Populationsökologie: Ökologie der Populationen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Populationsschwankungen innerhalb einer Räuber-Beute-Beziehung; charakteristisch ist, dass die Kurve der Räuberpopulation der Kurve der Beutepopulation nachläuft.
In der Populationsökologie (im deutschen Sprachraum auch „Demökologie“ genannt, basierend auf Schwerdtfeger 1968)[7] werden quantitative Aspekte innerhalb einer Population bzw. Fortpflanzungseinheit beschrieben und analysiert. Dementsprechend war ehemals auch zwischen einer deskriptiven (statischen) Populationsanalyse und einem dynamischen Ansatz unterschieden worden, der Aspekte wie Populationswachstum und demographische Veränderungen untersuchte und entsprechend auch als „Populationsdynamik“ bezeichnet wurde. Früher und vor allem in der angewandten Entomologie war auch der Begriff „Massenwechsel“ verbreitet. In der Populationsdynamik werden Populationen von vielfach komplexer Geschlechts- und Alterszusammensetzung mittels demographischer Methoden beschrieben und analysiert, um Trends, Schwankungen und Tendenzen zu erkennen. Die zugrunde liegenden Modelle waren ursprünglich weitgehend deterministische Modelle, später verstärkt stochastische Modelle. In neuerer Zeit wurden auch die zeitlichen Veränderungen in der genetischen Basis der Populationen und in der Auseinandersetzung mit anderen Populationen in den Fokus gerückt.
Bei Mitberücksichtigung populationsgenetischer Aspekte, wie Allel- oder Genotypfrequenzen, spricht man häufig von Populationsbiologie. Langfristige Veränderungen als Folge evolutionärer Prozesse gehören nicht mehr in den traditionellen Bereich der Populationsökologie, sondern in die daraus hervorgegangene Populationsbiologie, die Evolutionsökologie oder gar die Evolutionsbiologie.
Synökologie: Ökologie der Lebensgemeinschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Naturnaher Buchenwald in Mitteleuropa (hier Müritz-Nationalpark) als Beispiel eines verbreiteten Ökosystems
Die Synökologie untersucht Lebensgemeinschaften der Natur unter ökologischen Gesichtspunkten. Der Begriff wurde, wie Autökologie, 1902 von Carl Schroeter geprägt und umfasste ehemals auch den Teil, der der heutigen Populationsökologie entspricht. Der Begriff wird allerdings nicht mehr häufig verwendet und ist dem Begriff und Konzept der Ökosystemanalyse gewichen, die von Anfang an auch neben der Lebensgemeinschaft den Energiefluss und Stoffkreislauf in den Fokus rückte.
Aufgabenfeld der klassischen Synökologie ist die Analyse der interspezifischen Wechselwirkungen in der Gemeinschaft (Biozönose) und auch deren Abhängigkeiten vom „Biotop“, d. h. allen strukturellen Beziehungen und Einflussgrößen außerhalb der betrachteten Organismengemeinschaft. Biotop und Biozönose bildeten in dieser modellhafter Vereinfachung das Ökosystem, wobei diese Gegenüberstellung in der Realität aber nicht existiert, da das Biotop durch die Organismengemeinschaft selber auch verändert wird, zum Beispiel indem Regenwürmer und andere grabende und wurzelnde Organismen die lokalen Bodeneigenschaften beeinflussen. Zu zentralen traditionellen Forschungsthemen gehören Wechselwirkungen infolge von Konkurrenz, Räuber-Beute-Beziehungen (Prädation im engeren Sinne), Herbivorie, Wirt-Parasit-Verhältnissen und kooperative Beziehungen, die als Mutualismus-Beziehungen zusammengefasst werden können. Vielfach werden mathematische und statistische Methoden zur Beschreibung und Modellierung von Gemeinschaften eingesetzt, in der angewandten Forschung auch Modelle für (mehr oder weniger verlässliche) Prognosen.
Ein verbreiteter Ansatz für die Analyse komplexer Gemeinschaften besteht darin, dass an vergleichsweise einfachen Systemen aus häufig nur zwei Arten durch Beobachtung, Experiment (auch in Langzeituntersuchungen) und Modellierung die Dynamik in Biozönosen untersucht wird. Das zugrunde liegende Verständnis ist, dass komplexe Gemeinschaften durch Reduzierung auf Teilaspekte überschaubarer gemacht und gleichsam exemplarisch verstanden werden können. So ist das Konzept der trophischen Stufen (Produzenten, Konsumenten und Destruenten) hieraus entstanden, auch wenn dies im Gesamt-Nahrungsnetz selber auch wieder eine modellhafte Vereinfachung darstellt.
