine Forststrasse im Münstertal. Der Kanton unterstützt im Rahmen der Inlandhilfe nur Projekte aus finanzschwachen Gebieten der Kantone Graubünden, Tessin, Uri und Wallis. Laut Roger Keller, dem Kommunikationsbeauftragten der Finanzdirektion, will man sich mit dem Grundsatzentscheid für diese vier Kantone auf Regionen konzentrieren, die von der Zürcher Bevölkerung häufig besucht werden. 3 Gesuche wurden abgelehnt; eines stammt aus dem Kanton Bern, ein Projekt betrifft eine gesetzliche Aufgabe des Standortkantons und eines erbringt gebührenpflichtige Leistungen. (NZZ12/OKT.00775 Neue Zürcher Zeitung, 05.10.2012, S. 18; Kanton unterstützt 16 Projekte im Berggebiet)
Seit 86 Jahren verschollene Bergsteiger identifiziert
(sda) Bei den Gebeinen, die englische Touristen im Sommer auf dem Grossen Aletschgletscher gefunden haben, handelt es sich höchstwahrscheinlich um Überreste von drei Brüdern aus dem Lötschental, die seit 86 Jahren als verschollen galten. Eine Knochenanalyse der Walliser Gerichtsmedizin bestätigte diese Vermutung, wie die Kantonspolizei am Donnerstag mitteilte. Die Brüder Johann (geb. 1895), Cletus (1897) und Fidelis (1903) Ebener waren am frühen Morgen des 4. März 1926 zusammen mit ihrem Begleiter Max Rieder von
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