Name:
1
ÖSD Zertifi kat C2 | Modellsatz – LESEN
©
insgesamt 90 Minuten
Lesen
Aufgabe 1 | Blatt 1
insgesamt 90 Minuten
10 Punkte
Lesen Sie zuerst den folgenden Text und lösen Sie dann die fünf Aufgaben auf Blatt 3.
Was treibt Sie an?
Es ist immer wieder verblüff end, wie unter-
schiedlich Menschen sich ein Urteil bilden. Ein
Kollege fand seine Ferien gelungen, weil der
Flieger pünktlich kam, niemand krank wurde und
man die nett en Leute vom letzten Jahr wieder
traf. Eine Freundin schwärmt von kulinarischen
Abenteuern, fremden Kulturen und neu
erworbenen Sprachkenntnissen. Genauso beim
Einkaufen: Ein Online-Shopper schaut sich bei
Amazon die begeisterten 5-Sterne-Rezensionen
an, ein anderer scrollt grundsätzlich erst einmal
zu den negati ven Bewertungen. Und seit Jahren
führt man mit der besten Freundin heiße
Diskussionen darüber, ob der Reiz einer festen
Partnerschaft darin liegt, mit dem Geliebten
die Welt zu erobern, oder im Vermeiden des
Alleinseins.
Was haben Reiseerfahrungen, Kaufverhalten
und die Vorstellungen von einer erfüllten
Beziehung miteinander zu tun? Sehr viel, wenn
man die Theorie des „regulatorischen Fokus“
zur Erklärung unterschiedlicher Blickwinkel
heranzieht. Danach werden Menschen durch
zwei grundsätzlich verschiedene Perspekti ven
moti viert: den Wunsch, etwas zu gewinnen,
oder das Bestreben, nicht zu verlieren. E. Tory
Higgins, Direktor des Moti vati on Science Center
der Columbia-Universität in New York, hat die
Theorie in den 1990er-Jahren entwickelt. Sein
Ansatz führte zum Erfolg. Mehrere hundert
Studien wurden in Higgins’ Labor und von
Forschern in aller Welt durchgeführt. Sie zeigen:
Der regulatorische Fokus beeinfl usst so gut
wie alle Aspekte des täglichen Lebens – wie
man arbeitet, welche Produkte man kauft , aus
welchen Gründen man mit dem Partner streitet,
wie man seine Kinder erzieht.
In seinem Buch Focus, das er zusammen mit der
Sozialpsychologin Heidi Halvorson veröff entlicht
hat, beschreibt Higgins zwei Formen des
regulatorischen Fokus: den „Promoti onsfokus“
und den „Präventi onsfokus“. Menschen mit
Promoti onsfokus sehen ihr Ziel darin, voran-
zukommen und zu gewinnen. Und sie
konzentrieren sich auf die Belohnung, die sie
bekommen werden, wenn ihnen das gelingt:
Zuwendung, Erfolg, Informati onen, materielle
Güter. Ihre privaten und berufl ichen Projekte
verfolgen sie mit Begeisterung und Opti mismus.
Für sie zählen die großen Ideen, mit Details
halten sie sich nicht gerne auf. Das macht sie
anfällig für Fehler und wenn etwas schiefgeht,
haben sie meist keinen Plan B. Diesen Preis
bezahlen sie aber gern, denn sie möchten keine
Chance auf Fortschritt verpassen.
Menschen mit Präventi onsfokus dagegen geht
es vor allem darum, keine Fehler zu machen
und den Istzustand zu erhalten. Sie sorgen sich
darum, was passiert, wenn sie nicht vorsichti g
und aufmerksam genug sind. Deshalb denken
sie alles dreimal durch, arbeiten langsam und
detailorienti ert. Pfl ichterfüllung ist für sie ein
hohes Gut. Kreati ve Ideen zu entwickeln oder
ungewöhnliche Wege zu gehen zählt dagegen
nicht gerade zu ihren Stärken. Auf andere
mögen sie pedanti sch und pessimisti sch wirken.
Aber sie schlagen eine Gelegenheit lieber aus,
als sich die Finger zu verbrennen. Schließlich ist
das Schlimmste für sie, einen Verlust zu erleiden
oder eine Gefahr nicht gestoppt zu haben.
Do'stlaringiz bilan baham: |