Umgangssprachliche Begriffsbestimmung
Umgangssprachlich werden freundschaftliche Beziehungen nach dem Grad ihrer Stärke abgestuft: Die schwächste Form ist die positiv empfundene "Bekanntschaft". Herausragend ist "der Freund fürs Leben", eine Formulierung, die eine sehr intensive und bedingungslose Bindung andeutet, der auch lange Trennungen nichts anhaben können. Ihre stärkste Form zeigt sich in der Selbstaufopferung zugunsten des anderen.
Von der Liebe wird sie hauptsächlich unterschieden, weil sie die sinnliche Anziehung nicht einbegreift.
Sie ist in der Regel nicht mit der Kameradschaft des Militärs, bei der Feuerwehr, bei den Pfadfindern oder Bergsteigern, Sportlern und in den Vereinen deckungsgleich, oft auch nicht mit der Solidarität in der Arbeiterbewegung, hier ist man meist einander nur organisatorisch und in Gesinnungen verbunden. Allerdings kann Freundschaft auch Schnittmengen mit etwa der Kameradschaft haben.
Der Psychologe Herb Goldberg sagt, Kameradschaft verlaufe in drei Phasen, die vorletzte Phase zur Kameradschaft sei die Freundschaft:
Auch Goldberg erkennt als erste Phase die Nutzfreundschaften. Sie würden nur geschlossen, solange die Beteiligten aus welchen Motiven auch immer voneinander profitierten.
Die zweite Gruppe stellten die Zweckfreundschaften dar: Man geselle sich auch in der Freizeit aus freien Stücken zueinander, um einen bestimmten Zweck zu verfolgen, so wie z. B. Fußballer, die sich zum Fußballspiel träfen, und im Zuge dessen miteinander Zeit verbrächten.
Die dritte Phase zur Kameradschaft sei dann die Freundschaft. Sie sei unter anderem dadurch gekennzeichnet, dass Menschen aus Gründen zueinander kommen, ohne bestimmte Ziele, Zwecke, Nutzen etc. zu verfolgen. Diesen Menschen sei es in ihrer Beziehung zueinander nicht mehr wichtig, ob sie selbst Gewinner oder Verlierer sind; Überlegenheit spielt keine Rolle mehr.
Häufig wird das Wort "Freundschaft" erweitert, um andere Beziehungen positiv einzufärben. Zum Beispiel bedeutet, jemanden einen Geschäftsfreund zu nennen, dass eine geschäftliche Beziehung besteht, die auf positiven Erfahrungen beruht und über eine bloße Geschäftspartnerschaft hinausgeht (z. B. weil wechselseitige Sympathie besteht oder sie von angenehmen Kontakten geprägt ist). Siehe auch Brieffreundschaft.
Homosexuelle Menschen berichten oft darüber, zu Personen des jeweils anderen Geschlechtes besonders starke Freundschaften entwickelt zu haben. Vorwiegend ist dies zwischen Schwulen und Frauen zu beobachten. Meist begründet eine solche Freundschaft die Möglichkeit der Frau mit einem Mann "Frauengespräche" zu führen bzw. Männer (meist den eigenen Partner) besser zu verstehen. Auch die im relativen Bezug zu sehende Sicherheit, von dem homosexuellen Freund nicht verführt zu werden, lässt eine oftmals innige Freundschaft zu, die der Ebene der "besten Freundin" gleich kommt.
Kinderfreundschaft
Kinderfreundschaften stellen für Kinder wichtige Aspekte ihrer Kindheit dar. Sie sind vom gemeinsamen Spiel geprägt und stellen eine Basis für den Erwerb von Sozialkompetenz dar. Kinderfreundschaften sind oft von kurzer Dauer, da sie vielfach durch Änderungen von Interessen und Vorlieben, durch eine Umzug oder eines Schulwechsels unterbrochen werden. Sofern sie aber länger andauern, werden gerade die in der Kindheit und Jugend geknüpften Freundschaften in vielen Fällen als besonders wertvoll empfunden.