Neuere Schwerpunktbereiche[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Naturgemäß können ökologische Problemstellungen unterschiedlich angegangen werden. So kann eine unorthodoxe Fragestellung, vielleicht hervorgerufen durch moderne verfügbare Methoden oder infolge neuartiger Umweltbelastungen, zum Ausgangspunkt für eine neue Schwerpunktbildung mit eigener Bezeichnung, eigener Problematik, Analytik und Interpretation werden. Die folgende Liste neuerer Ansätze ist nicht vollständig und verändert sich naturgemäß. Sie spiegelt aber die Unterschiedlichkeit der Herangehensweisen wider, wobei auch Überschneidungen auftreten.
Als chemische Ökologie bezeichnet man ab etwa den 1960er/70er Jahre zwei unterschiedliche Ansätze, zum einen die Erforschung des Auftretens und der Verteilung chemischer Substanzen in den Ökosystemen. Hierzu zählten auch die ab Mitte des 20. Jahrhunderts in großer Zahl und Menge auftretenden Umweltchemikalien, von denen bald auch Ab- und Umbauprodukte in der Umwelt zu finden waren. Zum anderen bezeichnet chemische Ökologie die Untersuchung der Rolle chemischer Signale in den Wechselbeziehungen von Organismen. Aus diesem Ansatz ergaben sich teilweise praktische Anwendungen, wie die Entwicklung von Methoden zur biologischen Schädlingsbekämpfung. In manchen Fällen gehen diese beiden Richtungen auch ineinander über, etwa wenn die Anwesenheit neuartiger Umweltchemikalien die chemische Kommunikation von Lebewesen stört.
Die Evolutionsökologie untersucht Fragestellungen im Grenzgebiet von Ökologie und Evolution. Sie etablierte sich etwa in den 1960er bis 1970er Jahren, erfuhr aber zwei Jahrzehnte später durch Einführung molekulargenetischer Analysen eine Art Renaissance. Vielfach wurde und wird der Begriff im Bereich der Verhaltensanalyse eingesetzt, beispielsweise zur Untersuchung komplexer Paarungssysteme und der Analyse der Genweitergabe im Verlaufe der Generationenfolge. In einem weiteren Sinne werden aber unter Evolutionsökologie alle Aspekte zusammengefasst, die evolutionsbiologische Komponenten in der Analyse oder Interpretation beinhalten, denn viele ökologische Systeme sind zugleich genetisch evoluierende Systeme.[8]
Feuerökologie ist ein Wissenschaftszweig, der sich seit den 1970er Jahren etablierte. Dabei geht es um die natürliche Rolle von Bränden in verschiedenen Lebensräumen, die Anwendung des Feuers in traditionellen Formen der Landwirtschaft, seine kulturgeschichtliche Bedeutung und seine Auswirkungen auf Gesundheit, Umwelt und Klima.
Als molekulare Ökologie[9] bezeichnet man Ansätze und Methoden, ökologische Fragen mit molekulargenetischen Grundlagen zu untersuchen. Die Ausrichtung und Bezeichnungsweise etablierte sich um 1990, nachdem insbesondere die PCR-Technik den Einsatz molekularer Methoden in der Ökologie stark vereinfacht hat. Eine spezielle Bedeutung erlangte dieser Ansatz für Fragen aus der Populationsökologie und -biologie. Vielfach werden genetische Sequenzen als Marker benutzt, um Aussagen über die Populationsdifferenzierung auf genetischer Grundlage, über Arthybridisierung und genetische Vielfalt in einer Population oder einem Ökosystem machen zu können. Hierbei werden die verfügbaren oder interessierenden DNA-Komponenten im Systemausschnitt analysiert und zugeordnet. Auch die Verwendung des DNA-Barcoding[10] zur Artbestimmung gehört hierzu.
Die biologische Vielfalt kann sich je nach Ausrichtung auf die Vielfalt der Gene, der Arten und der Ökosysteme beziehen. Auch die Wechselwirkung von Klimawandel und Biodiversitätswandel ist zu einem Fokus in der Forschung geworden.[11] Der Biodiversitätsbegriff wurde in den letzten 10 Jahren des 20. Jahrhunderts eingeführt, verbreitete sich allerdings bei uns erst im Laufe des ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts. Soweit Genome und Gensequenzen im Zentrum der Betrachtung stehen, wird gelegentlich auch von Umweltgenomik, Metagenomik oder Biodiversitätsgenomik gesprochen; diese Ausrichtungen sind erst mit der zeitsparenden und kostengünstigen Genomanalyse im zweiten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts im größeren Stile möglich geworden.
Makroökologie ist ein Ansatz und eine Ausrichtung, die ab etwa 1990 aufkam, aber erst im 21. Jahrhundert eine größere Verbreitung fand. Hierbei werden Muster und Mechanismen erforscht, die über größere Regionen und teilweise auch im zeitlichen Ablauf für die untersuchten taxonomisch-ökologischen Einheiten (Arten, Merkmale, Artengemeinschaften) zu beobachten sind. Sie überschneidet sich teilweise mit anderen ökologischen Ansätzen und Disziplinen.