Soziologische Begriffsbestimmungen und Erörterungen
Denkmal einer Dichterfreundschaft:
Goethe und Schiller vor dem Deutschen Nationaltheater
in Weimar
In der Soziologie hat Ferdinand Tönnies Freundschaft als „Gemeinschaft des Geistes“ kategorisiert (Gemeinschaft und Gesellschaft, 1. Buch, § 6). Auch gibt es einige wissenschaftliche Untersuchungen zum Verhalten innerhalb einer Freundschaft. So streiten enge Freunde mehr als lediglich miteinander bekannte Personen. Der Grund dafür wird von Psychologen und Soziologen darin gesehen, dass sich enge Freunde einander sicher sind und daher nicht übervorsichtig agieren müssen. Außerdem haben sie mehr Kontakt zueinander, d.h. mehr Reibungsfläche.
Georg Simmel beschreibt in "Soziologie der Freundschaft" die Freundschaft als differenzierte Freundschaft. Im Gegensatz zu Aristoteles sieht er Freundschaft als graduelles Phänomen. Freundschaft fängt für ihn in dem Moment an, in dem sich zwei Menschen kennen lernen. Sie wissen also um ihre gegenseitige Existenz. Von dieser Basis aus können die Menschen verschieden weit in die "Sphäre" des anderen eindringen. Auf der einen Seite hängt die Tiefe und der Umfang des Eindringens von dem ab, was man preisgeben will, und auf der anderen Seite ist diese Grenze in der Freundschaft auch bekannt, so dass der andere diese Grenze nicht einfach überschreiten wird. (Beispiel: Mit den Fußballkumpels spricht man über Fußball. Die Eheprobleme anzusprechen, wäre eine Grenzüberschreitung.) Simmel bezeichnet das, was jenseits dieser Grenze liegt, als "Reserve" - das ist positiv und negativ gemeint: Auf der einen Seite gibt man etwas nicht von sich preis, auf der anderen Seite ist da noch etwas, was man der Freundschaft hinzugeben könnte. Auch wenn also im täglichen Umgang diese Grenze nicht überschritten wird, so ist dennoch die Möglichkeit gegeben, die Freundschaft auch auf andere Dinge auszuweiten und so zu vertiefen.
Einen Sonderfall der Freundschaft sieht Simmel in der Ehe: Das hängt zum einen damit zusammen, dass die Ehe ihren Charakter gewandelt hat. War bei Montaigne die Ehe noch ein Handel, so ist die Ehe in der Moderne eher von Liebe gekennzeichnet. Wenn die Ehe also eine Liebesbeziehung ist, so wirkt ein freundschaftliches Element. Simmel warnt davor, die Ehe als sofortige und umfassende Öffnung der Partner zu verstehen. Er sieht den Wert einer Ehe vielmehr in dem Prozess der fortschreitenden freiwilligen Vertiefung der Freundschaft. Wertvoll sind sowohl die geteilten Dinge, als auch die Dinge, die man dem Partner (noch) nicht mitteilen will oder kann. Dazu kommt, dass man sich selbst über viele Dinge nicht so im Klaren ist, dass man sie sich selbst überhaupt mitteilen könnte oder wollte. Dieser "blinde Fleck" in der Beziehung zu sich selbst wäre potenziell enttäuschend für eine Ehe, die auf komplette Öffnung ausgelegt ist.
Beachtenswert ist ferner, dass „Freundschaft“ soziostrukturell im Rahmen sozialer Rollen angebahnt worden sein kann. Beispiele dafür sind auf dem Dorf, dass eher noch als einzelne Menschen die Höfe als miteinander befreundet gelten, sodann, dass Freundschaften der Eltern unter deren Kindern weitergeführt werden, und dass Nachbarschaft und Schulklassenkameradschaft lebenslange Freundschaften („Kinderfreundschaften“) stiften können.
Philosophische Begriffsbestimmung
Aristoteles
Für Aristoteles ist die Freundschaft wichtiger Bestandteil einer funktionierenden (Polis-)Gesellschaft. Noch höher als die Gerechtigkeit soll der Staat die Freundschaft schätzen. In der griechischen Polis gab es keine öffentlichen Dienste wie Polizei und Feuerwehr, so war jeder auf das Wohlwollen des anderen angewiesen. Wer in Ämter gewählt werden wollte, musste sich das Wohlwollen der Menschen sichern. Heutzutage würde man eine Reihe der als "Freundschaft" bezeichneten Verhältnisse nicht mehr unbedingt als Freundschaften bezeichnen. Im Altgriechischen bedeutet das Wort "philia" allerdings sowohl "Freundschaft" als auch "Liebe" und kann folglich auch in diesem weiteren Sinn benutzt werden.
Aristoteles hält Freundschaft nicht für ein graduelles Phänomen, bei dem einem der eine Mensch mehr freund ist als der andere, sondern er kategorisiert die verschiedenen Freundschaften. Als erstes teilt er sie in die "Freundschaft unter Gleichen" und die "Freundschaft unter Ungleichen" und schließt gleichzeitig die Freundschaft zu unbeseelten Dingen aus. Aristoteles bezieht sich mit dieser Philia-Systematik auf Platons Dialog Lysis, in dem kategorial souverän und künstlerisch spielend das Problem der selbstlosen Freundschaft entfaltet wird.
Die Freundschaft unter Gleichen gilt für gleichgestellte Bürger. Man ist einander ebenbürtig. Diese Freundschaft unterteilt er weiter in Nutzen-, Lust- und Tugendfreundschaft. Die Nutzenfreundschaft bringt die Menschen zu einem Zweck zusammen. Fällt dieser Zweck weg, ist die Freundschaft gefährdet. Ähnliches gilt für die Lustfreundschaft, die rein affektiv begründet ist. Diese beiden Arten sind akzidentiell und labil. Stabil dagegen ist die Tugend- oder Charakterfreundschaft. Sie ist die Freundschaft um des Freundes willen. Hier kommt Aristoteles' Mesothes-Lehre ins Spiel, deren Maxime zufolge das Maßhalten der Weg zu einem tugendhaften und erfüllten Leben ist. Sind sich zwei Personen in ihrer Tugendhaftigkeit ähnlich, so ist das die Voraussetzung für die vollkommene Freundschaft. Wie für jegliche Tugend gilt auch für die Freundschaft bei Aristoteles, dass sie durch wiederholtes Handeln zur Gewohnheit werden muss. Man übt die Freundschaft nur im alltäglichen Umgang. Die Teilhabe am Leben des Freundes und damit die räumliche Nähe sind nach Aristoteles für eine Freundschaft unerlässlich.
Die Freundschaft unter Ungleichen bei Aristoteles würde man heute vermutlich eher als Ehrerbietung bezeichnen. Sie beschreibt nicht nur das Verhältnis zwischen den Generationen, sondern auch das Verhältnis des Menschen zum Staat. So muss nach Aristoteles die Asymmetrie der Hierarchie durch einen Mehraufwand von "philia" seitens des Unterlegenen ausgeglichen werden. Der Sohn muss dem Vater mehr Respekt entgegenbringen als umgekehrt, so wie der Bürger mehr in den Staat investiert, als er unmittelbar zurückbekommt.
Siehe auch: Plotin, Augustinus
Frühmittelalter
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Die frühmittelalterliche Epik kennt zahlreiche Heldenfreundschaften, so im Rolandslied des 10. Jh. die Freundschaft zwischen Roland und Olivier.
Montaigne
Michel de Montaigne (1533–1592) schrieb in seinem Essay "Über die Freundschaft" vor allem aus einer privaten Perspektive: Unter dem Eindruck der Wirren der französischen Bürgerkriege erlebte er in seiner Freundschaft mit Étienne de La Boétie bis zu dessen Tod im Alter von nur 33 Jahren ein absolutes Vertrauen. Montaigne geht es nicht wie Aristoteles um die Freundschaft als gesamtgesellschaftliches Phänomen - er will seiner Freundschaft ein Denkmal setzen und hält diese Art Freundschaft für einmalig, oder höchstens für äußerst rar. Er teilt die Freundschaft in grob zwei Kategorien: in seine Freundschaft zu Étienne de La Boétie und die "gewöhnliche Freundschaft". Diese gewöhnlichen Freundschaften bestünden nur um gegenseitigen Nutzens willen. Sie seien also labil und böten nicht das Vertrauen seiner Freundschaft.
Des Weiteren hält Montaigne Frauen nicht der Freundschaft fähig - ihnen fehlten die geistigen Fähigkeiten, um mit dem Mann mitzuhalten. Er räumt allerdings ein, dass die Freundschaft zu einer Frau - so sie denn doch über die geistigen Fähigkeiten verfügt - noch stärker sein könne, weil sie Geist, Seele und Körper umfasse. Die Lustfreundschaft zwischen Männern, die bei Aristoteles noch eine starke Rolle spielte, lehnt Montaigne schlichtweg ab.
Romantik
In der Romantik spielte die Freundschaft nach einer Zeit des Verlustes traditioneller Bindungen und neuer Unsicherheiten auf Grund von Individualisierungsschüben im vergangenen Jahrhundert eine große Rolle. Besonders thematisiert wurde hier die gleichgeschlechtliche Freundschaft, vor allem zwischen Männern. Berühmt ist etwa die in Briefen gut dokumentierte Beziehung zwischen Clemens Brentano und Achim von Arnim.
Kultur- und literaturwissenschaftliche Begriffsbestimmung
"Freundschaft" ist nicht nur individuell, sondern auch kulturell geformt. Ein Deutscher definiert in der Regel nur wenige seiner Mitmenschen als Freunde. Ein Nordamerikaner dagegen gewinnt im Laufe seines Lebens immer mehr Freunde. Hier wird eine gute Bekanntschaft meist schon als Freundschaft bezeichnet, im Gegensatz zu der oft tiefgehenden und langfristigen Beziehung, die in Deutschland meist für „Freundschaft“ steht. Kommunikation ist ein wichtiger Teil der Freundschaft; neben der persönlichen Begegnung gehören dazu Telefongespräche und alle Formen schriftlicher Kommunikation.
Die Grundlagen für unterschiedliche Freundschaftskonzepte liegen u. a. in literarischen Traditionen und in den realen Lebensbedingungen, die sich von Kultur zu Kultur oft stark unterscheiden. So ist der Freundschaftsbegriff in Deutschland und Frankreich z. B. vom literarischen Freundschaftskult des 18. Jahrhunderts (z. B. dem Göttinger Hain) geprägt, der den Übergang von der Zwangsbindung ans Geburtsmilieu zur freien Wahl des sozialen Umfelds (Freunde, Sexualpartner) nach dem Prinzip der "Seelenverwandtschaft" markiert. Bei Personen, die räumlich voneinander getrennt leben mussten, war hier das wechselseitige Schreiben von Briefen ein wichtiges Mittel zur Pflege von Freundschaft. In Nordamerika, wo ein solches Konzept der Freundschaft kulturgeschichtlich weniger verwurzelt ist, spielt die extrem hohe räumliche und soziale Mobilität der Bevölkerung - v. a. in den höheren sozialen Schichten - eine Rolle. Die Fähigkeit, in einer neuen Umgebung schnell Kontakte zu schließen und Anschluss zu finden, wird hier als sehr viel wichtiger erachtet als die Pflege "tiefer" Beziehungen, die in Einwanderungsländern wie den USA weitaus stärker als in Europa der Familie vorbehalten ist.
Beispiele
Literarisch ist die Freundschaft über die Jahrhunderte immer wieder thematisiert worden. Ein Motiv, das seit den Anfängen der Literaturgeschichte besonders traditionsbildend gewirkt hat, ist der Freundschaftsbeweis. Einige klassische Werke zum Thema "Freundschaft" und "Freundschaftsbeweis":
In Homers Epos Ilias sind Diomedes und Glaukos, Achilleus und Patroklos treue Freunde. In der Odyssee findet sich das unzertrennliche Freundespaar Peirithoos und Theseus.
In der römischen Dichtung erscheint bei Cicero z. B. das Freundespaar Scipio - Laelius und bei Vergil das Freundespaar Nisus - Euryalus.
Beispiele aus der mittelalterlichen Literatur bilden die Freundespaare Olivier und Roland (im Chanson de Roland, Frankreich 1073/78), Gunnar und Sigurd in der Edda, Hagen und Volker im Nibelungenlied, Gawan und Erec in der französischen Artus-Epik).
Bei dem Renaissance-Dichter Boccaccio treten die Freundespaare Pandarus und Troilus, sodann Athis und Prophilias in Erscheinung.
Bei William Shakespeare sind u. a. Antonio und Bassanio (Der Kaufmann von Venedig) und Hamlet und Horatio (Hamlet) Freunde.
Die aus dem Freundschaftsmotiv von Damon und Phintias inspirierte Ballade Die Bürgschaft von Friedrich Schiller ist ein Musterbeispiel für die Darstellung unbedingten Vertrauens in einer freundschaftlichen Beziehung.
Reich an Freundschaften ist auch das Romanwerk von Jean Paul.
In Hesses Unterm Rad wird der unglückliche Verlauf einer Freundschaft, in Narziss und Goldmund werden die Gegenpole aus Geist und Sinnlichkeit, mütterlichem und väterlichem Prinzip, im Rahmen einer Freundschaft aufgezeigt.
Literatur
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